Auch in den USA werden einige Medien zwangsweise von den Steuerzahlern alimentiert, doch statt ausgewogener Berichterstattung herrscht dort inzwischen eher Partei-Journalismus. Jetzt droht der Geldfluss zu versiegen.
Im Bemühen um Einsparungen im Staatshaushalt haben US-Präsident Donald Trump und die Republikaner neben dem Pentagon und USAID auch die Rundfunksender in den Blick genommen, die ganz oder teilweise vom Staat finanziert werden. Neben dem nur an das Ausland gerichteten staatlichen Sender Voice of America (VOA) sind dies die für inländisches Programm zuständigen National Public Broadcasting (NPR) und Public Broadcasting Service (PBS). Die beiden Letztgenannten legen - ähnlich den Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland - Wert auf die Feststellung, sie seien nicht staatlich, doch sie werden vom Steuerzahler finanziert.
Seit langem gibt es daran Kritik. Schon im Präsidentschaftswahlkampf 2012 hatte der republikanische Kandidat Mitt Romney gefordert, die Finanzierung von PBS einzustellen. Präsident Barack Obama und sein Wahlkampfteam nutzten das für eine Spottkampagne, indem sie den Sender PBS auf seine bekannteste Sendung, die „Sesamstraße“, reduzierten, und Romney höhnisch vorwarfen, er habe Big Bird (den gelben Vogel Bibo in der deutschen Sesamstraße) als den Drahtzieher aller Finanzverbrechen entlarvt. Nicht die Wall Street (die nach der Finanzkrise 2007/08 einen schlechten Ruf hatte) sei für Romney das Problem, sondern eben die Sesamstraße. PBS und NPR gibt es immer noch.
Im letzten April forderte Donald Trump auf Truth Social:
„KEINE FINANZIERUNG MEHR FÜR NPR, EIN TOTALER SCHWINDEL! SIE SIND EINE LINKE DESINFORMATIONSMASCHINE. KEIN EINZIGER DOLLAR!!!“
Seit letztem Monat untersucht die Federal Communication Commission (FCC), ob PBS und NPR entgegen gesetzlichen Vorschriften kommerzielle Reklame ausgestrahlt haben. Die Sender geben an, gesetzeskonform gehandelt zu haben.
Beim Streit um den öffentlichen Rundfunk geht es nicht nur um die Kosten, die er den Steuerzahlern aufbürdet, sondern auch um die Frage, ob sich die Sender von politisch neutraler Berichterstattung entfernt und einen Linkskurs eingeschlagen haben. Diejenigen, die das so sehen, haben einen Kronzeugen in Uri Berliner, einen ehemaligen NPR-Redakteur, der im September 2024 mit einem Essay an die Öffentlichkeit ging, in dem er schwere — aber offenbar nicht leichtfertig erhobene — Anschuldigungen gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber vorbrachte: NPR wähle Themen und Interviewpartner so aus, dass sie eine bestimmte Weltsicht stützten und versuche Nachrichten unter den Teppich zu kehren, die ideologisch nicht gelegen kämen, so der Tenor des Beitrags.
Früher gab es eine "Kultur der Aufgeschlossenheit"
Uri Berliner, geboren 1956, hat 25 Jahre lang als Wirtschaftsredakteur von NPR gearbeitet, von 1999 bis zu seinem Ausscheiden im April 2024. Den Gang in den Ruhestand begründete er damit, dass er von der neuen Chefin Katherine Maher intern verunglimpft worden sei. Vorangegangen war dem Zerwürfnis der besagte Essay für die Website The Free Press, in dem er hart mit der seiner Wahrnehmung nach zunehmend linken Ausrichtung von NPR ins Gericht ging, durch die NPR „das Vertrauen der Amerikaner verloren“ habe. Dabei habe er immer gern für NPR gearbeitet, schrieb Berliner, habe den Sender geliebt.
„Es stimmt, dass NPR schon immer eine linksliberale Ausrichtung hatte, aber während des Großteils meiner Amtszeit hier herrschte eine Kultur der Aufgeschlossenheit und Neugier. Wir waren nerdig, aber nicht reflexartig, aktivistisch oder schimpfend.“
In den letzten Jahren habe sich das jedoch geändert:
„Heute finden diejenigen, die NPR hören oder seine Berichterstattung online lesen, etwas anderes: die destillierte Weltsicht eines sehr kleinen Teils der US-Bevölkerung.“
„Konservative“, so Berliner, würden nun wahrscheinlich sagen: „Na klar, das war schon immer so.“ Aber das stimme nicht. Seit der Gründung im Jahr 1970 hätten große Teile der Bevölkerung jahrzehntelang NPR eingeschaltet, „um zuverlässigen Journalismus und wunderschöne Audiobeiträge mit Vogelgesang aus dem Amazonasgebiet zu hören“. Man habe NPR gehört, um Meinungen aus dem ganzen Land und der Welt zu hören, die „fesselnd", weil „unbefangen und unberechenbar“ gewesen seien.
„Kein Bild erfüllte NPR mit mehr Stolz als der Bauer, der bei Sonnenaufgang auf seinem Traktor das Morgenprogramm hört.“
Noch im Jahr 2011 sei das Publikum von NPR in etwa ein Querschnitt der amerikanischen Bevölkerung gewesen, wenn auch eine Spur linker. 26 Prozent der Hörer hätten sich als konservativ bezeichnet, 23 Prozent als gemäßigt und 37 Prozent als linksliberal. Zwölf Jahre später, im Jahr 2023, sei das Bild ein völlig anderes gewesen:
„Nur elf Prozent bezeichneten sich als sehr oder etwas konservativ, 21 Prozent als gemäßigt und 67 Prozent der Hörer sagten, sie seien sehr oder etwas linksliberal. Wir verloren nicht nur Konservative; wir verloren auch Gemäßigte und traditionelle Liberale. Bei NPR herrscht kein aufgeschlossener Geist mehr, und jetzt haben wir, wie vorherzusehen war, kein Publikum mehr, das Amerika widerspiegelt.“
Für ein polemisches Magazin, das eine Nischenpublikum bedient, sei das kein Problem, so Berliner, doch für NPR, das vorgebe, alle Aspekte zu berücksichtigen, sei dies sowohl für den Journalismus als auch für sein Geschäftsmodell „verheerend“. Angefangen habe alles mit Donald Trump.
„Wie in vielen Redaktionen wurde seine Wahl 2016 bei NPR mit einer Mischung aus Unglauben, Wut und Verzweiflung aufgenommen.“
Unerwünschte Fairness
Er, Berliner, habe „zweimal eifrig gegen Trump gestimmt“, sich aber verpflichtet gefühlt, „fair“ über ihn zu berichten. Seinen Kollegen wirft Berliner vor, von diesem geraden Weg abgekommen zu sein:
„Was als harte, geradlinige Berichterstattung über einen streitlustigen, wahrheitsfeindlichen Präsidenten begann, entwickelte sich zu Bemühungen, Trumps Präsidentschaft zu schädigen oder zu stürzen. Hartnäckige Gerüchte, dass die Trump-Kampagne im Zusammenhang mit der Wahl mit Russland konspiriert habe, wurden zum Leitmotiv der Berichterstattung. Bei NPR spannten wir unseren Wagen an Trumps sichtbarsten Gegenspieler, den Abgeordneten Adam Schiff.“
Schiff, der führende Demokrat im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses, sei „zur führenden Hand von NPR“ geworden, zur „allgegenwärtigen Muse“. Berliners Zählung nach interviewten NPR-Moderatoren Schiff 25-mal über Trump und Russland. In vielen dieser Gespräche habe Schiff auf angebliche Beweise für eine russische Pro-Trump-Verschwörung angespielt. „Die Gesprächsthemen von Schiff wurden zum Trommelfeuer der NPR-Nachrichtenberichte.“
Doch als der Bericht von Sonderermittler Robert Mueller keine glaubwürdigen Beweise für eine geheime Absprache fand, sei die Berichterstattung von NPR „auffallend spärlich“ ausgefallen. „Russiagate verschwand still und leise aus unserem Programm.“ Es sei eine Sache, eine große Story zu verpassen, so Berliner:
„Leider passiert das. Man folgt den falschen Spuren, man wird von Quellen, denen man vertraut, in die Irre geführt, man ist emotional in eine Geschichte verwickelt und Indizien ergeben nie einen Sinn. Es ist schlimm, eine große Story zu vermasseln.“
Noch schlimmer aber sei es, „so zu tun, als wäre sie nie passiert, und ohne Schuldeingeständnisse und Selbstreflexion weiterzumachen“. Besonders, wenn man von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Institutionen hohe Transparenzstandards erwarte, „diese Standards selbst aber nicht einhält“. Das zerstöre das Vertrauen und erzeuge „Zynismus gegenüber den Medien“.
NPR ignorierte Hunter-Biden-Laptop-Story
„Russiagate“ sei nicht der einzige Fehler von NPR gewesen. Ebenso schlimm sei das Versagen angesichts der Story über den Laptop von Hunter Biden. Im Oktober 2020 veröffentlichte die New York Post den brisanten Bericht über den Laptop, den Hunter Biden in einem Computerladen in Delaware zurückgelassen hatte und der E-Mails über seine schmutzigen Geschäftsbeziehungen enthielt. Nur wenige Wochen vor der Wahl habe NPR weggesehen. Der damalige Nachrichtenchef von NPR habe erklärt:
„Wir wollen unsere Zeit nicht mit Stories verschwenden, die keine echten Stories sind, und wir wollen die Zeit der Zuhörer und Leser nicht mit Stories verschwenden, die reine Ablenkung sind."
Absichtlich, behauptet Berliner, habe NPR darauf verzichtet, einer heißen Story zu folgen, die Hunter Bidens Laptop ja tatsächlich war. Bei einem Treffen mit Kollegen habe Berliner gehört, „wie einer der besten und fairsten Journalisten von NPR sagte, es sei gut, dass wir die Laptop-Geschichte nicht verfolgten, weil sie Trump helfen könnte“.
Als die wesentlichen Fakten der Berichterstattung der New York Post bestätigt und die E-Mails etwa anderthalb Jahre später unabhängig verifiziert worden seien, hätte NPR seine Fehleinschätzung eingestehen können, so Berliner. Aber wie im Fall der angeblichen Zusammenarbeit Trumps mit Russland bei der US-Präsidentschaftswahl 2016 habe die Redaktion zu solcher Offenheit und Ehrlichkeit nicht den Mut gehabt.
Bei Corona war NPR auf Fauci-Linie
Dann das Corona-Thema. Wieder habe NPR nach politischen Vorgaben gehandelt, so Berliner. Die Theorie, dass das Coronavirus durch einen Laborunfall freigesetzt wurde, sei fast sofort „hart angegangen und als rassistisch oder rechtsgerichtete Verschwörungstheorie abgetan“ worden.
„Anthony Fauci und der ehemalige NIH-Chef Francis Collins, die das öffentliche Gesundheitswesen vertraten, waren ihre bemerkenswertesten Kritiker. Und das war genug für NPR.“
„Leidenschaftlich“ habe NPR die Hypothese verteidigt, dass das Virus natürlichen Ursprungs sei. Wir fügen hinzu: Haargenau wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland. Wie eifrig damals etwa der „Faktenchecker“ Nils Metzger versuchte, Professor Roland Wiesendangers Studie zu einem möglichen Laborunfall zu diskreditieren, kann man auf Achgut nachlesen. Die Studie wurde als „fragwürdig“ bezeichnet und einer angeblichen „Mehrheit wissenschaftlicher Studien“ gegenübergestellt, die von einem natürlichen Ursprung des Virus ausgehe. Der Aktivismus ging bis zum Unterschieben erfundener Zitate. Wiesendanger damals zu Achgut:
„Ich kann Ihnen wahrheitsgemäß versichern, dass ich niemals gesagt habe, dass ich mit dem Präsidenten der Universität Hamburg über mögliche ‚Reaktionen, die uns in die Ecke von Verschwörungstheorien stellen wollen‘ gesprochen habe. Gerade die Veröffentlichung von Falschzitaten ist ein unglaublicher Fall journalistischen Fehlverhaltens, welches ich bisher in Deutschland nicht für möglich gehalten hätte.“
In den USA wurde der Öffentlichkeit von NPR die gleiche unbelegte und unplausible Hypothese eines natürlichen Ursprungs des Corona-Virus eingehämmert wie in Deutschland von ARD und ZDF.
Die Berichterstattung über ein mögliches Laborleck sei bald „radioaktiv“ geworden, so Berliner. Fauci und Collins förderten im März 2020 die Veröffentlichung des diskreditierten Beitrags The Proximal Origin of SARS-CoV-2. Als dann überzeugende Argumente für die Laborunfalltheorie öffentlich gemacht wurden, habe NPR davon nichts wissen wollen, erinnert er sich:
„Aber bei NPR wollten wir nicht von unserer Überzeugung abrücken, mit der wir die Story vom natürlichen Ursprung unterstützen. Wir blieben untätig, als das Energieministerium – die Bundesbehörde mit der größten Expertise in Laboren und biologischer Forschung – zu dem Schluss kam (…), dass ein Laborleck die wahrscheinlichste Erklärung für die Entstehung des Virus sei. Stattdessen begannen wir unsere Berichterstattung über diese Entwicklung am 28. Februar 2023 mit der selbstbewussten Behauptung, dass ‚die wissenschaftlichen Beweise mit überwältigender Mehrheit auf einen natürlichen Ursprung des Virus hinweisen‘.“
Als ein Kollege der wissenschaftlichen Abteilung einmal gefragt worden sei, warum man die Theorie des Laborlecks so abweisend behandelte, habe es eine „seltsame“ Antwort auf die Frage gegeben:
„Der Kollege verglich sie mit dem unbegründeten Argument der Bush-Regierung, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen, was offenbar bedeutete, dass wir uns nicht noch einmal täuschen lassen würden. Aber diese beiden Ereignisse hatten nicht einmal im Entferntesten etwas miteinander zu tun. Wieder einmal verdrängte die Politik die Neugier und Unabhängigkeit, die unsere Arbeit eigentlich hätte antreiben sollen.“
Diktat von oben
Als eine Quelle dieser Missstände benennt Berliner den 2019 ernannten Chef von NPR, John Lansing. Lansing sei von der staatlich finanzierten Agentur, die Voice of America beaufsichtigt, zu NPR gekommen. Wie andere, die bei NPR in der Spitzenposition tätig waren, sei er in erster Linie eingestellt worden, um Gelder zu sammeln und gute Arbeitsbeziehungen mit Hunderten von Mitgliedssendern sicherzustellen, die das Programm von NPR kaufen und ausstrahlen.
Der Mord an George Floyd im Mai 2020 sei ein Einschnitt gewesen, so Berliner, er „veränderte sowohl die Gespräche als auch die täglichen Abläufe bei NPR“. Berliner glaubt, dass man damals mit journalistischen Mitteln der Frage hätte nachgehen sollen, ob Amerika von „systemischem Rassismus“ durchsetzt sei, wie „progressive Aktivisten“ behaupteten. Stattdessen aber habe NPR diese Behauptung des Rassismus zur Prämisse seiner Berichterstattung gemacht:
„Amerikas Befall mit systemischem Rassismus, wurde laut und deutlich erklärt, sei eine Tatsache. Unsere Mission war es, das zu ändern.“
In einem Brief an alle Mitarbeiter von NPR habe Lansing postuliert:
„Wenn es darum geht, systemischen Rassismus zu identifizieren und zu beenden, können wir Vermittler des Wandels sein. Zuhören und tiefes Nachdenken sind notwendig, aber nicht genug. Darauf müssen konstruktive und sinnvolle Schritte nach vorne folgen. Ich werde mich dafür verantwortlich machen.“
Den NPR-Redakteuren sei gesagt worden, dass NPR selbst „Teil des Problems“ sei, so Berliner. In „konfessioneller" Sprache habe Lansing gesagt, die Führungskräfte der öffentlichen Medien müssten sich darüber im Klaren sein, wie sie selbst in ihrer Karriere von „weißen Privilegien profitiert" hätten. Sie müssten die „unbewusste Voreingenommenheit“ verstehen, die sie in ihre Arbeit und Interaktionen einbrächten. Und sie müssten sich mit Leib und Seele zu tiefgreifenden Veränderungen in sich selbst und den Institutionen verpflichten.
„Er erklärte, dass Vielfalt – bei unseren Mitarbeitern und bei unserem Publikum – die übergeordnete Mission, der ‚Nordstern‘ der Organisation sei. Sätze wie ‚das ist Teil des Nordsterns‘ wurden Teil von Meetings und lockereren Gesprächen.“
„Rasse und Identität“ seien von nun an „in fast jedem Aspekt des Arbeitsplatzes“ von größter Bedeutung gewesen.
„Journalisten mussten jeden, den wir interviewten, nach Rasse, Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit (unter anderem) fragen und diese in ein zentrales Trackingsystem eingeben. Wir erhielten Schulungen zu unbewusster Voreingenommenheit. Ein wachsender DEI-Mitarbeiterstab bot regelmäßige Meetings an und flehte uns an, ‚über Rasse zu sprechen‘. Es wurden monatliche Dialoge für ‚farbige Frauen‘ und ‚farbige Männer‘ angeboten. Auch nichtbinäre Menschen mit dunkler Hautfarbe waren dabei. Diese Initiativen, die durch eine Spende der NPR Foundation in Höhe von 1 Million US-Dollar unterstützt wurden, kamen von der Unternehmensleitung, von ganz oben nach unten.
Gleichzeitig seien zahlreiche Mitarbeitergruppen gegründet worden, die auf „rassischer“, sexueller oder religiöser Identität basierten:
„Dazu gehörten MGIPOC (Mentoring-Programm für marginalisierte Geschlechter und intersexuelle Menschen mit dunkler Hautfarbe); Mi Gente (lateinamerikanische Mitarbeiter bei NPR); NPR Noir (schwarze Mitarbeiter bei NPR); Südwestasiaten und Nordafrikaner bei NPR; Ummah (für Mitarbeiter mit muslimischer Identität); Frauen, geschlechtsspezifische und transsexuelle Menschen in der Technologie in allen öffentlich-rechtlichen Medien; Khevre (jüdisches Erbe und Kultur bei NPR); und NPR Pride (LGBTQIA-Mitarbeiter bei NPR).“
Wenn diese Gruppen, wie es auf der internen Website von NPR suggeriert werde, einfach eine gute Möglichkeit gewesen wären, „gleichgesinnte Kollegen kennenzulernen“ und „neuen Mitarbeitern das Gefühl zu geben, einbezogen zu sein“, wäre das die eine Sache gewesen, so Berliner. Aber über den Tarifvertrag von SAG-AFTRA, der Gewerkschaft von NPR, sei das Management im Abschnitt über DEI gezwungen worden, „sich über die aktuellen Sprach- und Stilrichtlinien von Interessengruppen im Journalismus auf dem Laufenden zu halten“ und die Mitarbeiter zu informieren, wenn die Sprache von den Vorgaben dieser Gruppen abwich. In einem solchen Fall könnte der Streit vor das DEI-Rechenschaftskomitee gebracht werden. Im Wesentlichen, so Berliner, „bedeutet dies, dass die Gewerkschaft von NPR, deren beitragszahlendes Mitglied ich bin, dafür gesorgt hat, dass Interessengruppen bei der Festlegung der Begriffe und des Vokabulars unserer Berichterstattung mit am Tisch sitzen.“
Demokraten und Republikaner: 87 zu null
Als er einmal darauf aufmerksam gemacht habe, dass es in der NPR-Redaktion keine Diversität gebe, da 87 eingetragene Demokraten in Redakteurspositionen null Republikaner gegenüberständen, sei dies mit „Gleichgültigkeit“ aufgenommen worden. Die Auswahl der Nachrichten und die ideologische Tendenz ihrer Präsentation bei NPR hat man sich laut Berliner wie eine Fabrik vorzustellen.
„Es besteht ein unausgesprochener Konsens darüber, welchen Stories wir nachgehen und wie sie gestaltet werden sollten. Es läuft reibungslos – eine Story nach der anderen über Fälle von angeblichem Rassismus, Transphobie, Anzeichen der Klimaapokalypse, Israels schlimme Taten und die schreckliche Bedrohung durch die Politik der Republikaner. Es ist fast wie am Fließband.“
Die Denkweise bestimme die Wahl der Sprache. In Richtlinien über die Berichterstattung zu Transgenderthemen — die von einem ehemaligen Mitarbeiter des Nationalzentrums für Transgendergleichheit erstellt worden seien — würden die Mitarbeiter dazu angehalten, den Begriff „biologisches Geschlecht“ zu vermeiden.
Diese Denkweise führe zu „bizarren Geschichten“ – darüber, wie die Beatles und Vogelnamen wegen ihres angeblichen Rassismus problematisch seien, und andere, die „erschreckend spaltend“ seien:
„Plünderungen werden mit der Behauptung gerechtfertigt, Angst vor Kriminalität sei rassistisch; und es wird suggeriert, dass asiatische Amerikaner, die sich der Affirmative Action widersetzen, von weißen Konservativen manipuliert worden seien.“
Die Pro-Hamas-Demonstrationen an Universitäten und auf den Straßen würden durch eine „intersektionale“ Perspektive betrachtet, die „von den Fakultäten in die Redaktionen übergesprungen“ sei:
„Unterdrücker gegen Unterdrückte. Das bedeutet, dass wir das Leid der Palästinenser auf fast jeder Ebene hervorheben und gleichzeitig die Gräueltaten vom 7. Oktober herunterspielen. Wir übersehen, wie die Hamas palästinensische Zivilisten absichtlich in Gefahr bringt, und wir schenken der Explosion des antisemitischen Hasses auf der ganzen Welt wenig Beachtung.“
Nachdem Berliner seinen Beitrag veröffentlicht hatte, wurde er von NPR suspendiert, wie die New York Times berichtete. Kollegen distanzierten sich. Nachrichtenchefin Edith Chapin sagte: „Ich bin mit Uris Einschätzung der Qualität unseres Journalismus überhaupt nicht einverstanden.“ NPR stehe „stolz hinter seiner Arbeit“.
Amerika, du hast es besser
Zwischen dem steuerfinanzierten Rundfunk in den USA und dem öffentlich-rechtlichen in Deutschland gibt es sichtbare Ähnlichkeiten. Wie beide versuchten, die Theorie zu diskreditieren, dass das SARS-CoV-2-Virus durch gain-of-function-Forschung in einem Labor entstanden ist — im Einklang mit den persönlichen Interessen einer Clique von Virologen —, ist frappierend.
Auch, was den linken Aktivismus angeht, scheint es manchmal so, als würden beide der gleichen Agenda folgen — etwa bei kaum verhohlener Propaganda für eine „globale Reichensteuer“ (die offenbar von einem Weltfinanzamt einzutreiben wäre). In einem NPR-Beitrag werden anonyme „Ökonomen“ zitiert, die behaupten: „Dieses Geld könnte zur Lösung einer Reihe von Problemen eingesetzt werden, etwa zum Klimawandel und zur Bekämpfung der globalen Armut.“ Die ARD-Tagesschau produzierte anlässlich des G20-Gipfels in Brasilien im vergangenen November einen Film- und einen Textbeitrag über den linken brasilianischen Aktivisten João Paulo Pacifico, in dem es ebenfalls darum ging, dass die „globale Reichensteuer“ „Ungleichheit und Armut im globalen Süden ausgleichen“ und „die Klimakrise bekämpfen“ solle. Irgendein Kritiker des Vorschlags kam sicherheitshalber nicht zu Wort.
Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk in Deutschland ist viel größer als der Staatsfunk in den USA; eine Medienmacht, die auf dem deutschen Informations- und Meinungsmarkt eine dominierende Stellung hat, an die kein Wettbewerber herankommt.
Beängstigend ist, dass diese Macht zur politischen Manipulation der Bevölkerung benutzt wird, wie die letzten Wochen immer wieder gezeigt haben. Die Bild-Zeitung hat unter der Überschrift „Das hat System“ vor einigen Tagen unter Bezugnahme auf den ÖRR Blog („kritische Beobachter des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, wie es in der Eigenbeschreibung heißt) einige der krassesten Beispiele zusammengetragen, die zeigen, wie mit falschen Diagrammen getäuscht wird, durch manipulative Schnitte beim Bericht über den CDU-Parteitag (was sogar von der Süddeutschen Zeitung getadelt wurde) und vor allem immer wieder und wieder durch eine Auswahl von „Experten“ und scheinbar zufällig befragten „Bürgern“ und „Zuschauern“, die in Wahrheit Journalisten des ÖRR, Parteimitglieder der Grünen oder Sprecher linker Vereine sind.
So interviewte die „Hessenschau“ des Hessischen Rundfunks (HR) etwa die Journalistin Hadija Haruna-Oelker auf einer „Demo gegen Rechts“. Es gab keinen Hinweis, dass sie ebenfalls für den HR arbeitet, der HR sich also gewissermaßen selbst interviewt hat. Die Redaktion tat unschuldig: „Wir haben Hadija Haruna-Oelker als Teilnehmerin der Demonstration gegen Rechtsextremismus in Frankfurt interviewt. Dabei ist uns ein Fehler unterlaufen. Wir hätten im Beitrag kenntlich machen müssen, dass sie auch als freie Mitarbeiterin für den hr tätig ist.“
Ein echtes Video von Olaf Scholz wurde vom SWR zum „Fake“ erklärt. Mitarbeiter linker NGOs werden als vermeintliche Durchschnittsbürger interviewt oder sitzen „zufällig“ im Publikum von Politsendungen, um ihren Text zu sprechen, sobald sie „zufällig“ vom Moderator drangenommen werden. Ein Studiogast der ZDF-Sendung „Klartext“ sagte aus, dass die Redaktion von ihm vorab — beim Casting — habe wissen wollen, welche Partei er wähle beziehungsweise in der Vergangenheit gewählt habe. Redakteure von Politsendungen mit Publikum haben, wie berichtet wird, Karten, auf denen Fotos derjenigen Zuschauer sind, die sie zu Wort kommen lassen sollen. Wahlkampfdiskussionen im Fernsehen finden vor einem linken Publikum statt. Wie es aussieht, wird nichts dem Zufall überlassen. Max Uthoff, der Gastgeber der ZDF-Kabarettsendung „Die Anstalt“, ruft gleich direkt zur Wahl der Partei „Die Linke“ auf.
In den Vereinigten Staaten wird nun breit darüber diskutiert, den öffentlichen Rundfunk abzuschaffen. In Deutschland geht es hingegen nur darum, wie viel mehr Geld er jedes Jahr bekommen soll. Amerika, du hast es besser.
Den ersten Teil "Wo überall Journalismus draufsteht – und Staatsgeld drin steckt" finden Sie hier.
Stefan Frank, geboren 1976, ist unabhängiger Publizist und schreibt u.a. für Audiatur online, die Jüdische Rundschau und MENA Watch. Buchveröffentlichungen: Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise (2009); Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos (2012).