Mit Sebastian Krumbiegel auf der richtigen Seite

Was der Frontmann der „Prinzen“, Sebastian Krumbiegel, politisch kundtut, hört sich an wie das Geräusch, das eine Flasche Asbach Uralt erzeugt, wenn sie entkorkt wird.

Wie konnte es so weit kommen, dass die SPD bei den Landtagswahlen am vergangenen Sonntag dermaßen abgestürzt ist, auf 7,3 Prozent in Sachsen und 6,1 Prozent in Thüringen? Hatte es etwas mit der „Performance“ des Kanzlers zu tun, mit den Auftritten des jungen Generalsekretärs seiner Partei, den Stellungnahmen der charismatischen Parteivorsitzenden? Ja, sie hatten alle ihren Anteil an dem Debakel vom 1. September, aber der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war etwas anderes: Es war ein Interview mit dem „Frontmann“ der „Prinzen“, Sebastian Krumbiegel, auf Welt Online. Er trommelt seit Jahrzehnten für die SPD, unabhängig von der Wetterlage in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, der treue Husar einer in Auflösung befindlichen Truppe.

In dem Interview mit Welt Online, das in Krumbiegels Arbeitszimmer aufgenommen wurde, kehrt der Musiker sein Inneres nach außen. Er habe „keine Lust mehr, wie das Kaninchen vor der Schlange zu sitzen“, man müsse in Sachsen und in Thüringen „auf der richtigen Seite stehen“, deswegen möchte er die Gelegenheit nutzen, ein paar klare Worte zu sagen: „Leute, wählt nicht diese Partei, die wollen kulturelle Dinge abschaffen, machen nichts mehr für Behinderte, Björn Höcke möchte die Inklusion in Schulen abschaffen, der Schwulen-Community wird es schlechter gehen…“ Die Regierung habe „eine ganze Menge geschafft, was leider nicht gut kommuniziert worden ist“, deswegen sollten wir „aufhören, auf der Politik im Allgemeinen rumzuballern“ und aufhören, „Politiker zu bashen, die ersten treten schon zurück, weil sie keine Lust haben, sich diesem ganzen Wahnsinn auszusetzen“, er appelliere „an die Zivilgesellschaft, dass sie sich wehrt, was da auf uns zurollen könnte“.

Wie eine Flasche Asbach Uralt, die entkorkt wird

Es ist das übliche Antifa-Gemurmel, das die Mutter aller Fragen souverän außen vor lässt: Wie konnte es unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung zum größten Rechtsruck in der Geschichte der Bundesrepublik kommen? Trotz der zahllosen Programme zur „Demokratieförderung“? Oder gerade deswegen?

Was Krumbiegel sagt, hört sich an wie das Geräusch, das eine Flasche Asbach Uralt erzeugt, wenn sie entkorkt wird. So redet einer, der die letzten 20 bis 30 Jahre postmarxistische Flugblätter geschrieben und verteilt hat, wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, gesellschaftskritische Lieder zu schreiben. 

Was einen noch mehr irritiert, ist der Hintergrund, vor dem Krumbiegel interviewt wird. Ein glänzend-schwarzes Kunstledersofa, das aus dem Gästehaus am Obersalzberg stammen könnte. Und da hängt oder steht ein rundes Schild mit einem Hakenkreuz drauf. Das NS-Emblem ist durchgestrichen, aber dadurch umso präsenter. Wer stellt sich so etwas in sein Arbeitszimmer und schaut es sich jeden Tag an? Es kann nur ein heimlicher Fan des „ancien regime“ sein – oder ein Masochist. In jedem Fall ist das Hakenkreuz ein Faszinosum, das die Phantasien der Antifa heute ebenso beflügelt wie in den Nachkriegsjahren die Erinnerungen der Angehörigen der Legion Condor.

Und deswegen ist die SPD letzten Sonntag abgeschmiert. Wegen Sebastian Krumbiegel. Kein Mensch, kein Genosse und kein Wechselwähler folgt dem Rat eines Ballaballa, der sich ein Hakenkreuz ins Zimmer stellt, egal ob durchgestrichen oder nicht. Die SPD weiß, bei wem sie sich bedanken soll. 

 

Henryk M. Broder ist einer der Herausgeber der Achse des Guten.

Foto: Steffen Prößdorf CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Emil.Meins / 03.09.2024

Sagen wir es mit der deftigen Sprache Luthers: Wem das Herz voll ist, dem läuft das Maul über. Die Bibel weiß dazu: (Matthäus 12,35) Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus seinem guten Schatz; und ein böser Mensch bringt Böses hervor aus seinem bösen Schatz. Ich sage euch aber, dass die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie reden. (Matthäus 15:17-19) “Was aber aus dem Mund herauskommt, kommt aus dem Herzen und macht den Menschen unrein. Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Gotteslästerung.” Überlassen wir also den kleinen Sünder Krumbiegel getrost der Gerechtigkeit des Herrn, auch wenn er auch bereits vorsorglich 1990 aus der Kirche ausgetreten ist. Das Böse verführt seine Gefolgsleute mit allerlei Versuchungen: Geld, Ruhm, Ehre, die Illusion von Bedeutsamkeit, und natürlich gehört auch ein bißchen Völlerei zu den Sünden, was sich dann im gefälligen Äußeren niederschlägt. All das gefällt den kleinen Möchtegerns, also behängt man sie mit Orden, und lobt sie, und schon reden sie ihren Verführern nach dem Maul, “Wes Brot ich eß, des Lied ich sing’!”, und halten sich für große revolutionäre Gestalten, was sie gerne auch in ihrem Gehabe nach außen zeigen. (Man bemühe die Bildersuche mit dem Namen des Gepriesenen: ganz großes KIno!) Ganz wie die kleinen Hündchen, die irgendwo im Rudel mitlaufen dürfen, und sich irgendwann einbilden, sie könnten das Bein so hoch heben, wie die Großen. Und die Welt ständig mit ihrem umso wilderen Gekläffe belästigen, je kleiner sie sind. Brav, Fiffi, Platz!

Hjalmar Kreutzer / 03.09.2024

Herr Kleinophorst, dann nehmen wir statt Asbach Uralt mit Schraubverschluss halt den Weinbrand aus Wilthen in Sachsen als Beispiel. Noch’n Fluppke? - Prost! Ja, ich gebe zu, der Fluppke ist auch „alles nur geklaut“ aus Kurt Tucholskys „Schloss Gripsholm“.

Andrea Lorenz / 03.09.2024

Das wissen wohl nur noch Menschen, die eine Lebertransplantation überstanden haben: Ansbach Uralt wird nicht “entkorkt”!

A. Ostrovsky / 03.09.2024

@Lutz Liebezeit : >>Eiforbibbsch? De SPD is gegendert? Bi us heest dat: dat dat dat gifft! (Ausruf des Erstaunens) De sozialdemokratschen Tüffelmokers sün koppheister gohn. (Meldung von der Dorfzeitung)<<    Äs ischdäs viere Schpprooch? Hä?

S. Gerhard / 03.09.2024

Der Frontmann der Prinzen ist mir auch schon mehrfach aufgefallen. Er dünkt sich überaus schlau. Demokratie scheint für ihn nur eine linke Einbahnstraße zu sein. Hier irrt der Künstler.

Arthur Sonnenschein / 03.09.2024

Durch Senkung des Alkoholgehaltes darf Asbach sich nicht mehr Deutscher Weinbrand nennen. Das Land verträgt einfach nichts mehr :) Nun stehen die Alternative und ihr solidarischer Patriotismus kaum für eine Politik, die nicht links ist. Sie löst politisch den stärksten Linksrutsch seit 91 Jahren aus, rückt die jetzt blau übertünchte Sozi-Programmatik wieder ins Zentrum der Diskussionen, ermöglicht die Rettung der Linken und motiviert die Schaffung des BSW, eine weitere Gruppierung links der SPD. Läuft.

Hjalmar Kreutzer / 03.09.2024

Vor der zunehmenden Politisierung habe ich die poppige Musik, den gekonnten Gesang und die ironischen Texte der „Prinzen“ ganz gern gemocht. Schade drum! Beim letzten von mir gesehenen Anti-AfD- und Mainstream-Anbiederungsfilmchen des Herrn Krummbuckel kam am Schluss landesväterlich lächelnd Herr Ramelow um die Ecke geschlurft. Hat die AfD sich bei den ganzen Haltungszwergen in Kultur und Medien schon für die Wahlkampfhilfe bedankt? Die besten Wahlkampfhelfer waren allerdings von 2013 bis 2021 Merkel und Genossen, danach die Hampel und wiederum die Pinocchio-CDU.

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