Thilo Schneider / 21.12.2022 / 16:00 / Foto: Kritzolina / 49 / Seite ausdrucken

Mit Panzern aus dem Kalten Krieg

Weil der „Puma“ den Geist aufgibt, muss der „Marder“ ran, der schon ein halbes Jahrhundert auf der Uhr hat. Mit Material ausgestattet, das teils doppelt so alt ist wie seine Bediener, sollte die Bundeswehr wohl lieber gleich überlegen, wie sie anständig kapituliert.

Jetzt ist es amtlich. Die Bundeswehr, dieser lustige Haufen, bei dem jeder mitmachen darf, der drei Liegestütze schafft, ohne körperlich am Ende zu sein, wird auf den 50 Jahre alten Marder-Panzer zurückgreifen, da der funkelnagelneue „Puma“ so ein paar kleine Schwächen hat. Wie beispielsweise die, dass es bei Starkregen zu den Luken hereinregnet. Nicht schön. Ob er mittlerweile tatsächlich schwangerentauglich sein soll oder ist, das entzieht sich meiner Kenntnis.

Die Verteidigungsministerin und ihr an der Hüfte angewachsener Sohn beteuern jedenfalls treuherzig, dass sie nichts damit zu tun hätten und auch nichts dafür können. Wie das im Verteidigungsministerium seit jeher üblich ist: sich vor die Kommandanten stellen und lauthals den alten Handwerkerspruch beschwören, „dass das jetzt aber keiner von unserer Firma war. Das hätten wir besser gemacht!“ 

Ich will dabei gar nicht so sehr auf den Schützenpanzer eingehen, von dessen 18 Exemplaren in der praktischen Erprobung 18 Exemplare ausgefallen sind. Ich bin kein Ingenieur und kein Militär. Immerhin sollte ein Schützenpanzer fahren, schießen und Leute von A nach B transportieren können. Das schafft der Marder auch. Und lustigerweise sogar besser und zuverlässig. Ich will auch nicht darüber sinnieren, ob das Produktionskonsortium zwischen Krauss-Maffai Wegmann und Rheinmetall die wirklich beste Lösung zur Entwicklung eines neuen Panzers war. Mir geht es darum, was es im Vergleich bedeutet, wenn das tapfere Panzergrenadierens mit dem unbestimmten Geschlecht dem potenziellen Feind mit dem Marder zu Leib und Leben entgegenrückt. 

Sitzblockaden vor den Panzerspitzen der 7. russischen Stoßarmee

Ein 50 Jahre alter Panzer ist so, als hätte die Bundeswehr Ende der 60er Jahre mit dem A7V aus dem Ersten Weltkrieg abschrecken wollen. Oder als wäre die Luftwaffe 1964 mit Doppeldeckern gegen die Migs der Russen aufgestiegen. Das ist, als würden heute in der Hauptsache Faxgeräte und analoge Funkgeräte zur Kommunikation verwendet oder als hätte die Bundeswehr 1966 zur Kommunikation hauptsächlich auf Brieftauben vertraut. 

Wir leben in einer Zeit, in der Flugzeugträger nach zehn Jahren ausgemustert werden und Gewehre ein Haltbarkeitsdatum von vielleicht 20 Jahren in der Truppe haben. Zumindest, wenn es eine deutsche Truppe ist, die mit dem Ding nicht nur um die Ecke schießen kann, sondern sogar muss. Der Grenadier vor seinem alten Marder läuft immer noch mit dem G36 durch die Gegend. Er darf es eben nicht „heißschießen“.  

Im Lichte dessen, dass wir die Bundeswehr mit Material ausstatten, das teilweise doppelt so alt wie seine Benutzerdoppelpunktinnen ist, sollte sich die Bundeswehr vielleicht künftig darauf konzentrieren, wie man ordentlich kapituliert, Sitzblockaden vor den Panzerspitzen der 7. russischen Stoßarmee organisiert oder sich bei Fulda wirkungsvoll auf die Autobahn klebt. Es ist ja nicht so, dass mich noch irgendetwas in diesem Land überrascht, aber selbst Morgenthau wäre nicht auf derart irre Dekonstruktionsideen gekommen wie die derzeitige Ampelregierung, in der ausgerechnet Christian Lindner den noch geistig gesundesten Eindruck macht. Und dann feiert man sich im Bendler-Block vulgo Verteidigungsministerium noch dafür, elf (in Zahlen: 11) Panzerhaubitzen 2000 in die Ukraine geliefert zu haben, von denen es nur noch zehn Stück gibt, weil die elfte als Ersatzteillager missbraucht wird. 

Versteigerung alter Wolldecken

100 Milliarden Euro – oder, zum leichteren Verständnis, einhunderttausend Millionen Euro – „Sondervermögen“ soll die Bundeswehr zur Renovierung erhalten. Bis die aber frei sind, um die neuen Panzer wenigstens mit WindowsME zu bestücken, finanziert sich die Bundeswehr durch die Versteigerung von alten Wolldecken erst einmal selbst. Zum Vergleich: Der komplette Bundeshaushalt beträgt 2022 knapp 500 Milliarden Euro. Welcher Leser setzt sich hin und berechnet die Energiemenge, die 100 Milliarden Euro in 10-Euro-Scheinen bei Verbrennung erzeugen? Brauchen wir da noch Gas- oder Kohlekraftwerke (und ich weiß – einer wird es tun!)?

Bei einer derartigen Mangellage nimmt es nicht wunder, dass ein paar Verwirrte mit Kochkellen und Dosenravioli losziehen, um einen neuen Kaiser zu inthronisieren. ’S gibt ja nüscht! Die hatten ja nüscht. Unsere wirklich bestimmt tapferen Soldaten und Soldatinnen tun mir leid, derart verblödete und unfähige Dienstherren zu haben. Ich würde es ihnen nicht übelnehmen, wenn sie im Ernstfall nach hinten Reißaus nehmen. „Kämpfen bis zur letzten Patrone“ bedeutet eine Einsatzzeit von ca. 15 Minuten. Das lohnt sich ja gar nicht. 

(Weitere unhaltbare Vergleiche des Autors unter www.politticker.de)  

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

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Atticus Finch / 21.12.2022

Das muss nicht schlecht sein, ich habe schon in den 90ern mit Sturmgewehren geschossen, die älter als ich waren. So ein gutes altes G3 gibt dem Steuerzahler wenigstens ordentlich Bang for the Buck, anders als diese dämlichen Plastikgewehre von heute, welche einzig dazu konstruiert wurden, damit auch Weiber sie ins Gefecht tragen können. Womit wir wieder beim Puma wären ... .

Dr. Wacker / 21.12.2022

Beim letzten Schuss, also nach etwa 15min kommen aus den Panzerkanonen wahlweise Konfetti oder weiße Fähnchen rausgeflogen. Die “Luftwaffe” lässt weiße Brieftauben steigen, während die Marine sich gerade selbst versenkt hat (Torpedos explodierten im Abschussrohr). Das war’s dann mit der wehrhaften Truppe. PS Die Regierung fragt bei Prinz Heini und seinen Spießgesellen an, ob die noch was mit den Jagdflinten und Schwertern ausrichten können. Ein Spaß für die rot-grünen “Welt”-Politiker und ihre woken Wähler. Die sind auch angep*sst, da man ihre Lastenfahrräder konfisziert hat, um schneller klimagerecht zur Front zu kommen.

Marco Schulz / 21.12.2022

Statt solch süffisanter Artikel möchte ich lieber über Sicherheitspolitik lesen. Will denn der Herr Schneider in einem Panzer Platz nehmen, demnächst, oder ein Gewehr tragen? Sind wir schon so weit? Keine Ahnung hat er! Marder und G36 sind doch genau für diese Art Krieg in den Feldern gemacht, den er hier im Sinn hat. Der Krieg, der mit dem genannten Kriegsgerät vorbereitet, und dann abgesagt wurde. Gewehr mit großer Reichweite, nicht “spray and pray”, das macht man im Felde nicht. Ein Schützenpanzer, mit Schutz vor allem vorne. Waffen machen Löcher, egal wie alt sie sind. Aber vertane Worte, der Artikel fällt eh in die Kategorie “Baumspitze abgesägt”, einziger Zweck ist Lästerung, dieses “alles ist Mist”, die Vermittlung einer diffusen Ohnmacht. Macht im Kontext der Linie der Achse in Sachen Ukraine Sinn. Hier geht es um Agitation für den Konflikt, man will die Politik unterstützen.

Michael Neus / 21.12.2022

Lamprecht ist halt nicht die hellste Kerze auf der Torte.. Als ich Mitte der 90er beim Bund war, ging es los mit dem Sparwahn, unter der Pratze aus der Uckermark kam der Kollaps Ich empfehle BLITZ Kapitulation…..

Helmut Driesel / 21.12.2022

  Ich bin derweil erstaunt, dass der Mangel an Windelhosen für deutsche Alters- und Pflegeheime noch nicht die nationale Notlage-Schwelle überschritten hat. Wurden die vielleicht an die schnelle Eingreiftruppe geliefert oder sogar in die Ukraine verschoben?

M. Terres / 21.12.2022

Bitte mal Satire ausschalten und beachten, dass die Gewehre besser sind als ihr Ruf und der Marder ein toller Panzer ist, nur halt mit Software-Problemen, welche ihn für den Kampf ungeeignet machen. Die Industrie liefert nur noch Schrott, steht aber unter dem Schutz der höchsten Politik. Die Soldaten und das Beschaffungsamt werden aus dem BMVG mit Maulkörben versorgt, dem einzigen unerschöpflichen Lagerbestand im Ministerium. Waffen müssen nicht fancy sein, sondern robust. Vielleicht macht die Achse mal eine investigative Story, die zeigt, wie unfähige Politiker und die Industrie zum Nachteil unserer Soldaten die Steuerzahler abzocken. Vor 25 Jahren war der Marder 2 fertig entwickelt, technisch ausgereift und von der Truppe benötigt und gewünscht. Lobbyarbeit und Geldmangel haben uns 25 Jahre die alte Karre namens Marder und dann übergangslos das Puma-Debakel beschert. Der Puma wurde gegen den Willen des Beschaffungsamts beschafft, obwohl die technischen Mängel des Turms und antriebsseitige Falschauslegungen bekannt waren - Lobby eben! Eine tolle Waffenstation für die N24-Doku macht tolle Bilder, aber kein brauchbares Gefechtsfahrzeug.

Michael Lorenz / 21.12.2022

Eine Bullerbü-Armee in den Händen von Bullerbü-Politikern. Mir ist das nur sehr recht. Man stelle sich vor, z. B. eine Ricarda Lang kommandierte über hunderte top-einsatzfähige Kampfjets. Womöglich noch atomwaffentaugliche!

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