Markus C. Kerber, Gastautor / 12.08.2024 / 12:00 / Foto: KI / 23 / Seite ausdrucken

Mit Goldmedaillen aus der Krise?

Aus dem narzisstischen Olympiarausch wird Frankreich bald erwachen.

Noch bevor die Olympischen Spiele mit einer gigantischen Selbstdarstellung der Grande Nation – natürlich im Stade de France – zu Ende gingen, hatte das französische Präsidialamt mit einer Information aufzuwarten: Am 14.9.2024 würden alle französischen Athleten auf den Champs-Elysée defilieren. Nicht genug damit, dass sich Frankreichs Olympia-Mannschaft – ausweislich des Medaillenspiegels – bravourös geschlagen hatte. Die chauvinistische Trance soll auf Geheiß des Staatspräsidenten anhalten. Dazu passt der staatlich veranlasste Triumphzug der französischen Olympioniken auf dem Pariser Prachtboulevard. 

Zuvor herrschte in der jeweiligen Arena der olympischen Wettkämpfe – von Tahiti bis zur Seine – frenetischer Jubel für die französischen Athleten und ihre Erfolge. Dafür wurden die französischen Fans ausdrücklich und wiederholt vom Staatsfernsehen gelobt. Diese grandiose Unterstützung der französischen Olympioniken durch das französische Publikum zeige, wie einig Frankreich sei und welch ein élan vital von der französischen Nation ausgehe.

Dass auch andere Länder Siege und Medaillen errungen hatten, wurde fast nur beiläufig erwähnt. Mit Blick auf den Eiffelturm „berichtete“ France 2, das Staatsfernsehen, von den schier endlosen Erfolgsserien französischer Athleten. Dass dabei das ungläubige Staunen über die 4 Goldmedaillen des Ausnahmeschwimmers Léon Marchand und der Sieg des Schwergewicht-Judokas Riner breiten Raum einnehmen, ist noch nachvollziehbar. Doch die Marginalisierung von so erfolgreichen Olympia-Nationen wie den USA, China und Australien widerspricht jeglichem Berichterstattungsethos.

Die Rückkehr des Alltags

Das französische Publikum – dank perfekter staatlicher Regie beim Sport und bei der medialen Berichterstattung – durfte sich 3 Wochen lang groß und siegreich fühlen. Wir sind wieder wer! Aus der olympischen Großmacht Frankreich folgt die Annahme politischen Selbstwerts.

Insoweit hatte die Olympiade in Frankreich – von der amtlichen Kommunikation schon als „Spiele von Paris“ bezeichnet – vor allem eine Funktion: dem Ausland Frankreich in den strahlendsten Farben zu vermitteln und die Bürger Frankreichs über die politisch-ökonomische Lage der Nation hinwegzutäuschen. Doch mit der rentrée des classes am 28.8. und der dann beginnenden Rückkehr der Alltagspolitik lassen sich die Probleme des Landes nicht länger wegreden: Es muss eine neue Regierung her, die sich mit der defizitären Handelsbilanz und dem katastrophalen Zustand der öffentlichen Finanzen auseinandersetzt.

Die Landung in der Realität wird dann schnell in Frust umschlagen. Und die Franzosen werden spätestens dann merken, dass Goldmedaillen die Dauerkrise ihres Landes nicht zu beheben vermögen.

 

Dr. jur. Markus C. Kerber ist Professor für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Berlin, Gründer von http://www.europolis-online.org. BuchpublikationMarkus C. Kerber, Europa ohne Frankreich? Deutsche Anmerkungen zur französischen Frage, Edition Europolis 2. Auflage

Foto: KI

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Leserpost

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Franz Klar / 12.08.2024

Etwas weit hergeholt . Die “Dauerkrisen” anderer Länder sind größer : Israel , Rußland ,  UK , USA . Und Schland .

Burkhart Berthold / 12.08.2024

Seien wir froh, dass es keinen Krawall gab und keine Anschläge. Dafür hätten die Flics und die CRS und die gesammelten französischen Schlapphüte allemal eine eigene Medaille verdient. Wollen wir ihnen auch mal applaudieren: Viva la France!

Sam Lowry / 12.08.2024

Naja, Hauptsache für die Suche nach Meinungsdelikten im Internet sind offenbar genügend Kräfte vorhanden. Und auch genügend Denunzianten…

S. Wietzke / 12.08.2024

Wenn die Franzosen tatsächlich so blöd sind sich von einer überflüssigen Freakshow beeindrucken zu lassen ist auch denen nicht mehr zu helfen. Was aber auch nicht wundert. Unterscheiden sich die sterbenden “westlichen” Nationen doch eh nur noch folkloristisch.

Gerd Heinzelmann / 12.08.2024

Ich sagte ja, es ist vollkommen lächerlich, die Rechnung ohne Vitali Klitschko aufzumachen. Ein Sohn der FDP und Helmut Schmidts. Sie machen einen guten Job, Herr Klitschko. Und Sie kennen Ihren Herren.

Ingo Minos / 12.08.2024

@Rainer Niersberger: Mit Berlin 1936 gibt es im Hinblick auf Paris 2024 keinerlei Ähnlichkeiten. Auf YouTube gibt es ohne Werbeunterbrechungen den Film über die Olympischen Spiele 1936 ungekürzt in hervorragender Qualität in zweiTeilen- eingestellt aus Japan. Diese Filme über die Olympischen Spiele 1936 wird man noch in hundert Jahren bewundern, und zwar wegen ihrer Ästhetik und Schönheit . Paris 2024 ist demnächst schon vergessen, zuviel Hässlichkeit und zuviel abstoßenes und ekeliges. Im übrigen haben die Gewinner der Medaillen 1936 auch noch einen Setzling für eine Eiche geschenkt bekommen. Diese Setzlinge sind in vielen Erdteilen und Ländern eingepflanzt worden, daraus sind große Eichenbäume geworden. Einige davon existieren immer noch, zum Beispiel in GB und Australien. Auch durch diese Eichen, bleiben die Olympischen Spiele von 1936 in Erinnerung. In GB hat man die Olympische Eiche, die dummerweise vom Spiegel als Hitler Eiche bezeichnet wird, vor einiger Zeit noch vor der Fällung gerettet. Auch in Deutschland gibt es sowas noch.

gerhard giesemann / 12.08.2024

Ist doch klar: Die Deutschen haben freiwillig auf eine ganze Reihe von Medaillen verzichtet - jetzt sollen die Briten und die Franzosen zusammen mit den Amis die Russen draußen halten, please und s.v.p. Warum sollen die nicht zu gemeinsamer Hand das fertig bringen, was sie einstens zusammen mit den Russen bei DE so bravourös hingekriegt haben? DE hat schon genug Ärger mit den Söhnen Allahs, das reicht für den zehnten Platz.

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