Ansgar Neuhof / 14.11.2018 / 06:15 / Foto: Bundesarchiv / 16 / Seite ausdrucken

Mit Geisel auf Neukölln-Safari 

Neulich (12.10.2018) in Berlin: Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) besucht mit einem Kleinbus Berlins Township Neukölln-Nord. Natürlich (!?) in Begleitung der Polizei. Und offenkundig auch im Beisein der Presse, die darüber berichtet, siehe hier.

Ein Bild von der Lage wolle er sich machen, so heißt es. Doch einfach mal anhalten und in eine der Bars in der Neuköllner Sonnenallee reingehen, davon rät Geisels Reiseführer, der Leiter des Polizeiabschnitts 53, lieber ab: „Man würde uns nichts antun, aber wüst beschimpfen.“ Als Geisels Reisegruppe dann doch aussteigt, bilden Personenschützer einen Kreis um die Gruppe. Vor wem genau man sich schützen muss, bleibt offen. Aber Sicherheit geht nun einmal über alles. Jedenfalls für die Politprominenz. Alle anderen dürfen so klarkommen. Der weibliche Teil der Bevölkerung schützt sich unterdessen mit dem Kopftuch. 

Polizei und Ordnungsamt seien in der Gegend nicht sehr wohlgelitten, so heißt es weiter. Wenn sie einschritten, bekommen sie oft zu hören „Verpisst euch, das ist unsere Straße.“ Nur mit Schutzweste und schwerer Bewaffnung traue sich die Polizei hinein. Araber-Clans beherrschen die Gegend und organisieren die Kriminalität. Seit einiger Zeit würben sie gezielt junge „Flüchtlinge“ an, oft minderjährig und drogensüchtig. 

So recht gefallen hat Geisel sein Besuch in Neukölln jedoch wohl nicht. „Vieles, was ich heute gesehen habe, macht mich total nachdenklich und ich habe keine schnellen Antworten“, sagt Geisel nach der abschließenden U-Bahnfahrt durch Nord-Neukölln, währenddessen der Gruppe auf U-Bahnhöfen Drogenverkäufer und Konsumenten begegnen. Irgendwie muß Geisel allerdings die letzten Jahrzehnte verschlafen haben, denn ganz so neu sind die Clans nicht. Aber jetzt nun sie sind nun einmal da, dürfte er sich vielleicht denken. Immerhin „kümmert“ sich Geisel. Er war sogar schon einmal nachts mit Mitarbeitern des Landeskriminalamts Berlin durch die Sonnenallee gefahren. „Da ist mir manche Illusion abhanden gekommen über das, was ich früher für Folklore hielt“, sagte er.

Berliner Polizei nicht gut in Schuss

Doch Geisel wäre nicht Politiker, wenn er nicht trotzdem auch eine „Lösung“ anbieten würde. Natürlich – so räumt er ehrlich ein –, vermag er keine schnelle Abhilfe zu schaffen. Aber, so sagt er: „Die Ursachen der Probleme sind sozialpolitisch und gesundheitspolitisch zu lösen, nicht von der Polizei.“ Handlungsbedarf für sein eigenes Innen-Ressort sieht Geisel also nicht. Das ist gut. Denn nicht auszudenken, das Clan-Problem wäre auch ein polizeiliches.

Die Berliner Polizei hat nämlich aktuell nicht nur Probleme mit ihren neuen Dienstwaffen (siehe hier), sondern auch massive Probleme bei Großeinsätzen wegen Ausfalls des Computersystems (siehe hier). Die um die Jahrtausendwende in Eigenregie von einem Polizisten entwickelte Software sei veraltet, dieser Polizist bereits im Ruhestand und die Mitarbeiterin, die eine Lösung entwickeln sollte, seit fünf Monaten krankheitsbedingt nicht im Dienst. 

Nicht die Polizei also, stattdessen etwas mehr Sozialhilfe und ein paar neue Krankenhausbetten – und Neuköllns Probleme sind gelöst. Dass darauf noch keiner gekommen ist. Trotz aller Problemlösungskompetenz von Politikern (und wer will daran schon zweifeln) wird es allerdings noch ein wenig dauern. Unterdessen, so hört man, ruft man sich in Neukölln zu (in deutscher Übersetzung): Heute gehört uns Neukölln, morgen das ganze Land. 

Von Bereicherung und der „Mutter“ aller politischen Lösungen (= Zuwanderung) hat Geisel übrigens nichts gesagt. Verstehe die Sozis, wer will. 

P. S. Demnächst: Geisel auf Achse im Ghetto Berlin-Wedding

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Leserpost

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Gabriele Kremmel / 14.11.2018

Herr Geisel macht sich unnötig Gedanken, denn auch dafür hat der Migrationspakt eine Lösung nach deutscher Merkel-Logik parat (so wie er ja auch für weniger Ansturm von Migranten auf D sorgt laut der Befürworter). Die heutigen Parallelgesellschaften verwandeln sich durch Migration einfach in Diasporas, die laut Pakt entstehen werden und die, wie die Migration an sich, “eine Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung” darstellen sollten. So wie der Pakt auch illegale Einwanderung wirkungsvoll bekämpft, und zwar indem sie einfach legalisiert wird (A. Merkel’sche Logik). Professor Reinhard Merkel (Namensgleichheit zufällig) machte in einem Radiogespräch darauf aufmerksam mit der Feststellung, dass der Migrationspakt mit der Erwartung von entstehenden Diasporas Parallelgesellschaften praktisch anerkennt. Er weist auch auf den kulturellen und religiösen Sprengstoff hin und auf Reibungen, die wir bereits erleben, und er mahnt vor blauäugigen Vorstellungen (Nachzulesen bei TE). Wie berechtigt diese Warnung ist zeigt der obige Artikel auf. Dass Politiker erst eine Vorstellung von der Realität erhalten, wenn sie sich dann doch einmal vor Ort persönlich (unter massivem Polizeischutz) umsehen, ihre politischen Entscheidungen jedoch auf der Basis von naiven und folkloristischen Vorstellungen treffen, dann kann einem das durchaus Angst machen. Ich bin dafür, dass man für alle Abgeordneten solche Exkursionen zur Pflicht machen sollte.

Frank Stricker / 14.11.2018

Wieder ein hervorragender Bericht von Herrn Neuhof. Die Politprominenz wird mit Personenschützer abgeschirmt , Frauen schützen sich mit Kopftuch.  Besser und pointierter kann man den täglichen Irrsinn in Berlin und sonstwo nicht beschreiben. Dazu der herrlich naive Herr Geisel mit seinem überholten SPD-Weltbild. Er hätte sich von Folklore verabschiedet , schade dass das der Rest der SPD noch nicht mitbekommen hat !

Hubert Bauer / 14.11.2018

Ansgar Neuhof erinnert mich mit seiner sachlich nüchternen Art an Thilo Sarrazin. Vielleicht sollte er mal ein Buch schreiben. Ich würde es sofort kaufen.

Mark Schild / 14.11.2018

Der Autor möge doch bitte Verständnis haben, dass sich der Berliner Senat nicht mit solchen Petitessen wie organisierter Kriminalität, Stadtteilen in Clanhänden und brutalen Alltagsverbrechen beschäftigen kann. Es geht darum wirkliche Gefahren aktiv zu bekämpfen: Frauen, die es wagen gegen Vergewaltigungen zu demonstrieren, Historiker, die den Sozialismus nicht glorifizieren und Lehrer, die es wagen Kinder nicht zu indoktrinieren und diese zu freiem Denken und Unabhängigkeit ermuntern.

Nico Schmidt / 14.11.2018

Sehr geehrter Herr Neuhof, ich bin diese ewigen Floskeln wie „Die Ursachen der Probleme sind sozialpolitisch und gesundheitspolitisch zu lösen, nicht von der Polizei“ unendlich leid. Wenn alle kriminellen Ausländer konsequent und schnell abgeschoben werden würden, hätte wir diese Probleme nicht. Die Lösung ist einfach und sinnvoll und deshalb für Deutschland unmöglich. MfG Nico Schmidt

Viola Heyer / 14.11.2018

“Macht mich total nachdenklich” Und so eine Witzfigur ist für die Sicherheit der deutschen Hauptstadt zuständig.

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