Claudio Casula / 01.10.2022 / 06:15 / Foto: Holger Ellgaard / 168 / Seite ausdrucken

Mit Doppelwumms gen Småland

„Piks“, „Wumms“, „Doppelwumms“: Die Politik redet mit uns wie mit Kleinkindern. Warum nur? Und wann fing das an?

Wie sie mit uns reden. Es schmerzt. Oder, um es in ihrer Sprache zu sagen: Es macht Aua. Erst kamen die Grünen mit dem „Wums“, dann Scholz mit dem „Wumms“, als den er die „staatlichen Hilfen“ in der Corona-Krise bezeichnete und der von seinem Genossen Helge Lindh mimisch und gestisch überaus eindrucksvoll in Szene gesetzt wurde, jetzt werden uns angekündigte Preisbremsen und staatliche Stützung der Energieversorgung als „Doppelwumms“ verkauft.

Offenbar glaubt die derzeit herrschende Klasse, es mit einer vorwiegend illiteraten Gesellschaft zu tun zu haben. Verabschiedete man noch 1999 tollkühn ein durchaus kompliziert klingendes Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz – zugegebenermaßen ein recht sperriges Wortkonstrukt –, so meinte Franziska Giffey als Familienministerin ihren Gesetzen Gaga-Namen verpassen zu müssen, die auch ein Fünfjähriger versteht: das „Gute-Kita-Gesetz“ und das „Starke-Familien-Gesetz“. Offiziell hießen die natürlich anders, aber dem dummen Volk servierte man sie in leichter Sprache.

Alexander Kisslers Buch „Die infantile Gesellschaft“ ist zwei Jahre zu früh erschienen, immer rasanter entwickelt sich das Land zurück, auf dem Weg zum Benjamin Button Europas. Am Ende verlernt er das Laufen und das Sprechen, und dann ist er hin.

Bob den Baumeister plagiiert

Wann hat das eigentlich angefangen, dass man den Souverän in Babysprache adressiert? Ihm selbst einen neuartigen, noch nicht ausgereiften und nur unzureichend getesteten, daher auch nur bedingt zugelassenen und eben nicht „risikofreien“ Impfstoff in den Oberarm zu jagen und ihm diesen Vorgang als „Piks“ schmackhaft zu machen? Ihm Masken- und Abstandszwang als „AHA-Regel“ einzubimsen?

Vielleicht begann alles schon mit Merkels „Wir schaffen das“. Wer Kinder hat und Bob den Baumeister kennt, weiß auch, von wem die Heimsuchung aus der Uckermark den Spruch hatte. Oder fing es schon vorher an? Andrea Nahles war es vorbehalten, dem Bundestag einen der peinlichsten Momente seiner Geschichte zu bescheren, indem sie das Pippi-Langstrumpf-Lied intonierte, was wiederum nicht ganz an den legendären Auftritt dreier grüner Teletubbies in Straßburg (die erste halbe Minute ist ein Muss!) heranreichte:

„Juhuuuu!“

„Hey, Terry, was machst du denn hier?!“

„Ich bin doch jetzt auch neugewählte Abgeordnete!“

„Was? Geil! Sauber!“

In der postadulten Gesellschaft wird der Plenarsaal zum Bällebad, in dem eine Emilia Fester tanzt, eine Ricarda Lang sich wagemutig in diversen Outfits präsentiert und sich auch die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas nicht entblödet, in der häuslichen Corona-Quarantäne playbackmäßig ein Kinderlied von Rolf Zuckowski darzubieten.

„Kinder an die Macht!“, knödelte Herbert Grönemeyer 1986, und jetzt ist es so weit. Die Galionsfigürchen außerhalb der Parlamente heißen Greta („I want you to panic!") und Luisa („Die Erde brennt!"), und im Bundestag hocken ebenso immature Gestalten wie Ricarda und „KuehniKev“. Sie reden also mit uns, wie sie reden, weil sie uns für blöd halten und/oder weil sie selbst blöd sind. 

Hab ich mit Olaf Scholz Schweine gehütet?

Im Wahlkampf plakatierte die SPD ihren Spitzenkandidaten Scholz mit dem Slogan „Respekt für Dich“, ein Widerspruch in sich, denn seit wann ist es ein Zeichen des Respekts, fremde Leute duzend anzukumpeln? Ich jedenfalls habe mit Olaf Scholz bisher weder Schweine gehütet noch im Schützengraben des Standortübungsgeländes gelegen, schon weil Olaf nicht gedient hat. „Soziale Politik für Dich“, ruft einem das Sozen-Plakat entgegen, als schöbe man gerade seinen Einkaufswagen durchs schwedische Möbelhaus.

Die Kommunikation der Regierenden unterkomplex zu nennen, wäre maßlos untertrieben, Deutschland mutiert zum Småland, minus die gute Laune. Wo einem der Ministerpräsident eines nicht ganz unbedeutenden Bundeslandes in einem Video demonstriert, dass man Energie spart, wenn man vorm Schlafengehen den Temperaturregler runterdreht, kommt man nicht umhin, die Gehirnerweichung schon als Volkskrankheit Nr. 1 am Horizont dräuen zu sehen. Achten Sie unbedingt bei Minute 0:15 auf den eingeblendeten Pfeil, nicht dass Sie in die falsche Richtung drehen. Wenn Opa Kretschmann jetzt noch ein TikTok-Video aufnimmt, in dem er Claudia Roths Kleider trägt und zur Heizung tänzelt, ist ihm die nächste Kanzlerkandidatur kaum noch zu nehmen.

Nicht auszuschließen, dass es demnächst heißt: Doof ist das neue schlau! Dann gilt es, Intelligenz und Bildung tunlichst zu verbergen, um nicht in Verdacht zu geraten, sich staatsfeindlicher Umtriebe zu befleißigen. Wer den Genitiv korrekt verwendet oder gar das Futur II beherrscht, kommt ins Umerziehungslager, muss auf der stillen Treppe sitzen und wird frühzeitig ohne Abendbrot ins Bett gesteckt. Ich habe Sie gewarnt.

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Karl Nappster / 01.10.2022

Ja, die allgegenwärtige Verdummung und Distanzlosigkeit ist mir auch schon länger aufgefallen: Da wirbt die ortsansässogen Stadtwerke flächendeckend auf großen Plakatwänden mit gaga-Sprüchen wie ‘Saubere Energie machen’ oder ‘Warmes Wasser machen’. Mir drängen sich da immer sofort Assoziationen zum Kleindkind-Sprech auf: Da hört man auch öfters mal ein ‘Pipi machen’ oder ‘A-A machen’. Die Methoden, welche schon vor gut einem Jahrhundert zur Massenmanipulation erdacht wurden, zeugen von dem geistigen Niveau ihrer Kundschaft, von dem jene Stadtwerke auszugehen scheinen. Ein Trend, der schon vor Jahrzehnten mit völlig inhaltsleeren Wahlkampfplakaten mit Slogans wie ‘Weiter so!’, ‘Bildung!’ oder ‘Zukunft #können wir’ ihren Anfang genommen hat! Auch immer wieder eine Beleidigung eventuell vorhandener Restintelligenz: Diese infantilen Verblödungscomics, mit denen uns vordergründig irgend welche komplizierten Anweisungen ‘vereinfacht bildlich’ dargestellt werden sollen und mehr oder weniger subtil die richtige Haltung antrainiert werden soll. Egal ob im Betriebssystem des Smartphones oder auf den Webseiten der öffentlich-rechtlichen GEZ-Veruntreungsmedien: Sie sind überall mit ihrer aufgezwungenen Fröhlichkeit und möglichst vielen, diversen Gestalten, die uns zeigen sollen, wie schön das neue, tolerante und bunte Leben unter der Herrschaft des WEF sein soll. Auf der anderen Seite meine ich tatsächlich so etwas wie eine allgemeine Verdummung und Verblödung gerade bei jüngeren Generationen feststellen zu können: Antrainierte Phrasen rezitieren und Propaganda abspulen beherrschen sie aus dem Eff-Eff - aber sobald es darum geht, kreativ zu sein oder sich des eigenen Verstandes zu bedienen sieht es zappenduster aus. So ist es auch zu erklären, dass so viele junge Mensch (vor allem: *Innen!) so anfällig für die Heislversprechen dubioser Sekten wie Fridays for Future, den Grünen oder Extinction Rebellion sind und fanatischen Ideologie-Lehren so leicht erliegen.

Brian Ostroga / 01.10.2022

Alles reden der Politik mag an “Bob den Baumeister” erinnern, ihr Handeln aber eher an “Gabelstaplerfahrer Klaus - Der erste Arbeitstag”

Ralf Pöhling / 01.10.2022

Der “Doppelwumms” hat doppelt so viel “Wumms”, wie der “Einzelwumms”. Insbesondere dann, wenn er aus zwei Richtungen kommt. ;-)

klaus Beusch / 01.10.2022

Vielleicht ist das alles gar nicht so kindisch, sondern bitterböser Ernst. Denn wie sollen denn die Millionen bereits Zugereisten und die Millionen noch Zureisenden Deutsch lernen? Die müßen doch verstehen, daß wenn ihre Gönner so reden, das einfache Volk nichts anderes versteht. Wenn du immer noch nicht kapierst Alter, dann weiß ich wo dein Haus wohnt und mach dich Krankenhaus. Na, klingelts?

Joachim Pente / 01.10.2022

Ich bin der Niko bin 9 jare alt und bald zehn ich finde die Rehgirung supperkuhl die Anallehna schimft den doven Puttin aus und die schinnesen auch und die Wäler auch und der Robi hat schon 91 Speicher voll gemacht und der oppa olaf der imer so lustig grinzt macht denn doppel Wums für die Becker und die renntner und der Kalli kemft wie ein Yogi Löwe gegen die Omi Krohn-Wariante und die dike Rickada spricht immer so komig und die Nenzi rufft alle Geflüchtete das sie in unser lant ströhmen und mein Pappa und meine Mamma die wo früher meine Mamma war aber jetz mein anderer Pappa ist sagt wir haben die beste Regihrung vor denn Kriech wenn ich 10 binn möchte ich vielleicht auch ein mäd chen werden und Helene heißen wie die schlager Sängerin von der mein anderer Pappa der wo früher meine Mamma war immer so schwermt.

Christian Vitroler / 01.10.2022

Warum das Deutsche Volk (ist das jetzt schon ein Nazi Begriff?) derart infantil angesprochen wird, ist leicht erklärt. Einfache Sprache, dem allgemeinen Bildungsniveau angepasst.

Gabriele H. Schulze / 01.10.2022

Bin schon im Untergrund. Zusammen mit einem Freund sammele ich deutschsprachliche Trouvaillen, Wörter, die -  horribile dictu - auf Bildung oder Viellesen hinweisen könnten und dem Untergang geweiht sind. Messenger als Speakeasy sozusagen.

Markus Viktor / 01.10.2022

“In dem umstrittenen Kurzvideo zeigte sich Klimaaktivistin Luisa Neubauer bei Sonnenschein vor einer maritimen Kulisse. Auf Englisch sagt sie: „Right now, we are planning how to blow up (…)“, bricht dann aber im Satz ab und lacht. Kurz zeigt sie einen ebenfalls lachenden jungen Mann. In den Untertiteln des Videos präzisiert Neubauer: „And of course we‘re thinking about how to blow up a pipeline (the largest crude oil pipeline in the world).“ Weiter sagt sie „We talk a lot about it“ und verweist auf die EACOP-Pipeline in Afrika.” (RND Juni 2022). Muss ja nicht immer Afrika sein, aber woher haben die Kinder das Know How?

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