Mit der Kettensäge gegen die Meinungsfreiheit

Die AfD liegt nach neusten Umfragen sogar vor der CDU. Da sich die bisherigen Mittel als wirkungslos erwiesen haben, greift man zur nächsten Eskalationsstufe, der Einschränkung demokratischer Grundrechte, darunter der Meinungsfreiheit.

Der Koalitionsvertrag steht – und mit ihm eine Reihe von Gesetzesverschärfungen, die sich deutlich gegen die freie Meinungsäußerung richten. Besonders betroffen ist der Straftatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB), dessen Anwendung künftig verschärft werden soll. Im Namen der „Resilienzstärkung unserer Demokratie“ soll Wiederholungstätern das passive Wahlrecht entzogen werden können – ein beispielloser Vorgang.

Das Ziel liegt offen zutage: Die AfD soll politisch ausgebremst werden. Politiker kaum einer Partei sehen sich so häufig mit Vorwürfen nach § 130 konfrontiert. Zwar wurden viele Verfahren eingestellt, doch nicht alle. So wurde im Februar 2024 der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke angeklagt– wegen eines Telegram-Posts aus dem Jahr 2022. Darin hatte er nach einem tödlichen Messerangriff durch einen somalischen Täter geschrieben: „Wahrscheinlich ist der Täter psychisch krank und leidet an jener unter Einwanderern weit verbreiteten Volkskrankheit, welche die Betroffenen ‚Allahu Akbar' schreien lässt…“.

Auch gegen die AfD-Politikerin Vanessa Behrend wird derzeit wegen Volksverhetzung ermittelt – weil sie Regenbogenfahne als ein Symbol für „Machenschaften pädophiler Lobbygruppen" bezeichnet hatte.  

Die geplante Verschärfung des § 130 zeigt, wie nervös die etablierten Parteien angesichts des Erstarkens der AfD geworden sind. Trotz jahrelanger Kampagnen und der Beobachtung durch den Verfassungsschutz liegt die Partei – laut jüngsten Umfragen unterdessen sogar vor der CDU. Nun, da sich die bisherigen Mittel als wirkungslos erwiesen haben, greift man zur nächsten Eskalationsstufe: der Einschränkung  demokratischer Grundrechte.

Ein Lehrstück für die gefährliche Dynamik von Gesetzen

Dass in Deutschland die Einschränkung von Meinungsfreiheit Tradition hat, macht es nicht besser. Der Ursprung des Volksverhetzungs-Paragrafen liegt im Kaiserreich, als er gegen Sozialisten eingesetzt wurde und als Klassenkampfparagraf bezeichnet wurde. In den 1960ern reaktiviert, um Neonazis zu verfolgen, ist er heute ein flexibles Instrument im Kampf gegen politischen Populismus. Die jüngsten Gesetzesverschärfungen lassen erkennen: Was einst gegen Rechtsextremisten gedacht war, trifft zunehmend auch konservative und migrationskritische Stimmen.

§ 130 ist wahrlich ein Lehrstück für die gefährliche Dynamik von Gesetzen gegen die Meinungsfreiheit. Dabei ist der Wortlaut des § 130 StGB längst ein scharfes Schwert: Wer öffentlich zu Hass oder Gewalt gegen Gruppen aufruft oder deren Menschenwürde verletzt, macht sich strafbar. Auch das Leugnen oder Verharmlosen von NS-Verbrechen kann zu mehrjährigen Haftstrafen führen. Die Zahl der Verurteilungen steigt rapide – über 5000 allein im Jahr 2024.

Verurteilt wegen Volksverhetzung wurde 2024 u.a. der Islamkritiker Michael Stürzenberger – sechs Monate nach einem islamistischen Anschlag, bei dem er selbst schwer verletzt und ein Polizist getötet wurde. Eine Rentnerin muss 7.950 Euro Strafe zahlen, weil sie auf Facebook die Migrationspolitik kritisierte und u.a. schrieb: „Wir brauchen Fachkräfte und keine Asylanten, die sich hier nur ein schönes Leben machen wollen, ohne unsere Werte und Kultur zu respektieren. Schickt die, die hier sind, mal zum Arbeiten. Wir sind nicht auf Faulenzer und Schmarotzer angewiesen und schon gar nicht auf Messerkünstler und Vergewaltiger.“ Der Ton: deftig. Die Strafe: drakonisch.

Grundpfeiler einer demokratischen Ordnung

Verteidiger des § 130 berufen sich auf das Prinzip der „wehrhaften Demokratie“. Doch was bedeutet das in der Praxis? Demokratie gegen die Wähler zu verteidigen? Der Missbrauch dieses Paragraphen offenbart eine autoritäre Tendenz: die Absicht, Kritik an der Regierung, am System oder an bestimmten Gruppen strafrechtlich zu unterbinden. Viele CDU-Wähler hatten auf eine liberale Wende gehofft. Stattdessen zementiert die neue Koalition den restriktiven Kurs der Vorgängerregierung. Dass man nun versucht, Oppositionspolitikern die Kandidatur zu verbieten, ist ein Tiefpunkt demokratischer Kultur.

„Die Tendenz, die Meinungsfreiheit mit Mitteln des Strafrechts einzugrenzen, ist hochproblematisch“, warnte der frühere Verfassungsrichter Christoph Degenhart. Es ist nicht nur problematisch – es ist gefährlich. Es ist Ausdruck einer Politik, die sich von der Bevölkerung entfremdet hat und lieber mit Verboten als mit Argumenten reagiert.

Redefreiheit, Parteigründung, kontroverse Debatten – all das sind Grundpfeiler einer demokratischen Ordnung. Die geplanten Eingriffe untergraben diese Prinzipien zutiefst. Sie müssen unbedingt gestoppt werden.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Novo-Argumente.

 

Sabine Beppler-Spahl ist Diplom-Volkswirtin, Deutschlandkorrespondentin des britischen Online-Magazins Spiked sowie Vorsitzende des Vereins Freiblickinstitut e.V. Sie ist Herausgeberin des Sammelbandes „Cancel Culture und Meinungsfreiheit“.

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Leserpost

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T.Plath / 12.04.2025

@Richard Loewe.  Sie relativieren und schreiben, “echte Meinungsfreiheit in D. gab es nur kurz unter den beiden Friedrichs”.  Sie meinen im 18. Jahrhundert in Preußen?  War nicht ernst gemeint, oder?  Falls doch,  mache ich mal von meiner noch bestehenden Meinungsfreiheit Gebrauch und widerspreche freundlich.  Natürlich war in der BRD auch früher nicht alles erlaubt. Allerdings waren die geltenden Gesetze für die meisten Bürger nachvollziehbar und galten doch mehr oder weniger für alle. Egal, ob man jetzt SPD, CDU, FDP oder GRÜNE bevorzugt hat.  Derzeit sieht es aber doch ganz so aus, als wolle eine ziemlich mächtige und gut vernetzte gesellschaftliche und politische Gruppe, die knapp gewählt wurde,  mit Gesetzen und Beeinflussung dafür sorgen,  dass Anhänger anderer politischer Meinungen, die nach geltenden Grundsätzen erlaubt sind,  den Mund halten müssen, wenn sie keinen Ärger bekommen wollen.  Unzufriedenheit soll unterdrückt werden.  Unzufriedene sollen die Anderen nicht wählen, sondern immer wieder die üblichen Verdächtigen, die Altparteien.  Dafür will man Sorgen. Satire kann Menschen zum Nachdenken bringen. Das will man nicht.  Stimmung machen gegen die Regierung ist nicht erwünscht.  Fundierte Kritik ist nicht erwünscht. Andere Vorstellungen von der Gestaltung des Landes sind nicht erwünscht. Und da sollen Gesetze und Strafen bezüglich des Punktes Meinungsfreiheit helfen. Das ist brandgefährlich. Und schon etwas ganz anderes, als die in der BRD früher geltenden Gesetze, deren damalige Anwendung und Auslegung.

Wolfgang Richter / 12.04.2025

Was wird aus einem Land, in dem es staatlicherseits verboten wird, die politisch ausgeblendete “Wahrheit” als Wahrheit zu verkünden ? Es lebe die DDR 2.0. Allerdings wird sich mit einem solchen System kaum noch wer identifiziern, also auch nicht den “Kopf” dafür herhalten. So wird das nix mit der gewünschten Verteidigungsfähigkeit, erst recht nicht, wenn es in dem Zusammenhang bei Strafe untersagt wird, “Alles für ....” zu geben. Dann halt eben nicht. Schade nur, daß die Verkünder dieses Orwellschen Denkens leider noch unsere Knete haben wollen.

Thomin Weller / 12.04.2025

Diese Regierung mit ihrem Koagulationsvertrag ist absolut rechtswidrig, betreibt Hochverrat und sind Verfassungsfeinde. Sie gehört sofort unverzüglich vor ein Militärgericht. Das Patentrecht USA und Europa ist unterschiedlich. In den USA kann sogar Yoga als Patent angemeldet werden. Die sogenannte “Digitalisierung” ist der gezielte Angriff auf alle Firmen die Forschung und Entwicklung, auch z.B. FESTO betreiben, aber auch Firmen die Geheimhaltungsverträge einhalten müssen. Alles im GroKo “digitalen Raum” wird geheimdienstlich mit kaufbaren KI-Selektoren überwacht und gestohlen. Diese Unregierung zwingt alles und alle in die Cloud. D.h. es gibt für niemanden eine Geheimhaltung. Der MAD hat den Fall ENERCON ausführlich untersucht und schweigt aktuell über diesen Verrat der GroKo. In Wiki ein einziger fetter Lügenartikel. EU Patentrecht bedeutet es darf niemals veröffentlich sein, mit dieser faschistoiden Regierung ist alles öffentlich..nutzbar. Bis zu einer G. Büchner Justizhure die Bürger drangsaliert. Aber Bürger, Volk gibt es nicht mehr, alle sind einfach Bertelsmann, SPD like nur noch Kunden. KMUs die ihren Betrieb in der “Cloud” haben, sind verraten und verkauft, sollten sich dringend einen eigenen Server und neue Systeme anschaffen. Anti-Cloud-Digitalisierung

N.Hodgson / 12.04.2025

@Judith Panther….wir sind nich blöd, aber….containment –Politik war die Devise….wäre jetzt durchaus wieder angebracht…..nur diesmal gegen Fuschi : )

Geert Aufderhaydn / 12.04.2025

Dieses System tritt in die Phase der Agonie ein und beginnt, blindwütig um sich zu schlagen. Wer jetzt nicht noch kurz vor Toresschluß unter die Räder geraten will,  sollte Schopenhauers Satz   “sprich wie die meisten und denk wie die wenigsten”  anwenden.  Ist ja nicht mehr für lang. . . . bis dann sähe es aber in diesem Forum mit Kommentaren dünn aus.

Steffen Huebner / 12.04.2025

Ja ja, die Mär von der sog. “Demokratie” und der angeblich ach so friedlichem Ablösung politischer Eliten von der Macht und deren Ersatz durch andere, wenn es das Volk denn so will, ist nicht tot zu kriegen. Wo gab es denn jemals so was in der Geschichte? Unglaublich!

B.Jacobs / 12.04.2025

Keine Angst Herr Hamann, ich wurde damals als Opfer von Vandalismus auch verhöhnt, der Spieß wurde von gekauften Juristen sogar umgedreht, allein sie sind an der Realität , da ich kein Vandale sein kann gescheitert. Aber auf den Kosten blieb ich sitzen. Frau Altmann, auswandern hilft auch nicht viel, den die globalen Finanzoligarchen haben uns schon in Geiselhaft und was nach Trump kommt, Kriegstreiber wie Obama, Biden, weiß man nicht. Sie zündeln überall für ihre Macht und Weltherrschaft. Wie sagte GRÜNE Ska Keller so schön, wir haben alle Schaltstellen der Macht besetzt. Statt Recht, wird jetzt Unrecht gesprochen, vom Partei Buch abhängig, deshalb schrieb Professor Schachtschneider das Buch “Das vergessene Recht”. Wenn selbst ehemalige ehrbare Verfassungsrichter, die sich nach dem GG der Alliierten gehalten haben, wo jeder seinen Schwachsinn drin rumkritzeln kann, scheitern, sagt das viel über den maroden Rechtsstaat. Wie sagte Merkel einst “Wer eine neue Weltordnung will, muss seine eigene Souveränität aufgeben”. Alle Mitglieder der EU sind inzwischen zur Geisel der Diktatur geworden.

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