Air Tuerkis / 18.10.2018 / 06:25 / 43 / Seite ausdrucken

Mit Chamberlain nach Teheran

Vor rund 80 Jahren marschierte die Wehrmacht im Sudetenland ein. Doch anders als bei der vorhergehenden Besatzung und Annexion Österreichs oder der Remilitarisierung des Rheinlands war die Stimmung in England nicht von Hass oder Furcht geprägt, sondern von regelrechter Euphorie. In den größten Lettern, die es bis dato je in einer britischen Tageszeitung gab, titelte der Daily Express am Vortag „PEACE!“. Premierminister Chamberlain richtete sich ebenfalls am Vortag an sein Volk und verkündete: „I believe it is peace for our time“. Das Volk bejubelte seinen Regierungschef, der zu seinem Außenminister Lord Halifax sagte: „Ich habe es, ich habe es!“.  

Was er hatte, war eine schriftliche Zusicherung Hitlers, dass Großbritannien und Deutschland nie mehr Krieg miteinander führen würden. Chamberlain hatte diese schriftliche Zusage mit aller Kraft erkämpft und hatte einen hohen Preis bezahlt: das Münchner Abkommen. Es war der Höhepunkt seiner außenpolitischen Agenda, der Beschwichtigung, bekannt als „Appeasement“. 

Die Vorgeschichte: Am 10. April 1938 fand eine Volksabstimmung in Österreich statt, die mit 99,7 Prozent (als proklamiertes Ergebnis) den Anschluss an das Deutsche Reich besiegelte. Österreich war zuvor von Wehrmachtstruppen besetzt worden, die Abstimmung fand unter Aufsicht der Nazis statt. Hitler hatte damit seine Ankündigung aus „Mein Kampf“ – erschienen über 10 Jahre zuvor – verwirklicht und Österreich „heim ins Reich“ geholt. 

In London und Paris herrschten Verzweiflung und Erstaunen, es folgten aber keine Konsequenzen. Nicht mal leere Drohungen. Hitlers nächster Coup sollte die Besetzung der Tschechoslowakei sein, das hatte er bereits Ende 1937 vor hohen Funktionären angekündigt. Seitdem machte sich die Wehrmacht für einen Angriff auf die Tschechoslowakei bereit.

Eine Rechtfertigung hatte Hitler über die Sudetenfrage: Die Lage im mehrheitlich deutsch besiedelten Sudetenland war in der Tat sehr angespannt. Im Vertrag von Saint-Germain – der parallel zum Versailler Vertrag entstanden war – wurde das Sudetenland dem neuen Vielvölkerstaat Tschechoslowakei einigermaßen willkürlich zugeordnet. Der Widerstand der Bevölkerung wurde durch den Einmarsch tschechoslowakischer Truppen beendet. Den ethnischen Minderheiten und somit auch den Sudetendeutschen wurden Autonomierechte verwehrt, und sie waren massiven staatlichen Diskriminierungen ausgesetzt. Die tschechischen Parteien fällten wichtige politische Entscheidungen in einem Fünferrat unter Ausschluss der Parteien der ethnischen Minderheiten. In folgedessen bekam die „Sudetendeutsche Partei“, die sehr enge Kontakte zur NSDAP pflegte und ihre Befehle direkt von Hitler bekam, 1935 die meisten Stimmen aller Parteien in der Tschechoslowakei.

Hitler befeuerte nun den Konflikt im Sudetenland: Konrad Henlein, Vorsitzender der Sudetendeutschen Partei (SdP) stellte eine Reihe an Forderungen (unter anderem Autonomie) an die tschechoslowakische Regierung. Die SdP und ihre Anhänger begannen, tschechische Mitbürger unter Zuhilfenahme von ins Land gereisten SA-Männern zu bekämpfen und inszenierten Straftaten von angeblichen Tschechen in den deutschen Grenzgebieten.

Hitler legte lange vorher den Termin für den Eimarsch fest

Aus militärstrategischer Sicht war eine Einnahme des Sudetenlandes für Hitler entscheidend. Das Sudetengebirge bot militärischen Schutz vor Deutschland, außerdem hatte die Tschechoslowakei bereits beträchtliche militärische Maßnahmen ergriffen, um das Sudetenland zu einer Art Schutzschild der Tschechoslowakei gegen Deutschland zu machen. Ein Krieg gegen die Tschechoslowakei in den Sudeten hätte Deutschland wahrscheinlich große Verluste bereitet. Außerdem standen sowohl über zwei Drittel der tschechoslowakischen Kraftwerke im Sudetenland als auch eine Vielzahl an Eisenwerken, die ganz besonders wichtig für Deutschland waren, da dessen massive Aufrüstungspolitik immer wieder durch Rohstoffmangel ins Stottern kam.

Die westeuropäischen Politiker, allen voran Neville Chamberlain, wollten den Frieden wahren – um jeden Preis. Anfang August entsandte das Vereinigte Königreich eine Delegation nach Prag, um den tschechoslowakischen Präsidenten Edvard Beneš zum Einlenken zu bringen. Man erklärte ihm: Wenn er nicht einlenkt und es zum Krieg kommen sollte, würde man nicht an der Seite der Tschechoslowakei kämpfen. Am 30. August beugte sich Beneš schließlich und willigte ein, den Sudetendeutschen Autonomierechte zu gewähren. 

Doch Konrad Henlein bekam die Order von Hitler, das Angebot auszuschlagen. Am Ende des Telefonats schrie er: „Lang lebe der Krieg. Und wenn er zwei bis acht Jahre dauert“. Am 10. September sprach Hitler auf dem Nürnberger Reichsparteitag und sagte, dass er den Sudetendeutschen um jeden Preis beistehen werde. Alle Zeichen standen nun auf Krieg, und so war in London und Paris die Frage allgegenwärtig, wie man sich im Kriegsfalle verhalten würde. Chamberlain ging bei Anrufen aus Paris nicht ans Telefon, ließ Anfragen an Diplomaten abblocken und machte so den Westen führungslos. Er hatte seinen eigenen Plan: Jetzt, da die Krise am stärksten war, wollte er Hitler in einem persönlichen Treffen zum Einlenken bringen. Er hielt sich für den Mann, der Frieden bringen kann.

Er bot Hitler bei einem Treffen auf dem Obersalzberg an, eine Volksabstimmung im Sudetenland durchzuführen. Doch auch das lehnte Hitler ab und verkündete: „Ich werde in kürzester Frist diese Frage – so oder so – aus eigener Initiative regeln.“

Die Gespräche drohten zu kippen, doch im entscheidenden Moment gab Hitler ein wenig nach: Er willigte ein mit dem Kalkül, dass die Tschechoslowakei ohnehin keiner Volksabstimmung zustimmen würde. Außerdem wollte Hitler einen Scheinkompromiss mit Großbritannien finden, um einen Kriegseintritt zugunsten der Tschechoslowakei zu verhindern. Denn Deutschlands militärische Stärke war noch sehr eingeschränkt. Der Blitzkrieg war aus rüstungstechnischer Sicht das einzig Mögliche. Einen Krieg gleichzeitig gegen die Tschechoslowakei und gegen England und das – noch immer – überlegene Frankreich zu führen, wäre in einem Debakel geendet. Er musste langsam und Schritt für Schritt vorgehen und darauf achten, keinen 2-Fronten-Krieg zu erzeugen. Hitler und Chamberlain verabredeten ein zweites Treffen in Kürze.

Der Franzose brach vor Scham in Tränen aus

Beneš lehnte die Übereinkunft zwischen Chamberlain und Hitler erwartungsgemäß ab. Doch Chamberlain wollte diesen Frieden – mit aller Gewalt. So kündigte er zunächst Paris die Rückversicherung im Falle eines Kriegseintritts Frankreichs zugunsten der Tschechoslowakei. Er brachte so das sozial und politisch gespaltene Frankreich auf seine Linie und ließ Gesandte beider Länder in der Nacht des 21. September dem tschechoslowakischen Staatspräsidenten ein Schreiben vorlesen, in dem beide Länder erklärten, Prag im Kriegsfall in keiner Weise zu unterstützen. Der Franzose brach dabei vor Scham in Tränen aus. Beneš willigte ein – er hatte keine Wahl. Ein Kampf allein gegen Deutschland wäre ein Selbstmordkommando gewesen. 

Am Tag darauf fand das 2. Treffen zwischen Chamberlain und Hitler statt. Chamberlain hatte alle Wünsche Hitlers durchgesetzt und bot Hitler nun an, das Sudetenland – sogar ohne Volksabstimmung – an Deutschland zu übergeben. Doch Hitler kritisierte die Zeitabstände und forderte die sofortige Übergabe der Gebiete. Chamberlain konnte lediglich noch aushandeln, dass die Übergabe nicht sofort stattfinden sollte, sondern erst am 1. Oktober 1938.

Regelrecht stolz auf sein Ergebnis kehrte Chamberlain nach London zurück. Doch der „große Frieden“ Chamberlains geriet sofort wieder ins Wanken: Erneut lehnte Beneš das Ultimatum ab und ließ mobil machen. Auch Frankreichs Premier Daladier wollte an der Seite Prags in den Krieg eintreten und veranlasste die Generalmobilmachung. Außenminister Halifax gab im Kabinett bekannt, die Appeasement-Politik fortan nicht mehr zu unterstützen. Chamberlain musste unter massivem Druck nachgeben; er schlug vor, den Konflikt von einer internationalen Kommission ausverhandeln zu lassen.

Hitler lehnte natürlich ab und stellte den Tschechoslowaken darüber hinaus ein Ultimatum: Wenn sie nicht bis zum 28. September seine Forderungen akzeptieren würden, erkläre er am 1. Oktober den Krieg. Erneut ging Chamberlain in die Knie und bot Hitler ein Treffen mit den europäischen Regierungschefs an. Hitler willigte ein und gab 24 Stunden Aufschub. So fand am 29. September 1939 in München ein Treffen der Vertreter von Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien statt. Die Tschechoslowaken hatte Hitler ausgeladen.

Mussolinis Aktionsplan kam aus Berlin

Mussolini unterbreitete einen Aktionsplan, der beinhaltete, dass die Tschechoslowakei am 1. Oktober mit der Räumung des Sudetenlandes beginnt und diese am 10. Oktober abschließt. Chamberlain und Daradier willigten ein. Der Vorschlag kam in Wahrheit aus Berlin und wurde am Vortag nach Rom gesendet; er entsprach nahezu exakt der Forderung, die Hitler von Anfang an stellte.

Diese Schande von dem faulsten aller faulen Kompromisse – unterzeichnet am 30. September 1938 – ging als Münchener Abkommen in die Geschichte ein. Chamberlain bekam zudem die vage aber schriftliche Zusicherung Hitlers, dass es keinen Krieg zwischen Deutschland und England geben werde. Zurück in England verkündete er dies als das Hauptergebnis dieser Verhandlungen in München; er ließ sich als den Mann feiern, der seinen eigenen Stolz überwunden hat, um den Krieg zu verhindern.

Doch Hitler brach den Vertrag praktisch sofort. Er forcierte die Sezession der Slowakei als einen deutschen Satellitenstaat und ließ am 15. März 1939 die „Rest-Tschechei“, die geschwächt und zerklüftet keine Widerwehr mehr leistete, besetzen. Durch die erbeuteten Militärgüter der modernen Industrienation konnte er zwischen 15 und 20 Heeresdivisionen bewaffnen. Die Sudetendeutschen rekrutierte er in hohem Umfang als Soldaten für die Wehrmacht. 

Zwar übte nun die innerparteiliche Opposition in England Druck aus und erzwang so eine drastische Ausweitung der Rüstungsausgaben Großbritanniens, doch Chamberlain blieb auch jetzt noch Appeaser. 

Auf Hitlers Bruch des Münchener Abkommens im März 1939 reagierte er nicht. Auch als Deutschland Polen am 1. September 1939 überfiel, schaffte er es, keinen Krieg mit Deutschland zu führen, obwohl er für Polen eine Beistandsgarantie verkündet hatte. Er erklärte zwar den Krieg, veranlasste aber keine nennenswerten Maßnahmen, griff nicht an und führte so den sogenannten „Sitzkrieg“ zwischen September 1939 und dem 10. Mai 1940 (Beginn des Westfeldzuges). Die Franzosen verschanzten sich hinter der Maginot-Linie, und die Engländer setzten lediglich ein Expeditionskorps über den Ärmelkanal.

Im Mai 1940 trat Chamberlain zurück

Man wartete geduldig (während Deutschland einem Angriff von Westen nur wenig hätte entgegensetzen können), bis Deutschland den Krieg im Osten beendete, seine Truppen nach Westen verlegte und schließlich durch die Ardennen in Frankreich einmarschieren konnte. Mit Beginn des Westfeldzuges im Mai 1940 trat Chamberlain zurück und wurde durch den langjährigen Hitler-Kritiker, die Leitfigur der Resister (Gegenbewegung zu Appeasement), Winston Churchill, ersetzt. 

Nun wehte ein anderer Wind: “We shall defend our Island, whatever the cost may be, we shall fight on the beaches, we shall fight on the landing grounds, we shall fight in the fields and in the streets, we shall fight in the hills; we shall never surrender.“

Bereits am 20. Mai wurden die britischen Truppen jedoch an der Atlantikküste eingekesselt. Die Lage schien verloren, und so kamen die Appeaser aus ihren Löchern gekrochen: Sie wollten erneut mit Deutschland verhandeln. Eine Einigung treffen, Frankreich aufgeben und Frieden machen. Und sie waren kurz davor, den in der innerparteilichen Führungsriege isolierten Churchill wieder zu stürzen – das grenzte schon an Kollaboration.

Am Ende setzte Churchill sich allerdings durch, und seinem Mut und seiner Entschlossenheit ist es zu verdanken, dass das „Wunder von Dünkirchen“ (die spektakuläre Rettung der eingekesselten britischen Truppen in Frankreich zwischen dem 26. Mai und dem 4. Juni) gelang. Ihm ist es zu verdanken, dass Deutschland immer noch einen Feind im Westen hatte. Ohne Churchill hätte es vielleicht keinen D-Day gegeben.

Chamberlains Politik war vielleicht von gutem Glauben geprägt, von dem Glauben, dass kein Staatschef so skrupellos sein kann und mutwillig in einen Krieg steuert. Vielleicht wollte er auch die Sudetendeutschen aus ihrer problematischen Situation befreien. Aber dieses Argument kann niemand in dieser Situation vorbringen. Denn man befreite nicht die Sudetendeutschen, man fütterte ein Raubtier mit fremdem Blut. Hitler in dieser Situation klein beizugeben, war Wahnsinn – und kann durch nichts gerechtfertigt werden.

Verheerenden Effekt zugunsten Hitlers

Man kann auch nicht sagen, dass das Münchner Abkommen den Krieg zwar nicht verhindert hat, dass es den Versuch aber wert gewesen wäre. Denn die rüstungsmäßige Unterlegenheit Deutschlands war selbst während des Westfeldzugs noch fast 2:3 gegenüber Frankreich und England. 

Hitler konnte nur gewinnen, da er immer nur einen Feind gleichzeitig hatte, und diesen in einem schnellen Kampf niederwerfen konnte. Weder für einen längeren noch für einen Mehrfrontenkrieg war die Wehrmacht bereit. Die Verluste der deutschen Luftwaffe waren selbst während des Westfeldzugs so enorm, dass man den Vormarsch (für den der Angriff der legendären „StuKas“ entscheidend war) nicht viel länger als jene fünf Wochen hätte durchhalten können.

Dazu kommt, dass Hitler durch die Besatzung Österreichs und der Tschechoslowakei immense Kapazitäten für Rüstungsgüter und Soldaten gewann. Hätten England und Frankreich Deutschland bei einem Angriff auf die Tschechoslowakei mit Krieg gedroht, hätte Hitler diesen Krieg nicht gewinnen können und womöglich zu diesem Zeitpunkt gar nicht begonnen. Das Münchner Abkommen hatte also einen verheerenden Effekt zugunsten der Hitlerschen Kriegsstrategie.

Chamberlain kann sich nicht von der Schuld reinwaschen: Die Verfolgung der Juden in Deutschland war präsent, die Konzentrationslager von Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald standen schon. Die Nürnberger Rassengesetze waren bereits verabschiedet. Die Legion Condor war bereits damit beschäftigt, Spanien zurück in die Steinzeit zu bomben. Hitler hatte bereits mehrfach und ausdrücklich z.B. in „Mein Kampf“ die Erweiterung des deutschen „Lebensraums“ angekündigt. Er hatte bereits Österreich annektiert und den Versailler Vertrag gebrochen. Deutschland gab fast die Hälfte seines Staatshaushaltes für Waffen aus. Spätestens mit dem Überfall auf Polen hätte Chamberlain handeln müssen. Er hätte einsehen müssen, dass sein Appeasement gescheitert war.

Kapitulation vor Massenmördern ist alles andere als human

Alles, was Chamberlain nicht wissen wollte, wissen wir heute in aller Deutlichkeit. Wir wissen, dass es Staaten gibt, die zu allem bereit sind, die vor nichts halt machen. Wir wissen, dass es Staaten gibt, mit denen man nicht verhandeln kann. Wir wissen, dass man Frieden nicht immer mit Verträgen erreichen kann.

Appeasement gegenüber jemandem, der weder an Frieden noch an Koexistenz interessiert ist, heißt in letzter Konsequenz vollständige und bedingungslose Kapitulation. Denn nur durch Kapitulation kann man den fest entschlossenen Angreifer davon abhalten, Blut zu vergießen. Kapitulation vor Massenmördern ist allerdings alles andere als human – genauso wenig wie bedingungsloser Pazifismus. Es ist kein Zufall, dass heutige Linksextreme und sogar viele Nazis die Idee des Friedens um jeden Preis als etwas Gutes propagieren. Paul Spiegel sagt: „Hinter dem Ruf nach Frieden verschanzen sich die Mörder“.

Heute wissen wir alles: Der oberste Führer des Irans stellte bereits einen 9-Punkte-Plan zur Beseitigung Israels vor, der iranische Präsident schrie es bereits Studenten zu: „Israel muss von der Landkarte getilgt werden“. In den letzten Jahren hat der Iran sein Militärbudget fast um ein Drittel erhöht, die iranisch kontrollierte Hisbollah geißelt den Libanon, die irakische Regierung und die schiitischen Milizen im Irak werden vom Iran beeinflusst, im Jemen wird ein blutiger Bürgerkrieg forciert, in Syrien stehen die iranischen Revolutionsgarden. In fast einem Dutzend der arabischen Länder sind iranische Militärs und Berater stationiert. Das Ziel ist klar: Der Iran will den Nahen Osten dominieren, Israel vernichten und die Atombombe bauen.

Aber in den europäischen Hauptstädten will man davon nichts wissen. Es ist grotesk, dass gerade wir Deutschen nicht glauben wollen, was ausgebreitet und offen – nicht mal mit dem Versuch einer Verschleierung belegt – vor uns liegt. Und wir appeasen – diesmal kann wirklich niemand sagen, er hätte es nicht gewusst. Wir müssen den Mut haben, nicht wegzusehen, nur so kann man den Frieden wahren.

Ronald Reagan soll einmal gesagt haben „Die Geschichte lehrt, dass Kriege beginnen, wenn die Regierungen glauben, dass der Preis der Aggression niedrig ist“. Doch die Geschichte – der beste Lehrmeister – hat bekanntlich die schlechtesten Schüler. Die deutsche wie die europäische Außenpolitik ist vollständig in den Appeasement-Modus umgeschwenkt. Wir versäumen es, die Flamme zu ersticken und werden einen Waldbrand ernten.

Der Autor ist 16 Jahre alt, Gründer der klassisch-liberalen Schülergruppe LJB und gibt in diesem Zusammenhang den Schülerblog apollo-news.net heraus, auf dem dieser Beitrag und das Video oben bereits erschienen.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Jens Keller / 18.10.2018

So wie Bismark einst die Angelegenheiten auf dem Balkan für nicht eingreifenswert befand (nicht die Knochen eines einzigen pommerschen Grenadiers wert) befanden Franzosen und Briten das Schicksal der Tschechen, Polen und Anderer des aktiven Krieges nicht für wert. Und? Vermutlich gab es Gründe dafür, die sich der Perspektive des nachgeborenen Beobachters nicht so ohne Weiteres erschliessen und jenseits moralischer Kategorien liegen. Den ganzen Appeasement-Aufriss zu machen, nur um ein Durchgreifen gegen den Iran fordern zu können ist ziemlich schwach. In Grossbritannien gab es seit den 1880iger Jahren einflussreiche politische Kräfte, die aus reinen Machterwägungen und strategischen Interessen heraus die gewaltsame Eindämmung des deutschen Einflusses forderten und betrieben. Galt dort nicht umgekehrt ebenso, den Krieg ins Auge fassen zu müssen und sich zu wappnen? Die Frage ist, warum wir unbedingt verhindern sollten, dass der Iran Atomwaffen erhält oder z.B. in Syrien über seine Proxies aktiv bleibt, was wir tun können und wollen, und ob wir bereit sind, die Konsequenzen zu tragen. Hier fehlt mir eine Analyse, die sich nicht entlang des Schlagwortverzeichnisses Zeitgeschichte entlangbewegt.

Thomas Taterka / 18.10.2018

Immer wenn ich Ihre Aufsätze lese, beschleicht mich eine undefinierbare Sorge, die mein gesellschaftliches Ver- antwortungsgefühl wachruft und ich frage mich, ob Sie auch ‘mal einen Nachmittag oder Abend vertun und mit ‘nem Mädchen auf dem Sofa ‘rumliegen und sich ‘nen Film anschauen, vielleicht “Is’was,Doc?” von Bogdanovich oder “Paper Moon”. War ein Spass,als meiner einer so alt war Sie jetzt. Wenn es Ihnen Freude bereitet,wäre es auch mir eine Freude.

Klaus Müller / 18.10.2018

Der Schreiber dieses Artikels ist mit seinen jungen Jahren und mit diesem Artikel voller Stereotypen ein typisches Produkt des hierzulande gängigen Schulunterrichts. Er möge zur Kenntnis nehmen: 1. Die Tschechoslowakei war als “Schöpfung” des Versailler Diktats ein Vielvölkerstaat, in dem die Tschechen in der Minderheit waren und mit dem sich die anderen Völker nie identifizierten. Folge: Er ist zwei Mal zerbrochen und heute nur noch ‘Geschichte’. 2. Die Deutschen bildeten die zweitgrößte Volksgruppe und waren in diesen Staat von den Siegermächten des 1. Weltkrieges hineingezwungen worden. Ihr Widerstand galt 1918/19 als Widerstand gegen die Alliierten selbst (!): Selbstbestimmerungsrecht à la Wilson ja, aber bitte nicht für die Deutschen! 3. Die Tschechen gewährten ihren Staatsbürgern zwar Freiheitsrechte, jedoch nicht den anderen Volksgruppen als Volksgruppen, z. B. im Landesparlament - auch nicht den Slowaken ! 4. In den Sudetengebieten wurden ab ca. 1919 in großer Zahl tschechische Beamte mit ihren Familien angesiedelt, um die Deutschen zu kontrollieren und ihre nationale Eigenständigkeit zu unterlaufen. Es gab Schikanen und Benachteiligungen der Deutschen, was schon vor 1933 im europäischen Ausland und in den USA wohlbekannt war. Die Tschechoslowakei verlor als Kunstprodukt der Alliierten immer mehr an internationalem Ansehen. 5. Die Tschechoslowakei unterhielt - aus britischer Sicht unerfreulich - gute Beziehungen zur Sowjetunion und wurde wegen ihrer deutschfeindlichen Politik auch schon vor Hitler als Sicherheitsproblem angesehen. 6. Die Tschechoslowakei war - mit oder ohne Hitler und Appeasementpolitik - anno 1938 faktisch am Ende, ein ‘failed state’ - im Gegensatz zum heutigen Israel. 7. Die Jahre 1933, 1938 - und auch 1979 (Iranpolitik und islam. Revolution) - waren Folgen primär der Politik des Westens selbst. 8. Das Jahr 1938 hat uns also in Sachen Appeasement und Iran wenig zu sagen. Die Geschichte ‘lehrt’ eben nichts und wiederholt sich nicht!

Wilfried Paffendorf / 18.10.2018

Werter Herr Tuerkis. Wäre ich ihr Geschichtslehrer, würde ich ihren Aufsatz auf alle Fälle mit der Note Zwei bewerten. Ihre Arbeit spiegelt den Unterrichtsstoff in der Sekundarstufe II wider. Eine gute Fleißarbeit.

Thomas Weidner / 18.10.2018

Für einen 16-jährigen nicht schlecht. Ist halt die Veröffentlichung einer persönlichen Meinung. Als (Hintergrund-) Information unbrauchbar. Komplexe Thematiken ohne Rücksicht auf Details vereinfacht. Ist die (notwendige) Detailkenntnis beim Autor vorhanden - kann sie überhaupt - im Hinblick auf sein Alter - vorhanden sein? Somit zur Meinungsbildung bei der Leserschaft unbrauchbar. Das hat nichts damit zu tun, dass der Iran-Deal in vielen Punkten ungenügend war - und eher das Wunschdenken auf Seiten seiner westlichen Macher dokumentierte. Was Chamberlain betrifft: Historisch-retrospektiv tut man diesem Mann sehr Unrecht. Und das finde ich absolut nicht in Ordnung. Man betrachte allein den Rüstungsvorsprung Deutschlands bei der Luftfahrt - welcher einen Krieg vor 1939 für GB illusorisch machte. Dass die “Luftschlacht um England” defacto von D verloren wurde, ist allein der Fehlentscheidung geschuldet, von Angriffen auf Flugplätze & Co. zu Angriffen auf die Städte umzuschalten. (Ein schönes Beispiel, wenn Populismus - der Ausdruck hier nicht missbräuchlich verwendet - zur Abschaltung des strategischen Denkens führt). Chamberlain brachte - gewollt oder ungewollt - der brit. Luftfahrtindustrie die Atempause, um in der Luftrüstung zu Deutschland aufzuschließen… Das war letzendlich kriegsentscheidend… Dass der Antisemitismus auf die christlichen Kirchen zurück geht - und damit fast Teil des Glaubensbekenntnis war (wenn man es zynisch audrücken wollte) - wäre der nächste Punkt…

Daniel Oehler / 18.10.2018

Der Vergleich mit Hitler-Deutschland ist abwegig. Im iranischen Parlament sitzen mehrere jüdische Abgeordnete mit garantierten Sitzen. Die offene Drohung der Vernichtung Israels war Teil des geplanten Exports der islamischen Revolution aus dem Iran in die arabische Welt. Ajatollah Khomeini gelang es, sich eine Weile bei den arabischen Sunniten beliebt zu machen. Das Projekt ist völlig gescheitert. Im Nahen und Mittleren Osten tobt ein Religionskrieg zwischen Sunniten und Schiiten. Daher ist das Militär des Iran in Syrien nicht wegen Israel, sondern um das Überleben der sehr moderaten Aleviten zu sichern. Der Einsatz des Iran in Syrien hat die Vernichtung der christlichen und jüdischen Minderheit in Syrien durch die radikalen Sunniten des IS gehindert. Was das militärische Engagement des Iran in anderen Ländern angeht, steht es weit hinter dem der USA zurück. Bisher hat die islamische Republik Iran kein anderes Land überfallen. Trotzdem sollte man anti-israelische Hetze nie auf die leichte Schulter nehmen. Weit schlimmer sind jedoch explizit antijüdische Ideologien wie der Wahabismus und Salafismus aus Saudi-Arabien. Beim wichtigsten arabischen Verbündeten der USA gibt es weder Kirchen noch Synagogen. Die Vernichtung der Juden ist fester Bestandteil der Vorstellung strenggläubiger Sunniten von der Apokalypse. Zurück zu den Nazis: Mein Eindruck von der sunnitischen Welt ist, das Hitler dort der beliebteste Deutsche ist, nicht trotz, sondern gerade wegen der Judenvernichtung. Daher ist jede Katzbuckelei von Politikern und Wirtschaftsbossen gegenüber den Saudis als gefährliches Appeasement zu verurteilen.

M. Kulla / 18.10.2018

Man kann an der Entwicklung damals nicht nur erkennen, dass Appeasement-Politik gefährlich sein kann, sondern auch dass ein schlechtes Gewissen ein denkbar schlechter politischer Berater ist. Chamberlain nämlich plagte sein schlechtes Gewissen bezüglich der Diskriminierung der Minderheiten (Slowaken und Sudeten) in der damaligen Tschechoslowakei, die als Ergebnis des Versailler Vertrages entstanden waren, an dem England ganz maßgeblich beteiligt war.  Chamberlain war kein Zauderer, sein schlechtes Gewissen war der Treiber seines Appeasement-Bemühungen. Und schlechtes Gewissen in weit größerem Ausmaß plagt heute die Deutschen. Das mag gerechtfertigt sein oder auch nicht, als Grundsatz deutscher Außen - und mittlerweile auch Innenpolitik - taugt das nicht. Zumal die Konsequenzen auch, und vielleicht sogar vorrangig, andere (Israel) zu tragen haben.

Helge-Rainer Decke / 18.10.2018

@Gerhard Giesemann, Ihrem Beitrag ist Respekt zu zollen, nicht dem jungen Autor, der das rerum cognoscere causas im Sinne wissenschaftlichen Arbeitens nahezu konterkariert.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Air Tuerkis / 20.07.2020 / 06:10 / 139

20. Juli 1944 – was denkt ein 18-Jähriger darüber?

Am 20. Juli 1944, um 12:42, detoniert 1kg Sprengstoff in der Wolfsschanze, der Raum wird verwüstet, der massive Tisch kracht zusammen, im Fußboden wird ein…/ mehr

Air Tuerkis / 27.06.2020 / 06:05 / 97

Berlin, oder wie du lernst, von der Polente zu träumen

Es gibt zwei Sorten von Menschen: Sorte 1 mag die Polizei nicht, weil sie sich von ihr bei wilden Drogenpartys und Krawall gestört fühlt. Sorte 2…/ mehr

Air Tuerkis / 11.04.2020 / 14:00 / 14

Die Jugend von heute – Henryk M. Broder im Gespräch

Air Tuerkis vom Jugendblog Apollo-News sprach mit Henryk M.Broder zu Ostern über Jugend, Liebe, Gott und die Welt. Morgen gibt es einen zweiten Teil. Das…/ mehr

Air Tuerkis / 03.01.2020 / 11:00 / 91

USA töten Iran-General. Wer war Qassem Soleimani?

Der iranische Generalmajor Qassem Soleimani wurde bei einem US-Raketenangriff nahe des Bagdader Flughafens getötet. Das US-Verteidigungsministerium teilte später mit, dass die Operation gezielt auf Befehl…/ mehr

Air Tuerkis / 08.10.2019 / 06:15 / 260

Psychotherapeuten-Kammer: Klimaleugner psychisch krank?

Das Psychotherapeutenjournal ist das Organ der Bayerischen Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten, wird aber von den Mitgliedsbeiträgen der sonstigen deutschen Landeskammern mitfinanziert und deutschlandweit versendet. Die Mitgliedschaft…/ mehr

Air Tuerkis / 11.08.2019 / 10:00 / 12

Jugend-Workshop mit Achgut.com: Der nächste bitte!

Im März diesen Jahres fand der erste Juniorenkreis Publizistik statt, eine Veranstaltung der F. A. von Hayek-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit Achgut.com und dem Jugendblog Apollo-News.…/ mehr

Air Tuerkis / 23.07.2019 / 06:15 / 83

Kein Nonsens, Lindner will nationalen Konsens!

„Liberal ist, wer die Zeichen der Zeit erkennt“ sagte einmal Gustav Stresemann und formulierte damit den Schlachtruf der deutschen Liberalen. Und FDP-Chef Lindner scheint sehr…/ mehr

Air Tuerkis / 18.07.2019 / 06:25 / 35

Als Klimaflüchtling auf Mallorca

Immer mehr Städte und Gemeinden erklären sich bereit, Klimaflüchtlinge aufzunehmen. Besonders vorbildlich verhält sich Mallorca, das Jahr für Jahr viele Millionen deutsche Klimaflüchtlinge beherbergt. Air Tuerkis ist…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com