Henryk M. Broder / 20.06.2018 / 12:00 / Foto: Pixabay / 24 / Seite ausdrucken

Migranten - die Gutelaunebären einer müden Gesellschaft

Die Zeichnungsfrist für die "Gemeinsame Erklärung 2018" läuft heute ab, das Quorum wurde schon nach knapp der Hälfe der Zeit erreicht. Die Unterzeichner haben jetzt das Recht auf eine öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss, die dann jedermann im Parlamentskanal verfolgen kann. Unter den Vorwürfen, die gegen die „Gemeinsame Erklärung 2018" laut wurden, waren drei, die sich immer wieder wiederholten: Sie sei zu allgemein, zu kurz und biete keine Lösungen an.

Nun, all das kann man der Erklärung „Solidarität statt Heimat" wirklich nicht vorwerfen. Sie ist etwa so lang wie ein Leitartikel von Heribert Prantl, so akkurat wie eine Rede von Claudia Roth und so konstruktiv wie eine Fehleranalyse von Jogi Löw. Trotzdem sollte man sie nicht in der Biotonne entsorgen. Im Gegenteil, man sollte sie genau lesen. Eine bessere Sellbstdarstellung des juste milieus der Bundesrepublik, das sich gerne als Opfer gesellschaftlicher Umstände präsentiert, für die es nichts kann, wird man so schnell nicht finden. 

Schaut man sich die Liste der Unterzeichner an, fallen einem nicht nur Namen wie Georg Diez auf, über den Peter Grimm an dieser Stelle das Nötige gesagt hat, und Ferda Ataman, die neulich neben der Bundeskanzlerin sitzen durfte, sondern auch, wer die Erklärung nicht unterschrieben hat, unter anderen Klaus Leggewie, Harald Welzer, Michel Friedman und Lamya Kaddor. Durch Abwesenheit zu glänzen, kann auch ein Zeichen angewandter Vernunft sein.

Der Sommer unseres Vergnügens

Dafür findet man unter den Signataren auffallend viele Angehörige des akademischen Prekariats, die so tun, als würden sie auf einem dünnen Seil über einem tiefen Abgrund balancieren, während sie Projektförderanträge an die „Vereinigung deutscher Rutengänger" schreiben. Wie sehr müssen diese Ewigmorgigen darunter leiden, dass sie inzwischen nur noch Nachrufe auf sich selbst schreiben. Dabei hat erst gestern alles so gut ausgesehen: 

Migration ist eine Tatsache. Sie ist mindestens seit den Zeiten der „Gastarbeit“ in der alten Bundesrepublik bzw. der „Vertragsarbeit“ in der DDR und bis auf den heutigen Tag keine Gefahr, sondern eine Kraft der Pluralisierung und Demokratisierung dieser Gesellschaft. Im Sommer 2015 haben wir das erneut erlebt. Damals war die offene Gesellschaft der Vielen für alle real, sie war greifbar und lebendig.

Wer so etwas schreibt, hat nicht nur einen (oder mehrere) an der Klatsche, der zeigt auch unverhohlen, welche Rolle er den "Migranten" zuweist: als Gutelaunebären, die einer Rentnertruppe bei der Pluralisierung und Demokratisierung dieser Gesellschaft das kalte Händchen halten sollen. Das ist Menschenverachtung in Reinkultur, die Wiederkehr des Kolonialismus in die gute Stube der Gegenwart.

Nur: Es ist noch keine Leiche durch eine Bluttransfusion ins Leben zurückgeholt worden.  

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Karla Kuhn / 20.06.2018

„Solidarität statt Heimat“ Wer seine Heimat liebt, übt meistens auch Solidarität aus. Vor allem auf dem Land. Ich habe jahrelang auf dem Land gelebt (mit S Bahn Anschluß) da war die Solidarität sprichwörtlich, genau so wie die Heimatliebe. Schützenverein, Jagdverein, Sportverein, Musikkapelle etc. jeder hatte Zutritt Die meisten Bewohner waren katholisch, die Feiertage wurden immer mit Umzügen und Gottesdiensten gepflegt. Mich als sächsische Agnostikerin hat man voll akzeptiert. Ich habe zwei Heimaten (klingt komisch ist aber richtig),  Dresden, in der ich geboren und aufgewachsen bin und München, ein angrenzenter Ort und wieder München, wo ich seit 43 Jahren lebe. Ich fühle mich in beiden wohl und stehe voll und ganz zu meinen zwei Heimaten. Wer Schlagwörter wie “Solidarität STATT Heimat” rausgibt, ist für mich ein armer, heimatloser Mensch, den ich aber nicht bedauere, dem aber ein ganz wesentliches Merkmal anscheinend abgeht, die Geborgenheit. “...bzw. der “Vertragsarbeit ” in der DDR….” Was für ein Mist (oder besser Fake ??), in der DDR hatten die Vertragsarbeiter ALLE befristete Verträge und MUßTEN nach deren Ablauf wieder in ihr Land zurückgehen. Fall es mal zu einer Weigerung gekommen ist, wurde die “Rückführung” mit der Polizei durchgesetzt.  Gebaren wie die von einigen Flüchtlingen, daß sogar die Polizei angegriffen werden kann und eventuelle Klagen gegen die Ausweisung wären gar nicht möglich gewesen. “Nur: Es ist noch keine Leiche durch eine Bluttransfusion ins Leben zurückgeholt worden.” Wow, sehr gut !!

Wolfgang Richter / 20.06.2018

Aktuell läuft die Merkel-Unterstützungs-Kampagne zur Darstellung der Unmenschlichkeit durch Abweisung von Einreisen ins Land Begehrenden mit voller Kraft und auf allen sich ergebenden Kanälen. So wird auch das Trump’sche unmenschliche Amerika bemüht, mit weinenden Kindern in Dauerschleife, das sich erdreistet, illegale Einreise -wie vormals auch in Germoney- als Straftat zu behandeln und zu sanktionieren und die Täter folgerichtig zu inhaftieren. Daß diese Täter unverantwortlich handeln, ihre Kinder dem erwartbar auszusetzen, ist dabei kein Thema, aber die zwangsläufige Trennung der Eltern von den Kindern. Daß Kinder per gesetzlicher Vorgaben zu ihrem Schutz nicht mit in den Knast wandern, wird gleichfalls mal nicht erwähnt. Hauptsache die Moralkeule behält die nötigen Schwung.

Joe Haeusler / 20.06.2018

Die Unterzeichner dieser Erklärung der Solidaritäts-Schaffen-Dassler nähren sich vorwiegend aus der gleichen Quelle wie die Wirtschaftseindringlinge: Staatsknete und sonstige Umverteilungsgelder!

Dietrich Herrmann / 20.06.2018

Super, Herr Broder. Eiskalt auf den Punkt. Ich bin strikt gegen die Osmanisierung Europas, denn nichts anderes betreibt unser Follywood-Pärchen Macron und Merkel.

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