Gastautor / 28.11.2008 / 22:59 / 0 / Seite ausdrucken

Michael Kastner: Sparen und Konsumieren

Kapitalbildung ist eine interessante Angelegenheit. Kapital wird aus Gütern gebildet, die man gegenwärtig zur Verfügung hat, aber aus deren zukünftiger Verwendung man sich mehr verspricht, als von deren sofortigem Verbrauch.

Ich hatte dies an anderer Stelle schon einmal anhand des Bauern beschrieben, der einen Teil des geernteten Weizens einbehält, um ihn als Saatgut zu verwenden, damit er auch im nächsten Jahr wieder Weizen ernten kann.

Der Bauer “spart” also einen Teil seiner Ernte und macht somit aus einem Konsumgut ein Investitionsgut. Er zieht die Investition dem Konsum vor, weil er sich von der zukünftigen Ernte mehr Konsum verspricht, als wenn er jetzt den Weizen direkt verwenden würde. Die Investition oder Kapitalbildung ist kein Selbstzweck, sie verschiebt lediglich gegenwärtigen Konsum zugunsten eines höheren bewerteten zukünftigen Konsums zeitlich weiter in die Ferne. Investition bzw. Kapitalbildung geschieht immer in Erwartung eines in der Folge höheren Konsums.

Wenn der Bauer investieren, d.h. zukünftig mehr konsumieren möchte, dann muß er gegenwärtig zunächst einmal sparen. Er kann es nicht sofort verkonsumieren. Wenn der Bauer 10% seines Weizens investieren möchte, dann muß er 10% seines Weizens sparen. Der Rest ist Konsum. Der Anteil der gesparten Güter muß deshalb zwangsläufig immer dem Anteil der investierten Güter entsprechen. Mann kann nicht mehr investieren als gespart wurde und es kann nicht mehr gespart werden als investiert wird.

Es gibt nur zwei Arten wirtschaftlicher Verwendung für ein Gut: entweder für den Konsum oder zur Kapitalbildung als Investition(Ersparnis).

Die Deckungsgleichheit zwischen Sparen und Investition gilt auch in einer Wirtschaft, die aus mehr als nur einem Bauern besteht. Sie ist unabhängig von der Anzahl der Menschen, die in einer Gesellschaft leben. Kapitalbildung und Sparen finden immer in der Erwartung statt, daß der daraus resultierende zukünftige Konsum höher ist als der gegenwärtige.

Kapital ist, bildlich gesprochen, eine Brücke zu zukünftigem Konsum.

Alle Konjunkturprogramme, alle Bail-Outs, alle Zinssenkungen und mögen sie auch noch so gut gemeint sein, haben den Effekt, daß sie gegenwärtigen Konsum subventionieren.

Was aber jetzt konsumiert wird, kann nicht gespart werden und was nicht gespart wird, kann nicht investiert werden. Und es sind gerade die Investitionen, d.h. es ist gerade die Kapitalbildung, die Arbeitsplätze schafft.

Der Bauer etwa wird erst dann einen Feldarbeiter einstellen, wenn der jeweils jährlich als Saatgut zurückgelegte Weizen, also seine Investition, mindestens so viel Weizen produziert, daß einerseits wieder mehr Saatgut für das Folgejahr zurückgelegt werden kann und andererseits der Feldarbeiter mit Hilfe des Saatguts, also der Ersparnis aus dem Vorjahr, mehr produziert als er kostet. D.h. der Bauer wird den Feldarbeiter erst einstellen, wenn die Produktivität des Kapitals in Verbindung mit der Arbeit des Feldarbeiters höher ist als der der Lohn des Feldarbeiters.

Im Falle des Bauern sind die Auswirkungen eines Konjunkturprogramms unmittelbar nachvollziehbar: es würde dazu führen, daß er mit Hilfe billiger Kredite, staatlicher Bürgschaften und anderen Maßnahmen, dazu verführt würde, seinen fürs nächste Jahr zurückgelegten Weizen jetzt zu verkonsumieren. Was ja kein Problem ist: man lädt sich ein paar Freunde ein und macht eine Sause, man tauscht den zurückgelegten Weizen gegen ein Rennpferd und kauft sonst noch allerlei Dinge, die man ansonsten erst dann gekauft hätte, wenn man genügend überschüssige Mittel erwirtschaftet hätte.

Im nächsten Jahr steht der Bauer dann ratlos da: zum einen ist sein Saatweizen futsch und zum anderen hat er auch noch einen Berg voll Schulden abzutragen. Den Feldarbeiter kann er nicht mehr bezahlen, da sein Kapital nicht mehr vorhanden ist.

Innerhalb kurzer Zeit wurde aus einem vormals wohlhabenden Mann nicht nur ein Schuldner, sondern zusätzlich noch jemand, der die Mittel die zur Produktion dienen sollten, nämlich das Saatgut, verkonsumiert hat.

Man kann dieser Schilderung vorhalten, daß die Prozesse in der realen Wirtschaft viel komplexer seien. Doch dem möchte ich entgegenhalten, daß Komplexität nichts an den Grundprinzipien des menschlichen Handelns ändert.

Und zu diesen Grundprinzipien gehört nunmal, daß man ein wirtschaftliches Gut nur einmal verwenden kann: entweder für Investition oder für Konsum.

Es ist ein logische Unmöglichkeit, wenn einerseits gefordert wird, daß Unternehmen investieren und Arbeitsplätze schaffen sollen, wenn man gleichzeitig durch Konsumsubventionen das Sparen für genau diese Investitionen verhindert.

Man sollte nicht vergessen, daß es gerade die Konjunkturprogramme waren, die nach 2001 in Form billiger Zinsen gestartet wurden, die die derzeitige Krise hervorgerufen haben.

Die derzeitige Krise ist eine Folge einer subventionierten Unterkapitalisierung und eines Überkonsums, deren Folgen nicht dadurch verbessert werden, daß man staatlicherseits die gleichen Mittel nochmals anwendet.

Das Mittel, um die Arbeitsplätze in den durch Überkonsum betroffenen Branchen so schnell wie möglich wieder aufzufangen, besteht eben nicht darin, diese Branchen durch investitionsfeindliche Konsumsubventionen wieder aufzufangen.

Der beste Weg aus der Krise besteht darin, die Kapitalbildung in jenen Branchen wieder zu ermöglichen, wo diese durch fehlende Mittel, nämlich fehlende Investitionen infolge fehlenden Sparens, verhindert wurde.

Noch ein Wort zum sparen und konsumieren: es ist wirtschaftlicher Unsinn, wenn behauptet wird, die Menschen würden zu wenig oder zu viel sparen oder konsumieren. Darum geht es nicht. Die Akteuere am Markt, nämlich die Produzenten und Konsumenten stellen sich auf Preissignale ein und das Signal für das jeweilige Verhältnis zwischen Konsum und Sparen bildet der Zins: Wie hoch der Zins ist, hängt davon ab, wie die Konsumenten die derzeitige Verwendung eines Gutes im Verhältnis zur späteren Verwendung eines Gutes bewerten.

Der Zins ist das Ergebnis von Marktprozessen.

Man kann sich deshalb nicht hinstellen und behaupten, konsumieren sei besser als sparen oder umgekehrt. Das ist politischer Debattenblödsinn.

Was man allerdings mit Fug und Recht behaupten kann, ist, daß die Zinsvorgaben aus den Zentralbanken grundsätzlich daneben liegen müssen, weil der Zins ein Ergebnis des Marktes ist und nicht der Markt ein Ergebnis des Zinses.

Und was man auch sagen kann ist, daß die Marktakteuere ihre Spar-/Investitions- und Konsumverhalten am künstlichen Zins der Zentralbanken ausrichten und damit regelmäßig zu Opfern von Konjunkturzyklen werden. Insbesondere das Platzen sog. Blasen und oder Konjunktureinbrüche sind ein Anzeichen dafür, daß die Zentralbanken wieder einmal die Zinsen zu niedrig angesetzt haben und damit eine Konsumsubvention und Unterkapitalisierung ausgelöst haben.

Und in dem Falle kann man dann eben schon die Aussage machen, daß weitere Konsumsubventionen nicht zu höheren Investitionen und zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei den Unternehmen führen, da schlicht und ergreifend nicht genug Mittel angespart wurden.

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