Die Bauernhöfe sterben, die Erzeugerpreise steigen und der Chef der Großhandelsgruppe Metro, Steffen Greubel, warnt davor, dass Europa seine Fähigkeit verlieren könnte, die Bevölkerung eigenständig mit Lebensmitteln zu versorgen.
Bereits jetzt hätten seine Einkäufer Schwierigkeiten, passende Bezugsquellen für Nahrungsmittel und Getränke zu finden, berichtet Focus. Greubel appelliert deshalb an die Politik, Maßnahmen zu ergreifen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Veränderungen in der Produktion von Fleisch, Obst und Gemüse erfordern Anpassungen.
Händler wie Metro müssten ihre Produkte von immer weiter her ankaufen: Da der Viehbestand in Deutschland abnehme (siehe unten), würde Metro Schweinefleisch vermehrt in Spanien ankaufen. Dafür vermindere sich in Spanien wiederum der Zitrusanbau und diese Früchte müsse man deshalb im noch weiter entfernten Marokko besorgen. Auch die Butterpreise steigen, weil sich die Tierbestände verkleinern und deshalb auch die Milchproduktion sinkt.
Greubel wies darauf hin, dass Preissteigerungen durch den zunehmenden Wettstreit um Ressourcen unvermeidlich seien, auch wenn die Metro bislang die Versorgungssicherheit gewährleisten könne. Besonders die wirtschaftliche Lage vieler Biobetriebe sei ernst. Hohe Produktionskosten führten dazu, dass einige Landwirte unter existenzgefährdenden Bedingungen arbeiten, während andere aufgeben müssten. Dies könnte zu höheren Preisen und weniger Milch in Deutschland führen.
Auch Gastronomen müssten vermehrt sparen und Preis, Qualität und Verfügbarkeit von Produkten in Einklang bringen. Daher sind hochrangige, ethisch produzierte Lebensmittel, aufgrund höherer Kosten für immer mehr Gastwirte nicht mehr erschwinglich.
Weniger Vieh, höhere Preise
Die Aussagen von Greubel werden durch die jüngsten Daten des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden (Destatis) untermauert: Die Zahl der schweinehaltenden Betriebe nahm im letzten halben Jahr (von Mai bis November) um 1 Prozent ab, auf 15.600 Betriebe (-200). Im Vergleich zum Vorjahresmonat November 2023 war die Abnahme sogar noch deutlicher mit 3,4 Prozent (-600 Betriebe). Im Zehnjahresvergleich ist der Schwund der schweinehaltenden Betriebe geradezu dramatisch: Seit 2014 ging die Zahl der Betriebe um 41,7 Prozent (-11.200 Betriebe) zurück. Zwar sinkt der Viehbestand nicht im gleichen Maße, da die verbleibenden Betriebe oft größer werden, aber selbst hier gab es eine deutliche Abnahme im Zehnjahresvergleich: Verglichen mit 2014 ging der Schweinebestand um 25,2 Prozent oder 7,2 Millionen Tiere auf 21,2 Millionen Tiere (Stand Anfang November 2024) zurück.
Das gleiche gilt auch für andere Vieharten: Zum Stichtag 3. November 2024 hielten die Betriebe in Deutschland 10,5 Millionen Rinder, darunter 3,6 Millionen Milchkühe. Das waren 1,6 Prozent oder 165.500 Rinder und 2,1 Prozent oder 78.900 Milchkühe weniger als am 3. Mai 2024. Gegenüber November 2023 sank der Rinderbestand um 3,5 Prozent (-374.900 Tiere) und gegenüber 2014 um 17,9 Prozent (-2,3 Millionen Tiere). Der Milchkuhbestand reduzierte sich innerhalb eines Jahres um 3,3 Prozent (-123.400 Tiere) und im Zehnjahresvergleich um 16,4 Prozent (-706.200 Tiere).
Auch bei der Haltung von Milchkühen setzte sich der langjährige rückläufige Trend fort. Gegenüber Mai 2024 sank die Zahl der Haltungen um 1,6 Prozent (-800 Haltungen) auf 48 600, gegenüber November 2023 ging sie um 3,8 Prozent (-1.900 Haltungen) zurück. Das waren 36,4 Prozent (-27.800 Haltungen) weniger Milchkuh-Haltungen als noch im Jahr 2014.
Zum 3. November 2024 hielten deutsche Betriebe insgesamt 1,5 Millionen Schafe und damit 3,4 Prozent oder 53.200 Tiere weniger als ein Jahr zuvor (3. November 2023). Im Zehnjahresvergleich nahm der Bestand um 5,9 Prozent oder 94.300 Tiere ab, so die Behörde.
Gut gemeint, schlecht gemacht
Immer wieder wird in Deutschland, auch von Seiten der Regierung, für das Kaufen regionaler Produkte geworben, andererseits wird den regionalen Produzenten die Produktion durch immer mehr Verordnungen immer schwerer gemacht, was viele Betriebe zur Aufgabe zwingt.
Auch die Verteufelung der Bauern als Klimakiller und Tierquäler aus bestimmten radikal-ökologischen Kreisen, die langfristig auch zu Gesetzen führten, die gut gemeint und schlecht gemacht sind, dürfte eine Rolle spielen. Die Umstellung von Massentierhaltung auf artgerechte Haltung in Biobetrieben ist zwar vielleicht ethisch besser und auch umweltverträglicher, kann aber keine Millionenbevölkerung versorgen, schon gar nicht zu Preisen, die sich auch einkommensschwache Verbraucher leisten können. Es bleibt festzuhalten, dass das Warenangebot in einem durchschnittlichen Discounter in Deutschland, was Produktvielfalt und Qualität betrifft, in vielen anderen Ländern nur in teuren Spezialläden zu bekommen ist. Ob es allerdings so bleibt, ist unsicher. Die Preise sind bekanntlich in den letzten paar Jahren merklich gestiegen.
Lange wurde auch die Erzählung des Lebensmittelüberschusses verbreitet und das Märchen erzählt, Europa würde einerseits durch seine Überproduktion die Landwirtschaft der Dritten Welt kaputtmachen und andererseits durch seine Lust auf exotische Produkte wie Kaffee, Kakao und Südfrüchten den Armen das Essen wegnehmen. Da können viele Verbraucher kaum glauben, dass plötzlich die Lebensmittelsicherheit gefährdet sein könnte.
Hören sie zum gleichen Thema unseren Podcast Indubio 357: "Die Rückkehr der Bauernproteste".
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