Peter Grimm / 10.03.2025 / 06:00 / Foto: Montage achgut.com / 100 / Seite ausdrucken

Merz-Sondierung: Und Merkel in Ewigkeit, amen!

Die CDU streicht ihre Wahlkampf-Versprechen und will, wie einst Angela Merkel, weiter SPD-Politik mit grünem Anstrich machen. Das ist offenbar der Politik-Wechsel à la Merz, wie die CDU-SPD-Sondierungsvereinbarung zeigt.

Dass Friedrich Merz den Bruch mindestens eines seiner Wahlversprechen nicht vermeiden kann, wusste jeder vorher. Die wesentlichen seiner CDU-Sofortprogramm-Punkte könnte er im neugewählten Bundestag nur mit Unterstützung der AfD-Stimmen umsetzen, doch er hatte bekanntlich geschworen  niemals nicht in irgendeiner Weise mit der AfD zu kooperieren. Nicht einmal in einer Minderheitsregierung als Mehrheitsbeschaffer für beispielsweise verschärfte Migrationsgesetze.

Wahrscheinlich hätten ihm mehr CDU-Wähler den Bruch dieses Wahlversprechens eher verziehen, als die Wortbrüche die er jetzt vollführt, um bei der Mehrheitsbildung die von AfD-Wählern verliehenen Mandate ignorieren zu können. In welch gigantischem Ausmaß er auch seine eigenen Zusagen an die Bürger ins Gegenteil verkehrt, zeigte ja schon das Mega-Schuldenprojekt dass er mit der SPD ausheckte – die trickreiche Verfassungsänderung mit dem abgewählten Bundestag inklusive.

Friedrich Merz, von dem tatsächlich früher mal CDU-Wähler wirklich erhofften, er würde seine Partei vom Merkelismus, also der alternativlosen Linksorientierung, befreien und wieder auf den Kurs hin zum alten Markenkern, also einer rationalen bürgerlichen Politik führen, wurde schnell als Umfaller auffällig. Gelegentlich war von ihm eine  Äußerung zu hören, die aufmerken ließ, dann gab es Medienschelte von jenen Meinungsbildnern, die sich in den endlosen Merkeljahren zu regierungsfreundlichen Gouvernanten der richtigen Gesinnung gemausert hatten und schon ruderte er zurück und distanzierte sich von sich selbst.

Die Hoffnung stirbt sehr spät

Eigentlich hätte sich der CDU-Kanzlerkandidat damit schon von vornherein als Hoffnungsträger unmöglich gemacht, aber auch bei CDU-Wählern stirbt – wie der Volksmund so gern sagt – die Hoffnung zuletzt. Zumindest stirbt sie sehr spät. Deshalb ist seine Partei – zwar mit einem für ihre Verhältnisse schwachen Ergebnis – im Februar zur stärksten Partei im neuen Bundestag gewählt worden. Mit der zweitstärksten – der AfD – eine Große Koalition anzustreben hatte er sich verboten, so dass ihm nur das Sondieren mit der SPD blieb. Diese Macht genießen die Genossen, denn sie können sich nun fühlen, als hätten sie die Wahl gewonnen, trotz des schlechtesten Wahlergebnisses der SPD fürs deutsche Parlament seit 1887. Die Dauer-Mitregierungspartei der letzten zwölf Jahre hatte sich schließlich mit ihren ideologischen Anliegen als Juniorpartner der Kanzlerin Angela Merkel immer in einem Ausmaß durchsetzen können, das ihre tatsächliche Stärke im Parlament weit überstieg. Würde es jetzt wieder so sein.

Merz hatte schließlich einen Politikwechsel versprochen, Seine Partei hatte – im Unterschied zur SPD – Zugewinne zu verzeichnen. Zwar keine üppigen, aber immerhin. Wie weit würde er sich nun zu einem "Weiter so" erniedrigen, nur um Ausgrenzung der AfD bei der Mehrheitsbildung durchzuhalten? Die Frage überschattete die Sondierungsgespräche von Anfang an. Selbst nach dem wortbrüchigen Verschuldungs-Pakt mit der SPD blieb sie im Raum. Zwar ist er da so krachend umgefallen wie nie zuvor, aber vielleicht – so hatte manch CDU-Anhänger gehofft – hatte er für die Schulden-Milliarden im Gegenzug von der SPD ein paar Zugeständnisse bekommen.

Mag die Hoffnung zuletzt sterben, am Frauentag dürfte es bei einem großen Teil der Wähler der Christdemokraten so weit gewesen sein. Zumindest wenn sie trotz des sonnigen Wochenendes einen Blick in das Abschlussdokument der CDU/CSU-SPD-Sondierungsverhandlungen geworfen haben, das Grundlage der Koalitionsverhandlungen sein wird, wenn die drei Parteien dem zustimmen.

Auf spd.de kann man es im Wortlaut nachlesen. Ob die Reihenfolge der Themen schon so eine Art  Prioritätenliste der künftigen Regierungskoalition offenbart, darüber kann man nur spekulieren. Das Aufreger-Thema Migration wird jedenfalls erst als Punkt IV auf Seite 8 des elfseitigen Papiers behandelt. Davor wurden die Punkte Finanzierung, Wirtschaft, Arbeit und Soziales behandelt. Danach kommen nur noch "Weitere ausgewählte Vorhaben".

Zurückweisung an den Grenzen nur nach Abstimmung

Was das Dokument durchzieht ist, von ein paar regelbestätigenden Ausnahmen abgesehen: Wahlversprechen von CDU und CSU kommen zumeist in verwässerten und/oder vollkommen unverbindlichen Absichtserklärungen vor, während es der SPD gelungen ist, so manchen Besitzstand schon klar festzuzurren. Insofern entspricht das dem Geist der schwarz-roten Koalitionsvereinbarungen unter Kanzlerin Angela Merkel. Eine Regierung unter CDU-Führung will SPD-Politik mit grünem Anstrich machen. Nur dafür hat bei dieser Wahl in Krisen-Deutschland wohl kaum ein CDU-Wähler gestimmt. 

Ziehen wir – im Unterschied zum Sondierungsdokument – den Punkt „Migration“ als Beispiel kurz vor. Dass er zunächst mit einem Weltoffenheitsbekenntnis – „Deutschland ist ein weltoffenes Land und wird es auch bleiben. Wir stehen zu unserer humanitären Verantwortung und wollen Integration ermöglichen.“ – beginnt, ist wenig überraschend. Doch einige Zeilen später heißt es:

„Begrenzung der Migration: Das Ziel der ‚Begrenzung‘ der Migration wollen wir zusätzlich zur ‚Steuerung‘ – wieder ausdrücklich in das Aufenthaltsgesetz aufnehmen.“

Toll! Da haben Merz und Söder aber etwas durchgesetzt. Gut, es geht dann auch um eine in letzter Zeit heiß diskutierte Maßnahme:

„Zurückweisung an den Staatsgrenzen: Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.“ 

Also bevor wir an der deutschen Grenze deutsches Recht durchsetzen, sollen wir also erst unsere Nachbarn fragen, ob sie mit den Konsequenzen einverstanden sind. Jeder Asylbewerber, der auf den Landweg kommt, kommt aus einem sicheren Land, in dem er einen Asylantrag hätte stellen können. Das wollen zumeist aber weder der Asylbewerber, noch der Nachbarstaat. Ersterer will dort meist nicht bleiben, der Staat will ihn auch nicht haben. Und die Asylbewerber bevorzugen ohnehin Deutschland, weil hier die Versorgung mit Kost, Logis, Geld und die medizinische Betreuung nach dem Asylantrag besser ist.

Die neue österreichische Regierung hat den im Sondierungspapier von Union und SPD ventilierten Plänen zur Rückweisung von Asylbewerbern an der Grenze bereits eine Absage erteilt, meldet orf.at. Die Regierung in Wien behalte sich zwar in ihrem Regierungsprogramm selbst das Recht vor, die EU-Notfallklausel zu aktivieren und keine Asylanträge mehr anzunehmen. Aber Menschen, die einen Asylantrag stellen, dürften nach geltendem EU-Recht nicht formlos an der Grenze abgewiesen werden. „Das Innenministerium hat deshalb die betroffenen Landespolizeidirektionen angewiesen, unionsrechtswidrige Einreiseverweigerungen seitens der deutschen Behörden nicht zu akzeptieren", hieß es in einer Mitteilung. Es bleibt dann wohl alles beim alten.

Immer vergessen: die Pull-Faktoren

Noch gravierender ist es, dass immer noch niemand den womöglich wichtigsten und – politischen Willen vorausgesetzt – einfach umzusetzenden Schritt gehen will: die Beseitigung der sogenannten Pull-Faktoren, also all die Leistungen, die einem Asylbewerber allein fürs Ankommen und die Antragstellung zustehen. 

Keine Rede ist in dem Papier davon, auch bei Asylantragstellern Bedürftigkeit und Vermögensverhältnisse zu prüfen, bevor Geld ausgezahlt wird, so wie es bei Sozialleistungen für die Einheimischen auch geschieht.  Dort gibt es die Hilfe zudem erst, wenn der Antrag bewilligt wurde und nicht schon nach Antragstellung. 

Auch ist keine Rede davon, dass das Einreisen ohne Papiere und die Nicht-Mitwirkung an der Klärung der eigenen Identität oder die Antragstellungen unter mehreren Identitäten streng sanktioniert werden müssten. 

Die Sondierungsunterhändler konnten sich stattdessen auf so alte Hüte, wie die flächendeckende Bezahlkarte einigen. Ich gebe zu, bevor ich das unter den Vorhaben-Punkten der künftig womöglich Regierenden las, hatte ich mich etwas gewundert, weil ich bis dato angenommen hatte, die wäre schon Standard. 

Aber vielleicht sind ja all die fehlenden Aspekte im Papier durch den folgenden lapidaren Satz abgedeckt:

„Wir wollen alle rechtstaatlichen Maßnahmen ergreifen, um die irreguläre Migration zu reduzieren.“

Vor allem wird der die Tatsachen vernebelnde politisch korrekte Sprachgebrauch auch von den Christdemokraten kultiviert. Die illegale Einwanderung heißt jetzt allenthalben „irreguläre Migration“. Die Bürger sollen ja nicht verunsichert werden, denn Illegales dürfte der Staat ja eigentlich gar nicht dulden. Wenns nur „irregulär“ ist, geht das natürlich.

Doch weiter im Text der Sondierer:

„Wir werden freiwillige Bundesaufnahmeprogramme, soweit wie möglich, beenden (z.B. Afghanistan) und keine neuen Programme auflegen.“

Klingt gut, aber warum die Einschränkung „soweit wie möglich“ bei „freiwilligen“ Programmen? Wenn etwas freiwillig ist, dann ist es nicht verpflichtend. Oder soll hier bemäntelt werden, dass die letzten Bundesregierungen „freiwillig“ langfristige Verpflichtungen zu Lasten des deutschen Steuerzahlers so verbindlich eingegangen sind, dass da eine künftige Regierung nichts tun kann? 

Die deutsche Rückführungsoffensive

Aber schauen wir mit den Sondierern wieder nach vorn:

„Familiennachzug aussetzen: Wir setzen den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten befristet aus.“

Warum nur befristet? Und von welchen Fristen sprechen wir? Von Jahren? Von Monaten? Oder vielleicht doch nur von ein paar Wochen? Und zu welchem Zweck dient diese Frist? Sollen die Zuwanderungszahlen mal kurz sinken, um einen Erfolg zu verkaufen? Oder wollen die Migrationspolitiker vielleicht prüfen, ob statt der Einreise von fünf Familienmitgliedern zu einem Verwandten der in Deutschland den Asylantrag gestellt hat, die Familienzusammenführung nicht besser dadurch zu bewerkstelligen ist, dass der eine in Deutschland zu den fünf Verwandten siedelt, wenn die an einem sicheren Ort sind?

Nein, diese konkreten Fragen haben die Unterhändler in diesem brisanten Themenkomplex noch nicht beschäftigt, aber immerhin das:  

„Rückführungsoffensive starten: Wir erarbeiten umfassende gesetzliche Regelungen, um die Zahl der Rückführungen zu steigern. Dabei nehmen wir auch die Sekundärmigration in den Blick. Den verpflichtend beigestellten Rechtsbeistand vor der Durchsetzung der Abschiebung schaffen wir ab.“ 

Das ist sozusagen die Rückkehr von der Ampel-Zuwanderungspolitik zu der à la Merkel. Aber wir wollen ja hier die Rücksichten auf CDU-Forderungen durchaus würdigen, sie sind ja schließlich selten genug. Ein Punkt der Christdemokraten im Wahlkampf war auch die nach mehr Möglichkeiten zu längerer Abschiebehaft. Daraus wurde jetzt:

„Die Bundespolizei soll die Kompetenz erhalten, für ausreisepflichtige Ausländer vorübergehende Haft oder Ausreisegewahrsam zu beantragen, um ihre Abschiebung sicherzustellen. Wir wollen eine Möglichkeit für einen Ausreisearrest für ausreisepflichtige Gefährder und Täter schwerer Straftaten nach Haftverbüßung schaffen. Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Kapazitäten für die Abschiebehaft deutlich zu erhöhen. Die Möglichkeiten zur Aberkennung des Schutzstatus bei Straftätern wollen wir konsequenter anwenden.“ 

Geht es Ihnen auch so, dass Sie sich beim Lesen solcher Zeilen fragen, ob das nicht eigentlich längst gültige Rechtslage ist? Oder haben das regierende Politiker den Bürgern nur schon so oft versprochen, dass die geneigt sind, zu glauben, dies sei irgendwann bestimmt einmal auch umgesetzt worden? Es klingt deshalb jedenfalls nicht nach einer signifikanten Verschärfung.

Faesers Herzensanliegen bewahrt

Dafür hat die SPD ein Herzensanliegen ihrer Noch-Innenministerin Nancy Faeser vor der Rückabwicklung durch die Christdemokraten gerettet. Das nur noch an ganz wenige Voraussetzungen geknüpfte Verramschen deutscher Pässe an Zuwanderer, auch als Zweitstaatsangehörigkeit, bleibt bestehen.

„Staatsangehörigkeitsrecht: Wir halten an der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts fest. Wir werden verfassungsrechtlich prüfen, ob wir Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten, die zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen, die deutsche Staatbürgerschaft entziehen können, wenn sie eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen.“

Wichtiger als die Frage, ob „wir“ Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten die deutsche Staatsangehörigkeit wieder entziehen können, ist es doch aber, durch gründliche Prüfung zu verhindern, dass Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten sie überhaupt erst bekommen. Also sollte es Turbo-Einbürgerungen, wie sie mit Faesers Staatsangehörigkeitsrecht ermöglicht wurden, doch wohl besser nicht geben.

Aber wir sollten hier noch auf andere inhaltliche Punkte im SPD-Sondierungspapier mit einigen CDU/CSU-Anreicherungen kurz eingehen. Es beginnt natürlich mit ihrem größten Wurf: der geplanten Rekordverschuldung:

„CDU, CSU und SPD einigen sich darauf noch vor der Konstituierung des 21. Deutschen Bundestages folgende Maßnahmen umzusetzen:

1. Die Verteidigungsausgaben im Einzelplan 14 werden in der Höhe von 1 Prozent des BIP innerhalb des Geltungsbereichs der grundgesetzlichen Schuldenbremse abgebildet. Darüber hinaus gehende Ausgaben für Verteidigung im Einzelplan 14 werden nicht bei der Schuldenbremse angerechnet.

2. Es wird ein Sondervermögen Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen geschaffen, ndas mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro ausgestattet wird und eine Laufzeit von 10 Jahren hat. 

6. Es wird eine Expertenkommission eingesetzt, die einen Vorschlag für eine Modernisierung der Schuldenbremse entwickelt, die dauerhaft zusätzliche Investitionen in die Stärkung unseres Landes ermöglicht. Auf dieser Grundlage wollen wir die Gesetzgebung Ende 2025 abschließen.“

Das war ja eigentlich schon alles bekannt. Allerdings ist das Vorhaben bemerkenswert, per Gesetz Ende des Jahres schon den Rest der Schuldenbremse so abzubauen, dass „die dauerhaft zusätzliche Investitionen in die Stärkung unseres Landes ermöglicht“ wird. Im Klartext heißt das, diese und künftige Bundesregierungen bekommen die Möglichkeit auf ein Dauerschulden-Abo. Ist das schon Haushaltspolitik nach Art des früheren griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis?

Woher kommt das Gas?

Wer sich riesige Milliarden-Beträge borgen kann, schafft es mit dem Schulden-Geld vielleicht auch, Bürger und Wirtschaft scheinbar von einem Teil der desaströsen Folgen deutscher Energiepolitik zu entlasten. Die soll einerseits beibehalten werden:

„Wir wollen alle Potentiale der Erneuerbaren Energien nutzen. Dazu gehört neben dem entschlossenen und netzdienlichen Ausbau von Sonnen- und Windenergie u.a. auch der Ausbau von Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie und Speicherkapazitäten.“

Andererseits wird auch das angeboten:

„Energieangebot erhöhen: Ein größeres Energieangebot dient der Stabilisierung und Reduzierung der Stromkosten. Dazu sollen künftig Reservekraftwerke nicht nur zur Vermeidung von Versorgungsengpässen, sondern auch zur Stabilisierung des Strompreises zum Einsatz kommen. Den Bau von bis zu 20 GW an Gaskraftwerksleistung bis 2030 wollen wir im Rahmen einer zügig zu überarbeitenden Kraftwerksstrategie anreizen.“

Falls Sie das jetzt danach fragen wollten: Nein, die Sondierer verraten nicht, woher das Gas für die neuen Gaskraftwerke kommt. Und an ganz anderer Stelle ist dann der folgende bemerkenswerte Satz versteckt:

„Unser Ziel ist: Der erste Fusionsreaktor der Welt soll in Deutschland stehen.“

Ansonsten werden die Atomkraft und der Umgang mit den abgeschalteten aber noch nicht abgerissenen Atomkraftwerken mit keiner Silbe erwähnt.

Nach Art der Merkel-CDU gibt es auch die ideologischen Bekenntnisse auf die eigentlich die Grünen das Urheberrecht besitzen.

„Bekenntnis zu Klimazielen: Wir stehen zu den deutschen und europäischen Klimazielen, wohlwissend, dass die Erderwärmung ein globales Problem ist und die Weltgemeinschaft es gemeinsam lösen muss. Wir arbeiten entschlossen daran, diese Klimaziele einzuhalten.“

Leitmärkte für klimaneutrale Produkte

Dazu passt das:

„Energieintensive Industrie CO2-neutral machen: Wir werden umgehend nach Beginn der Wahlperiode ein Gesetzespaket beschließen, dass die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) insbesondere für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors ermöglicht. Das Wasserstoffkernnetz muss deutschlandweit die industriellen Zentren anbinden, auch im Süden und Osten Deutschlands.“

Ja, das Wasserstoffkernnetz. Da kommt einem die spannende Frage in den Kopf, wer denn eigentlich in der neuen Koalition den Habeck macht? Vielleicht Karl Lauterbach? Aber jetzt zitieren wir ernsthaft weiter. Denn auch, wenn man meint, es wäre Satire, so scheint er doch ernst gemeint (oder hatten russische Hacker die SPD-Seite gekapert und ein Fake-Dokument platziert?).

„Wir wollen als marktgerechtes Instrument Leitmärkte für klimaneutrale Produkte schaffen, z.B. durch Quoten für klimaneutralen Stahl, eine Grüngasquote oder vergaberechtliche Vorgaben.“

Von einem speziellen Humor dieser Sondierungsrunde zeugt dann nach alldem folgender Satz:

„Wir bekennen uns klar zum Automobilstandort Deutschland und seinen Arbeitsplätzen. Dabei setzen wir auf Technologieoffenheit. Wir wollen uns aktiv dafür einsetzen, Strafzahlungen aufgrund der Flottengrenzwerte abzuwehren.“ 

Da konnte Friedrich Merz offenbar mal ein eigenes Zitat unterbringen. Oder war er das gar nicht, sondern Markus Söder? Doch die Genossen achteten dennoch auf hinreichende Linientreue:

„Gleichzeitig wollen wir die E-Mobilität durch einen Kaufanreiz fördern.“ 

Kommt jetzt Hartz V

Aber, so heißt es, beim Bürgergeld hätte sich die Union durchsetzen können. Im Papier heißt es:

„Das bisherige Bürgergeldsystem gestalten wir zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende um.“

Wahrscheinlich wird es eher die alte Grundsicherung für Arbeitssuchende, die der Volksmund Hartz IV nannte. Vielleicht könnte man sie ja Hartz V nennen, oder geht das nicht, weil Herr Hartz diesmal nicht an der Ausgestaltung beteiligt war? Was im Sondierungspapier steht, hört sich aber genau danach an:

„Wir werden Vermittlungshürden beseitigen, Mitwirkungspflichten und Sanktionen im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern verschärfen. Bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen.“

Das hat Gerhard Schröder mit fast den gleichen Worten zu seiner Zeit bestimmt auch schon gesagt.

Und was ist mit der Rente, wenn jetzt die Boomer bald nicht mehr einzahlen, sondern Auszahlungen beanspruchen?

„Wir werden die Alterssicherung für alle Generationen auf verlässliche Füße stellen. Deshalb sichern wir das Rentenniveau.“

Wie das unter den obwaltenden demographischen und wirtschaftlichen Bedingungen möglich sein soll, verraten die Sondierer nicht, aber den Erhalt eines politischen SPD-Besitzstands, den Friedrich Merz auch schleifen wollte:

„Ein abschlagsfreier Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren wird auch künftig möglich bleiben.“

Dafür bekam die CSU die Mütterrente für alle Geburtsjahrgänge und um wenigstens ein paar neue Einzahler zu rekrutieren, kommt die Rentenversicherungspflicht für Selbstständige, auch wenn das natürlich liebevoller formuliert ist:

„Wir wollen Selbstständige besser fürs Alter absichern. Wir werden alle neuen Selbständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem zugeordnet sind, in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen.“

Gebäudetyp E und die Mietpreisbremse

Was tut man gegen die Wohnungsnot? Mehr bauen. Das wurde ja schon mehrfach beschlossen und dennoch haben einfach nicht genug Bauherren gebaut. Was sagen die Sondierer dazu:

„Deshalb müssen Verfahren beschleunigt und Standards vereinfacht werden, zum Beispiel durch eine schnelle Einführung des Gebäudetyps E.“

Gebäudetyp E zeichnet sich durch Sparsamkeit aus. So soll u.a. die Geschossdeckenstärke verringert werden, wie auch die Zahl der Stromleitungen und Steckdosen in Wohnungen. Die sollen ja eh alle nicht so viel Strom verbrauchen. Und da billigeres Bauen nicht reicht, um die die Mieten zu deckeln, setzt sich wieder ein altes, allerdings bislang kaum wirkungsvolles SPD-Rezept durch:

„Mieterinnen und Mieter müssen wirksam vor Überforderung durch immer höhere Mieten geschützt werden. Die Mietpreisbremse wollen wir zunächst für zwei Jahre verlängern.“

All das ist supergut gemeint und trotzdem kommen vom Pöbel immer böse Fragen, wie die nach Sinnhaftigkeit und Finanzierbarkeit. Dabei steht ja Letzteres nicht in Frage, da sich Christdemokraten und SPD-Genossen schließlich die beinahe grenzenlose Neuverschuldung erlauben wollen. Trotzdem gibt es immer noch böswillige Kritiker, die den Regierung-Narrativen einfach nicht folgen wollen. Da muss man verstärkt aufpassen, da sind sich CDU und SPD wieder so einig wie einst beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

„Desinformation zurückdrängen: Die gezielte Einflussnahme auf Wahlen sowie die inzwischen alltägliche Desinformationen und Fakenews sind ernste Bedrohungen für unsere Demokratie, ihre Institutionen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. In Zeiten geopolitischer Spannungen müssen wir entschiedener denn je dagegen vorgehen. Dafür müssen wir der Digital Service Act (DSA) der EU auf nationaler Ebene konsequent durchsetzen.“

Hier soll es natürlich keine Desinformation geben, deshalb sollen zwei konkrete Punkte nicht unterschlagen werden, mit denen sich das Merz-Team offensichtlich klar durchgesetzt hat:

„Gastronomie unterstützen: Um Gastronomie und Verbraucher zu entlasten, werden wir die Umsatzsteuer für Speisen dauerhaft auf sieben Prozent reduzieren.“

Und zum krönenden Abschluss:

„Wir werden die Agrardiesel-Rückvergütung vollständig wieder einführen.“

So sieht also ein Politik-Wechsel à la Merkel …, äh, Entschuldigung, à la Merz aus. Die Merkel-Politik hat die AfD entstehen und wachsen lassen. Die Brandmauerpolitik, die ihre Nachfolger verstärkten, ließ den Zuspruch weiter deutlich wachsen. Was wird jetzt wohl geschehen, wenn Merz mit der SPD wieder Merkel-Politik macht, während das Land immer stärker in die Krise rutscht?

Lesen Sie zu Angela Merkel auch das neue Buch von Vera Lengsfeld: Ist mir egal. – Wie Angela Merkel die CDU und Deutschland ruiniert hat. Achgut. Edition, 200 Seiten, 25 Euro.

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com.

Foto: Montage achgut.com

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Elias Schwarz / 10.03.2025

Warum versprechen sie nicht das ewige leben, die ewige Jugend und einen rosaroten Einhorn?

Dirk Jungnickel / 10.03.2025

“Frau Esken im lieblichen Chromgelb”  -  Ja, Frau Grimm, gut beschrieben. Immerhin hat diese unsägliche Person überhaupt ein Gewand, bitte nicht mißverstehen ! - vor Wochen wirkte sie noch, als hätte sie sich bei einer Kleidersammlumng bedient. Für mich ist sie die Wiedergeburt einer typischen SED - Funktionärin: ideologisch verdorben und ästhetisch verkommen….Hoffnungsloser Fall, kurz gesagt.

Theo Minter / 10.03.2025

Zitat: “Die gezielte Einflussnahme auf Wahlen sowie die inzwischen alltägliche Desinformationen und Fakenews sind ernste Bedrohungen für unsere Demokratie,...” Genau Herr Merz, wie war das denn mit Ihren Lügen vor der Wahl von wegen Migrationsstopp, Beibehaltung der Schuldenbremse etc. pp? Alles DESINFORMATION, FAKENEWS! Sie haben gelogen, dass sich die Balken bogen und sich wahrscheinlich sogar nach § 108a StGB strafbar gemacht! Nicht “Ihre” Version der Demokratie ist bedroht, DIE Demokratie ist es, die wahre und einzige! Einfach nur noch widerlich…

Wolfgang Richter / 10.03.2025

@ Gus Schiller - “wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten.” - Dazu hilft der Blick gen Rumänien, unter Hinweis auf die Äußerung eines EU-Ex-Granden.

Hans-Joachim Gille / 10.03.2025

@Hermann Göring @Lutz Liebezeit ... Sie vergessen auch hier, daß Koalitionen in der Weimarer Zeit völlig üblich waren. Die von Papens glaubten, Hitler im Zaum halten zu können. Da sehen Sie auch einen aktuell qualitativen Unterschied zu Kickl in Österreich, der ein ähnliches Angebot der ÖVP ablehnte, weil Er Sich im Rahmen des Legalen halten will. Desweiteren vergessen Sie immer noch die damalige Lage des Wählers. NSDAP & KPD verfügten über mehr als 2/3 der Sitze im Reichstag. Das kam ja nicht von ungefähr. Immer noch liegen Sie vollgefressen auf Ihrer Kautsch, wollen keine Realitäten akzeptieren. Was wäre denn Ihre funktionierende Alternative gewesen? Sozis & Kommunisten, im Ernst? Davon schreiben Sie 0. Warum stimmte denn eine genügende Mehrheit für das Ermächtigungsgesetz? Ihre von den Alliierten begründete Schulbildung (Re-Education) bringt uns in dieser Debatte nicht weiter, wenn sie einen Sinn ergeben soll. Das ist ähnlich der anti-semitischen Nummer der SA, die auf jüdische Läden “Kauft nicht bei Juden” klatschte. Das passierte erst, nachdem der internationale Zionisten-Kongreß den “Boycott over Nazi-Germany” verhängte. Wir brauchen nichts relativieren, aber um politische Zusammenhänge zu verstehen, muß man sich von der historischen Propaganda lösen. Dasselbe gilt für Barbarossa. Halten Sie doch die Nationalsozialisten (die meisten im Oberkommando der Wehrmacht waren keine echten Nazis) nicht für blöder, als Sie waren. Barbarossa war völlig improvisiert. Wenn man hier durchsteigen will, hilft es, Paul Kennedy zu lesen oder auch mal beim Revisionisten Viktor Suworow reinzuschauen. Aber gegen die gewaltige Übermacht der Sowjetunion anzutreten, basierte nicht auf Ideologie, sondern auf tiefer Verzweiflung, außer, es kann nicht sein, was nicht sein darf. Deutsche Intelligenz-Dienste waren schon immer historisch schlecht, so auch damals, was zu dieser Situation führte.

Andreas Höferling / 10.03.2025

Es ist eine alte Verkäufer-Weisheit: wenn der Kunde sagt, er müsse erst seine Frau fragen, wird aus dem Geschäft nichts. Hier ist es mit der Bundesregierung genauso. Wenn die mit “wir müssen uns mit unseren Nachbarn, mit Brüssel, mit Washington oder sonstewem abstimmen, um die Ecke kommt, dann heißt das “wir werden eine gute Ausrede haben, nicht zu tun, was wir angekündigt haben. Wann kapiert die Mehrheit im Lande endlich, dass dies eine der wichtigsten Funktionen der EU ist, nämlich dass nicht gewählte zum Teil korrupte Personen darüber bestimmen, was gewählte Volksvertreter tun dürfen oder lassen müssen? Wie lange wollen wir dazu noch schweigen, dass die EU demokratisch legitimierte Politiker wie in Rumänien daran hindert, ihr Wahlergebnis zu realisieren bzw. ihr Mandat wahrzunehmen? Wie lange wollen wir noch akzeptieren, dass fast alle Regelungen, die aus der EU kommen, zum Nachteil und zu Lasten von uns Deutschen gehen? Wie lange wollen wir noch dulden, dass die wahre, nicht die sogenannte “unsere”, Demokratie von Brüssel aus zerstört wird? Und Leute, wartet nicht bis zur nächsten “Wahl”. Hat Euch die letzte denn nicht gezeigt, dass die Politikerkaste nicht gewillt ist, euere Wahl zu akzeptieren? Hat sie nicht gezeigt, dass sie Euch offen belügt und betrügt, nur um an die macht zu kommen oder an der Macht zu bleiben? Fragt euch mal, welche politischen Entscheidungen der letzten 20 Jahre zu euren Gunsten waren, eure Lebens- und Einkommensverhältnisse verbessert haben. Und wenn ihr noch bei Verstand seid und die vorherige Frage wahrheitsgemäß beantwortet, dann geht massenhaft auf die Strasse und protestiert, schwemmt all diese linken Berufsdemonstranten hinweg, denn die leben von eurem sauer verdienten Geld und machen euch das Leben schwer.

Hans-Joachim Gille / 10.03.2025

@Hermann Göring @Hans-Joachim Gille ... die Hyperinflation, bzw. Wirtschaftskrisen bekamen die Nationalsozialisten mit Hilfe Hjalmar Schachts besser in den Griff, als viele andere Staaten. (Hören Sie Sich Hitlers Rede 02/1938 im Reichstag an.) Daraus resultierte das Bundesbank-Gesetz, welches man durchaus als nationalsozialistisch bezeichnen darf. Die Russen & Schweizer orientieren sich heute im wesentlichen daran. Ihre Unterstützung des internationalen Großkapitals zugunsten Hitlers bleibt eine Mär, die bis heute nicht beweisbar ist. Anthony Sutton war derjenige, der diese Behauptungen aufstellte, aber ohne konkrete Quellenlage. ZB Walldorf-leben übernahm das, wie Sie, völlig ungeprüft. Das ist, mit Verlaub, völlig unseriös. Patentverhandlungen mit den Amis, 1943, gehören nicht dazu. Die passieren zwischen allen Staaten. Dokumentiert sind nur die Wahlkampfhilfen des überzeugten Nationalsozialisten Henry Ford an die NSDAP in den frühen 30ern über 22 Mio. US$, damals richtig viel Geld, was es Hitler erlaubte, Wahlkampf per Flugzeug zu führen. Bei der Unterstützung der Deutschen Großindustrie zugunsten der NSDAP vergessen Sie immer noch die existenzielle Notlage des Landes in diesem Zeitraum. Die Bürgerlichen Parteien hatten mit Italienischen Verhältnissen mit 13 Regierungen, 17 Kanzlern in 14 Jahren völlig versagt. Die Kommunisten wollten die Industrie (nicht unbedingt die Banken) verstaatlichen. Hieraus entstand auch der tödliche Konflikt Hitlers mit seinem Freund Röhm. Die schwule SA-Führung wollte, wie bei Linken üblich (siehe Sowjetunion), die ökonomische Elite des Landes beerben, absahnen. Hitler entschied sich aber für die Industrie-Magnaten & die Reichswehr, weil er den eigenen Leuten nicht die Kompetenz ersterer zutraute, für den Machterhalt & das Überleben des Staates funktionierende Lösungen her mußten.

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