Thomas Rietzschel / 11.02.2020 / 16:00 / 65 / Seite ausdrucken

Merz, Laschet oder Spahn? Darauf kommt es nicht mehr an

Wer jetzt auf Annegret Kramp-Karrenbauer einprügelt, als habe sie die Karre ihrer Partei störrisch in den Graben gefahren, hat nichts verstanden. Er schlägt auf den Sack, ohne den Esel zu treffen. Dass sie die CDU überrumpelt hätte, den Verein im Handstreich an sich brachte, kann der Frau niemand vorwerfen. Sie ist lediglich ein Geschöpf aus der Zucht deutscher Politiker-Vermehrung: die schwarze Ausgabe der roten Andrea Nahles, weniger temperamentvoll, aber ebenso überfordert.

Die unterschiedliche Kostümierung kann nicht länger darüber hinwegtäuschen, dass die Gescheiterten aus demselben Stall kommen: aus Sonderschulen, die sie dazu erzogen haben, vor sich hin zu regieren, als ob die Podien ihrer Parteitage die Bretter der Welt bedeuten würden. Der Weg ist vorgezeichnet, für die einen wie die anderen. Mit leichter Verzögerung folgt die CDU der SPD auf dem Fuß. Die FDP ist beiden längst vorausgeeilt. Und Die Grünen? Sie haben zwar Fahrt aufgenommen, doch nur, um später ebenso in den Strudel zu geraten. 

Treiben sie doch alle im selben Strom vorbei an der Realität des 21. Jahrhunderts. Wie der Hofstaat von Versailles haben sie sich in der splendid isolation ihrer Tagträume eingerichtet. Der Inzucht der Parteien entwachsen keine kreative Köpfe mehr, nur noch Dilettanten, die sich einbilden, sie könnten, was sie zu können vorgeben, heute dies, morgen das. 

Von der Geschichte überrollt

Gleich der SPD muss jetzt die CDU eine Casting-Show veranstalten, um wieder ein Oberhaupt zu finden, das womöglich zur Kanzlerin oder zum Kanzler gekürt werden könnte. Ohne das Personal, das fähig wäre, die Gesellschaft politisch zu organisieren, stehen die etablierten Parteien nackt vor den Bürgern, von denen sie alimentiert werden. Die sinkende Halbwertzeit der Anführer offenbart das Ende einer Ära. 

Wo sie mit Ideen und Konzepten überzeugen sollten, können sich die politischen Konkurrenten nur noch gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben. Die Geschichte ist über die Parteien hinweggegangenen. Als gesellschaftlich gestaltende Kräfte haben sie ausgedient wie der Adel 1789, im Vorfeld der Französischen Revolution. Mag sich die Lethargie noch eine Weile hinziehen, der Zerfall der alten Ordnung beschleunigt sich offensichtlich. Oder wie sonst wäre die jüngste Krise zu erklären, das kopflose Durcheinander in den Reihen der CDU, nachdem AKK hingeschmissen hat. 

Kein Platz für Experten

Merz, Laschet oder Spahn? Was spielt das noch für eine Rolle! Wer immer das Rennen am Ende macht, er bleibt machtlos gefangen im Betrieb der politischen Lemuren. Für Experten, wie sie das Land bräuchte, um für die Zukunft gerüstet zu sein, ist unter den Amateuren kein Platz. Was fehlt, sind kluge Köpfe, die wissen, was zu tun ist, weil sie noch mit beiden Beinen im Leben stehen. Dass sie unter „den Menschen draußen im Land“, unter bald 83 Millionen Deutschen, nicht zu finden seien, ist eine Schutzbehauptung, mit der jene das Volk einlullen wollen, die um ihre Pfründe fürchten. 

Eine Demokratie aber, deren Repräsentanten auf dem Bestehenden beharren, ist nicht mehr und nicht weniger als politisches Schmierentheater. Was demnächst auf dem Spielplan steht, werden wir sehen, spätestens bei der kommenden Bundestagswahl. Die Gefahr, dabei abermals ausgepfiffen zu werden, steigt für die Altparteien zusehends. Zeit genug, um zu überlegen, wer dann als Prügelknabe herhalten muss. 

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Jürgen Fischer / 11.02.2020

Unterm Strich bedarf es grundlegender Reformen, die mit einem vernünftigen Wahlrecht anfangen, mit dem Herunterfahren eines völlig überzogenen Polit-Selbstbedienungsladens weitergeht und letzten Endes mit dem Beseitigen der "Segnungen" einer EU noch lange nicht aufhört. Und das ist das Dilemma: wer wird an einem System etwas ändern wollen, wo er/sie sich selbst es so kuschelig bequem gemacht hat? Sprich, wo ist der Herkules (von mir aus darf es auch eine Frau Kules sein), der den Augiasstall Deutschland plus EU ausmistet? Auf ihn zu warten, ist meiner Meinung nach unrealistisch. Es wird wohl, wie bei vielen anderen Beispielen der Geschichte, darauf hinauslaufen, dass alles von selber unter dem eigenen Gewicht zusammenbricht. Ob das schon bald oder erst viel später ist, man weiß es nicht. Bisher waren die Institutionen, ich muss es ihnen zugestehen, einfach brillant im Finden immer neuer Ideen, Zeit zu gewinnen. Irgendwann klappts nicht mehr, und dann wird sich herausstellen, dass die Folgen dieses Zeitgewinns schlimmer sind als wenn man früher auf einen vernünftigen Kurs eingeschwenkt wäre. Aber wie dichtete schon Hans Sachs? »Die Welt, die hört nicht gerne sagen//die Wahrheit, weil sie übel lebet//in aller Bosheit oben schwebet.« Der Mann war entweder seiner Zeit weit voraus, oder es war halt schon immer so.

Volker Kleinophorst / 11.02.2020

Herr Maaßen, Frau Lengsfeld... In die Richtung muss man gucken. Damit kann man auch bei Wahlen wieder was reißen. Merz ist einfach ein Witz und einzig zuverlässig als Enttäuschung, da ist er fast ein Drehhofer.

Wilfried Cremer / 11.02.2020

Wir brauchen jetzt den Kantigen, der Strafgesetze gegen Ironie anschiebt (Goldstück sagen: 1000 € oder Knast). Totale Ruhe ist die erste Opferpflicht.

Heiko Stadler / 11.02.2020

@Claudius Pappe: Meine Stimme haben Sie, Herr Pappe, aber warum sind Sie so denn bescheiden? Auch als Bundeskanzler kann ich Sie mir gut vorstellen. Stellen Sie Ihr Kabinett aus der Kommentatoren von Achgut zusammen und es geht wieder aufwärts mit unserem Land!

Michael Wilde / 11.02.2020

Claudius Pappe, Sie haben meine Stimme! Außerdem gibt es Leute wie Markus Krall oder Max Otte, die die Wirtschaft auf Vordermann bringen können. Herr Broder wird Außenminister und Herr Steinhöfel macht die Justiz. Herr Haferburg kümmert sich um die Energie, Frau Lengsfeld und Herr Weißgerber überwachen, dass es keine kommunistische, sozialistische oder andere totalitäre Macht mehr gibt und für die anderen Guten, finden wir auch was!

Olaf Manns / 11.02.2020

...ich denke,die funktioniernde Politik der 80er Jahre hat einen Riesenfehler gemacht.Als es anfing in der Wirtschaft zu brummen und die Telefone keine Wählscheibe mehr hatte,die Grünen Schmierlappen Stalins der heutigen Zeit sich noch artig um Castor und Startbahn West ketteten und somit in den Turnschuhbundestag kam,haben die schon damals Bierbauchtragenden den wenigen Ministern der Mao fans die langweiligen und deutschmarkfreien Posten der Bildung und Sozialpolitik nebst Erziehung und Umwelt gegeben,weil der job eben nicht Kameraträchtig war.Überall waren plötzlich strubbelige Sehhilfen strickend im Bundestag.Ein Mechaniker oder Arbeiter hat einfach ein anders geschnittenes Gesicht,als ein schneidersitzender WG Kiffer.Dieses Attribut hat sich bis heute nicht verändert,die Aktionen schon.Man hat in den 80ern ein Stück politisches Fleisch in der Sonne der Gesellschaft liegen lassen,was Anfang des 21ten Jahrhundert zur erheblichen Madenbildung geführt hat..und diese Nachkommen der gemeinen Scheisshausfliege schwirren heute frei herum und legen ihre Eier tausendfach in Unis,Gerichten,Schulen und Stiftungen.Und diese grünlichen Viecher haben eine unnatürliche Eigenart-Sie haben eine fette Königin generiert,die Mio von Eiern ausbrütet.Demokratisches Fliegenspray tötet sie nicht,aber wissenschaftlichen Beobachtern ist es aufgefallen,das die fette Königin auf audible Reize extrem reagiert und zittert...eine gute Grundlage eigentlich,um wirkungsvolle Toxide zu generieren..

Hans-Peter Dollhopf / 11.02.2020

Herr Scholz, Sie schreiben: "Es steht jeder Expertin / jedem Experten frei, sich einzubringen [] und wer nun glaubt, in den Monothematikern der AfD liege das künftige Heil Deutschlands, der ist [] blauäugig." Wie blöd ist das denn? Wikipedia sagt, ein Experte (auch Fach- oder Sachkundiger oder Spezialist) ist eine Person, die über überdurchschnittlich umfangreiches Wissen auf einem Fachgebiet [aka: "Monothematik"] verfügt! Echt jetzt? Einbringen, aber gleichzeitig auf keinen Fall. Echt trollige Ansicht!

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