Joachim Nikolaus Steinhöfel / 29.03.2025 / 08:00 / Foto: Achgut.com / 82 / Seite ausdrucken

Merz, Klingbeil and Friends: Gesichert freiheitsfeindliche Verdachtsfälle

In Deutschland und Europa werden die Grundregeln des freiheitlichen Staates zum Zwecke des Machterhalts inkompetenter Kader immer weiter preisgegeben.

Die größte Bedrohung für Europa ist keine äußere Gefahr, sondern die Abkehr vom Prinzip der Meinungsfreiheit: Das war die These von J.D. Vance in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz. „Die Rede von Vance in München war in einer Weise historisch, wie wir es wahrscheinlich heute noch gar nicht erkennen können“, sagte ich gegenüber WELT-TV am 20.02.2025.

Diese These ergänze ich jetzt so: In einem Jahr wird es heißen, J.D. Vance hatte mit seiner deutlichen Kritik an Deutschland und Europa in Sachen Meinungsfreiheit nicht nur recht, er hat sich angesichts der aktuellen Entwicklungen sogar noch recht maßvoll geäußert. In Deutschland und Europa werden die Grundregeln des freiheitlichen Staates zum Zwecke des Machterhalts inkompetenter Kader immer weiter preisgegeben.

SPD und CDU wollen laut ihres bekanntgewordenen Medienpapiers „Lügen verbieten“. Nun kann man darüber rumalbern und die Frage aufwerfen, ob Politiker dann, ohne sich strafbar zu machen, überhaupt noch den Mund aufmachen können. Allen voran ein fleischgewordener Pinocchio namens Friedrich Merz. Aktuell ist das bewusste Verbreiten von falschen Tatsachen nicht strafbar. Eine Ausnahme betrifft die Leugnung des Holocaust. Jetzt ist offenbar die Schaffung eines allgemeinen ‚Fake News‘-Straftatbestands vorgesehen. Folge: Mit jeder umstrittenen Äußerung setzt man sich dem Risiko strafrechtlicher Verfolgung aus. Dann ist es vorbei mit dem freiheitlichen Staat! Zeit, sich – ernsthafte – Sorgen zu machen!

In der ersten Instanz über „wahr und falsch“ entscheiden

Sie mögen es heute als überspannte Übertreibung betrachten, aber schon morgen könnte es Strafverfahren geben, in denen einer der zahlreichen fachlich herausgeforderten Strafrichter der ersten Instanz über „wahr und falsch“ entscheiden soll und sich der Hilfe eines Sachverständigen bedient, der in einer der vielen staatsfinanzierten NGOs tätig ist, zum Beispiel bei Correctiv oder bei Meldestellen für zulässige Inhalte oder bei einem Trusted Flagger.

„Nicht zuletzt steht die fundamentale Frage im Raum, wer in einer offenen Gesellschaft legitimerweise über wahre/richtige und falsche Meldungen entscheiden soll“, schrieb der an der Goethe-Universität in Frankfurt lehrende Prof. Peukert vor ein paar Jahren.

„Die Meinungsfreiheit ist für eine freiheitlich-demokratische Ordnung konstituierend, sie schützt auch provokante, überspitzte und sogar falsche Aussagen – soweit sie als Meinungen anzusehen sind.“ – BVerfGE 90, 241 (247)

„Desinformation und Fake News“ würden die Demokratie bedrohen, heißt es in dem bekanntgewordenen Papier der mutmaßlichen Koalitionäre. „Deshalb muss die staatsferne Medienaufsicht unter Wahrung der Meinungsfreiheit auf der Basis klarer gesetzlicher Vorgaben gegen Informationsmanipulation sowie Hass und Hetze vorgehen können.“

Schon das Wort „Medienaufsicht“ ist eine sprachliche Perversion

Ein Satz, wie er nicht dümmlicher und floskelhafter sein könnte. Die „Medienaufsicht“ ist ungefähr so staatsfern wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Merz und Klingbeil geht es weder um unsere Demokratie noch haben sie irgendein Interesse an den Grundrechten der Bürger. Merz hat, wie wir wissen, vor allem ein Interesse. Und jeder weiß, was ich meine. Die Medienanstalten, die man weitestgehend folgenlos abschaffen könnte, sollen jetzt auch noch die Demokratie retten. Sie agieren bereits jetzt mit serienmäßigen Eingriffen in die Pressefreiheit, obwohl ihnen eine verfassungskonforme Ermächtigungsgrundlage für ihr Vorgehen fehlt. Schon das Wort „Medienaufsicht“ ist eine sprachliche Perversion. Es sind Verfahren zur Klärung der Legitimation dieser fragwürdigen Einrichtungen anhängig.

All das fügt sich in eine Serie von zunehmend aggressiveren und unverfrorenen Attacken des Staates auf die Meinungsfreiheit ein. Netzwerkdurchsetzungsgesetz, verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates, Lisa Paus‘ „Viele Feinde der Demokratie wissen ganz genau, was gerade noch so unter Meinungsfreiheit fällt“, Faesers „Wer den Staat verhöhnt, muss es mit einem starken Staat zu tun bekommen“, ihr vom Bundesverwaltungsgericht kassiertes Verbot der Zeitschrift „Compact“, Meldestellen für Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze, tausende von Strafanzeigen von Strack-Zimmermann, Baerbock und Habeck, massenhafte schwerste Fehlentscheidungen in den unteren Instanzen der Strafjustiz und bestrafungslüsterne Staatsanwälte (vergl. den Bericht in „60 Minutes“, mit dem sich drei deutsche Staatsanwälte weltweit blamiert haben und die deutschen Strafjustiz ebenso), flankiert von mit mehr als einer Milliarde finanzierten NGOs, die angeblich „unsere Demokratie verteidigen“, tatsächlich aber als Lakaien des Staates dessen politische Interessen verteidigen.

Eine tendenziöse, journalistische Zumutung

Und schließlich ist da noch der in seiner Glaubwürdigkeit schwer angeschlagene öffentlich-rechtliche Rundfunk. Eine tendenziöse, journalistische Zumutung, die die politisch Verantwortlichen niemals abschaffen werden. Denn ein 10 Milliarden-Apparat, der staatstreu berichtet, ist Gold wert. Erst am 26.03.2025 hat sich die „Rechtsexpertin“ des ZDF, Sarah Tacke, vorbildlich affirmativ für das Koalitionsvorhaben zu Wort gemeldet. „Jeder darf sagen, was er will“, meinte sie nicht versehentlich, sondern in einem extra produzierten Video, „wenn man damit niemanden verletzt.“ Die Befindlichkeit des Betroffenen setzt jetzt die Grenze für das Grundrecht der Meinungsfreiheit? Ein derartiger Rechtsunsinn macht nur noch fassungslos.

Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 25. Oktober 2005 – 1 BvR 1696/98) entschied so: „Stark überzogene oder gar ehrverletzende Kritik muss in einer offenen Gesellschaft hinzunehmen sein, wenn sie einen erkennbaren Sachbezug hat und nicht ausschließlich der Diffamierung dient.“ Aber woher soll das die von Ihren Gebühren bezahlte „Rechtsexpertin“ des ZDF wissen?

 

Joachim Nikolaus Steinhöfel, geboren 1962 in Hamburg, ist einer der profiliertesten deutschen Wettbewerbsrechtler, Medienanwalt sowie Publizist. Sein aktueller Spiegel-Bestseller heißt "Die digitale Bevormundung: Wie Facebook, X (Twitter) und Google uns vorschreiben wollen, was wir denken, schreiben und sagen dürfen“, FBV, 18,00 Euro

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Wolfgang Richter / 29.03.2025

Dazu kommt die vom “Nachfrage-Opfer” CDU-Amthor eingebrachte Idee der Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes, damit so “Unfälle” wie zB die Veröffentlichung der RKI-Protokolle möglichst systemisch ausgeschaltet werden.

Karl Vogel / 29.03.2025

Mein Eindruck: Sehr viele der Machthabenden hetzen und hassen routinemäßig, vor allem gegen die eigentliche Opposition.

B.Jacobs / 29.03.2025

Man denke an die Warnung von Bärbel Bohley, die eindringlich warnte, dass die Liebhaber der Diktatur über Untertanen ihr System nur ausbauen und feiner gestalten, statt Verwahrung Existenzbedrohung und Vernichtung. Wie wahr es doch ist “Die Falschen kommen an die Macht”. Ich hatte vor vielen Jahren die Ahnung und doch gehofft, das es nicht passiert. Die Familiengeschichte der Familie Kasner, Hamburger, siedelte gezielt in die DDR über, um den Widerstand zu brechen und Töchterchen Angela schrieb sogar in der Frösi “Ich übernehme den Westen”. Bei dem von Mangelwirtschaft, Sowjetunion noch geschonten Reparationen, durch Manipulation der Finanzindustrie, die östliche Währungen für den Handel drastisch abwertete, sind die Menschen kritischer, was auch die Wahlen zeigen. Wie sagte Grüne Ska Keller so schön “Wir haben alle wichtigen Ämter und Schaltstellen besetzt”, doch niemand wollte es merken. Nach der Wende fuhren nur Linien treue in den Westen zur Weiterbildung und Macht Festigung, die anderen ließ man dumm sterben.

B.Jacobs / 29.03.2025

Für den Macht Erhalt tuen Eliten alles, weil sie sich über das Volk erhaben fühlen, obwohl ohne dieses Volk wären sie kümmerliche Versager und kleinlaut. Doch die Geschichte lehrt, je größer die Schnauze und Provokation, wenn man im Cafe Größenwahn lebt, irgendwann fliegt es einem um die Ohren, nur das ungeliebte Volk hat nur Trauer um all die Opfer die es gekostet hat, irgendwann wird es Wut.

Lutz Liebezeit / 29.03.2025

„Jeder darf sagen, was er will“, meinte sie nicht versehentlich, sondern in einem extra produzierten Video, „wenn man damit niemanden verletzt.“ Vor allem die Partei, wahrscheinlich?

Lutz Liebezeit / 29.03.2025

Wir sind auf dem richtigen Weg - zum Abgrund. Jetzt wird’s pikant, denn 1989 saß das Nazi-Gesetz “Gegen Schwätzer und Hetzer” auf der Anklagebank. Der Bundesminister der Justiz hat es in den begleitenden Katalog zur Ausstellung “Im Namen des Deutschen Volkes - Justiz und Nationalsozialismus” aufgenommen. Weil das Gesetz dann scheinbar doch nicht so schlimm Nazi war, hat die Sozialdemokratin, Christina Lambrecht, als Justizministerin das Netzwerkdurchsuchungsgesetz gegen Hetze und gefälschte Meldungen auf den Weg gebracht, welches dann ja wohl vom Parlament abgesegnet worden sein muß? Sie hat quasi das Nazi-Gesetz “Gegen Schwätzer und Hetzer” als Blaupause genommen, unbeholfen verdenglischt, um die Spuren zu verwischen, und als Gesetz gegen Fake-News und Hate-Speech unters Volk gebracht. Darauf muß man erstmal kommen? ()Das ist wie ein Lotto-Gewinn) Das Gesetz soll jetzt wieder verschärft werden. (das Vorgehen erinnert hat den Herrn Hartz, der als Krimineller einen so nachhaltigen Eindruck bei Fischer und Schröder gemacht haben muß, daß der berufen worden ist, die Sozialgesetzgebung zu organsisieren). / “Gegen Schwätzer und Hetzer - Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und “Partei” und zum Schutz der Parteiuniformen Vom 20. Dezember 1934 Artikel 1 § 1 (1) Wer vorsätzlich eine unwahre oder gröblich entstellte Behauptung tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet ist, das Wohl des Reichs oder das Ansehen der Reichsregierung oder das der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei oder ihrer Gliederungen schwer zu schädigen, wird, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwere Strafe angedroht ist, mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und, wenn er die Behauptung öffentlich aufstellt oder verbreitet, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.” / Ist das Schwätzen heute auch so günstig? Oder inflationsbedingt verteuert worden? Das weiß man ja alles nicht.

Klaus-Peter Gerlach / 29.03.2025

Sehr geehrter Herr Steinhöfel, ich habe den Beschluss des BVerfG 1 BvR 1696/98 gelesen. Aber Ihre Subsumtion, wonach “stark überzogene oder gar ehrverletzende Kritik in einer offenen Gesellschaft hinzunehmen ist, wenn sie einen erkennbaren Sachbezug hat und nicht ausschließlich der Diffamierung dient“ kann ich nicht nachvollziehen. Haben Sie vielleicht da eine Quelle verwechselt?

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