Schulden oder Schuldenbremse, grüne oder liberale Wirtschaftspolitik, noch mehr Staat oder Bürokratieabbau, was genau ist eigentlich CDU-Politik? Von Friedrich Merz ist keine Klarheit zu erwarten, da er sich ständig widerspricht.
Aussagen von Politikern haben bekanntlich keinen Ewigkeitswert. In Deutschland ist man in der Hinsicht schon einiges gewöhnt. Einem Konrad Adenauer nahm man es noch ab, wenn er seine plötzliche Meinungsänderung damit begründete, „es könne ihn niemand hindern, über Nacht klüger zu werden“. Weniger elegant sagte er es auch so: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“. Allerdings geht so etwas nur ein paar wenige Mal, dann wird es lächerlich und unglaubwürdig sowieso.
Markus Söder hat bekanntlich schon alles und das Gegenteil behauptet. Das mag mit ein Grund sein, warum man in der Union dann doch eher auf Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten setzte, der etwas mehr Glaubwürdigkeit ausstrahlte. Die Rest-Glaubwürdigkeit hat er allerdings verspielt, wenn er morgens im Bundestag markige Reden hält, die er abends in der Talkshow schon wieder revidiert.
Als die Ampel noch regierte, wollte Merz diese so schnell wie möglich beenden, da Deutschland dringend eine andere Wirtschafts- und Migrationspolitik brauche. Nun ist die Ampel weg, dank der FDP, die eventuell Merz‘ Wink mit dem Zaunpfahl zur Kenntnis nahm, aber Merz kann es anscheinend kaum erwarten, so schnell wie möglich eine neue Ampel zu errichten, ohne gelb, stattdessen mit schwarz, also die Schwampel, die schwarze Ampel. Ist das nur ein Sachzwang nach der Torheit, sich mit Brandmauern einzumauern oder will Merz gerne eine solche Konstellation, weil er das, was er als Oppositionsführer fordert, gar nicht durchsetzen will? Hauptsache Kanzler und weiter so, wie schon Merkel es vormachte.
Grüne Misswirtschaft mit Habeck weiterführen
Ein Lieblingsfeind der Vernünftigen, der hart arbeitenden, steuerzahlenden Normalbürger, als deren Vorkämpfer sich Merz so gerne aufspielt, ist aus gutem Grund Robert Habeck, der als Wirtschaftsminister diese ziemlich lädiert hat und der Wirtschaftspolitik als Klimapolitik mit anderen Mitteln versteht. In seinen bekannt scharfen Bundestagsreden warf Merz Habeck vor, nichts von Wirtschaft zu verstehen, womit er durchaus recht hat. Auch schloss er, vor allem wegen des vom grünen Wirtschaftsminister verursachten Schadens, eine Koalition mit den Grünen vor nicht allzu langer Zeit aus. Noch Anfang November spottete Merz über den Möchtegern-Kanzler Habeck mit seinen 10 Prozent Unterstützung in den Umfragen.
Dann wurden seine Beteuerungen immer weicher, in letzter Zeit scheinen die Grünen sogar wieder der Lieblingskoalitionspartner zu sein. Nun meint Merz bei Maischberger sogar, Habeck könne in seinem zukünftigen Kabinett Wirtschaftsminister bleiben, wenn er (Habeck) das wolle. Mehr vorauseilendes Kriechen zum Zweck einer Koalition geht kaum, und die AfD wird sich über die Steilvorlage die Hände reiben. Es könnte allerdings nicht lange dauern, dass Merz, von Kritik aus den eigenen Reihen überhäuft, sich wieder von sich selbst distanziert und sich missverstanden fühlt. Schon haben Söder und auch Jens Spahn verlauten lassen, Habeck und die Grünen gehörten in die Opposition und nicht wieder in Regierungsverantwortung.
Schuldenbremse „reformieren“
Immer wieder betonte Merz im Bundestag und auch sonst die Wichtigkeit und Unangreifbarkeit der Schuldenbremse: "Ich schließe eine Zustimmung meiner Fraktion zu einer Aufweichung der Schuldenbremse heute von dieser Stelle erneut aus. Damit können Sie nicht rechnen." (Siehe auch hier).
Auch heißt es aus der Union immer, zum Beispiel vom Generalsekretär Carsten Linnemann, aber auch von Merz selbst, Deutschland habe kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Schließlich kam die Schuldenbremse auf Druck der Union zustande und die geplante Aussetzung durch Kanzler Scholz war der Grund, warum die Ampel zu Fall kam. Immer wieder rief Merz die FDP auf, die Ampel zu beenden, auch um die Schuldenbremse zu verteidigen. Kaum hat die FDP das getan, will Merz es nicht mehr so genau nehmen mit der Schuldenbremse: Jetzt redet Merz verschwurbelt von einer „Reform der Schuldenbremse“ unter bestimmten Umständen. Seine oben genannten markigen Worte im Parlament "Ich schließe eine Zustimmung meiner Fraktion zu einer Aufweichung der Schuldenbremse heute von dieser Stelle erneut aus“ galten demnach nur für „heute“, also den schon eine Weile zurückliegenden Tag der Aussage.
Auch diese Äußerungen zur Aufweichung, Anpassung, Reform der Schuldenbremse, wie man es auch immer formulieren will, um noch mehr Schulden machen zu können, sind wahrscheinlich Richtung SPD und Grüne gemeint, die man sich als Koalitionspartner warmhalten wolle. Nach den letzten Meinungsumfragen wird die FDP wohl nicht mehr im Parlament vertreten sein, und mit einer gerupften SPD reicht es möglicherweise nicht.
Mehr Staat wagen
Nachdem Merz sich immer wieder von BSW und Linken, um von der AfD gar nicht zu reden, distanzierte, um zu zeigen, wie sehr er dort steht, wo die Mainstreammedien ihn haben wollen, distanziert er sich nun auch von der FDP und deren wirtschaftsliberaler Politik. Eigentlich galt die FDP als Wunschpartner der CDU und waren Koalitionen mit Roten und Grünen nur als Notlösungen gedacht, sind aber mittlerweile die Regel. Auch Merz‘ geheucheltes Entsetzen über Lindners Aussagen, mehr Milei und mehr Musk zu wagen, kann man als einen Wink Richtung rot und grün verstehen. Stein des Anstoßes für Merz sind der momentan erfolgreichste Wirtschaftsreformer der Welt, Javier Milei, und der erfolgreichste und innovativste Unternehmer der Welt, Elon Musk.
„Ich bin ehrlich gesagt völlig entsetzt gewesen, dass Christian Lindner diesen Vergleich gemacht hat“, sagte Merz bei Maischberger. „Was dieser Präsident dort macht, ruiniert das Land, tritt wirklich die Menschen mit Füßen“, sagte Merz in Bezug auf die Lage in Argentinien. Das als ein Beispiel für Deutschland zu nehmen, habe ihn sprachlos gemacht, so der CDU-Chef. War das wieder mal der Talkshow-Merz unter dem Zauber der üblichen Moderatorinnen, der auch mal Kopfnicken bekommen wollte? Diese Aussage über Milei hätte auch von Annalena Baerbock oder Ricarda Lang kommen können.
Nun sollte man meinen, dass der sonst so wirtschaftsfreundlich und weltgewandt tuende Herr Merz zumindest so viel von Argentinien mitbekommen hat wie der durchschnittlich interessierte Zeitungsleser, nämlich dass Argentinien nicht von Milei ruiniert wird, sondern von Mileis Vorgängern von der Peronistenpartei (Fernandez und Kirchner) bereits ruiniert wurde, dass das Land seit Jahrzehnten in der Abwärtsspirale ist und dass nur noch die bittere, aber wirkungsvolle Medizin von Milei hilft. Wenn wirtschaftsliberale Reformer wie Milei und innovative Unternehmer für Merz ähnlich unappetitlich sind wie für die Linken, warum will er dann antreten, um Deutschland zu reformieren, um Bürokratie und Schulden abzubauen und Inflation und Stagnation zu beenden?
Sebastian Biehl, Jahrgang 1974, arbeitet als Nachrichtenredakteur für die Achse des Guten und lebt, nach vielen Jahren im Ausland, seit 2019 mit seiner Familie in Berlin.Vor Kurzem erschien von ihm „Ein Volk sucht seinen Platz. Die Geschichte von Orania und dem Freiheitsstreben der Afrikaaner.“ Dieses kann hier oder hier bestellt werden.