Sebastian Biehl, Gastautor / 07.03.2025 / 12:00 / Foto: Montage/KI / 20 / Seite ausdrucken

Merz betreibt die Insolvenz-Verschleppung der SPD

Die Regierungsbildung hat in erster Linie das Ziel, eine Implosion des sklerotischen Parteiensystems so lange wie möglich hinauszuzögern. Sachthemen wie Sicherheit oder Infrastruktur werden nur in den Vordergrund geschoben.

Ab und zu sagt auch Friedrich „Pinocchio“ Merz etwas, das wahrscheinlich seine wirkliche Meinung ist. Demnach macht er sich vor allem Sorgen um die Zukunft der SPD. Wie der Spiegel unter Berufung auf ein ausführliches Protokoll einer Sitzung der Unionsfraktionen berichtet, sagte Merz: 

„Die SPD ist eine tief erschütterte Partei, und ich bin mir noch nicht sicher, ob Frau Esken oder Herr Klingbeil überhaupt in der Lage sind, die Partei wieder aus der Krise herauszuführen. Ich habe den beiden gesagt, ich möchte ihnen helfen. Wir können kein Interesse daran haben, dass diese Partei kaputtgeht, denn dann wird es in der politischen Mitte ziemlich einsam.“

Darum geht es also bei Merz‘ Entgegenkommen mit dem riesigen Schuldenpaket und der Lockerung der Schuldenbremse: Die SPD soll nach ihrer beispiellosen, aber verdienten Niederlage am Leben gehalten werden und als ewige (Mit)-Regentin, die aber eigentlich schon gefühlt seit 30 Jahren die Agenda setzt, von dem vermeintlichen Erfolg der zukünftigen Regierung Merz profitieren.

Warum sollte sich jemand wie Merz sorgen, dass seine politische Konkurrenz – historisch die Hauptrivalin der CDU/CSU – verschwinden könnte? Braucht es die SPD überhaupt im Angesicht von momentan vier linken Parteien in den Parlamenten (neben der SPD auch noch die Grünen, die Linke und das BSW), im Gegensatz zu nur einer rechten Partei (AfD)? Was Merz hier betreibt, ist politische Insolvenzverschleppung für die SPD. Die ist seit Jahren in der Dauerkrise und im Dauerstreit, da ihr Modell einfach nicht mehr zeitgemäß und zudem von der Union in großen Teilen aufgesogen ist. Jetzt wird dank Merz, der als Sieger den Preis bezahlen muss, ein gescheiterter Lars Klingbeil zum Kronprinzen gemacht und die jenseitige Saskia Esken kann auch noch mal große Politik spielen.

Der Neustart findet nicht statt

Eigentlich hätte die SPD in die Opposition gehen müssen und wäre dort nicht mal mehr „die“ Oppositionspartei, sondern eine von mehreren. Dort hätte man sich dann wohl erst mal längere Zeit mit sich selbst beschäftigt, möglicherweise auch gespalten. Das wird nun durch die in Aussicht gestellte Regierungsbeteiligung zu scheinbar jedem Preis (whatever it takes) vorerst verzögert, denn wenn es Aussicht auf Regierungsposten gibt, dann stehen alle artig Schlange und probieren, sich bei Klingbeil und Esken positiv bemerkbar zu machen, statt zu rebellieren. Statt eines internen SPD-Streits nach der Niederlage gibt es diesen nun eher in der CDU/CSU, die ihre Prinzipien, oder was sie dafür ausgab, wieder einmal verraten hat.

Wäre Merz ein knallharter Machtstratege (und zwar nicht für sich als Person, sondern für seine Partei und sein Land), dann würde er die sich anbahnende Implosion der SPD und die Herauskristallisierung eines neuen Parteien- und Allianzsystems begrüßen und fördern. Die Zeiten waren in Deutschland nie günstiger für das Entstehen einer Mitte-Rechts-Allianz, wie sie Italien, Schweden, die Niederlande und Finnland bereits haben und damit erfolgreich ihre Länder reformieren. Auch in Frankreich ist das bekannte Zweiparteiensystem von gemäßigt rechten Gaullisten und gemäßigt linken Sozialisten längst Geschichte. 

In Italien war die Implosion am deutlichsten, eingeleitet wurde sie in den frühen 1990er Jahren von Silvio Berlusconi. Was auch immer man von Berlusconi halten mag, was damals passierte, war nötig und unvermeidlich. Die korrupten italienischen Christdemokraten verschwanden und fanden sich zu Teilen in der gemäßigt-rechten Forza Italia wieder. Die rechtsnationalen und regionalen Parteien mäßigten sich und konsolidierten sich ebenfalls und bildeten eine Dauer-Allianz mit der Forza Italia beziehungsweise deren Nachfolgeparteien (2013 kehrte die Partei wieder zum alten Namen zurück). Die heutige, erfolgreiche Mitte-Rechts-Regierung von Giorgia Meloni ist das Ergebnis davon. Auf der Linken formten Links-Liberale, Sozialisten und Kommunisten schließlich die Demokratische Partei.

Aber vielleicht ist das ja das Ziel von Merz: Nicht die SPD soll implodieren, sondern die CDU/CSU, um dann Teil einer deutschen Demokratischen Partei von der Mitte bis Linksaußen zu werden.

 

Sebastian BiehlJahrgang 1974, arbeitet als Nachrichtenredakteur für die Achse des Guten. Vor Kurzem erschien von ihm „Ein Volk sucht seinen Platz. Die Geschichte von Orania und dem Freiheitsstreben der Afrikaaner.“ Dieses kann hier oder hier bestellt werden.

Foto: Montage/KI

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Klara Altmann / 07.03.2025

Wenn ich mir das heutige Personal der SPD ansehe, mit dem sie als nächstes wieder mitregieren (!) wollen, dann stellte sich mir die Frage, ob es einen Ausdruck gibt, der dem “letzten Aufgebot” noch folgt. Denn die Vertreter der Scholz-Regierung waren schon durchweg untauglich - man sieht es an den Ergebnissen, man muss das nicht einmal diskutieren. Und das war ja zuvor das Beste an Personal, was die SPD noch hatte. Es gibt Grenzen für das, was man den Bürgern zumuten kann und die sind längst überschritten. Man kann keine Bildungsgesellschaft wie wir haben, mit gut ausgebildeten und fähigen Bürgern und sie von Menschen regieren lassen, denen offensichtlich die Grundbildung und grundsätzliche logische Fähigkeiten fehlen. Auch das muss man nicht diskutieren, wir haben das alles ausreichend gesehen und erlebt. Also ist schon der Gedanke völlig absurd, eine so aufgestellte SPD an der Regierung zu beteiligen. Eine unglaubliche Respektlosigkeit den deutschen Bürgern gegenüber, die genau diese Partei deutlich abgewählt haben. Ich will die SPD nicht mehr in der deutschen Regierung sehen, ich kann mir aktuell überhaupt nicht mehr vorstellen, dass diese Partei nur im Ansatz in der Lage ist, nur ein einziges Problem zu lösen. Und sie hat genügend Probleme geschaffen, wir haben satt davon. Keine Koalition mit dieser SPD, Herr Merz! Das wäre vollkommen verantwortungslos und diese Schuldenorgie schon im Vorfeld zeigt das deutlich. Herr Merz, in meinen Augen sind Sie mit diesem Kurs als Kanzler schlicht nicht geeignet!

H. Berger / 07.03.2025

Bei den ja nicht ganz unerheblichen ´Sümmchen´ die hier im Spiel sind dürfte es Pinocchio eher um eine fiskalische Insolvenzverschleppung des sklerotischen BRD-Regimes gehen. Und die Devise ´It´s only money´ gilt auch nur solange, wie jemand die zugehörige Bad Bank unterhält.

J. Harms / 07.03.2025

Klein Fritzchen hat sich binnen weniger Tage, oder besser gesagt binnen weniger Stunden nach der Bundestagswahl als das entpuppt was er wohl von Anfang an war und ist: Der Juniorpartner und Kanzler-Azubi der rot-grünen Resterampenregierung Scholz. Eine Person, abhängig der Gnaden von Klingbeil und Esken, der rein gar nichts zu melden hat, noch viele Kröten zu schlucken, und ganz tief in bestimmte Körperöffnungen kriechen wird, bis es ihm vielleicht gestattet wird eventuell Kanzler zu werden. Ich war grundsätzlich davon überzeugt, dass es armseliger als Scholz nicht mehr geht, wurde jetzt doch noch eines Besseren belehrt. “Wenn Wahlen etwas änderten, wären sie längst verboten.” Kurt Tucholsky

Horst Jungsbluth / 07.03.2025

Verstehe ich das richtig?  Die CDU will der SPD wieder Leben einhauchen,  damit diese gemeinsam mit Grünen und Linken die CDU über die Klinge springen lässt, wie diese es übrigens in Berlin in 2001 bereits taten. Was ist denn das für eine durch und durch verkommende Nachtwächterpartei, die lieber den ganzen Staat vor die Hunde gehen lässt, aber die Parteien unbedingt am Leben erhalten will, die das zu verantworten haben? Immer mehr verfestigt sich bei mir der Eindruck, dass unsere Politiker überhaupt gar nicht wissen, was ihre Aufgaben sind. Und wenn sie es doch wissen und trotzdem gegen Grundgesetz und Willen der Mehrheit der Bürger handeln, dann ist es noch schimmer. Und wenn sie dann Leistungsempfänger züchten wie normale Menschen Kaninchen und zusätzlich aus der ganzen Welt solche in unser Land holen, damit die ihnen die Mehrheiten verschaffen, dann sind das abscheuliche Verbrechen, die aber von der Justiz wie die zu NSDAP- und SED-Zeiten wieder nicht erkannt werden, obwohl alles so offensichtlich ist.  Merz sollte gar nicht erst versuchen, zur Bundeskanzlerwahl anzutreten.

Andreas Bitz / 07.03.2025

Zum Glück gibts die Brandmauer… sonst müsste sich die AfD mit Merzels links-grün woken CDU-Vertretern auseinandersetzen.

Andreas Huber / 07.03.2025

Achtung, Tippfehler! Korrekt muss es heissen: “Merz betreibt die Insolvenz-Verschleppung der BRD”

S.Buch / 07.03.2025

Was kann man vom Führer einer ökosozialistischen Blockpartei außer Wortbruch und “Aufliniesein” schon erwarten?

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