Thilo Schneider / 06.02.2019 / 06:25 / Foto: Pixabay / 67 / Seite ausdrucken

Merkel warnt jetzt in Japan

Im STERN gab es einst (oder gibt es noch?) eine Rubrik mit der Überschrift „Was macht eigentlich…“ und dann kam irgendein abgehalfterter Promi aus Kultur, Politik und den Butterfahrten, von dem man lange nichts gehört hatte und das war auch nicht wirklich schlimm, dann fährt er eben Pakete aus oder futtert Känguru-Anusse im Dschungel. In die gleiche Rubrik fällt Angela Merkel. Seit ihrer blablaigen Neujahrsansprache hat man nichts mehr von der Kanzlerin der Herzen und Königin der Karos gehört. Regiert sie noch? Ist sie noch da? Schafft sie noch irgendetwas irgendwie? Moderiert sie Arbeitskreise, eröffnet Messen oder tritt von irgendwelchen Ämtern zurück?

Nein, unsere Kanzlerin weilt derzeit in Japan. Sie wissen schon, die Insel, die durch einen Kraftwerkszwischenfall komplett verseucht und heute so gut wie unbewohnbar ist. Dort hat sie vor Studenten der Universität Keio in Tokio vor den „Gefahren künstlicher Intelligenz“ gewarnt. 

„Warnen“ ist nämlich so ein urdeutsches Ding, genauso wie „Hausaufgaben machen“. Beides können unsere Politiker gut. Wer bei Google den Namen einer unserer natürlich-intelligenten Eliten mit dem Zusatzwort „warnt“ eingibt, erhält bei Bundeswarnpräsident Steinmeier 417.000 Treffer, Merkel warnt sogar über 10 Millionen Mal, Altmaier immerhin noch 250.00 Mal. Nahles warnt, vor allem die Jusos, 458.000 Mal und Heiko Maas ist mit Warnungen, vor allem an die SPD, 558.000 Mal dabei. Überraschend weit dahinter Schäuble als im Vergleich nicht so doller Warner mit lediglich 265.000 Ergebnissen. Obwohl er schon so alt ist. Geradezu lächerlich wenig warnen Alexander Gauland (170.000) und Alice Weidel (149.000) und Sarah Wagenknecht (149.000), liegen aber damit noch vor – Überraschung – Antonia Hofreiter, die lediglich 70.700 Mal warnt und Katharina „McFly“ Schulze, die auf 78.300 Warnungen kommt. Lindner warnt 354.000 Mal, Habeck immer noch 128.000 Mal, Özdemir 113.000 Mal und die vielgescholtene Claudia Roth beendet den bunten Heulbojenreigen mit auch nur unwesentlich mehr, nämlich 215.000 Warnungen.

Warnung vor dem Verzehr von Eichhörnchen 

Gewarnt wird am Allermeisten vor künstlicher Intelligenz (49.500.000), Facebook (29.500.000), vor Bayern (12.500.000), der AfD (3.600.000), gefolgt vom Missbrauch von irgendetwas (2.330.000 Treffer) und von Rassismus (1.130.000). Tatsächlich wird dann gewarnt vor einem Bündnis (765.000), – überraschend – resistenten Keimen (570.000), Populismus (475.000), Haien (431.000), Spaltung (430.000), sowie – traurig – vor Kühen (344.000). Daneben gibt es Warnungen vor Antisemitismus (317.000), außerdem vor nationalen Alleingängen (315.000). Auch gefährlich sind Stromausfälle (268.000), Feinstaub (247.000), Dummheiten (239.000), Glatteis (222.000), Stickoxide (221.000) sowie Verharmlosung (219.000). Rechtsradikalismus (192.000), Wildschweine (170.000), Altersarmut (153.000) und Panikmache (135.000) sind ebenfalls günstig im Warnkatalog zu haben. Nicht so schlimm sind hingegen Dieselfahrzeuge (105.000) und Ausländerfeindlichkeit (75.900). Weit abgeschlagen und damit harmlos sind Linksradikalismus (67.900), Ganoven (46.300), überzogene Lohnforderungen (39.500), Alarmismus (28.300) und Unterzuckerung (22.800). Eine ganze Warnung betrifft übrigens ein aggressives Eichhörnchen, eine andere warnt vor dem Verzehr von Eichhörnchen. Eichhörnchen sind okay, Kinderwurst ist es auch. 

„Ihre Hausaufgaben machen“ müssen Griechenland beziehungsweise Athen (461.000 und 142.000) und erst recht Italien (755.000) beziehungsweise Rom (413.000). Die SPD muss ihre Hausaufgaben machen und alle anderen Parteien müssen auch ihre Hausaufgaben machen – sagt die SPD. Eigentlich müssen alle Hausaufgaben machen. Sie, ich, die anderen und der da drüben auch. Über 6,6 Millionen Mal müssen Hausaufgaben gemacht werden, davon 465.000 Mal von der Türkei.   

Aber zurück zur Kanzlerin. Sie warnt also vor „künstlicher Intelligenz“ und liegt damit voll im Warntrend. Ich persönlich kann das gut verstehen, denn wer sieht, wie intelligent unsere Staatsführung agiert, der versteht auch, warum sie vor künstlicher Konkurrenz Angst haben muss. Gelegentlich beschleicht mich das Gefühl, dass sich in einem Werbegeschenkschachcomputer mehr Cleverness vereint als im kompletten Bundeskabinett. Was aber kein Kunststück ist, da ja die Nahles-SPD an der Koalition beteiligt ist. Von der hört man auch ziemlich wenig, was jetzt aber auch nicht wirklich schlimm ist, außer, man ist SPDler. Gut, viel zu sagen hat sie im Moment auch nicht, das übernehmen der alte Altkanzlerbesserwisser Schröder und Erzbengel Gabriel für sie. Was ich gemein finde. Weil es so einfach ist. Nahles zu kritisieren ist, wie einen Elfmeter ohne Torwart zu verhandeln.

Angela fordert ethische Leitplanken

Zurück zu Angela Merkel: Sie fordert „ethische Leitplanken“. „Man wird eines Tages sicherlich unser Denken lesen können“, sagt sie auch, wobei ich ihr wünsche, dass sie vorher in Rente geht. Nur für den Fall, dass es bei ihr da nichts zu lesen gibt. Sie fragt auch, ob „wir das wollen“ und „was das für den gesellschaftlichen Prozess“ bedeutet. Nun, im Falle ihrer Kabinettsmitstreiter bedeutet es auf jeden Fall einen sehr kurzen gesellschaftlichen Prozess. Und ich wüsste wirklich gerne, was sich die Leute, die es sich anmaßen, mich zu regieren, so dabei denken. Und ob überhaupt. In der Rede erzählt sie noch über Beinprothesen und Organtransplantationen und fragt sich, ob sie ein anderer Mensch wäre, wenn sie „einen Chip eingepflanzt bekäme, mit dem ich schneller denken kann oder besser denken kann.“ Offen gesagt, sehe ich das jetzt nicht als Gegenargument. Außerdem will sie wissen, wo „ihr Menschsein“ endet. Ich könnte es ihr sagen und schlage dafür die Schnellräumung des Breitscheidplatzes von Gedenkkerzen für die bei einem Terroranschlag Ermordeten als Beispiel vor. Außerdem meint die Bundeskanzlerin, dass ja auch neue Arbeitsplätze dadurch entstünden. Beispielsweise als Berater für die Bundeswehr

Was macht nun also Angela Merkel? Sie philosophiert in Japan. Das ist kein Problem. Dass sie wiederkommt – das ist eines. 

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Leserpost

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Gabriele Schulze / 06.02.2019

Was für eine Fleißarbeit - klasse und eindrucksvoll. Ich komme mir vor wie eine Masochistin, daß ich mir das Grauen auch noch lesend antue. Am unverschämtesten von A. Merkel und KonsortInnen ist eigentlich, daß sie Kabarettisten die Arbeit wegnehmen. Denen bleiben ja nur “ihr Menschsein” und die AfD. Unverschämt!

Karla Kuhn / 06.02.2019

Im WARNEN und DROHEN, scheinen wir WELTMEISTER ZU SEIN. Drohen ist vielleicht das falsche Wort, ich würde es so ausdrücken, ich rate Dir… sonst…. das wird auch gerne bei Putin und Trump und den “Populisten” Urban angewendet. Auch ein Spezialgebiet der EU, bei der Flüchtlingsverteilung z. B. Aber zum Leidwesen der meisten der Politikerkaste, scheren sich- für mich zum Glück- die anderen einen DRdck drum. Jetzt sind wir ja ganz bei Venezuela dabei !! Ich frage mich, warum sich eigentlich viele andere Länder noch nicht in unsere Politik eingemischt haben ?? Herr Reichert, Sie sprechen mir SO aus der Seele. Ich glaube nicht, daß Merkel überhaupt eine Ahnung von der japanischen Mentalität hat, sonst würde sie sich (und uns !!) diesen-UMWELTVERGIFTENDEN- Flug ersparen. Die Japaner sind uns in der digitalen Technologie HAUSHOCH überlegen.  Gibt es eigentlich schon eine Statistik, WIE viele Länder über uns lachen ??

Martin Johannes Marhoff / 06.02.2019

Da es offenkundig in den letzten 3 - 4 Milliarden Jahren, mit der “Natürlichen Intelligenz” nicht so richtig geklappt hat, wäre es wirklich an der Zeit, es mit der “Künstlichen Intelligenz” zu versuchen!

Th. Radl / 06.02.2019

“Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.” Ein schönes Bonmot. Warum kommt mir bei diesem Artikel dieses angebliche Einstein-Zitat in den Kopf?

Thomas Taterka / 06.02.2019

Sie ” intrigiert” jetzt in Japan. Das ist ihre ” Natur “. ” Warnen ” ist das Tarnvokabular.

Uta Buhr / 06.02.2019

Ein sehr guter Beitrag, Herr Schneider. Die Gretchenfrage an unsere adipöse Kanzleröse müsste lauten:“Angela, wie hältst du es mit dem Umweltschutz?” Ihre zahllosen Flüge rund um die Welt lassen nicht den Schluss zu, dass sie ihr die Umwelt sehr am Herzen liegt. Während der Bevölkerung nun wohl bald von dieser Merkel- geführten unsäglichen Regierung verboten werden soll, mit dem Diesel bei Lidl oder Penny die Wochenration einzukaufen, jettet Merkel rund um den Globus, um andere vor irgendwas zu warnen. Ich schätze mal, dass die japanischen Studenten sich ob ihrer Stotterei über ein Thema, von dem sie null Ahnung hat, aber von dem die Studiosi in Nippon eine Menge verstehen, innerlich halbtot gelacht haben. Öffentlich würde man diese Frau nicht der Lächerlichkeit preisgeben. Dazu ist man in Japan zu höflich. Man kann Merkel nur empfehlen, weniger herumzufliegen und anderen die Leviten zu lesen, dafür aber hier und jetzt ihre Hausaufgaben zu machen. Zudem könnte sie sich an ihrem sehr jungen und tüchtigen Kollegen in Österreich ein Beispiel nehmen. Der fliegt nämlich Linie, statt seine Auslandstourneen mit Regierungsmaschinen zu absolvieren. Da die Raute des Schreckens aber total beratungsresistent ist und nicht einmal ansatzweise darüber nachdenkt, was sie in den 13 Jahren ihrer misslungenen Kanzlerschaft anders hätte machen können (und müssen), prallen alle vernünftigen Vorschläge an ihr ab. Bleibt nur zu sagen: “Glatte sechs, Merkel. Setzen.”

B.Klingemann / 06.02.2019

Yes! Da ist er wieder, der Schneider, der Thilo! Die German Angst ist halt immer noch größer als der German Größenwahn. Die Japaner vor der KI zu warnen, ist so, als würde man die Franzosen vor dem Genuss von Rotwein warnen.

Wieland Schmied / 06.02.2019

Merkel, die Kanzlerin des Landes der untergehenden Sonne,  die mächtigste Frau der Welt jettet ins Land der aufgehenden Sonne um ihre Pro-Thesen zur sicher zu erwartenden Verdunkelung der Zukunft infolge Künstlicher Intelligenz an die Frau oder den Mann zu bringen.  Das japanische Volk hat Jahrtausende Schlimmeres überstanden und immer den Weg weiter in eine erträgliche Zukunft gefunden. Vielleicht vergisst einer der gesitteten Gastgeber einmal für Sekunden seine zurückhaltende Höflichkeit und flüstert ihr ins Ohr, was ein großer Europäer, Oscar Wilde, auf Leute wie sie so treffend zu formulieren wußte: “Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten!”. Selbst wenn sie dieses sehr wahrscheinlich nicht auf sich bezöge.

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