Merkel lässt Kohleausstieg einfädeln

Von Wilhelm Stock.

Anfang der Woche, am 29.05.2018, wurde der Beschluss der Zusammensetzung der Kohleausstiegskommission (euphemistisch „Kohlekommission" genannt) erneut vertagt. Trotzdem sickerte die geplante Besetzungsliste bereits durch.

Laut LR online soll sie so zusammengesetzt sein:

Vorsitz:

  • Ronald Pofalla. Kommentar: Sozialpädagoge, Rechtsanwalt, CDU, Ex-Bundeskanzleramtschef, Vorstand Deutsche Bahn
  • Matthias Platzeck. Kommentar: Kybernetiker, Grüne, SPD, Landesminister, Ex-MP Brandenburg
  • Stanislaw Tillich. Kommentar: Konstruktionsingenieur, Unternehmer, CDU, Landesminister, Ex-MP Sachsen
  • Barbara Praetorius. Kommentar: Volkswirtin und Politikwissenschaftlerin, für schnellen Ausstieg aus „dreckiger" Braunkohle

Mitglieder:

  • 1. Prof. Dr. Jutta Allmendinger – FU Berlin. Kommentar: Soziologin, Gerechtigkeitsforscherin
  • 2. Antje Grothus – Bürgerinitiative „Buirer für Buir". (Kein Kommentar)
  • 3. Christine Herntier – Sprecherin Lausitzrunde. Kommentar: Spremberger Bürgermeisterin, Diplomökonomin
  • 4. Martin Kaiser – Geschäftsführer Greenpeace (kein Kommentar)
  •  5. Stefan Kapferer – Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft. Kommentar: Verwaltungswissenschaftler, FDP
  • 6. Prof. Dieter Kempf – Präsident Bundesverband der Deutschen Industrie. Kommentar: Diplom-Kaufmann, umfangreiche Führungspositionen in der Wirtschaft
  • 7. Stefan Körzell – Deutscher Gewerkschaftsbund. Kommentar: Gewerkschaftslaufbahn, SPD, Fan der Energiewende, aber sozial verträglich und gerecht
  • 8. Ingo Kramer – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Kommentar: Wirtschaftsingenieur, Geschäftsführer Familienunternehmen, FDP
  • 9. Michael Kreuzberg – Landrat Rhein Erft Kreis. Kommentar: Sozialwissenschaflter, Germanistiker, Lehrer, CDU
  • 10. Felix Matthes – Ökoinstitut – Kommentar: Studium E-Technik, Promotion Politik, Protagonist frühen Kohleausstiegs
  • 11. Claudia Nemat – Telekom. Kommentar: Studium Physik, Philosophie und Mathematik, Lehrtätigkeit, Mc Kinsey, Telekom, Fan der Smart Grids
  • 12. Kai Niebert – Universität Zürich. Kommentar: Studium Biologie, Chemie. Politik, Nachhaltigkeitswissenschaflter, Ausstiegsfan
  • 13. Annekatrin Niebuhr – Uni Kiel. Kommentar: Volkswirtschaftlerin, Forschung im Bereich regionale Wachstumsstrukturen. 
  • 14. Reiner Priggen – Landesverband EEG NRW (kein Kommentar).
  • 15. Katherina Reiche – Verband kommunaler Unternehmen. Kommentar: Diplom-Chemikerin, Ex-CDU-MDL, Staatssekretätin Umwelt, Realpolitikerin
  • 16. Gunda Röstel – Geschäftsführerin Stadtentwässerung Dresden. Kommentar: Sonderschulpädagogin, Vorstand Grüne, Vorstandsmitglied EnBW, BDEW, Realpolitikerin
  • 17. Andreas Scheidt  – Verdi. Kommentar: Elektriker, Leitstandsfahrer, Gewerkschafter, fordert sozial verträglichen Umgang mit dem Ausstieg
  • 18. Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber – Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (kein Kommentar).
  • 19. Eric Schweitzer – Deutscher Industrie und Handelskammertag. Kommentar: Politologe, Vorstand Alba Group, fordert ökonomisch vertretbare Energiewende und echte Konkurrenz 
  • 20. Michael Vassiliadis – IG Bergbau, Chemie, Energie. Chemielaborant, SPD, Gewerkschaftler
  • 21. Ralf Wehrspohn – Fraunhofer Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen. Kommentar: Physiker, Forscher, Photovoltaik, Materialeffezienz
  • 22. Hubert Weiger – BUND (kein Kommentar)
  • 23. Hannelore Wodtke – „Grüne Zukunft Welzow“ (kein Kommentar).

Dies ist eine sicherlich persönliche Einschätzung der Zusammensetzung der Kommission und erhebt nicht den Anspruch der Objektivität. Aber selbst wenn sich hier und da noch etwas ändert, zeigt ein zu erwartendes Ergebnis von:

Elf Stimmen für den schnellen bis direkten Kohleausstieg. 

Hierzu ein Zitat Barbara Praetorius:

"Kohle im Stromsektor, aber auch Öl und Gas im Verkehr und in der Wärmeversorgung müssen ersetzt werden. Die Perspektive lautet Elektromobilität und mehr Wärmepumpen, beides betrieben mit Strom aus Erneuerbaren Energien. Technisch ist das unbestritten möglich. Aber um die fossilen Energien zu ersetzen, müssen auch mehr Wind- und Sonnenstromanlagen gebaut und Braunkohlegruben geschlossen werden."

Acht Stimmen für ein Ja, aber nur wenn der Wandel sozialverträglich gestaltet wird.

Hierzu Zitat Andreas Scheidt, Verdi:

„Ein vorzeitiger Ausstieg aus der Kohleverstromung muss eine verbindliche Übereinkunft beinhalten, dass diese Beschäftigten keinerlei materielle Einbußen erleiden, wenn ihr Arbeitsplatz aufgrund von politischen Entscheidungen verloren geht.“

Acht Stimmen für einen ökonomisch und sozial planbaren Ausstieg. 

Zitat Christine Herntier:

"Deutschland ist ein wirtschaftlich sehr erfolgreiches Land, das auch über einen breit aufgestellten und innovativen Dienstleistungssektor verfügt. Doch die Grundlage für Dienstleistungen ist die industrielle Wertschöpfung. Und deren Voraussetzung wiederum ist bezahlbare und zuverlässig verfügbare Energie."

Die Zusammensetzung der Kommission lässt also ein Ergebnis im Sinne der grünen Kanzlerin erwarten: "Wir schaffen das". Meine Prognose lautet auf 2030 als Datum zum kompletten Ausstieg, koste es, was es wolle. Die Berücksichtigung von NGOs und Bürgerinitiativen für den direkten Ausstieg (Buirer für Buir, Grüne Zukunft Welzow) aus der Braunkohle bei gleichzeitigem Ignorieren des anderen Seite (Pro Lausitz, Unser Revier, die sich ebenfalls um einen Platz in der Kommission beworben hatten) zeigt diese Zielrichtung.

Gleichzeitig wird damit die grüne Kompetenz der Großen Koalition gestärkt, um ähnlich wie beim Kernenergieausstieg Grünen und Linken den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Der Schaden für die deutsche Wirtschaft wird irreparabel anwachsen.

Wilhelm Stock ist Diplomingenieur im Fach Automatisierungstechnik, Bergmann und Leiter der Technischen Weiterbildung der RWE Power AG.

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Andreas Rühl / 01.06.2018

Na, endlich mal ein Gremium, in dem sich geballter Sachverstand und Weisheit versammelt. Nebenbei erlaube ich mir die Anmerkung, dass das Vertrauen in unsere Verfassungsorgane und staatlichen Institutione und, in die riesige Heerschar der Beamten in den Ministerien und Ämtern sogar bei den an die Macht gewählten kaum mehr vorhanden ist. Wozu also wählen wir noch, wenn am Ende Entscheidungen groesstercTragweite de facto in willkürlich zusammengesetzten Arbeitskreisen getroffen werden. Zumal hier die Entscheidung schon feststeht. Die rueckkehr zur versassungsmaessigen Ordnung waere auch insoweit dringend vonnöten.

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