Es wird nicht einfach werden für Angela Merkel, die Ergebnisse des G8 Gipfels einer skeptischen deutschen Öffentlichkeit zu verkaufen. Eine kluge Strategie der Schadensbegrenzung ist deshalb dringend geboten. Auch Präsident Bush dürfte keinerlei Interesse haben, eine wichtige europäische Verbündete zu düpieren. Deshalb auch die Charmeoffensive der letzten zwei Tage.
Denn daß sich die Bundeskanzlerin in die Enge hat manövrieren lassen, ist keineswegs Bushs Schuld. Die Probleme mit den deutschen Klimazielen sind hausgemacht und basieren auf einer totalen Fehleinschätzung der politischen Landschaft und internationaler Machtverhältnisse. Daß Bush den deutschen Maximalforderungen eine kategorische Ablehnung erteilen würde, war vorherzusehen. Jedem einigermaßen erfahrenen Beobachter der internationalen Klimapolitik war das eigentlich von vornherein klar.
Jetzt sieht sich Merkel gezwungen, einen Weg aus der selbstverschuldeten Sackgasse zu finden. Eine oft erfolgreiche Lösung in solchen vertrackten Situationen ist die Flucht nach vorne. Merkel stellt sich daher hart und unnachgiebig - gibt aber zugleich zu verstehen, daß ihre zentralen Klimaziele nicht durchsetzbar sind:
“Die Kanzlerin gab zu, dass man sich in Heiligendamm wohl nicht auf den deutschen Vorschlag einigen werde, den Temperaturanstieg auf der Erde bis zum Jahr 2050 auf zwei Grad zu begrenzen.” http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,486243,00.html
Anstatt also weiterhin auf die konsensunfähigen Klimaziele zu pochen, macht Merkel eine Einigung von Punkten abhängig, die garnicht umstritten sind. Dem Spiegel gegenüber nannte sie jetzt drei Forderungen:
In einem SPIEGEL-Gespräch kündigte die Bundeskanzlerin an, sie werde auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm auch gegenüber US-Präsident George W. Bush unnachgiebig bleiben: “Gehen Sie davon aus, dass ich mich nicht darauf einlassen werde, dass gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse wie etwa die des IPCC-Berichts der Vereinten Nationen verwässert werden.” http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,486243,00.html
Das hört sich sehr beeindruckend an. Dabei sollte eigentlich allgemein bekannt sein, daß die US Administration maßgeblich an der Ausarbeitung und Verabschiedung der jüngst veröffentlichten IPCC Berichte beteiligt war.
Mehr noch. Angela Merkel und George Bush haben vor genau einem Monat eine gemeinsame, EU-US Erklärung unterschrieben, in der es wörtlich heißt:
“We are committed to the ultimate objective of stabilization of greenhouse gas concentrations in the atmosphere at a level that would prevent dangerous anthropogenic interference with the climate system, and we acknowledge the recent work of the IPCC.” http://www.whitehouse.gov/news/releases/2007/04/20070430-8.html
Von einer Gefahr der Verwässerung der IPCC Berichte kann deshalb keine Rede sein.
Merkels zweite Forderung: die Rolle der UN bei internationalen Klimaverhandlungen darf nicht geschwächt werde: “Für mich ist klar: Wir müssen es schaffen, in einem Prozess, der von den Vereinten Nationen geleitet wird, eine Nachfolge-Regelung für das Kyoto-Abkommen zu erreichen.” Alle andere Gesprächskreise müssten “in einen Uno-Prozess münden”: “Das ist für mich nicht verhandelbar.”
Auch hierbei handelt es sich um einen Strohmann. Denn sowohl Bush als auch die UN haben deutlich gemacht, daß der neue Klimavorschlag der USA paralell - und nicht anstelle - der UN Klimaverhandlungen gedacht ist.
Schließlich, so die Bundeskanzlerin, werde sie sich keinesfalls auf einen faulen Kompromiss hinsichtlich ihres zwei-Grad-C Klimaziels einlassen: “Über die zwei Grad kann ich nicht verhandeln.”
Natürlich gibt es gar keine Absicht, über die zwei-Grad Forderung zu verhandeln. Das Thema ist längst vom Tisch.
So darf mit ziemlicher Sicherheit davon ausgegangen werden, daß der G8 Gipfel die jetzt deutlich niedriger gesetzten Hürden überbrücken kann. Sollte dies gelingen - und ich bin überzeugt, es wird gelingen -, darf man Angela Merkels diplomatischem Geschick, aus einer vertrackten Lage einen Ausweg gefunden zu haben, Lob spenden.
