Jochen Ziegler / 25.01.2023 / 06:00 / Foto: Thomas Edwards / 86 / Seite ausdrucken

Menschenversuche statt Tierversuche

Wie das renommierte Magazin Science berichtet, hat der US Kongress die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde FDA, die weltweit der Trendsetter für diesen Bereich ist, von der Pflicht zur Durchführung von Tierversuchen vor der Erprobung von Arzneimitteln in Menschen entbunden.

Tierschützerverbände sind begeistert. Doch was steht hinter der Entscheidung? Und bedeutet dies, dass Menschen ab sofort ganz legal als die sprichwörtlichen „Versuchskaninchen” eingesetzt werden können? Leider ja. Doch schauen wir uns das Problem einmal genau an.

Klinische Studien sind Menschenversuche, die notwendig sind, um Pharmaka vor ihrer Zulassung und massenhaften Vergabe an die menschliche Population auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit hin zu untersuchen. Pharmakon bedeutet auf Altgriechisch sowohl „Gift” als auch „Heilmittel”. Von Paracelsus stammt die aphoristische Einsicht „dosis sola facit venenum”, allein die Dosis macht die Giftigkeit aus. Daher brauchen wir Menschenversuche, um die richtige Dosierung der Pharmaka zu ermitteln und zu untersuchen, wie sie im Körper verteilt, metabolisiert und ausgeschieden oder abgelagert werden, wie lange sie wirken (Pharmakokinetik), wie sie wirken und welche unerwünschten Wirkungen sie haben (Pharmakodynamik).

Der Prozess der Untersuchung von Pharmaka im Menschen wird grob in drei Phasen eingeteilt: Phase I dient der Etablierung der elementaren Sicherheit und der Dosis-Wirkungs-Beziehung und Pharmakokinetik. Phase II dient dem ersten Nachweis einer Wirkung und der weiteren Untersuchung der Arzneimittelsicherheit und Aspekten der Pharmakokinetik. Die meisten Arzneimittel scheitern in dieser Phase an unzureichender Wirkung oder Toxizität. Die Phase III dient dem Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit in größeren Stichproben und der Erzeugung von empirischer Evidenz zur Absicherung der Indikationen des Arzneimittels. Tierversuche dienen dazu, die Last der Menschenversuche zu reduzieren. Die Last besteht immer in der Toxizität, die zum Tod der Probanden oder ihrer chronischen Schädigung führt, beispielsweise in Form von einer Zerstörung der Nieren, einer chronischen Leberschädigung, Herzmuskelschäden, Schädigung des Nervensystems oder einer Autoimmunkrankheit – allesamt Formen der inneren Verkrüppelung.

Sinn und Zweck der Tierversuche

Tierversuche haben in diesem Zusammenhang die Aufgabe, Pharmakokinetik und -dynamik im Menschen modellhaft zu antizipieren. Natürlich sind die Modelle nicht perfekt, insbesondere da vorwiegend Mäuse, Ratten, Fische und Vögel für die Versuche verwendet werden, während große Säugetiere nur gut 3 Prozent aller Versuche und 1,6 Prozent aller Tötungen ausmachen. Aus pharmakologischer Sicht ist der Verzicht auf große Säugetiere und insbesondere auf Halbaffen und Affen ein Problem, da die in diesen Modellen entwickelten Daten am ehesten den Gegebenheiten im Menschen entsprechen. Wir kommen auf dieses Problem unten noch einmal zu sprechen.

Insgesamt wurden in Deutschland 2021 laut Bundesinstitut für Risikobewertung 1,8 Millionen Tiere für Versuchszwecke verwendet und 644 Tsd. getötet. Dies umfasst Grundlagen- und Pharmaforschung, doch ist ein wichtiger Teil des Verbrauchs bei Nagern, die zusammen 80 Prozent der Versuche und über 90 Prozent der Tötungen ausmachen, sicherlich auf Pharmaversuche zurückzuführen. Ist der Verzicht auf Tierversuche dann nicht als Fortschritt zu bewerten? 

Tierversuche dienen der Dosisfindung, der Ermittlung der Dosis-Wirkungs-Beziehung und der Abschätzung der therapeutischen Breite von Pharmaka, aber eben auch der Ermittlung der Pharmakokinetik und Toxizität. Verzichtet man auf Tierversuche, wird die Toxizität erst am Menschen sichtbar, und es nehmen dann durch Tod oder Verkrüppelung mehr Menschen bei den Menschenversuchen Schaden. Science behauptet in dem oben zitierten Artikel allerdings, man könne mit Hilfe von Computermodellen und sogenannten Organsimulationschips, bei denen Zellkulturen oder Zellhaufen (sogenannte Microorgans) in Silikonapparate eingebettet werden, in denen sie durch künstliche Kapillaren mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt werden, Tierversuche vermeiden und sei damit sogar besser in der Bestimmung pharmakologischer Parameter. 

Das ist schlicht und ergreifend falsch. Denn die vorhandenen Verfahren sind nicht imstande, das komplexe System des Säugetierorganismus adäquat und synoptisch nachzubilden. Dabei bedeutet „adäquat” die Erfüllung von Anforderungen an die Nachbildung (Emulation), in diesem Falle die Übertragbarkeit der pharmakologischen Ergebnisse auf die Situation im Tier, und „synoptisch” den umfassenden Charakter des Modells. Das bedeutet, dass weder die Simulation im Computer noch die Emulation im Organmodell uns Auskunft darüber geben können, wie Pharmakokinetik und -dynamik im Organismus aussehen werden. Wie sollten sie auch?

Auf Pseudoinnovation verzichteten

Wir wissen viel zu wenig über die komplexe Pharmakologie in Organismen, um diese in mathematischen Modellen im Computer abzubilden. Die verfügbaren Modelle decken nur sehr kleine Bereiche der Pharmakologie grob ab. Und wie soll ein Silikonapparat mit Pseudo-Kapillaren und in vitro gezüchteten Zellen erfassen, wie sich Arzneimittel verteilen und auf die tausenden verschiedener Zellarten und hunderten von Organen oder Organfunktionsbereichen, die es im Körper gibt, auswirken? Es ist unmöglich.

Zwar sind auch Tierversuche nur bedingt prädiktiv für den Menschen, insbesondere weil die Mausmodelle, die wir verwenden, hochgradig überzüchtet und genetisch homogenisiert sind, so dass ihre Distanz zu humanen Wildtyppopulationen deutlich größer ist als die von echten in der Wildnis lebenden Mäusen. Daher kommt es dann bei den Menschenversuchen auch immer wieder zu toxischen Wirkungen, die im Tier nicht beobachtet wurden.

Das Problem sind nicht die Tierversuche an sich, sondern die Dominanz der Untersuchung und Zulassung von Wirkstoffen in der Biopharmaindustrie, die entweder keine oder wenig klinische Wirksamkeit zeigen oder in Populationen eingesetzt werden, die auf sie verzichten könnten (wie terminal an Krebs erkrankte). Die meisten Wirkstoffe, die heute als neue Arzneimittel zugelassen werden, gehörten in eine dieser Gruppen. Wenn wir auf derartige Pseudoinnovation verzichteten und nur Wirkstoffe in die Klinik zu bringen versuchten, die wirklich einen großen klinischen Nutzen haben, könnten wir es uns erlauben, diese Arzneimittel in Affen zu testen, was zu Ergebnissen führt, die für den Menschen deutlich prädiktiver sind als die Tests in Mäusen und Ratten.

Wenn wir hingegen auf Tierversuche verzichten, dann schaden wir in den Menschenversuchen, die wir als klinischen Studien bezeichnen, schlicht und ergreifend mehr Menschen, indem wir sie töten oder schwer schädigen.

Der größere Zusammenhang

Doch wissen wir inzwischen, dass die Regulatoren nicht nur dazu bereit sind, auf Tierversuche zu verzichten, sondern auch die Toten und Geschädigten, die in klinischen Studien mit unzureichender Vorbereitung durchgeführt werden, zu ignorieren. Obwohl aus den Zulassungsanträgen von Pfizer/BioNTech, AstraZeneca und Moderna für die SARS-CoV-2-„Immunisierungen“ einwandfrei hervorging, dass die Nukleinsäureinjektionen zur Immunisierung schädlich und klinisch unwirksam sind, wurden sie dennoch zugelassen und die Warnsignale der Studien und der wichtigen Arzneimittelsicherheitssyteme von CDC (USA), MHRA oder BfARM/PEI ignoriert. Diese Praxis wird bis heute fortgesetzt, der Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen log wider besseren Wissens beispielweise am 22.1.2023 erneut, die „Impfstoffe” seien trotz schwerer Nebenwirkungen insgesamt sicher und wirksam.

Mit anderen Worten: Wenn die bei den SARS-CoV-2-Nuleinsäureinjektionen etablierte Praxis fortgesetzt würde, wären unsere Regierungen bereit, in der Arzneimittelforschung auf Tierversuche zu verzichten und dann die Toten und Verstümmelten, die sich aus dieser Praxis ergeben, zu ignorieren und die massenhafte Verabreichung von Giftstoffen zu fördern, zu bezahlen und zu bewerben.

Wie lässt sich das erklären? Ein neuer Artikel in der Fachzeitschrift Lancet gibt darauf wichtige Hinweise. Das renommierte Autorenteam stellt die medizinischen Bedürfnisse von Menschen und Tieren auf eine Stufe und scheint die in unserer Kultur verankerte rechtliche und moralische Sonderstellung des Menschen, die auch die Grundlage der Menschenrechte ist, zu relativieren. Für die Autoren sind Tier- und Menschenwohl gleich wichtig. Sie rufen dazu auf, nationale Regulierung und die Trennung der Sektoren Human- und Veterinärmedizin aufzuheben und mit dem OneHealth-Programm der WHO die Welt auf weitere Pandemien vorzubereiten. Dies soll vor allem durch eine massive Ausweitung von Impfprogrammen für Tiere und Menschen geschehen. Zum Vorteil der Pharmaindustrie, zu Lasten der Gesundheit von Mensch und Tier, denen Nukleinsäurethereapien ausschließlich schaden (siehe hier, Punkt 4). 

Damit argumentieren sie in der Tradition Peter Singers, der 1975 mit seinem Buch Animal Liberation erstmalig die Forderung erhob, die Behandlung von Tieren derer von Menschen anzugleichen und erstmals den Veganismus popularisierte. Die neue Gesetzgebung des US-Kongresses und die Ideen von OneHealth scheinen diese Sicht aufgenommen und radikalisiert zu haben. Doch dienen sie damit wirklich dem Tierwohl? Ich glaube es nicht, sondern sie dienen dem Wohl der Pharmaindustrie, egal wie viele Menschenleben es kostet. Wir werden Zeugen eines Abrisses der Menschenrechte auf breiter Front.

 

Dr. Jochen Ziegler ist das Pseudonym eines Arztes und Biochemikers. Er arbeitet als Berater für private Anbieter des Gesundheitssystems und lebt mit seiner Familie in Hamburg.

Lesen Sie zum gleichen Thema morgen von Martina Binning: Die WHO überarbeitet aktuell ihre „Internationalen Gesundheitsvorschriften“. An einer Stelle soll sogar der Bezug auf die Menschenwürde gestrichen werden.

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Leserpost

netiquette:

Birgit Hofmann / 25.01.2023

@O. Ganser. Natürlich haben sie recht, das es ein Unterschied zwischen Kosmetikprodukten und z.b. Krebsmdikamenten gibt, das steht ausser Frage. Es ist nur so, das Tierversuche mittlerweile überflüssig werden, da es bereits bessere Alternativen gibt, die aber der Pharmaindustrie viel Geld kosten. Falls es sie interessiert, ich betone falls, googeln sie ’ Ärtze gegen Tierversuche ‘, da werden die neuesten Methoden vorgestellt. Was mich an dem Artikel von Dr.  Ziedler , ist ja auch ein Pseudonym,  so stört, das er posaunt, nun werden Menschen zu den neuen ’ Versuchstieren ‘, das halte ich ehrlich für Blödsinn. Es geht darum, Tierversuche durch neue effektivere Methoden zu ersetzen und das ist nicht der Mensch. Glauben Sie, das der Organismus eines Beagles oder eine Ratte , die mit der Entwicklung eines neuen Krebsmedikamentes zu Tode gequält wird, wirklich aussagekräftig ist ? Nein, das ist es definitiv nicht. Tierversuche sind grausam, und ich bin froh, das ein Umdenken beginnt.

Silas Loy / 25.01.2023

Menschenversuche sind prima, solange sie nur an denen gemacht werden, die sie fordern.

Gus Schiller / 25.01.2023

Denn größten Menschenversuch seit 1945 haben wir doch gerade hinter uns. MRNA-Impfung bei Strafandrohung ohne zu wissen was dabei passieren wird/kann. Einige haben es nicht überlebt oder leiden immer noch an Nebenwirkungen!

Gert Köppe / 25.01.2023

@Rainer Irrwitz: In einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg fand erst kürzlich auch eine ganz andere Art von “Menschenversuch” statt. Ein sogenannter “Einmann”, der auch schon einmal in Syrien war, bevor er von unseren Politikern hierher “eingeladen” wurde, hatte an Menschen getestet ob sein Messer auch scharf genug war. Der Test verlief “erfolgreich”. Nun ja, die Politiker, die Justiz und die verlogenen Medien-Herolde interessiert es bekanntlich kaum. Die breite Masse an “Gehirngewaschenen” sicher auch nicht besonders. Hier sind alle Arten von Menschenversuchen offensichtlich schon länger ganz legal. Jetzt gibt es dazu halt nur noch den offiziellen, amtlichen Segen. Welch eine düstere Zukunft, in der sich Verbrechen scheinbar doch lohnen, wenn sie nur groß genug sind.

giesemann gerhard / 25.01.2023

Auch die Invasion von Jungmännern ist ein Test am klebenden Objekt - mal sehen, wie die Nebenwirkungen sind. Die Toxizität.

Ludwig Flocken / 25.01.2023

Es hat schon einmal ein deutscher Ministerpräsident in seinem Land alle Tierversuche verboten: Hermann Göring in Preußen August 1933. Als das Reichstierschutzgesetz im Nov 1933 in Kraft trat, hatten die Ärzte aber Ausnahmeregelungen ausgehandelt, die dann auch i Preußen galten.

Ronald Mader / 25.01.2023

Vielleicht gar nicht schlecht, wenn es sich herumspricht und dadurch viele Menschen Medikamente meiden, evtl. auf altes Wissen und Heilkräuter umsteigen. Denn die berühmten “Dörfer der Hundertjährigen” haben nur eines gemeinsam*: sie wohnen so entlegen, dass sie nur im äußersten Notfall zum Onkel Doktor gehen. Das sind keine Dauerpatienten, welche täglich Blutdruck-, Cholesterinsenker, Blutverdünner, Schmerzmittel, Schilddrüsenmittel und was es sonst noch “nützliches” zur Dauertherapie anbietet einnehmen. *die Nahrung wird gern genannt, doch außer dass wenig Fertigprodukte verwendet werden, fällt das unaussprechliche Dorf irgendwo am Kaukasus durch eine “ach so ungesunde” Fleisch, Butter, tierische Fett Diät auf. Denn Olivenöl, Grünzeug und Fisch ist dort eher Mangelware. Das wenige Getreide wird eher als Vodka konsumiert.

T. Merkens / 25.01.2023

An die gar nicht so wenigen Kommentatoren, die sich mit dem Gedanken anzufreunden scheinen, Menschen und Tiere seien als mindestens gleichwertig bzw. Tiere sogar als höherwertig zu betrachten: sind Sie sich wirklich im Klaren darüber, was dies für jeden beliebigen “Machthaber” uns gegenüber bedeuten könnte? Wenn bereits der blödsinnige anfängliche Corona-Spruch “wir müssen die Alten schützen” zu bußgeldbewehrtem Masken- und Selbstvergiftungszwang für Alle führte, verbunden mit dem gleichzeitig erzwungenen einsamen Sterben der Alten: mit welchen Auswirkungen müsste dann wohl beim Spruch “Menschen und Tiere sind gleichwertig” höchstwahrscheinlich gerechnet werden? Meine dringende (!) Suchempfehlung: “WHO | Working Group on Amendments to the International Health Regulations (2005)”, dann den zweiten Link aufmachen: “Article-by-Article Compilation…” und auf Seite 3 bei Artikel 3 nachlesen: “The implementation of these Regulations shall be with…  [Menschenrechte sind hier für jeden nachlesbar durchgestrichen und durch Schwachsinn ersetzt!!!]”. Meine Güte! Ratten verziehen sich in die hinterste Ecke, wenn sie Gefahr wittern, und Menschen stellen sich zu tausenden zu medizinischen Versuchen an - wie kann man nur so unglaublich unbedarft und blöd sein. Und dennoch: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst - Homo Sapiens ist zumindest mir näher als Rattus.

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