Rainer Bonhorst / 16.08.2017 / 06:15 / Foto: katsrcool / 20 / Seite ausdrucken

Meinen schönen Diesel verschrotten? Ich bin doch nicht blöd.

Jetzt soll ich meinen schönen Diesel verschrotten lassen. Dabei liebe ich dieses Auto. Es ist sauber designed. Klare Linien, keine neubarocken Blechschnitzereien. Hat einen tollen Motor, der mich mit einem Tank problemlos tausend Kilometer weit trägt. Er läuft mit seinem Allradantrieb wie auf Schienen. Ich fühle mich hinter dem Steuer sicher wie in Abrahams Schoß.

Mein lieber Diesel sieht fast wie neu aus, obwohl er schon über zehn Jahre alt ist und fast 200 000 Kilometer auf dem immer noch ungebeugten Buckel hat. Er hat mich nie im Stich gelassen und würde mich nochmal 200 000 Kilometer fahren. 100 000 wollte ich in diesem ansehnlichen, in coolem Metallic schimmernden Freund bestimmt noch zurücklegen, bevor ich ihn – immer noch ganz gut in Schuss – an die nächsten liebevollen Hände weiterreichen würde. Im Osten Europas würden sich da sicher nette neue Eigentümer finden.

Der Westen bleibt mir jetzt schon so gut wie verschlossen. Der landesweite Ausbruch von Diesel-Unverträglichkeit – eine Modeerscheinung wie die Laktose-Unverträglichkeit, nur folgenschwerer – diese Hysterie also will mich dazu bewegen, die langjährige Treue meines Diesels mit einem Akt willkürlicher Brutalität zu belohnen. Ich soll dieses Fahrzeug, das den Augen schmeichelt und mir die Freiheit der Straße bietet, in eine Vernichtungsmaschine treiben, die aus einem technischen Kunstwerk einen scheußlich anzuschauenden Blechwürfel macht. Eine widerliche Vorstellung.

Als ich neulich mal testen wollte, welchen Verkaufswert mein leicht betagtes Schätzchen noch hat, wurde mir ein lächerlich niedriger Preis geboten. Jetzt lese ich die Verschrottungsprämien und staune: Je nachdem wie dick das Auto ist, das ich neu erwerben soll, kriege ich mehr Schrottgeld als bei meinem Verkaufstest.

Und die Batterien? Die können wir leider nicht.

Ich finde das pervers. Da reiben sich nur die Autobauer die Hände, von denen  viele wegen Betrugs eine Testfahrt hinter Gittern absolvieren sollten. Nein, ich mach bei dieser Verschrottungsorgie nicht mit. Ich fahre weiter meinen ausgezeichneten Diesel. Und wenn ich mit ihm nicht mehr in die Stadt darf, nehme ich den kleinen Benziner, der neben dran steht. Der belastet die Luft auf eine andere, bisher nicht so sehr in Verruf geratene Weise. Wie so viele andere belastende Dinge auch, nach denen kein Hahn kräht. Ich fahre weiter meinen Diesel und freue mich schon darauf, wie sich demnächst die E-Auto-Fahrer an den Ladestationen prügeln, die sie auf den letzten Drücker ihrer Batterie gefunden haben. Und nun müssen sie nach all dem Stress erleben, wie sich einer vordrängt.

Und ich werde nach meinem Drei-Minuten-Diesel-Tank-Vorgang mit einem mitleidigen Lächeln beobachten, wie nebenan an der E-Lade-Station die ladenden Damen und Herren stundenlang auf ihren Smartphones spielen und ihrem Freund oder ihrer Freundin simsen, dass sie es leider nicht mehr rechtzeitig zum Kino schaffen. Oder kann er/sie mal eben schnell mit dem kleinen Diesel vorbeiflitzen und sie/ihn abholen?

Mit etwas weniger Freude werde ich beobachten, wie sich die Fabrikhallen in Deutschland leeren, weil man die E-Autos hier nur noch zusammenbastelt wie mit einem Lego-Baukasten. Mechaniker und Zulieferer braucht man da kaum noch. Und die Batterien? Die können wir leider nicht. Gibt's hauptsächlich in Südost-Asien. Und die seltenen Erden, die die Batterien brauchen, sind bei uns so selten, dass man sie als abwesend bezeichnen kann. Ich sage nur: China, China, China. Und Afrika. Aber da sind die Chinesen ja auch.

Also, ich werde meinen Diesel wahrscheinlich doch noch weitere 200 000 Kilometer fahren – durch unserer schönes Deutschland, das sich zusehends vom einem Land der Autobauer in einen grünen Agrarstaat verwandelt. Und ich werde mich fragen: Wer soll in diesem entindustrialisierten Land dann eigentlich die vielen neuen E-Autos kaufen?

Foto: katsrcool Flickr CC BY 2.0 via Wikimedia

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Winfried Sautter / 16.08.2017

Was ich besonders ironisch finde: In den 1970 ern hielten sich die Ökos etwas darauf zugute, alte Diesel, vorzugsweise die Schlachtschiffe von Volvo und Daimler, zu fahren und sie üppig mit “Atomkraft - Nein Danke!” zu bekleben. So ein Aufkleber hätte auch kaum Platz auf einem Fahrradschutzblech.

Hans Jürgen Haubt / 16.08.2017

“Wer soll in diesem entindustrialisierten Land dann eigentlich die vielen neuen E-Autos kaufen?”: Das frage ich mich auch! Wer kann sich von den weniger gut Verdienenden, die aus beruflichen Gründen ein anderes Auto benötigen, das teuere E-Mobil neben steigenden Mieten, gekürzten Renten usw. noch leisten? Soll man in die von den Banken un der EZB gewünschten Kreditaufnahmen getrieben werden. Ein Auto zu leasen, können sich nur die leisten, die mit gutem, gesicherten Einkommen dazu in der Lage sind. Wenn Dieselfahrzeuge gebraucht günstig zu erstehen sind, haben die Arbeitnehmer und Familien, die in den Innenstädten wohnen, am wenigsten davon. Für mich sind das aus ideologischer Verblendung resultierende Fehlentwicklungen ohne Abschätzung und Rücksicht auf die zu erwartenden Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft

Oliver A. Harrer / 16.08.2017

Der Wähler/die Wählerinnen haben es in der Hand, im September die Altparteien in ihre Schranken zu weisen. Denn es gibt eine Alternative! Auch wir fahren einen dicken Diesel und sind hoch zufrieden und können nur bestätigen, dass eine Reichweite von bis zu 1.000 km möglich sind. Sogar im Stadtverkehr kommen wir mit unserem 70 l Tank über 800 km. Der Versuch, auf die sogenannten umweltfreundlichen E-Autos umzusteigen wir kläglich scheitern, wie die Energiewende, die in den letzten 3 Jahren 15 neue Kohlekraftwerke entstehen ließ.

Rudi Knoth / 16.08.2017

Eine kleine Bemerkung. Die “seltenen Erden” kommen meist auch aus China. Das Kobald aus Zentralafrika igehört nicht dazu.

Pavel Mensik / 16.08.2017

Ja, ja: die osteuropaeischen Nachbarn werden sich auch freuen und die sooo billig gewordenen deutschen Diesel gerne aufkaufen und lange, lange fahren. Hier in Tschechien haelt niemand etwas von diesem “Rot/Gruenen - Deutschland - Abschaffungsplan” der wieder einmal zeigt, wie dekadent die westliche Gesellschafft inzw. geworden ist. Beste Gruesse aus Tschechien!

Michael J. Glück / 16.08.2017

Niemand soll die E-Autos kaufen, Fahrräder und öffentlicher Verkehr sind angesagt. Wir sollen künftig ohnehin fast ausschließlich von umweltfreundlicher Landwirtscvhaft leben. Solche Vorschläge kursierten direkt nach Ende des 2. Weltkriegs, gingen den Alliierten aber zu weit.  Wir Deutschen sind nicht so zimperlich. Was wir machen, das machen wir häufig ohne wenn und aber.  Alles schon mal dagewesen.

Klaus Wenzel / 16.08.2017

Beim Diesel wird’s nicht bleiben, die “Chefin” hat jetzt das Thema “Verbrennungsmotor” entdeckt… Wie viele andere Menschen, frage auch ich mich, wohin das Land unter AM und Groko sowie den “NGOs” steuert. Letztere sind ja zumeist wie der “Allgemeine Deutsche Fahrrad Club”, der “BUND”, der “NABU” oder die ubiquitäre “Deutsche Umwelt Hilfe” mitunter kleine Vereine mit einem Alphamännchen an der Spitze ohne größere demokratische Legitimation durch den Wähler. Aber trotzdem recht erfolgreich im Gestalten der strahlenden Zukunft des Landes. Geht es nach diesen Organisationen und unserer großen Kanzlerin sowie den Grün/innen, wird Autofahren vielleicht bald wie Waffenbesitz bestraft. Nur Bus, Bahn und Fahrrad sind unbedenklich, obwohl gerade Fahrradfahrer zur aggressivsten Spezies mit größter Verbissenheit zählen. Verkehrsregeln sind für die anderen gemacht worden. “Fahrradland Deutschland” also, in bunter, toleranter Vielfalt (außer für Autofahrer)  ohne den Verbrauch von fossilen Brennstoffen, dafür mit einem erheblichen Überschuss an “Haltung” und “Moral”. Hauptsache, Herr Özdemir fährt künftig vor Kameras im Tesla vor. “Unseren” bisherigen Lebensstil werden wir so nicht halten können, macht aber nix, denn im Tauschladen oder Reparaturcafé  oder bei der Arbeitslosenselbsthilfe trifft man dafür beim laktosefreien Latte Macchiato viele nette Menschen. Versteht sich, dass der “tertiäre Sektor” aus Beamten, Gleichstellungsbeauftragten/innen, kritischen Journalisten etc. wächst und gedeit, er ist ja “karbonfrei”. Klar, dass autofreie Städte individuell künftig nur noch von Lastenfahrrädern, E-Mobilen oder zu Fuss im Schneckentempo durchquert werden können. Mithin wird die Lieferungskette der Produzenten neu geknüpft werden müssen. Nicht schlimm, auch im Mittelalter schuf man aus Flachs oder Leinen haltbare Kleidung. Die anderen bunten Sachen aus aller Welt brauchten wir ja sowieso nie wirklich, denn Sein ist wichtiger als Haben. Freuen wir uns drauf.

Andreas Rochow / 16.08.2017

Zu fragen wäre auch, wie soll der Strom, der zum Aufladen der Batterien gebraucht wird, in die Stromnetze kommen und von welcher Größenodnung ist auszugehen? Auf der Suche nach der Antwort wird man (nur) hier auf achgut.com fündig. Wird mit der Ächtung des Diesels ernst gemacht, heißt das, dass “Clean Diesel” eine Lüge war. Hat das schon jemand von den Industrie- oder Regierungsoffiziellen offen eingestanden?

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