Rainer Bonhorst / 14.02.2022 / 10:00 / Foto: RB/Achgut.com / 206 / Seite ausdrucken

Meine vierte Impfung – eine Provokation

Bisher habe ich meine persönliche Impfgeschichte für meine persönliche Angelegenheit gehalten. Aber nun lese ich, dass Thilo Schneider gefragt wurde, wie sich „ein Achse-Autor nur impfen lassen kann“. Gemach, Leute, wir sind doch keine Bekenntnisgemeinschaft.

Die Zeit für Bekenntnisse, oder soll ich sagen: die Zeit für Beichten, scheint gekommen zu sein. Nach der Bekenntnis-Lektüre des Achgut-Autors Thilo Schneider („... der geimpfte Idiot“) ist mir klar geworden, dass ich offenbar ein Querdenker gegen den von einigen (vielen?) Achse-Lesern vertretenen No-Vac-Glauben bin. Ja, auch ich bin, wie Thilo Schneider, dreimal geimpft und – schlimmer noch – spiele mit dem Gedanken, auch die vierte Impfung, also den zweiten Booster zu wagen. Und sei es nur, um mich noch ein bisschen mehr gegen die Grippe zu immunisieren.

Bisher habe ich meine persönliche Impfgeschichte für genau das gehalten: für meine persönliche Angelegenheit. Aber nun lese ich, dass Thilo Schneider mit der Frage konfrontiert wurde, wie sich „ein Achse-Autor nur impfen lassen kann“. Ist damit das Achse-Autorentum in den Stand einer Bekenntnisgemeinschaft erhoben worden? Nach dem englischen Vorbild der Pro-Brexit- und No-Brexit-Religionsgemeinschaften? No-Vac oder Pro-Vac? Katholisch oder evangelisch? Vegan oder Fleischfresser? Bayer oder Preuße? Hundefreund oder Katzenfreund?

Als Schreiber mit notorisch liberalen Neigungen ist mir der Gedanke nie gekommen, dass ein Gang zum Onkel Doktor irgendjemanden etwas angehen könnte außer den Patienten oder Impfling selber. Und ich bleibe dabei: tut es auch nicht. Der Gang in die Praxis ist selbst dann die freie Entscheidung jedes Einzelnen, wenn er darüber spricht oder schreibt. Es muss doch möglich sein, dass abends beim Italiener Geimpfte und Impfskeptiker in fröhlicher Runde ihre Spaghetti und ihren Wein schlürfen, ohne dass man sich mit Nudeln bewirft oder gegenseitig mit Chianti überschüttet.

Auf unseren Straßen findet ja nicht nur ein Impfkrieg statt

Aber ist das noch möglich? Können Salat-Mümmler und Steak-Verschlinger noch friedlich an einem Tisch sitzen? Auf unseren Straßen findet ja nicht nur ein Impfkrieg statt. Wie immer man zur Erderwärmung steht: Die politische Temperatur ist auf unserem Planeten um weit mehr als zwei Grad gestiegen. In diese Hitze passt auch die Idee einer No-Vac-Pflicht für Achse-Schreiber. Sie ist genauso albern, wie eine Impfpflicht für alle freiheitswidrig ist. Wobei eine Impfpflicht in gewissen besonders problematischen Bereichen bessere Argumente vorzuweisen hat, als ein No-Vac-Zwang für bestimmte Journalisten. 

Freie Meinungsäußerung und freie Lebensführung sind zwei Seiten einer Medaille. Zu den unangenehmen Erscheinungen der heutigen Zeit gehört der Zwang zur ständigen Parteinahme in Wort und Tat. Und die damit einhergehende Simplifizierung des eigentlich vielgestaltigen Lebens. Man kann links und gegen Abtreibung sein. Man kann Feministin und gegen das Gendern sein. Man kann grün sein und trotzdem das Auto lieben. Schwarzweiß-Denken ist typisch für Kriegszeiten. Bist du nicht mein Freund, dann bist du mein Feind. Unsere modernen Kulturkämpfe haben etwas durchaus Kriegerisches. 

Je länger ich darüber nachdenke, desto entschlossener bin ich

Die Frontbildungen in Friedenszeiten gehen übrigens nicht nur von der Mehrheitsgesellschaft aus. Minderheiten neigen zur gleichen Schwarz-Weiß-Malerei. Dabei ist nicht einmal klar, wer die Mehrheiten und wer die Minderheiten sind. Die vielen dankenswerterweise in der Achse vorgestellten „Ausgestoßenen“ sind meist Opfer von Minderheiten mit Mehrheitsanspruch. Also auch Opfer von feigen Mehrheiten, die sich den anmaßenden Minderheiten nicht entgegenstellen. Das macht Orte des freien Geistes wie diesen so wichtig. Orte des freien Geistes und nicht Orte eines Fraktionszwangs, der im Grundgesetz auch nicht vorgesehen ist.

Aber: A luta continua. Der Freiheitskampf ist noch nicht verloren, auch wenn das Wort Freiheit heute bei manchem nur noch ein müdes Lächeln hervorruft. 

Je länger ich darüber nachdenke, desto entschlossener bin ich, mich ein viertes Mal impfen zu lassen. Und sei es nur, um dem einen oder anderen Orthodoxen mit Andrea Nahles, der neuen Leiterin der Bundesagentur für Arbeit, ein dreifach kräftiges „Ätschi bätschi“ entgegenzuschleudern. Ich will aber auch nicht ausschließen, dass ich mir den zweiten Booster hole, weil ich es in meinem fortgeschrittenen Alter einfach vernünftig finde. 

Foto: RB/Achgut.com

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Ulla Schneider / 14.02.2022

Guten Morgen, Herr Bornhorst. Jedem Tierchen sein Plaisierchen. Es gibt da neuerdings ein Modeartikel, ein Herrenhemd mit 8 Klappen am Ärmel. Das Angebot ist fast ausverkauft.  Empfehle den Link Zieglers zu vaccineDeath. Lohnt sich zu lesen.

Michael Schroeder / 14.02.2022

Sehr geehrter Herr Bonhorst, welche Impfung meinen Sie ?

Gertrud Dietrich / 14.02.2022

So wahr! Wahre Freiheit besteht nur, wenn alle sie genießen dürfen! Alles Gute für Sie!

Wilhelm Stock / 14.02.2022

Da capo! Freiheit lebt von gegenseitiger Akzeptanz.

Inis Bauer / 14.02.2022

Sehr geehrter Herr Bonhorst, gerne können Sie sich Impfen lassen. Es sollte jedem selbst überlassen werden. Leider finde ich Ihre Worte ein wenig unpassend, da Sie die Ausgrenzung und Diskrimierung nicht erleben! Nun gelte ich als genesen und mein Verlauf 2Tage Kopf und Gliederschmerzen. Ebenfalls habe ich als genesene nicht vor ein Restaurant oder sonstiges zu besuchen, bis dieser Wahnsinn endet. Die Vorstellung von Freiheit durch Zertifikat widerspricht allem was ich an Lebenseinstellung habe.

Alex Micham / 14.02.2022

Sie sollten sich vielleicht mehr oder besser zu dem Thema informieren. Es gibt da so’ne Webseite, achgut.com, die behandeln das Thema gelegentlich. Nix für ungut, alles Gute.

Lutz Herrmann / 14.02.2022

Bitte. Nur zu. Impfabo forever.

Rainer Mewes / 14.02.2022

Irgendwo hab ich mal gelesen, allein für Deutschland wären über 600 Mio Impfdosen geliefert bzw. verbindlich bestellt, das sind also pro Kopf ca. 8. Lieber Herr Bonhorst, halten Sie sich ran, es gibt viel zu tun, das glückbringende Soma will konsumiert werden.

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