Rainer Bonhorst / 17.05.2021 / 11:00 / Foto: Alternative libertaire / 27 / Seite ausdrucken

Meine kleine Antisemitismus-Kunde

Wie kann es in Deutschland geschehen, dass ein arabischer Mob Juden vor sich her jagt und Israel als „Verbrecherstaat“ vom Erdboden vertilgen möchte? Und das in einem Land, dessen offizielle Solidarität mit Israel zur „Staatsraison“ gehört? In einem Land, das die historische Last des Holocaust für sich akzeptiert hat? In einem Land, das bis vor kurzem mit einem gewissen Stolz darauf verweisen konnte, dass wieder mehr Juden hier eine neue oder zweite Heimat gefunden haben? Dies als Beleg für die Anerkennung als ein anderes, gutes Deutschland? Wie also kann es ausgerechnet bei uns zu den Hass-Ausschreitungen kommen? Leider ganz einfach: Weil es ins zeitgeistlinke Gedanken-Schema passt. Und in unsere Beschönigungskultur. 

Der Rechtsextremist ist in den Medien zu recht der übliche Verdächtige, wenn es darum geht, Judenhass anzuprangern. Das ist auch gut so. Aber leider ist er allzu oft der Einzige. Oder auch nur der Bevorzugte. Zu gerne wird vergessen, dass Neonazis nur eine Teilmenge der Judenhasser darstellen. Eine große, vielleicht die größte Teilmenge, aber die absichtlich weniger beachtete moslemische Teilmenge ist beträchtlich und zeigt ganz aktuell ihr hässliches Gesicht.

Leute, die in Deutschland leben

Zunächst noch ein Wort zum Charakter des rechtsextremen Judenhasses. Er ist genau das: dumpfer, unreflektierter Judenhass. Der Staat Israel spielt dabei keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Ja es gibt im Lager der Neonazis hier und da sogar eine Tendenz, die Wehrhaftigkeit der eigentlich gehassten Juden Israels zu bewundern.

Aktuell aber haben wir es mit dem arabisch-moslemischen Judenhass von Leuten zu tun, die in Deutschland leben. Wer von ihnen genau wie heftig hasst, lässt sich schwer sagen, weil eine exaktere Betrachtung dieses Phänomens leicht in den Verdacht politischer Unkorrektheit gerät und darum vermieden wird. Weshalb auch jüdische Organisationen in ihrer Kritik die moslemischen Hasser in normalen Zeiten deutlich weniger energisch ansprechen als die traditionellen und wohlfeilen Rechtsextremisten.

Der arabisch-moslemische Judenhass ist ein vergleichsweise neuer Import, aber er ist stetig gewachsen. Er hat – anders als der rechtsextreme – als Ziel und Kern den Staat Israel, überträgt die Abneigung gegen Israel aber mit voller Kraft auf Juden generell. In Deutschland zeigt sich das in Form von Attacken auf jüdische Bürger in unserem Land. Die Betroffenen leiden also unter einem Zangen-Angriff von Neonazis und Islamisten. 

Solidarität den Palästinensern endet im Antisemitismus

Was hat das mit der Zeitgeist-Linken zu tun, die in meinen Augen Scheinlinke sind? Also links redende und rechts-privilegiert lebende „Linke“? Es hat mit ihrer romantisierenden Parteinahme zugunsten der Palästinenser zu tun, die als Unterdrückte gelten und auf dieser Basis linke Solidarität verdienen. Die Solidarität mit den Palästinensern führt oft auf direktem Wege zu einem indirekten, gegen Juden gerichteten Antisemitismus.

In anderen Ländern, zum Beispiel in England, die nicht durch einen Holocaust belastet sind, ist diese Tendenz offener und weniger schamhaft. So musste sich die Labourpartei noch vor kurzem einer intensiven Seelenerforschung wegen eines immer offener zutage getretenem Antisemitismus unterziehen. Ein Ergebnis: Je linker die Labourleute, desto antisemitischer. 

Unser linker Antisemitismus ist nur bei einer linksextremen Minderheit gewalttätig. Siehe die Mitmacher bei der arabisch-moslemischen Randale. Der Antisemitismus des linken Mainstream ist schüchterner, stiller, dafür aber politisch wirksam. Warum ist er politisch so wirksam? Weil er auf zwei Beinen steht.

Jagdszenen in deutschen Städten

Zur Solidarität mit den Palästinensern gesellt sich eine scheinbare Weltoffenheit, die jede Kritik an unkontrollierter Einwanderung aus moslemischen Ländern als fremdenfeindlich abtut. Aus Angst, fremdenfeindlich zu erscheinen, gewährt die Lifestyle- und Party-Linke auch antidemokratischen und offen judenfeindlichen arabischen Judenhassern eine klammheimliche Narrenfreiheit. Klammheimlich, weil man lieber wegschaut, auch wenn man genau hinschauen müsste.

Weil dieser Zeitgeist stärker wirkt, als die meisten Regierungen des Bundes und der Länder es erscheinen lassen, ist die Wegschau-Kultur so dominant. Die Folgen dieser Wegschau-Kultur erleben wir nun auf deutschen Straßen. Die Polizei muss wieder mal die Drecksarbeit machen. Die Bekenntnisse der Solidarität mit den Juden unseres Landes wirken in diesen Tagen wie ein heuchlerisches Kontrastprogramm zu den Jagdszenen in deutschen Städten.

Die wichtige Frage, wer den neuerlichen Krieg in Nahost begonnen hat und wer hinter der Hamas steckt, spielt kaum eine Rolle. Das um Schreihälse geschlungene Palästinensertuch beherrscht die Szene. Und dass energische Parteinahmen für Israel in dieser Konstellation als irgendwie „rechts“ eingeordnet werden, passt in das verschobene und verschrobene Bild. 

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Hans-Peter Dollhopf / 17.05.2021

Herr Bonhorst, ich möchte Ihre Einschätzung bestreiten. Zunächst wiederhole ich, was Sie feststellen: (A) “Zum Charakter des rechtsextremen Judenhasses. Er ist genau das: dumpfer, unreflektierter Judenhass. Der Staat Israel spielt dabei keine oder nur eine untergeordnete Rolle.” (B) “Der arabisch-moslemische Judenhass ist ein vergleichsweise neuer Import, aber er ist stetig gewachsen. Er hat – anders als der rechtsextreme – als Ziel und Kern den Staat Israel, überträgt die Abneigung gegen Israel aber mit voller Kraft auf Juden generell.” Ich behaupte dagegen: Der Antisemitismus hat im 19. Jahrhundert von seinen Anhängern ein ideologisches Update erhalten, das die überlebte mittelalterliche Verlaufsform an die “modernen” bürgerlichen Verhältnisse anpasste. Diese europäische Neuerung verbreitete sich sehr schnell auch in der arabischen Welt. Beispiel etwa die Rezeption der “Protokolle der Weisen von Zion”. Der gleiche Antisemitismus schlüsselte sich dadurch auf, dass das nationalsozialistische Deutschland just in dem Moment zerschlagen wurde, als inmitten von Moslems der Staat Israel gegründet wurde. Der gleiche Antisemitismus erhielt darum unter den Moslems ab sofort ein zusätzliches Element. Der Hass auf Israel ist trotzdem nichts anderes als die Fortsetzung des europäischen Antisemitismus. Und unser postnazi-Außenamt passt sich doch mittlerweile erfolgreich (bis beispielsweise ins GI hinein) an den islamischen Antijudaismus an! Ebenso wie die woke hiesige Grün-Linke über Trittin und die Altvorderen bis zu Greta, FFF und Konsorten.

Emmanuel Precht / 17.05.2021

National Sozialisten, internationale Sozialisten, alles Sozialisten. Und Sozialisten mögen eben nur Herrn und Frau Stolperstein. Wohlan…

Richard Loewe / 17.05.2021

wie paßt Donald Trump in Ihr Bild, Herr Bonhorst? Ist er, der mit jüdischer Tochter und Enkelkind, nicht der in Wort und Tat judenfreundlichste Präsident aller Zeiten gewesen? Im übrigen Zustimmung: Wer glaubt, daß millionenfacher islamischer Hass in Deutschland vom Staat noch beherrscht werden wird, der muß mit dem Klammerbeutel gepudert sein. Der Staat läßt lieber Liese und Michel von zuhause abholen, wenn die GEZ nicht bezahlt wurde als Muhammad und Ahmed das Synagogenanzünden übel zu nehmen. Nicht einmal der Wille ist noch da, geschweige denn die Fähigkeit.

Reinmar von Bielau / 17.05.2021

Naja, vorerst sind es ja nur die Juden, die auf offener Straße gemobbt werden. Verdecktes Deutschen Mobbing in Schulen wird von links ja auch seit Jahren ignoriert. Sind eben selber Schuld die Juden und die doofen deutschen Kartoffeln ja sowieso. Und gegen Rechts kann man sich schließlich auch viel einfacher positionieren, als gegen die armen Migranten, die unsere Kultur bereichern. Da fällt es eben sehr leicht, wenn man den inhumanen Horror von Auschwitz als Anreiz angibt, warum man in die Politik eingestiegen ist. An den Morden an Ungläubigen und der Verfolgung von Homosexuellen in islamischen Ländern sieht man vorbei und schließt genauso die Augen vor den Übergriffen gegen schwule Paare in Hamburg St. Georg.

Rolf Mainz / 17.05.2021

Am Rande bemerkt: die grösste rechtsextreme Bewegung in Deutschland sind die türkischen oder türkischstämmigen sog. Grauen Wölfe (türkisch Bozkurtlar oder Bozkurtçular). Quellennachweis lt. Bundeszentrale für politische Bildung, also keineswegs ein Gerücht. Soviel zum “typischen Rechtsextremisten” im Lande, der gern mit deutscher Herkunft und “Neonazi” assoziiert wird.

Gerd Quallo / 17.05.2021

Einem Rechtsradikalen bin ich noch nicht begegnet, aber genug Leuten aus der bürgerlichen (nicht linken) Mitte, die sich ungeniert judenfeindlich äußern (das harmloseste Beispiel: “Das waren doch höchstens 3 Millionen Holocaust-Opfer…”). Eine liberale Lehrerin, mit der ich als Schüler nach der Lektüre von Kogons SS-Staat über dessen darin geschilderte Erfahrungen sprechen wollte, stellte Kogons Qualifikation und Lauterkeit in Frage. Und auch auf Achgut fällt die oft geringe Zahl an Kommentaren zu Artikeln mit Kritik an Antisemitismus auf. Deprimierend.

Frank Holdergrün / 17.05.2021

Dabei darf der im Keller der Linken / SPD hausende Antisemitimus nicht vergessen werden. Die um Schreihälse geschlungenen Palästinensertücher brüllen aus, was viele in der SPD genhaft fühlen. Ihre DNA hat Götz Aly in seinem Buch “Warum die Deutschen, warum die Juden” gut beschrieben. Setzen Sie sich einfach an einen beliebigen Stammtisch einer Orts-SPD und hören zu, was diese (oft studierten) Leute über Juden sagen. Ich habe darüber schon Freunde verloren.

Rainer Niersberger / 17.05.2021

Wir sollten drei andere Aspekte nicht ganz vergessen. Es gibt durchaus “rationale” Gruende, es sich mit den Vertretern des Islam gut zu stellen, die es allesamt bei Israel nicht gibt. Die Aehnlichkeiten der Ideologien des Islam und des Kommunismus, die auch darin wurzelnde gemeinsame Ablehnung des Kapitalismus, gerne mit Israel bzw. den Juden konnotiert, der klassische gemeinsame Feind, zudem gewisse wirtschaftliche Interessen verschiedenster Art, bekanntlich finanzieren die Oelstaaten auch hierzulande Einiges (mit) und sind immer noch Energieversorger und nicht zuletzt die Angst des Regimes vor der geballten Militanz der Herren aus dem nahen und mittleren Osten. Da wir inzwischen einige Mio davon in diesem Lande haben, empfiehlt es sich, mit diesem massiven Gefahrenpotential, dem hierzulande kein Kraut gewachsen waere, pfleglich umzugehen. Man koennte durchaus auch von einer gediegenen Unterwerfung sprechen.  Bekanntlich zeichnen sich diese Herren durch exzessive Gewalt aus und leider ist die Selbstberuhigung durch den Hinweis auf die vielen “friedlichen Muslime” wenig hilfreich. Diese friedlichen M. werden sich im Zweifelsfall bestenfalls passiv, realistisch betrachtet eher ideologisch verhalten, so wie sie es dauerhaft familiär schon praktizieren. Warum der Autor das politisch entscheidende Links - und Islamproblem(was Frankreich wohl erkannt hat) hier weglaesst oder vergisst, erschließt sich mir nicht. Oder vielleicht doch? Der edle Wilde oder die Opferstory ist sicher nicht das Motiv dieses Regimes, vielleicht das der gruenen Wohlstandsverwahrlosten mit Schuldneurosen und das bestimmter Damen.

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