Hamed Abdel-Samad, Gastautor / 30.12.2016 / 06:29 / Foto: Pethrus / 30 / Seite ausdrucken

Meine acht Fragen an Angela Merkel

Von Hamed Abdel-Samad.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
Sehr geehrter Herr Innenminister!

Die Schonzeit ist vorbei. Kalenderweisheiten und das ständige Warnen vor der AfD reichen nicht mehr aus, um den inneren Frieden im Lande zu bewahren. Natürlich dürfen wir uns von der Angst nicht lähmen lassen, und ja, wir dürfen der Logik der Terroristen nicht folgen. Aber was haben Sie als verantwortliche Politiker seit Paris, Brüssel und Nizza getan, damit die Logik und die Tragik des Terrors uns nicht treffen?

Als Bürger und als eine der meist gefährdeten Personen in Deutschland habe ich einige Fragen, auf die ich von Ihnen darauf klare Antworten erwarte:

1. Wie könnte ein vorbestrafter Islamist wie Amri, der von den Sicherheitsbehörden als Gefährder eingestuft und beobachtet wurde, sich in Deutschland so lange frei bewegen und seine Tat vorbereiten, ohne dass die Behörden einen blassen Schimmer von seinen Plänen hatten?

2. Wie viele Milliarden Euros werden eigentlich für die Überwachung gewaltbereiter Islamisten verwendet? Wie viele hoch bezahlte Terrorexperten und Gremien beraten die Bundesregierung? Wie viele Präventionsprojekte sind am Laufen? Und was nutzt das alles, wenn ein Terrorist wie Amri dadurch vor seiner Tat nicht gestoppt werden kann?

3. Was geschieht nun mit den 12 Moscheen, in denen Amri verkehrte und teilweise sogar als Imam aufgetreten war? Was geschieht mit anderen Predigern, die die gleiche Ideologie wie Amri im Namen der Glaubensfreiheit in deutschen Moscheen weiter verbreiten?

4. Wie viele Islamisten sind im Zuge der Grenzöffnung im September 2015 nach Deutschland eingereist? Wie viele von ihnen werden von der Polizei überwacht? Wie viele sind untergetaucht? 

5. Wie viele Straftaten (Körperverletzung, Diebstahl, sexuelle Belästigung, Vergewaltigung usw.) wurden von Menschen begangen, die als "Schutzsuchende" in den letzten 15 Monaten ins Land kamen? Wie viele von ihnen sitzen schon hinter Gittern und wie viele laufen noch frei herum? Und wer schützt uns vor ihnen, wenn das Gesetz und die Polizei überfordert sind? Was haben Sie konkret gemacht, damit Köln, Ansbach, Würzburg, Freiburg, Hamburg und Berlin sich nicht wiederholen, außer immer wieder zu betonen, dass es eine 100-prozentige Sicherheit nicht geben kann? 

6. Was ist aus den anderen friedlichen Flüchtlingen geworden? Wie viele von ihnen lernen bereits Deutsch? Wie viele machen eine Ausbildung? Wie viele haben einen Job? Wie viele von ihnen sind frustriert und stehen kurz vor der Radikalisierung? 

7. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Sie, Frau Bundeskanzlerin, gute Absichten hatten, als Sie die Grenzen letztes Jahr öffnen ließen. Aber gute Absichten schützen nicht vor der Verantwortung für das Versagen. Wann übernehmen Sie endlich die Verantwortung? Wann ziehen Sie die Konsequenzen? Warum glauben Sie und warum glauben so viele in diesem Land, dass Sie alternativlos sind? Was ist so besonders an Ihnen? Sie gestalten nicht, sondern managen nur die Probleme, die Sie mitgeschaffen haben. Sie haben keine Visionen, außer dem Wunsch, der deutsche Gorbatschow zu werden, mit aller Tragik, die dazu gehört! 

Als Sie, Frau Merkel, gesagt haben "Wir schaffen das", habe ich von ihnen einen Plan erwartet, der meine Fragen im Voraus hätte beantworten können. Da sich Ihre Aussage aber als eine leere Formel herausstellte, erwarte ich von Ihnen jetzt, dass Sie das Problem endlich benennen und Ihren Plan offenlegen, wie Sie das Problem lösen wollen.

Und ja, bevor ich es vergesse, noch eine Frage:

8. Glauben Sie immer noch, dass der Islam ein Teil von Deutschland ist?

Frohes Neues Jahr. Wir sehen uns 2017!

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Leserpost

netiquette:

Marc Blenk / 31.12.2016

Danke Herr Abdel-Samad, wer hat schon vor zehn Jahren vorrausgesehen, dass bei einer Silvesterparty am Brandenburgertor wieder Panzer dabei sein würden?  Wir sollen uns an den ganz normalen Horror gewöhnen. Schrittweise. Und überhaupt, gäbe es ja keine absolute Sicherheit… Gestern kam auf den Teletextseiten von ARD und ZDF der Hinweis, dass die Behörden in NRW und Berlin im Vorfeld des Verbrechens über den Attentäter quasi alles wussten, was Institutionen überhaupt über jemanden wissen können. Es wurde tatsächlich ein Totalversagen der Behörden und der Politik konstatiert. Ich war überrascht, solches im Teletextbereich öffentlich rechtlicher Sender lesen zu bekommen.  Ich hätte es mit der Handykamera photographieren müssen, denn 2 Stunden spöter war die Notiz auf beiden Kanälen gelöscht. Wünsche allen ein glückliches und aufgeweckteres Jahr 2017.

Thomas Dornheck / 31.12.2016

Das sind genau die richtigen Fragen. Diese Fragen müssen gestellt werden von jedem Bürger, der in Deutschland lebt. Kurz zusammengefaßt: Frau Merkel, was haben sie getan und was werden sie tun?? Wie wird wohl die Antwort ausfallen?

Erich Schmidt / 31.12.2016

Ich habe auch noch zwei: Frau Bundeskanzlerin, 1. warum nennen Sie die Deutschen nicht mehr Deutsche, sondern “die, die schon länger hier leben”? 2. warum haben Sie angesichts Ihres Wahlsieges 2013, als einer Ihrer Parteifreunde im Gefühlsüberschwang die Deutschlandfahne schwenkte, diesem dieselbe entrissen und warum hat der Trottel sich das gefallen lassen?

Andreas Stadler / 31.12.2016

Noch eine Frage als Ergänzung: “Frau Merkel, was ist es, was Sie meinen diesem Lande noch geben zu können und warum glauben Sie es ab 2017 nach Ihrer Wiederwahl geben zu können, was Sie bis jetzt nicht konnten.”

Jürgen Hagen / 30.12.2016

Ich habe höchste Achtung vor Ihnen, weil Sie sich als Moslem so klar positionieren und sich vermutlich vielen Anfeindungen und Gefahren durch Islamisten aussetzen! Für diesen Mut möchte ich mich ausdrücklich bei Ihnen bedanken!

Johann Seel / 30.12.2016

Ich freue mich jedes Mal, dass es noch Menschen gibt die das niederschreiben was andere Denken aber sich nicht trauen es offen aus zu sprechen. Diese 8 gestellten Fragen sind solide aber treffend gestellt nur eines sollte der Verfasser wissen eine Antwort wird er nicht erhalten. Wie in allem windet sich Frau Dr. Merkel aus allem heraus mit umgedrehten Reden oder mit Schuldzuweisungen dritter. Die ganze Politik weist keinen Weg aus diesem praktizierten Irrsinn, Krieg ist bitter und im warsten Sinne des Wortes zerstörend für Mensch und Land, jedem Flüchtling sollte man die Hände reichen das ist Menschenpflicht und die Menschen haben dieses Bewiesen in Deutschland u. Europa, belohnt wurden sie mit Terror und Hassprediger in Moscheen.  Unsere Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet, war sie es eigentlich schon einmal?  Für mich steht fest der Islam gehört nicht zu uns und Europa.

Hans Jürgen Haubt / 30.12.2016

Zweifellos wichtige Fragen, die Herr Samad stellt. Ich schätze ihn als Buchautor, Verfasser von Artikeln und als Redner und Diskutant. Mit diesem Fragenkatalog wäre ein Leserbrief bei mehreren Nachrichtenmedien nicht durchgegangen Man kann in Leserkommentaren unsere Kanzlerin und Bundesregierung alles mögliche nennen und diese zum sofortigen Rücktritt auffordern. Nur etwas geht nicht: Nämlich daran erinnern, dass das Offenhalten der Grenzen und die unbegrenzte Zuwanderung die Probleme geschaffen hat, mit denen wir gegenwärtig zu kämpfen haben; dass aus ideologischen, wirtschaftlichen und caritativen Gefühlen und Gedanken heraus ein für alternativlos gehaltener Weg eingeschlagen wurde, dessen Konsequenzen nicht ausreichend bedacht wurden und der zudem so gut wie nicht vorbereitet gewesen war. Es fehlte eine ausreiche Infrastruktur, Personal- und Sachausstattung der Sicherheitsbehörden und der zuständigen Ämter vor einer so weitreichenden Entscheidung wie Ende August/Anfang September 2015, obwohl Meldungen über eine Flüchtlingswelle schon Monate zuvor bei Regierungsstellen eingingen. Hinzu kommt der von Herrn Samad beklagte blauäuige Umgang der Regierung mit dem Islam bzw. den islam. Verbänden. Wer wie die Ministerin für Integration und…, Frau Özoguz, Grundgesetz mit den persönlichen Grund- und Freiheitsrechten mit der Scharia des Islam, bei der die Grundrechte unter deren Vorbehalt stehen, hat vom Wesen eines demokratischen Rechtsstaats nichts verstanden.

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