Robert von Loewenstern / 20.08.2018 / 15:00 / Foto: Pixabay / 55 / Seite ausdrucken

Mein Name ist Tagesschau, ich weiß von nichts

Dr. Kai Gniffke, Erster Chefredakteur von ARD-aktuell, sah sich am Samstag zu einer Rechtfertigung veranlasst. Wieder einmal. Henryk M. Broder wies hier bereits gestern darauf hin.

Diesmal ging es um den Fall eines somalischen Asylbewerbers, der letzten Donnerstag im baden-württembergischen Offenburg aus bisher ungeklärtem Motiv mit einem Messer einen 51-jährigen Hausarzt tötete und eine Praxishelferin verletzte. Das ARD-Nachrichtenteam hielt die Bluttat in der süddeutschen Provinz nicht für berichtenswert. Zuschauer waren gegenteiliger Ansicht, und so erreichten Herrn Gniffke „auf verschiedenen Wegen Publikumsreaktionen“.

Diese Reaktionen waren offenbar so zahlreich und heftig, dass der oberste ARD-Nachrichtenwächter zwei Tage später reagieren musste und auf dem „Tagesschau“-Blog Stellung bezog. Gniffkes Erklärung der Nichtberichterstattung war einfühlsam, wohlformuliert, angemessen und überzeugend, außerdem sachlich, neutral, abgewogen und nachvollziehbar. Das fand zumindest eine geschätzt knappe Mehrheit der 145 Leserkommentare unter seinem Blogeintrag. Andere, die von der ARD durchgelassen wurden, bevor die Kommentarfunktion hurtig geschlossen wurde, sahen das anders. 

Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob und wie, in welchem Umfang und in welchem Medium oder Format ein Kapitalverbrechen berichtenswert oder gar -pflichtig ist. Dass die „New York Times“ online eine kurze Notiz über den Offenburger Arztmord brachte, ist bei der Beurteilung wenig hilfreich. Denn Online ist unendlich, die „Tagesschau“ ist begrenzt. 15 Minuten, 1.500 gesprochene Wörter – so ungefähr ist die Regel. Das ist viel weniger, als man denkt. Die „Tagesschau“-Macher müssen täglich auswählen, gewichten, zurückstellen, hervorheben, weglassen. Keine einfache Aufgabe. 

Die grundsätzliche Frage, ob ein Baum ein Baum ist

Welches Ereignis wie präsentiert wird (oder nicht), hängt beileibe nicht nur von der „Newsworthyness“ der einzelnen Meldung ab, sondern von einer Vielzahl weiterer Faktoren. Gesamtnachrichtenlage, Zeitdruck, technische Schwierigkeiten, bei TV-Berichterstattung nicht zuletzt das profane Problem der Bildverfügbarkeit. Und über all dem lungert die grundsätzliche Frage, ob ein Baum ein Baum ist. Ist der Baum ein „Einzelfall“, oder ist er als stellvertretender, beispielhafter Teil einer Baumgesamtheit „Wald“ zu verstehen und zu vermitteln?

Mit solcherlei tiefgehenden Überlegungen müssen wir uns gottseidank an dieser Stelle nicht weiter beschäftigen, denn der Nachrichtendoktor Gniffke hat in seiner Offenburger Erklärung klare und eindeutige Regeln für die Publikation von Tötungsdelikten mitgeteilt: 

„Wir berichten in der Tagesschau über Dinge von gesellschaftlicher, nationaler oder internationaler Relevanz. Dinge, die für die Mehrzahl der rund 83 Millionen Deutschen von Bedeutung sind. Dabei können wir nicht über jeden Mordfall berichten. Ich glaube, da würde wohl auch die Mehrzahl unserer Kritiker noch mitgehen.“ 

So weit in Ordnung. Wir gehen mit.

„Wo die Meinungen auseinander gehen, ist die Frage, ob wir darüber berichten sollten, wenn es sich beim Tatverdächtigen um einen Asylbewerber handelt. Aus meiner Sicht sollten wir das dann tun, wenn Asylbewerber überproportional an Tötungsdelikten beteiligt wären.“ 

Kann man so sehen. Manche, die meinen, die „Tagesschau“ hätte berichten müssen, wie zum Beispiel der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, halten das zwar für ein „seltsames Argument“. Aber nehmen wir es, wie es ist. Es kommt schließlich von berufener Stelle.

Gniffke weiter: 

„Das ist, soweit wir es recherchieren können, nicht der Fall. Deshalb haben wir uns gegen die Berichterstattung entschieden.“ 

Ach so. Die rund 300 Mitarbeiter von ARD-aktuell sind nicht dazu in der Lage, frei verfügbare Daten zur Migrantenkriminalität zu googeln. Macht nichts, wir helfen gern.

Baden-Württemberg: siebenfach überproportional

Werfen wir zunächst einen Blick nach Baden-Württemberg, wo das beschauliche Offenburg liegt. Bei Veröffentlichung der Kriminalstatistik 2017 für das Bundesland erklärte das Innenministerium zur „Kriminalität im Kontext der Zuwanderung“ über die Tätergruppe „Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Flüchtlinge“: „Der Anteil an den Gesamttatverdächtigen liegt damit bei rund zehn Prozent – und damit erneut deutlich über ihrem Bevölkerungsanteil von zwei Prozent in Baden-Württemberg.“ Asylzuwanderer waren 2017 in Baden-Württemberg also insgesamt etwa fünfmal so häufig kriminell wie die Gesamtbevölkerung (ausländerrechtliche Verstöße sind herausgerechnet).

Im „Sicherheitsbericht 2017“ wird das Ministerium detaillierter. Dort heißt es auf Seite 22 einleitend: „Nichtdeutsche Tatverdächtige begingen mehr als die Hälfte aller Totschlagsdelikte, weit mehr als ein Drittel davon sind Asylbewerberinnen und Asylbewerber oder Flüchtlinge.“ Die Gesamtzahlen zu „Straftaten gegen das Leben“ (Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen und fahrlässige Tötung) finden sich auf Seite 24. Danach begingen im Jahr 2017 in Baden-Württemberg 463 Tatverdächtige Straftaten gegen das Leben. Davon waren 194 „nichtdeutsch“ (42 Prozent), 65 Tatverdächtige (14 Prozent) gehörten zur Gruppe „Asylbewerber/Flüchtlinge“. In dieser Gruppe fanden sich also bei einem Bevölkerungsanteil von zwei Prozent rund 14 Prozent aller Straftäter gegen das Leben. 

Anders gesagt: Proportional gab es unter Asylbewerbern und Flüchtlingen 2017 siebenmal so viele Mörder und Totschläger wie in der baden-württembergischen Gesamtbevölkerung.

In Gesamtdeutschland ist die Lage wie in Baden-Württemberg. Das im Mai 2018 veröffentlichte „Bundeslagebild Kriminalität im Kontext von Zuwanderung 2017“ des Bundeskriminalamtes bezieht – anders als in den Vorjahren – „nunmehr auch Tatverdächtige mit positiv abgeschlossenem Asylverfahren“ in die Betrachtung ein, ist also bei der Zusammensetzung der Tätergruppen mit Baden-Württemberg vergleichbar. Das BKA führt die Personen mit dem Aufenthaltsstatus „Asylbewerber“, „International/national Schutzberechtigte und Asylberechtigte“, „Duldung“, „Kontingentflüchtling“ oder „unerlaubter Aufenthalt“ der Einfachheit halber unter dem Sammelbegriff „Zuwanderer“.

2017 waren laut BKA-„Bundeslagebild“ 30,5 Prozent aller ermittelten Tatverdächtigen Nichtdeutsche, 8,5 Prozent waren Zuwanderer (S. 9). Bei Straftaten gegen das Leben sieht es noch übler aus: Hier betrug der Anteil an tatverdächtigen Zuwanderern 14,3 Prozent (S. 23).

Bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 82,7 Mio. und einem Zuwandereranteil von rund zwei Prozent wiesen schutzbegehrende Zuwanderer 2017 gegenüber der Gesamtbevölkerung bundesweit also einen gut viermal so hohen Anteil an Tatverdächtigen bei allen Straften auf und einen etwa siebenmal so hohen Anteil bei Straftaten gegen das Leben.

Gniffke beim Wort genommen

Auch diverse andere Untersuchungen und Statistiken zeigen einen deutlich überproportionalen Anteil an Gewalttaten von Zuwanderern, zum Beispiel eine vom Kriminalwissenschaftler Christian Pfeiffer geleitete Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Dazu die „WeLT“: 

„Den Autoren zufolge ist die seit 2014 eingetretene Zunahme der aufgeklärten Fälle von Gewalt zu 92,1 Prozent der Gruppe der Flüchtlinge zuzurechnen. […] All diese von den Autoren als „Flüchtlinge“ bezeichneten Zuwanderer über das Asylsystem waren 2016 für mehr als jede achte aufgeklärte Gewalttat in Niedersachsen verantwortlich (13,3 Prozent). Ihr Bevölkerungsanteil dürfte allerdings nur bei etwas über einem Prozent liegen. Die Kriminalität durch Deutsche geht indes seit vielen Jahren zurück. Damit fallen die Zuwanderer deutlich häufiger als Verdächtige bei einer Gewalttat auf, als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht.“

Wo immer man gräbt, die Fakten sind stets dieselben: „Schutzsuchende“ begehen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung in zahlreichen Kriminalitätsbereichen weit überproportional strafbare Handlungen. Ganz besonders überproportional sind sie ausgerechnet auf dem vom „Tagesschau“-Chef zum Knackpunkt erhobenen Feld der Tötungsdelikte tätig. Und weil wir dem ehrenwerten Nachrichtenmann aufs Wort glauben, wenn er bekundet, man solle dann berichten „wenn Asylbewerber überproportional an Tötungsdelikten beteiligt“ sind, freuen wir uns auf die künftige ausführliche Berichterstattung zur Migrantenkriminalität bei ARD-aktuell, von „Tagesschau“ über „Tagesthemen“ bis „Nachtjournal“.

PS, wg. Recherche: Nichts zu danken, Dr. Gniffke, gern geschehen.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Dietrich Herrmann / 20.08.2018

Mir geht schon der Hut hoch, wenn es in diesen sogenannten Nachrichtensendungen heißt: “Ein Mann hat…......”  Da weiß man, jetzt kommt wieder eine Halbwahrheit aus Feigheit.

Siegmar Sulzer / 20.08.2018

Die armen Tagesschau-Redaktuere sind mit Trump-Bashing beschaeftigt. Egal was Trump macht, die Tagesschauredaktuere sind wie die alten Weiber hier bei uns in Osteuropa abens auf der Holzbank vor dem Haus!...jeder wird von denen ausgelaestert. Und ja, liebes AchGut-Team, mit ihren Kriminalitaetsstatistik kann der Herrn Dr. Gniffke so viel anfangen wie der Betrunkene mit der Strassenlaterne. Es dient ihm zum festhalten, aber nicht der Erleuchtung.

Georg B. Mrozek / 20.08.2018

Rein theoretisch, sollte jemand Kai Gniffke abstechen (man darf es mit diesen Worten bezeichnen, weil es nämlich so ist), hätte das dann “nationale Relevanz”? Es wäre wochenlang lang das Hauptthema aller Medien. Journalistinnen und Journalisten sind halt wertvoll, Kai Gniffke ist gar einzigartig, ein Arzt, der Menschen hilft, scheint diesen einzigartigen Wert nicht zu besitzen.

Ralf Ehrhardt / 20.08.2018

Da kann der ´ehrenwerte` Herr Gniffke seinen hochtrabenden Worten heute ja sofort Taten folgen lassen zu der Messerattacke in Düsseldorf, wo ein Mensch,  “Iraner”,  eine deutsche Frau erstochen hat. Aber wahrscheinlich wird der Ausnahmekatalog für Nichtberichterstattung jetzt flugs wieder erweitert um “...es war lokal, ...es war eine Beziehungstat und ...der “Mensch” stand unter enormen psychischen Druck, ...der “Mensch” stand unter Drogen oder er war alkoholisiert, ...etc., etc. Da waren im Fall eines durchgeknallten deutschen Arbeitslosen nach einer Messerattacke (kleiner Schnitt am Hals !) auf den Bürgermeister von Altena (Sauerland) vor einigen Monaten die Verhältnisse doch ganz andere:  das hatte riesengroße Bedeutung, da wurde tage- und sogar wochenlang berichtet, da wurden sogar Sondersendungen bei Meischberger zur Verrohung der Gesellschaft ins Leben gerufen, da wurde -wenn auch vergebens- mit aller Gewalt versucht, eine Verbindung des Täters ins sog. rechte Milieu herzustellen. Jetzt ist die rasierklingengroße Verletzung am Hals des Bürgermeisters aber wohl abgeheilt,  obwohl er -wie neulich in einem Fernsehbericht zu sehen- er aber noch immer psychisch unter dem Vorkommnis leidet.  Gut also, dass die verletzte Mitarbeiterin und die Familie (insbesondere das anwesende Kind) des nun toten Arztes aus Offenburg psychisch so gefestigt sind, dass die keine oder wenig Schäden davontragen werden. Alles kein Vergleich zum Bürgermeister von Altena (!) Also:  schaun wir heute abend mal was Herr Gniffke sich hat einfallen lassen (!)

Rainer Küper / 20.08.2018

Nach jeder Sendung der Tagesmärchen des Ersten Deutschen Fakesehens müsste die ARD mit Beschwerden überhäuft werden. Vielleicht begreifen die Aufpasser der Staatsfunker dann doch irgendwann, dass etwas schiefläuft in den Fernsehredaktionen.

P. Wedder / 20.08.2018

Darf ich meine GEZ-Gebühren zurückverlangen? Vielleicht wegen selbst eingeräumter Unfähigkeit? Oder wegen nicht erbrachter Leistung? Eventuell, bösartig gedacht, wegen Betruges?

Günter Springer / 20.08.2018

Es wird immer dringender die Zwangsgebühr zu hinterfragen, insofern ob sie weiter zahlungspflichtig ist. Sieht man sich die Programme an, kommt man schnell zu der Meinung, das der Ramsch eine Zahlung von Gebühren nicht rechtfertigt.

Frank Müller / 20.08.2018

An diesem Beispiel wird weiter nachgewiesen: Gniffke bei der ARD hat die Aufgabe Stimmungen pro Merkel zu erzeigen, bzw Stimmungen gegen Merkel zu vermeiden. Leider gibt es zu Viele, die auf Gniffke und seine Mitarbeiter reinfallen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Robert von Loewenstern / 10.03.2024 / 10:00 / 59

Melden ist geil!

Gut, dass es eine Zivilgesellschaft gibt, die mit Meldeportalen Ungeheuerliches aufzeigt – etwa eine antifeministische, rassistische und NS-verharmlosende Lesung zweier bekannter Publizisten und Achgut-Autoren. Als…/ mehr

Robert von Loewenstern / 19.02.2024 / 06:00 / 193

Der beste Mann der AfD

Erfahren Sie, warum ARD und ZDF zunehmend hysterischer die „rechte Gefahr“ beschwören und ein Untergangsszenario nach dem anderen produzieren. Und wer der treueste Freund und…/ mehr

Robert von Loewenstern / 23.11.2023 / 06:00 / 110

Ein Herz für Mörder

Seit den Hamas-Bestialitäten vom 7. Oktober entdeckten die Leitmedien den „linken Antisemitismus“ für sich. Aber woher kommt der eigentlich? Und welche zwei entscheidenden Fehler unterliefen…/ mehr

Robert von Loewenstern / 13.09.2023 / 06:00 / 190

Liebe FDP, das war’s dann wohl

Die FDP trat in die Ampelkoalition mit dem unausgesprochenen Versprechen gegenüber ihren Wählern ein, das Schlimmste zu verhindern. Hat sie auch – und dann doch…/ mehr

Robert von Loewenstern / 29.08.2023 / 06:00 / 60

Die AfD wirkt

Am vergangenen Sonntag stand die nächste Kür eines AfD-Mannes für ein kommunales Amt an. Achgut-Wahlbeobachter wagten sich in den braunen Sumpf – und gewannen überraschende…/ mehr

Robert von Loewenstern / 26.06.2023 / 06:00 / 101

Liebe Grüne, toll, dass ihr regiert!

Bei den Grünen läuft es nicht rund. Ihr strahlender Held strauchelt, in Umfragen geht es abwärts. Dabei ist es so wichtig für das Land, dass…/ mehr

Robert von Loewenstern / 14.06.2023 / 06:00 / 119

Liebe Grüne, was verheimlicht ihr?

Die Grünen wollen die nationale Energiewende anführen und versagen bei der Wärmepumpe im eigenen Haus – so die schlichte Medienerzählung. Achgut investigativ schaute genauer hin.…/ mehr

Robert von Loewenstern / 05.06.2023 / 06:00 / 123

Henryk! Verzeih mir!

Henryk Broder bat die Deutschen um Vergebung, weil er nicht so ein Musterjude ist wie WDR-Spitzenjournalist Lorenz Beckhardt. Unser Autor hofft, Henryk möge ihm nachsehen,…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com