Wolfgang Meins / 15.04.2020 / 15:00 / Foto: Büro Dr. Gerd Müller / 21 / Seite ausdrucken

Mein Name ist Müller und ich weiß von nichts

Die Welt überrascht ihre Leser täglich mit einem Gastkommentar. Kürzlich durfte der immer schon ein bisschen hyperaktiv und großspurig agierende Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, ran – dieses Mal hart am Rande zur wahnhaften Selbstüberschätzung: „Corona besiegen wir nur weltweit – oder gar nicht“, lautet der schmissige Titel.

Politikern vom Schlage eines Müller bekommt es gar nicht gut, dass die deutschen Leitmedien den hier Herrschenden schon seit geraumer Zeit weitgehende Narrenfreiheit gewähren, solange nicht gegen Essentials des gemeinsamen linksgrünen Weltbildes verstoßen wird. Fehler solcher Art zu vermeiden, gelingt dem Minister durchaus. Aber dann breiten sich seine hochtrabenden, oft jeder rationalen Grundlage entbehrenden Gedanken meist umso ungehemmter aus.

Überraschung: Im globalen Dorf geht es ungleich zu

Das führt zu solchen Ergebnissen wie dem Kommentar in der Welt. Der darin erkennbare rote Faden lautet wie folgt: CoViD-19 beträfe die ganze Welt, die mittlerweile ein „globales Dorf“ geworden sei. Leider seien die Voraussetzungen, dieser Pandemie zu begegnen, weltweit nicht gleich verteilt – ob es sich nun um die Anzahl der Intensivbetten handele oder die Wasserversorgung in Flüchtlingslagern und Slums und damit die Voraussetzungen zur Händehygiene. Wenn aber – so die unverhohlene Drohung – das Virus in den armen Ländern nicht wirksam bekämpft werden könne, „wird es in Wellen immer wieder zu uns nach Europa zurückkehren“. Das allerdings ist schlicht Unsinn.

Denn das Corona-Virus wird sich in den ärmeren Ländern wesentlich rascher ausbreiten, als in den meisten westlichen Ländern, gerade wegen der oft beengten Lebensverhältnisse mit ungenügenden hygienischen Verhältnissen, den größtenteils desolaten Gesundheitssystemen und der weitgehenden Unmöglichkeit, mal eben einen Lockdown durchzuführen oder größere Teile der Bevölkerung wirkungsvoll zu isolieren. Hat also das Virus etwa in Subsahara-Afrika erst einmal Fuß gefasst, was ja bereits der Fall ist, wird es sich dort rasch verbreiten, bis Herdenimmunität eingetreten ist. Denkbar sind allenfalls vorübergehende Abschwächungen der Ausbreitungsgeschwindigkeit durch natürliche geographische Barrieren und eventuell auch saisonale Einflüsse.

Aber selbst wenn in bestimmten Regionen Afrikas das Virus überdauern und noch aktiv sein sollte, wäre das für Deutschland nur so lange von Bedeutung, bis sich hier eine zahlenmäßig relevante Immunität bei der Bevölkerung ausgebreitet hat. Sobald das der Fall ist, kann das Virus auch nicht mehr „in Wellen“ zu uns überschwappen. Zusätzlich gilt es dabei zu berücksichtigen, dass zwischen den meisten afrikanischen Ländern und Deutschland nicht gerade ein besonders reger Reiseverkehr besteht, der zudem ohne größere wirtschaftliche Auswirkungen auch rasch vorübergehend unterbunden werden könnte, wenn man es denn will.

Im Gegensatz zu den Müllerschen Prognosen wird es der deutschen Bevölkerung also recht bald aus infektionsepidemiologischen – nicht unbedingt auch aus moralischen – Erwägungen ziemlich egal sein können, ob es in irgendeinem Slum von Afrika zu einem erneuten CoViD-19 Ausbruch gekommen ist. Das von Minister Müller entworfene Bedrohungsszenario ist folglich keines, sondern nur ein Popanz, ausgeschmückt mit weiteren düsteren Perspektiven für Afrika: „Chaos bis hin zum Bürgerkrieg und Flüchtlingswellen“, alles natürlich ohne genauere Begründung.

Auch ein Minister braucht Ziele

Was sind des Ministers Ziele? Mehr Geld, mehr Entwicklungshilfeprojekte, neue Institutionen: Die EU soll ihren angekündigten Marshallplan auf Afrika ausweiten, Hygienestandards und Gesundheitssysteme sollen gestärkt und zusätzliche Lebensmittellager und Verteilungsprogramme installiert werden, alles koordiniert durch einen neu zu schaffenden UN-Weltkrisenstab. Diese Weltgesundheitsregierung soll dann offensichtlich endlich das schaffen, was mehrere Jahrzehnte Entwicklungshilfe samt dem damit verbundenen Verbrennen von Unsummen an Geld nicht vermocht haben. Aber bevor dieser Krisenstab auch nur einen zusätzlichen Wasserhahn in einem afrikanischen Slum hat installieren lassen, wird CoViD-19 dort längst verschwunden sein. 

Wie wäre es, wenn Minister Müller zur Abwechslung einmal zunächst die zuvorderst für die Verhältnisse verantwortlichen afrikanischen politischen und – nicht immer klar davon zu trennen – wirtschaftlichen Eliten in die Pflicht nehmen würde, um auf dieser Grundlage dann gegebenenfalls punktuelle Unterstützung anzubieten. Dann könnte der deutsche Zuschauer vielleicht irgendwann in einem TV-Bericht über irgendeine Katastrophe in Afrika endlich einmal den dafür eigentlich zuständigen Landes- oder Regionalminister hören und sehen. Und nicht immer nur Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen.

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Leserpost

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Karl Kaiser / 15.04.2020

Wir haben einen Entwicklungshilfeminister, und der heißt Müller. Na sowas.

Florian Bode / 15.04.2020

Die Primärkompetenz des Dr. Müller dürfte daraus bestehen, sich elegant zwischen der CSU und dem Merkelblock hin und her und hindurchschlängeln zu können. Und natürlich bei den gewogenen Medien hin und wieder ein genehmes Statement rauszuhauen.

Alex Micham / 15.04.2020

Bevölkerungszentren Afrikas bestehen zur großen Mehrheit aus Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die von Korona kaum etwas mitkriegen würden. Herr Müller sieht nichtmal über den Tellerrand des deutschen Altersheims hinaus und glaubt sich zu globalistischem Geschwafel befähigt.

Detlef Jung / 15.04.2020

Lieber Herr Meins, klasse, die Müll(er)Abfuhr war schon länger fällig. Danke, dass Sie selbst übernommen haben. Des CSU-Mannsbild hat seine Aubildung sicher im Ramsauer-Ministerium absolviert und die Tage vom allmechts-Söder an Schdubsa abkriecht. Desdawechen redds der so an Schtuss doheer. Ob der den Kommentar in der “Welt” selber verfasst hat oder nur seinen Eumel darunter markiert hat, sei dahingestellt. Aber so weiß halt glei a jeda, wer die Daschn affgemachd hod fir dan Komeerod, des der des schreim dud. Also ganz auf Linie mit der CSU-Mode. Und reiner Proporznutzer des politischen Systems. Es wird Zeit, dass der Bürger sich auch bei Wahlen an solche “Lichtgestalten” erinnert. Aber ja, ich weiß - die Realität sah bisher anders aus. @Sabine Lotus : Popcorn, ja gern - aber erstmal werf ich´s in meinen Schlund. Nach Filmende kann schenk ich als Neo maskiert die Reste an XR, dem selbstverreckten Keimling des OneWorld-MentalPrekariats. Ich muss mir schließlich meine Kernkompetenz des Kotzens erhalten. Die wird in den nächsten Monaten gebraucht. Das ist ist nachhaltige Rachenhygiene.

Karl-Heinz Vonderstein / 15.04.2020

Bricht nicht Ebola schon mal in Teilen von Afrika aus?Und, juckt es uns oder bedroht es uns gar?

Andreas Bitz / 15.04.2020

Ich bin für Selbsthilfe statt für Finanzmittel, welche bei Autokraten ankommen statt beim Volk. Ausgerechnet ein CSU-Minister redet linksgrünen Utopien das Wort. Drehen wir mal die Sicht: Solche Corona-Hilfen sind kolonialistische, missionarische Ansätze alter weißer Männer.

R. Schäfer / 15.04.2020

Sehen Sie es ihm nach. Ich und viele andere kannten ihn bis vor 3 Minuten nicht mal. Und er ist CSU Mitglied. Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist er auch. Da hat er ja Riesenverantwortung, das müssen wir doch wissen! Auch für Flucht und Tuberkulose. Angie braucht immer europäische Lösungen und er welche für die Welt. Sonst kann er nicht arbeiten und hat zugleich einen Grund für fehlende Ergebnisse.

Wilfried Cremer / 15.04.2020

Sie könnten Recht haben, Müller könnte Recht haben. Nicht das Virus, sondern die globale Sehnsucht nach einer Weltagenda bestimmt die Agenda oder Strategien in der Sache.

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