Roger Letsch / 06.11.2020 / 11:00 / Foto: MTVUKofficial / 78 / Seite ausdrucken

Mein Name ist Bond, Jane Bond

Der Wechsel ist längt vollzogen, und nur dank Corona und verschobener Filmpremiere von „Keine Zeit zu sterben“ weiß das Publikum noch nichts davon: James Bond ist im Ruhestand und der, Quatsch: DIE neue 007 ist Lashana Lynch, eine britische Schauspielerin mit dunkler Hautfarbe. Der doppelte Hauptgewinn, denn sie hat zwei Makel all ihrer Vorgänger als 007 nicht: sie ist nicht weiß und sie ist kein Mann. Halleluja! Die Welt ist nun ein kleines bisschen besser geworden!

Frauen als Geheimagenten oder Superhelden? Klar, warum denn nicht? Hautfarbe? Ist mir ehrlich gesagt auch wurscht. Gibt’s ja auch alles längst und reichlich. Darsteller sollten aber in die Anzüge passen, die sie erben – oder noch besser: eigene Klamotten tragen. Filmemacher verwenden für Erb-Heldinnen jedoch dieselben Schablonen wie für die abgelehnte Helden ausgelaufener – weil männlicher – Rollen-Modelljahre und landen damit zu ihrer eigenen großen Überraschung Flops wie „Ghostbusters“ aus 2016. Wir lernen – und die Lektion gefällt nicht allen: Um ernst genommen zu werden, müssen sich Frauen in Filmen so schlecht, asozial, rücksichtslos oder brutal benehmen wie früher die Männer – Angewohnheiten, die man dem handelsüblichen evolutionär zurückgebliebenen Dreibein heute nicht mal mehr dann durchgehen lassen würde, wenn er gerade die gesamte Schüler- und Lehrerschaft der Grundschule Hintertupfingen aus der brennenden Schule gerettet hätte.

Und so wird sich Jane Bond 007 wohl auf dieselbe Art durchs Leben spionieren, rasen, prügeln und schießen wie ihre männlichen Vorgänger, denn das muss sie ja! Man ändert in Serien mit erwartbarem (und von den Fans erwartetem) Plot wie „James Bond“ nichts am Klischee, sondern tauscht die Darsteller aus und hofft, das Publikum würde das genauso treu-klaglos mitmachen wie den Wechsel von Pierce Brosnan zu Daniel Craig. 

Lange Halme auf einer einheitlich kurz gemähten Wiese

Kennt jemand das Paradox der Frage nach der „echten” Argo, jenem legendären Schiff, auf dem Jason und die Argonauten ihre Reise zum goldenen Vlies nach Kolchis antraten? Die Sage berichtet, dass auf der Fahrt immer wieder Teile des Schiffes ersetzt werden mussten und ein gewitzter Mann diese Teile aufkaufte, um daraus ein identisches Schiff zu bauen. Nachdem alle Teile der Argo einmal ausgetauscht waren, gab es also zwei Argos. Es stellt sich nun die Frage, welches von beiden das echte Schiff, die echte Argo sei. So wie ich das verstehe, ist es klar dasjenige, auf dem die Argonauten unterwegs sind – und auf Ian Flemings Argo „James Bond” ist gerade Jason von Bord gejagt worden.

Konsequenter wäre es, man ließe das Franchise einfach sterben und machte mit Lashana Lynch was ganz neues, anderes, eigenes, vielleicht besseres. Denn Typen wie James Bond werden ja in unserer heldenlosen Zeit ohnehin nicht mehr gebracht und verachtet, weil sie wie lange Halme aus einer einheitlich kurz gemähten Wiese ragen. Und wo es keine Helden mehr gibt, fallen die Antihelden, die Versager, die Mutlosen, die Drückeberger, die Systemlinge, Mitläufer und Feiglinge nicht mehr so sehr auf. Bonds Wagemut heißt heute Leichtsinn, seine Stärken gelten als Machogehabe, seine Schwächen als Sexismus und Unterdrückung kennt er nur, wenn er in ein paar Szenen vom Erzfeind gefoltert wird. Weiße Privilegien allesamt! Weg damit und her mit einer Schauspielerin, die der Rolle „schwarze Erfahrungswerte” beifügen kann, wie 007 Lynch betont. 

Das hätte auch ein schwarzer Mann gekonnt, wenn das für die Rolle nicht in etwa so relevant wäre wie die Augenfarbe für einen Teletubbi-Darsteller. Doch ein schwarzer Mann brächte für die Rolle des James Bond leider eine Umdrehung zu wenig mit auf der nach oben offenen Opfer-Empowerment-Skala: Er wäre zwar schwarz, aber immer noch ein Mann. 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt

Foto: MTVUKofficial CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Johannes Hoffmann / 07.11.2020

Und jetzt noch ne “schwarze Frau als Papst”. Ist nicht von mir, paßt aber zeitgeistig perfekt.

Reiner Gerlach / 06.11.2020

@ E. Albert und Claudius Pappe: stimmt, aber nicht ganz. In einigen Werbungen darf der awM noch mitspielen. Bei Vergesslichkeit (Tebonin), als Haustrottel (Coppenrath und Wiese) und manchmal, wenn es um irgendwelche Heilmittel geht, mit der eine Frau eh nix anfangen kann. Aber ansonsten stimme ich Ihnen zu 100% zu. Vielleicht sollten wir uns doch endlich mal überwinden und den “Weibern”, egal welchen Alters, die kalte Schulter zeigen. Keine Tür mehr aufhalten, keinen Vortritt mehr einräumen, und vor Allem wenn die Titanic wieder mal sinkt, auf keinen Fall Frauen und Kinder zuerst. Das wird eine lustige Durchsage: Alle in die Boote, Männer, Frauen und Kinder zuerst.

Hans-Peter Dollhopf / 06.11.2020

Bond muss Shakespeare gerecht werden als Markenzeichen. Der Wesenskern der Marke Bond ist die verkörperte Toxizität im Dienste Ihrer Majästät, seine Skrupellosigkeit als die eines eiskalten “Psyhopathen” im Koordinatensystem einer von Gott installierten Weltordnung. “This royal throne of kings, this sceptered isle, This earth of majesty, this seat of Mars, This other Eden, demi-paradise, This fortress built by Nature for herself Against infection and the hand of war . . .  this England.” Wird Jane Bond ergebenste Killerin Ihrer Majestät sein? Oder ein weiterer beliebiger Jump&Run;-Charakter. Die Rolle des Bond (m/w/d) steht und fällt mit ihrer Bindung an Her Majesty The Queen.     Send her victorious,   Happy and glorious,   Long to reign over us;   God save the Queen!

Elias Schwarz / 06.11.2020

Diese Amateure. In den besten sozialistischen zeiten hätten sie die Note “unbefridigend” erhalten und los ginge es zur Bau der Baikal-Amur-Magistrale. Nein. Wenn’s richtig politisch korrekt sein muß, dann soll James Bond ein Transe (oder eine Tran*es, keine Ahnung, wie das dann richtig wäre) sein und der ganze Film sollte zu einer Diskusion werden, ob es ein Transgender-Irgendwas oder Transgender-Frau ist. Und in der Finale ein kurzer Kampf von irgendwelch*innen gegen die Diskriminierung und gut ist es. Die Kinos sind so wie so zu. Corona. Nicht transgender, sondern echt.

Frank Mertes / 06.11.2020

Ich gehe nicht in solche Propaganda-Umerziehungsfilme. Aber wenn sich für dieses Machwerk nicht genügend Besucher finden, wird man als nächste Eskalationsstufe wahrscheinlich zwangsverpflichtet, sich den Film anzusehen mit anschließender obligatorischer (Indoktrinations)Diskussionsrunde “Warum Frauen (besonders schwarze) alles besser können als Männer. “

Walter Elfer / 06.11.2020

Nein, Mister Letsch. Farbe ist nicht egal. Sie muss eindeutig sein und passen. Ein Bond ist weiß und männlich. Alles andre ist ... cancel culture. Das wäre so, als ob eine Whoopi Goldberg in Die Farbe Lila von einer Aborigine gespielt worden wäre. Das ist, mit Verlaub, Quark. Das passt nicht. Solch ein Wechsel von Bond zur Bondin und dann noch unbedingt schwarz ist einfach unglaubwürding, unauthentisch und hohl. Es gibt genug Schauspieler, die sich selbst als “farbiger” spielen und dabei mehr als authentisch rüber kommen: Morgan Freeman, Denzel Washington, oder ein Michael Clark Duncan als phantastischer Gegenpart vom Tom Hanks. Das würde anders garnicht funktionieren. PC verdirbt alles.

Henri Brunner / 06.11.2020

Eine weibliche James Bond? Meine Güte, wer kommt denn auf so eine dämliche Idee? Das ist ja wie Frauenfussball - denkt denn einer von Euch, dass irgend ein Mann auf dieser Welt,Frauenfussball schaut weil er Fussball sehen will? Aber gewiss nicht - aber doch, ja, jeder Mann will natürlich sehen, wie die Bälle hüpfen :-) bloss, das hat nix mit Fussball zu tun.

R.Ahrens / 06.11.2020

Da wird es wohl zur Premiere an der Kinokasse sehr ruhig zugehen. Sorry aber ohne mich. James Bond als farbige Frau? Darauf musste erstmal kommen. UNFASSBAR. Was kommt als nächstes?

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