Das Bild (Netzfund) hatte ich mal vor ein paar Wochen geteilt. Im Text hieß es: „Leonardo da Vinci und Mona Lisa, fotografiert von Keith Richards“. Genau meine Art von Humor.
Ein Blick auf das Bild, kurz schmunzeln und gut war’s. Ich hätte es besser gelassen. Wenn ich etwas hasse, dann ist es, für dumm gehalten zu werden – vor allem, weil ich als einer mit türkischem Ursprung so was von direkt von den Affen abstamme und wahrscheinlich aus Unkenntnis darauf hereingefallen sein muss, das Bild für echt zu halten.
Die eine schreibt doch tatsächlich, dass Leonardo und Mona nicht zur selben Zeit gelebt hätten und das Bild daher nur ein Fake sein kann. Wer so daherkommt, verdient die Frage: „Gab es damals Fotoapparate?“ Stattdessen schrieb ich aber, dass das Bild von einem Grafiker namens Keith Richards in Szene gesetzt wurde. Schließlich wollte ich meinen Spaß haben, anstatt etwas richtigzustellen.
Prompt ließ sich jemand von meinem Vornamen inspirieren und schrieb: „War er vielleicht doch Gitarrist?“ So nach dem Motto: „Das kannst du nicht wissen, aber er war ein Gitarrist!“ In der Türkei sagt man: „Resmin içine sıçtın!“, was wörtlich übersetzt bedeutet: „Du hast ins Bild geschissen!“ oder in diesem Fall: „Du hast in die Pointe geschissen!“
Dem einen hätte ich erklären müssen, dass das Bild nur zur Belustigung diente und kein Fake im klassischen Sinne ist, weil es in Wirklichkeit gar nicht existieren kann. Wie hätte ich dann noch beweisen sollen, dass mir Keith Richards durchaus ein Begriff ist? Dann hätte er wahrscheinlich geschrieben: „Google lässt grüßen!“ oder so was in der Art.
Haustürke
Johann Wolfgang von Goethe hatte übrigens mal 1774 über mich geschrieben: „Die Leiden des jungen Ahmet“. Ich weiß genau, wie es ist, mit Übermenschen – zumindest nach ihrer eigenen Überzeugung – zu tun zu haben, und wie man mit ihnen umgeht. Ich könnte ein Benutzerhandbuch darüber schreiben.
Noch schlimmer wird es, wenn mein Gegenüber merkt, dass ich nicht nur irgendein Türkeistämmiger bin, sondern ein Dipl.-Türkeistämmiger, oder wie mich heute noch ein Deutschlandtürke nannte: Haustürke.
Ich bin einer, der nicht einfach so den normalen Weg nach Deutschland gegangen ist, sondern direkt zur Kieler Woche – über Seewege. Das habe ich auch mal einem gesagt. Er war schlagfertig und antwortete top: „Bestimmt mit der Galeere, wa?“ (Das Wa am Ende dient der Einschätzung, zu welchen Deutschen er gehörte). Aber ich bin auch nicht gerade langsam. Ich sagte: „Hast du recht, aber ich habe nicht gerudert auf der Galeere, ich war der Trommler, der den Takt vorgab, also was Besseres!“ Nach den Lachern der Menschen, um uns zu urteilen, hatte ich gewonnen.
Ich habe es runtergeschluckt
Vor Jahren sagte ich zu einem CEO eines Multis: „Viel Erfolg bei dem Projekt.“ Er antwortete: „Dito!“ Dann stutzte er. Würde einer, der Ahmet heißt, das überhaupt verstehen? Er reagierte prompt und schickte hinterher: „Wissen Sie, das bedeutet ‚ebenfalls‘ und ist Deutsch.“ Da musste ich schmunzeln und sagte ihm: „Sie Idiot, lernen Sie erst einmal Deutsch, bevor Sie mit einem schlauen Türkeistämmigen reden und ihm falsche Dinge beizubringen versuchen.“ Nein, natürlich habe ich das nicht gesagt, sondern mich nur innerlich kaputtgelacht und es runtergeschluckt.
Weißt du, wie schwer das ist, runterzuschlucken, nur weil man höflich sein will? Das ist, als würdest du ein Zäpfchen mit Wasser runterschlucken. Du lachst, aber das hat mir tatsächlich ein Apotheker gesagt. Er sah meinen Vornamen auf dem Rezept und dachte wohl, bevor ein Unglück passiert und ich das Zäpfchen mit Wasser einnehme, warnt er mich lieber vor. Dank seiner Belehrung wusste ich zum Glück, dass ich das Zäpfchen nicht schlucken muss, sondern es reinschieben muss. Er sagte nämlich „reinschieben“, weil er wohl dachte, dass ich alles andere nicht verstehen würde. Da fragte ich natürlich: „Wo reinschieben?“ Zum Glück hatte er genug graue Zellen, um zu verstehen, was er da angerichtet hatte. Ich genoss die Situation doppelt. Warum? Weil der Apotheker ein Ägypter war! Anscheinend stehen sie gegenüber den Türken – gefühlt – in der Hierarchie etwas höher.
So könnte ich ein Buch darüber schreiben, das niemand kaufen würde, weil in Deutschland der Trend zum Zweitbuch rückläufig ist, und der Rest erst überhaupt nicht liest. Gefragt sind nur Bücherregale, die bei IKEA weggehen wie warme Semmeln. Weißt du, „Semmeln“ sagt man in manchen Teilen von Sachsen, Thüringen und Bayern. Die Schwaben und Badener sagen hingegen liebevoll „Weckle“, nur damit wir uns richtig verstehen.
Fünf deutsche Namen
Ich habe mich übrigens schon erkundigt, was so eine Namensänderung kostet, damit ich alle ausländischen Spuren verwische und endlich zu den Übermenschen gehöre – auch wenn ich dann zum Überübermenschen werde, weil die meisten kein richtiges Deutsch können. Kostet gar nicht so viel, gerade mal 25 Euro beim Standesamt, und einen Namensänderungsantrag bin ich davon entfernt. Einen triftigen Grund muss man aber angeben. Die Spalte fülle ich mit einem einzigen Wort: „Erdogan“. Anstatt eines ganzen Satzes wie: „Wegen den Deutschen, die glauben, über mir zu stehen.“ Werde ich aber nicht machen. Zu viel Aufwand, all den Behörden und Institutionen die Namensänderung mitzuteilen. Vielleicht im nächsten Leben.
Ende August werde ich sechs Jahre in Aschaffenburg sein. Auch da stand mir mein Name im Weg, trotz deutschem Pass. Der Vermieter der jeweiligen Wohnung hatte mir schon zugesagt. Dann, zwei Wochen vor dem Vertragsunterzeichung, rief der Familienvater mich an und sagte: „Herr Dener, der Familienrat hat getagt und wir haben uns leider gegen Sie entschieden!“ Über so eine grausame Nachricht kann nur ich lachen. Weißt du, warum? Der „Familienrat“ dieses Idioten bestand aus Vater, Mutter und Zwillingen, die gerade mal sieben Jahre alt waren. So was nennt sich dann Familienrat. Dem Typen war nicht mal bewusst, wie lächerlich er sich machte.
Ich möchte dennoch mit fünf deutschen Namen aufwarten. Mein Vorname „Ahmet“ wird grundsätzlich falsch geschrieben, immer mit einem harten „D“ am Ende, wie bei den Arabern. Deshalb buchstabiere ich meinen Namen: Anton, Heinrich, Martha (kommt dank Frauenquote rein), Emil, Theodor. Es gab aber auch schon Leuchten, die nach dem ersten Hören Anton-Heinrich hingeschrieben hatten.
Wie sagt man so schön: Wir sind alle gleich! Schwachsinn, will ich nicht sein.
Ahmet Refii Dener, Türkei-Kenner, Unternehmensberater, Jugend-Coach aus Unterfranken, der gegen betreutes Denken ist und deshalb bei Achgut.com schreibt. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite und bei Instagram.