Ahmet Refii Dener / 01.09.2024 / 11:00 / Foto: unbekannt/netzfund / 14 / Seite ausdrucken

Mein Mona-Lisa-Moment. Oder: Das Elend mit meinem Namen

Das Bild (Netzfund) hatte ich mal vor ein paar Wochen geteilt. Im Text hieß es: „Leonardo da Vinci und Mona Lisa, fotografiert von Keith Richards“. Genau meine Art von Humor.

Ein Blick auf das Bild, kurz schmunzeln und gut war’s. Ich hätte es besser gelassen. Wenn ich etwas hasse, dann ist es, für dumm gehalten zu werden – vor allem, weil ich als einer mit türkischem Ursprung so was von direkt von den Affen abstamme und wahrscheinlich aus Unkenntnis darauf hereingefallen sein muss, das Bild für echt zu halten.

Die eine schreibt doch tatsächlich, dass Leonardo und Mona nicht zur selben Zeit gelebt hätten und das Bild daher nur ein Fake sein kann. Wer so daherkommt, verdient die Frage: „Gab es damals Fotoapparate?“ Stattdessen schrieb ich aber, dass das Bild von einem Grafiker namens Keith Richards in Szene gesetzt wurde. Schließlich wollte ich meinen Spaß haben, anstatt etwas richtigzustellen.

Prompt ließ sich jemand von meinem Vornamen inspirieren und schrieb: „War er vielleicht doch Gitarrist?“ So nach dem Motto: „Das kannst du nicht wissen, aber er war ein Gitarrist!“ In der Türkei sagt man: „Resmin içine sıçtın!“, was wörtlich übersetzt bedeutet: „Du hast ins Bild geschissen!“ oder in diesem Fall: „Du hast in die Pointe geschissen!“

Dem einen hätte ich erklären müssen, dass das Bild nur zur Belustigung diente und kein Fake im klassischen Sinne ist, weil es in Wirklichkeit gar nicht existieren kann. Wie hätte ich dann noch beweisen sollen, dass mir Keith Richards durchaus ein Begriff ist? Dann hätte er wahrscheinlich geschrieben: „Google lässt grüßen!“ oder so was in der Art.

Haustürke

Johann Wolfgang von Goethe hatte übrigens mal 1774 über mich geschrieben: „Die Leiden des jungen Ahmet“. Ich weiß genau, wie es ist, mit Übermenschen – zumindest nach ihrer eigenen Überzeugung – zu tun zu haben, und wie man mit ihnen umgeht. Ich könnte ein Benutzerhandbuch darüber schreiben.

Noch schlimmer wird es, wenn mein Gegenüber merkt, dass ich nicht nur irgendein Türkeistämmiger bin, sondern ein Dipl.-Türkeistämmiger, oder wie mich heute noch ein Deutschlandtürke nannte: Haustürke.

Ich bin einer, der nicht einfach so den normalen Weg nach Deutschland gegangen ist, sondern direkt zur Kieler Woche – über Seewege. Das habe ich auch mal einem gesagt. Er war schlagfertig und antwortete top: „Bestimmt mit der Galeere, wa?“ (Das Wa am Ende dient der Einschätzung, zu welchen Deutschen er gehörte). Aber ich bin auch nicht gerade langsam. Ich sagte: „Hast du recht, aber ich habe nicht gerudert auf der Galeere, ich war der Trommler, der den Takt vorgab, also was Besseres!“ Nach den Lachern der Menschen, um uns zu urteilen, hatte ich gewonnen.

Ich habe es runtergeschluckt

Vor Jahren sagte ich zu einem CEO eines Multis: „Viel Erfolg bei dem Projekt.“ Er antwortete: „Dito!“ Dann stutzte er. Würde einer, der Ahmet heißt, das überhaupt verstehen? Er reagierte prompt und schickte hinterher: „Wissen Sie, das bedeutet ‚ebenfalls‘ und ist Deutsch.“ Da musste ich schmunzeln und sagte ihm: „Sie Idiot, lernen Sie erst einmal Deutsch, bevor Sie mit einem schlauen Türkeistämmigen reden und ihm falsche Dinge beizubringen versuchen.“ Nein, natürlich habe ich das nicht gesagt, sondern mich nur innerlich kaputtgelacht und es runtergeschluckt.

Weißt du, wie schwer das ist, runterzuschlucken, nur weil man höflich sein will? Das ist, als würdest du ein Zäpfchen mit Wasser runterschlucken. Du lachst, aber das hat mir tatsächlich ein Apotheker gesagt. Er sah meinen Vornamen auf dem Rezept und dachte wohl, bevor ein Unglück passiert und ich das Zäpfchen mit Wasser einnehme, warnt er mich lieber vor. Dank seiner Belehrung wusste ich zum Glück, dass ich das Zäpfchen nicht schlucken muss, sondern es reinschieben muss. Er sagte nämlich „reinschieben“, weil er wohl dachte, dass ich alles andere nicht verstehen würde. Da fragte ich natürlich: „Wo reinschieben?“ Zum Glück hatte er genug graue Zellen, um zu verstehen, was er da angerichtet hatte. Ich genoss die Situation doppelt. Warum? Weil der Apotheker ein Ägypter war! Anscheinend stehen sie gegenüber den Türken – gefühlt – in der Hierarchie etwas höher.

So könnte ich ein Buch darüber schreiben, das niemand kaufen würde, weil in Deutschland der Trend zum Zweitbuch rückläufig ist, und der Rest erst überhaupt nicht liest. Gefragt sind nur Bücherregale, die bei IKEA weggehen wie warme Semmeln. Weißt du, „Semmeln“ sagt man in manchen Teilen von Sachsen, Thüringen und Bayern. Die Schwaben und Badener sagen hingegen liebevoll „Weckle“, nur damit wir uns richtig verstehen.

Fünf deutsche Namen

Ich habe mich übrigens schon erkundigt, was so eine Namensänderung kostet, damit ich alle ausländischen Spuren verwische und endlich zu den Übermenschen gehöre – auch wenn ich dann zum Überübermenschen werde, weil die meisten kein richtiges Deutsch können. Kostet gar nicht so viel, gerade mal 25 Euro beim Standesamt, und einen Namensänderungsantrag bin ich davon entfernt. Einen triftigen Grund muss man aber angeben. Die Spalte fülle ich mit einem einzigen Wort: „Erdogan“. Anstatt eines ganzen Satzes wie: „Wegen den Deutschen, die glauben, über mir zu stehen.“ Werde ich aber nicht machen. Zu viel Aufwand, all den Behörden und Institutionen die Namensänderung mitzuteilen. Vielleicht im nächsten Leben.

Ende August werde ich sechs Jahre in Aschaffenburg sein. Auch da stand mir mein Name im Weg, trotz deutschem Pass. Der Vermieter der jeweiligen Wohnung hatte mir schon zugesagt. Dann, zwei Wochen vor dem Vertragsunterzeichung, rief der Familienvater mich an und sagte: „Herr Dener, der Familienrat hat getagt und wir haben uns leider gegen Sie entschieden!“ Über so eine grausame Nachricht kann nur ich lachen. Weißt du, warum? Der „Familienrat“ dieses Idioten bestand aus Vater, Mutter und Zwillingen, die gerade mal sieben Jahre alt waren. So was nennt sich dann Familienrat. Dem Typen war nicht mal bewusst, wie lächerlich er sich machte.

Ich möchte dennoch mit fünf deutschen Namen aufwarten. Mein Vorname „Ahmet“ wird grundsätzlich falsch geschrieben, immer mit einem harten „D“ am Ende, wie bei den Arabern. Deshalb buchstabiere ich meinen Namen: Anton, Heinrich, Martha (kommt dank Frauenquote rein), Emil, Theodor. Es gab aber auch schon Leuchten, die nach dem ersten Hören Anton-Heinrich hingeschrieben hatten.

Wie sagt man so schön: Wir sind alle gleich! Schwachsinn, will ich nicht sein.

 

Ahmet Refii Dener, Türkei-Kenner, Unternehmensberater, Jugend-Coach aus Unterfranken, der gegen betreutes Denken ist und deshalb bei Achgut.com schreibt. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite und bei Instagram.

Foto: unbekannt/netzfund

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Leserpost

netiquette:

Wolfgang Richter-Kirsch / 01.09.2024

Bleiben Sie bitte bei Ihrem Namen Herr Dehner! Allein der Abkürzung wegen. Wer sich freiwillig als ARD bezeichnet kann nur ein Satiriker sein.

Stefan Riedel / 01.09.2024

Herr Dener, Ihre Eltern haben sicherlich in der Vorerdoganzeit gelebt? “Ahmet”, das geht heute nicht mehr? Muhammad oder Mohammed oder… muss es schon sein? Naja, “Stefan” geht heute auch nicht mehr. Luna-Irokese muss es schon sein?

Dietmar Herrmann / 01.09.2024

Und Franz Klar ist exakt dieser deutsche Sonnenschein, den Dener beschreibt. Nach eigenem Dafürhalten einfach nur ein guter Typ, leider auch ignorant und schnöselig arrogant ad hominem. Möge er noch hundert Jahre leben in den interessanten Zeiten, die anstehen, und gelegentlich wehmütig an die kultivierten, integrierten Deners zurückdenken.

sybille eden / 01.09.2024

Verdammt noch mal, wenn Keith Richard dieses Foto gemacht hat, wer spielt dann bloß bei den Stones die Leadgitarre ?

f. Schütze / 01.09.2024

Vielen, vielen Dank für das Bild, und mein Kompliment an den Fotographen - gut, dass wir ihn haben Kunst studieren lassen, wenn der undankbare Schnösel auch lieber R&B gemacht hat für den größten Teil seines Lebens! Und natürlich Dank für die offenen Worte. Obwohl - wir haben in Wirklichkeit allesamt keine Vorurteile, wir sind schließlich die Guten!

Dr. med. Jesko Matthes / 01.09.2024

Das, was nicht stimmt, ist, dass die Mona Lisa mit Leo Tolstoi befreundet war! Das hat Keith Richards alias Gaetano di Riccardo Pinocchio da Vinci, jener entfernte Nachfahre Leonardos -  ja, genau der Nachfahre, der auch die Camera mentita und die elektrische Theorbe erfunden hat - auf dem Foto nur so gestellt, als Tolstoi 1860 zu Besuch in Florenz war. So überliefert es jedenfalls der Florentiner Carlo Collodi in einer ausgerissenen Tagebuchseite, die leider im Zweiten Weltkrieg beim Luftangriff auf Padua verbrannt ist. - Türke hin oder her, man muss schon bei der Wahrheit bleiben, sonst wird das nie was mit der Integration, so wahrheitsliebend wie wir Deutschen nun einmal sind. Aber, Sie könnten ja ihr Geschlecht ändern, auf dem Papier meine ich, das hilft bestimmt.

George van Diemen / 01.09.2024

Na, wenn schon Standesamt dann den Namen in “Ahmeta” umgendern und schon hat der Spaß ein Loch. Keine Zeitgeistkartoffel würde dann noch minimal danebengreifen. Sie bräuchten allerdings 24/7 einen wertigen Regenmantel gegen gutmenschliche Maximalbetroffenheit und wokes Dauerverständnis…

R. Lichti / 01.09.2024

Aber wehe es verteidigt sich mal jemand mit der Ausrede “.....aber mir hat niemand gesagt, dass ich das Messer nicht zum Halsabschneiden verwenden darf!”: Dann hat der Messeverkäufer oder der Messerhersteller ein Problem von wegen Produkthaftung und “Beihilfe zum Mord wegen Unterlassung”.  Insofern kann ich den Apotheker schon verstehen, der wird sicher auch schon gemerkt haben in was für einem Irrenhaus er gelandet ist. Bei den Spitzenkräften in Ampeldeutschland muss man auch beim Fußvolk mit allem rechnen.  X.  Oder aber der ägyptische Apotheker hat Herrn Dener gekannt und wollte mal sehen, wie der zum HB-Männchen wird.

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