Von Martin Lohmann.
Die SPD kann einem leid tun. Aber schade ist es schon, dass diese einst so wichtige Volkspartei dabei ist, sich aus der Geschichte zu verabschieden. Den Eindruck muss man bekommen, wenn man auf das blickt, was eine frühere Juso-Chefin aus der Eifel nun zu führen versucht. In den Umfragewerten fallen die "Sozen" immer tiefer. Also müssten sie einem vielleicht doch leid tun?
Nein. Wenn eine so alte Partei sich durch Kopflosigkeit und Wirklichkeitsphobie abschafft, kann man ihr nicht helfen. Das dokumentiert sich jetzt wieder im Umgang mit einem prominenten Sozialdemokraten, der schon vor acht Jahren kräftig störte, als er behauptete: Deutschland schaffe sich ab. Mit dieser kritischen Wortmeldung, die von der Wirklichkeit längst überholt wurde, machte sichThilo Sarrazin für seine Partei zur Unperson. Pfui! So etwas schreibt man doch nicht. Erst recht nicht als Sozialdemokrat! Der Mann muss weg, hieß es. Er wurde bedrängt, seine Frau ebenfalls. Man drängte sie aus dem Schuldienst. Ihn aber aus der Partei zu mobben, das gelang nicht.
Nun meldet sich dieser SPD-Mann mit einem weiteren Buch zu Wort. „Feindliche Übernahme“ heißt es. Es geht darum, "wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht". Fakten sind Fakten. Aber, und das ist das Problem, er wagt viel Kritik am Islam und bezweifelt die Integrationsfähigkeit vieler Muslime.
Das Wort hat der Generalsekretär
Und schon hört man wieder laute Pfui-Rufe. Vor allem aus der SPD. Ob Frau Merkel sich, wie 2010, abwertend äußern wird, ohne das Buch auch nur in die Hand genommen zu haben, bleibt abzuwarten.
Der Generalsekretär der SPD hat sein Urteil schon gefällt. Und das bereits am Tag der Buchvorstellung. Thilo Sarrazin solle die Partei verlassen. Der Juso-Vorsitzende springt ihm eilig zur Seite und fordert den Rauswurf Sarrazins. Andere kündigen an, das Buch werde nun von „Experten“ genau überprüft.
Zensur im Namen der SPD? Andrea Nahles, der momentanen Parteichefin, scheint das nicht zu gefallen. Sie bremst. Sie ahnt vielleicht, dass Meinungsdiktatur und Zensur nicht zum ursprünglichen Markenkern der SPD gehören. Ihrem Generalsekretär, der zu jung ist für manches SPD-Wissen, könnte die Nachfolgerin von Willy Brandt ja einmal erklären, dass dieser vor einigen Jahrzehnten ernsthaft forderte, mehr Demokratie zu wagen. Klingenbeil und andere scheinen da etwas missverstanden zu haben, wenn sie jetzt die Devise ausgeben: Mehr Demokratie jagen!
Je länger man nachdenkt, desto stärker wird dann doch das Mitleid mit dieser SPD. Etwa so, wie man mit jemandem fühlt, der an einer unheilbaren Krankheit leidet. Mit dem Unterschied, dass hier alles selbstverschuldet und hausgemacht ist. Die SPD schafft sich ab. Mit Pech allein kann man das nicht mehr erklären.
Martin Lohmann lebt in Bonn und arbeitet als Journalist für verschiedene Medien.
Beitragsbild: Bundesarchiv/ Ludwig Wegmann CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia
Niemand verdient soviel Geld mit seiner SPD-Mitgliedschaft, wie Sarrazin. Kaum kündigt er ein neues Buch an, und noch bevor irgendjemand auch nur eine Zeile gelesen hat, wird von führenden SPD-Leuten sofort sein Parteiausschluss gefordert - jedesmal! Eine schönere Werbung kann man sich gar nicht vorstellen - unbezahlbar! Läuft immer alles wie bestellt und spült zusätzliche Millionen in die Kasse. (Aus Dankbarkeit könnte Sarrazin "seiner Partei" ja eigentlich auch mal was spenden - oder? :-)
Ich weiß nicht, ob der Autor weiß, dass es in der Bundesrepublik einen Unterschied zwischen Staat und Partei gibt. Der Staat verbietet es sich selbst, Meinungen und deren Verbreitung zu verbieten, sofern diese Meinungsäußerungen nicht mit der Menschenwürde anderer kollidieren. Darüber hinaus beginnt die Staatsangehörigkeit mit der Geburt eines Menschen; solch jemanden kann die Bundesrepublik nicht einfach so aus der Staatsangehörigkeit entlassen, auch wenn erkennbar der Wertekanon der Bundesrepublik nicht geteilt wird. Eine Ausbürgerung wegen erkennbar verfassungsfeindlicher Bestrebungen ist höchstens dann möglich, wenn jemand von sich aus und freiwillig die Staatsangehörigkeit erworben hat (so geschehen etwa bei dem Paten der "Sauerland-Gruppe"). Eine Partei hingegen ist ein Zusammenschluss von Gleichgesinnten. Man erwirbt - anders als beim Staat - keine Mitgliedschaft qua Geburt oder von Gesetzes wegen, sondern durch einen freiwilligen Eintritt. Als Interessenvertretung ist eine Partei demnach auch nicht verpflichtet, auch solche Leute in ihren Reihen zu dulden, die öffentlich machen, daß ihre Wertevorstellungen oder Ziele denen der Partei eklatant widersprechen.
Die Realitätsferne der Sozen ergibt sich u.a. aus einem schönen Nebensatz des ebenfalls den Spezialdemokraten zugehörigen Herrn Buschkowsky, der die Laudatio zur Buchvorstellung hielt, indem er erklärte, daß der von Sarrazin beschriebene Ist-Zustand in einigen MihiGru-Hochburgen untertrieben sei. Und in etwa weiter, wenn er die Realität dort beschreiben würde, wäre sein (Buschkowskys) Parteiausschluß schon formuliert. Daß eine derart fern der Bürgererfahrungen ideologisch agierende Partei in der Wählerzustimmung abstürzt, kann niemanden verwundern. Nur die in die eigene politische und genderische Korrektheit verliebten Aliens können und wollen es nicht kapieren. Sie schaffen sich ab.
"Fakten sind Fakten." Aber doch nicht für einen aufrechten SPD-Funktionär, der lässt sich doch nicht durch so etwas Schnödes wie die Realität von seiner Ideologie abbringen. Schließlich hat er sich seine Weltsicht in mindestens 20 Semestern Soziologie oder Politologie hart erarbeitet, da kennt man sich schließlich aus in der Welt, in der Wirtschaft (nein, nicht die Gastwirtschaft!), in der Verteidigungs- und der Umweltpolitik, in religiösen Dingen, einfach überall. Wenn denn tatsächlich mal jemand mit so merkwürdigen Sachen wie Tatsachen kommt, wie etwa Sarrazin oder Buschkowsky, dann können solche Figuren natürlich nur falsch liegen und irgendwelche finsteren Absichten hegen, sie gehören also aus dem Verkehr gezogen! Also her mit Zensur, Rede-, Denk- und Berufsverboten, dient schließlich alles der guten Sache. Und irgendwann wundert man sich dann, dass einem Hunderte von Geisterfahrern entgegen und Millionen von Wählern abhanden kommen.
"Die SPD schafft sich ab". Ein Titel für das nächste Buch von Herrn Sarrazin. Er hat hoffentlich schon damit begonnen, weil der weitere Abstieg der Partei sehr schnell vonstatten gehen wird.
"Andere kündigen an, das Buch werde nun von „Experten“ genau überprüft." Welche Experten?" Von der ehemalige STASI ? Und was kommt danach ? BUCHVERBRENNUNG wie am 10. Mai 1933 ?? Ein Freund unserer Familie, Erich Kästner mußte das damals erleben ! Schon alleine die Ankündigung, man werde das Buch prüfen lassen ist-für mich- eine Schande für eine (NOCH?) Demokratie ! "Zensur im Namen der SPD? Andrea Nahles, der momentanen Parteichefin, scheint das nicht zu gefallen." Natürlich nicht, das bringt doch die SPD noch näher an die 5% Hürde. Nahles ist- meiner Meinung nach- pragmatisch, sie scheint ja nach Höherem zu streben, da kommen solche Äußerungen nicht gut an.
Herbert Wehner, SPD, 15.2.1982: "Wenn wir uns weiterhin einer Steuerung des Asylproblems versagen, dann werden wir eines Tages von den Wählern, auch unseren eigenen, weggefegt. Dann werden wir zu Prügelknaben gemacht werden."