Mehr Dänemark wagen!

Von Snorre Martens Björkson.

Immer wenn ich es irgendwie einrichten kann, verbringe ich meine freie Zeit in Odense. Da die meisten Deutschen nur die jütländische Nordseeküste kennen, wo sie in Holzhäusern Grog trinken und ihre schlecht erzogenen Kampfhunde frei am Strand laufen lassen (was Dänen nicht mögen), sei es gesagt: Odense ist eine Stadt, benannt nach dem obersten Gott der Germanen (zu deutsch: Odin) auf einer Insel namens Fynen in der Ostsee. Es gibt dort eine Universität, eine sehr kleine Musikhochschule, ein hochmodernes Krankenhaus, sehr gute Kneipen und vor allem sehr viele hübsche Menschen. Ach ja und Hans Andersen (sprich Häns Ändersen) ist dort geboren, weswegen Märchenautoren wie ich eben nach Odense pilgern (ebenso wie viele Chinesen und Japaner).

Am liebsten verbringe ich die Mittsommerzeit kurz vor den Ferien in Dänemark. Man feiert dort Sankthans nicht ganz so traditionell wie die Schweden, aber gerne auch betrunken. Außerdem sieht man zu dieser Zeit viele junge Leute mit altmodischen Mützen, wie man sie in Tyskland nur noch aus der Feuerzangenbowle kennt, durch die Stadt laufen und feiern: die Abiturienten, übrigens auch die jungen Frauen, und diese Uniformierung sieht im Gegensatz zu manch anderer, die junge Frauen jetzt in Europa tragen, sehr hübsch aus.

Die Dänen, die gerne mit Geldkarten bezahlen, ihre Hausaufgaben über Facebook vergeben und Notfalldrohnen für Herzpatienten über die Inseln schicken, sind auf eine rührende Art auch sehr konservativ. Sie halten an dem einen oder anderen Brauch fest und scheinen sich nicht daran zu stören, dass sie auch tatsächlich meistens aussehen wie Dänen und dass zumindest die meistens ihrer Vorfahren schon vor tausend Jahren Dänen waren. Ob Schäuble ihnen wohl mal nahegelegt hat, dass sie bereits in Abschottung degenerieren?

Auf ihre nette hyggelige Art ein wenig spießig

Dieses Jahr habe ich St. Hans in Dänemark aus beruflichen Gründen verpasst und konnte erst kurz danach in das schöne kleine Inselreich reisen. Aber dieses Jahr gab es auch kein Feuer. Es ist in Dänemark, wie überall in Mittelnordeuropa, den ganzen Sommer schon sehr heiß und viel zu trocken. Zwei Monate fehlender Regen haben zu einem absoluten Lagerfeuerverbot, ja sogar zu einem Grillverbot geführt. Und so wurde in diesem Jahr vermutlich auch nirgendwo eine symbolische Strohhexe verbrannt (ach ja, auch das tun sie, die Dänen). Aufstände gab es deswegen nicht. Denn in dem bekannten dänischen Mittsommerlied: „Vi elkser vort land“ findet sich ein einfacher Hinweis auf die dänische Gemütsart: „Vi vill fred her til lands, Sankte Hans, Sankte Hans“ zu deutsch: Wir wollen Frieden hier zu Lande, heiliger Johannes, heiliger Johannes.

Und deswegen, aber auch weil Dänemark sehr klein ist, sind die Dänen auf ihre nette hyggelige Art ein wenig spießig: Sie trinken zwar viel Alkohol, sie benehmen sich aber zum Beispiel trotzdem besser in überfüllten Zügen als Deutsche. Samfund heißt das Zauberwort: Gesellschaft, aber auch Gemeinschaft. Man spürt, wie vorsichtig sich Menschen an einem vorbeidrängeln, die hauchdünne Berührung, die nette Geste.

Kaum ist der Zug aber in Flensburg, füllt er sich mit rüpelnden, schlecht gelaunten Menschen: Das sind Deutsche. Ja Dänen bleiben sogar häufiger an roten Fußgängerampeln stehen, wenn kein Auto kommt, als Deutsche. Und Dänen, höflich, wie sie sind, geben gerne zu, dass Deutsche in Dänemark in der Kriminalstatistik noch weniger auffallen als Dänen (die Dänen in der Statistik sind natürlich, wer hätte es nicht geahnt, die drei Mitglieder der Olsenbande, denen jetzt Schweden versucht, die Schuld für die gestohlenen Kronjuwelen in die Schuhe zu schieben).

Und weil die Dänen eben kriminelles, also besonders schlechtes Benehmen nicht mögen, geben ihre Statistiken – anders als die in Deutschland oder Schweden – auch Auskunft darüber, welche Personenkreise eventuell etwas schwieriger sind. Die Dänen mögen so etwas halt nicht. Sie wollen Frieden in ihrem Land, auch wenn einige von ihnen noch immer sehr groß und sehr blond und sehr blauäugig sind. Für diesen Frieden steige ich auch gerne in Padborg aus dem Zug und nehme sehr lange Passkontrollen in Kauf. Umso schöner dann, in einer mittelgroßen dänischen Stadt den Sommerabend durch die Straßen oder den lauen Park am Wasser zu ziehen und all diese ausgelassen, friedlich feiernden und – ich muss neidisch anmerken – auch meistens sehr hübschen Menschen zu sehen.

Snorre Martens Björkson schreibt Erzählungen, Romane, Hörspiele, Kindergeschichten, Theaterstücke und Songs. Er unterrichtet Klavier und leitet zwei Chöre. Privat beschäftigt er sich mit älterer Geschichte, germanischer Dialektologie und den besonderen kulturellen Wechselbeziehungen zwischen Deutschland und Skandinavien. Gedichte, Songs und Angaben zu Veröffentlichungen finden sich unter: cafemeolodie.de

Foto: Snorre Martens Björkson

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Thomas Raffelsieper / 11.08.2018

Ein wunderbares Volk gelebter Hochkultur und Lebensfreude. Und sie verteidigen sich gegen Merkel. Wunderbar.

Ilse Polifka / 11.08.2018

Ist es nicht seltsam, daß in unseren Medien nicht über Dänemarks Regeln zu den “Schutzsuchenden” berichtet wird ?  Nun, es wäre ja auch nicht leicht ein Land wie Dänemark an den Nazi - Pranger zu stellen.

W.Schneider / 11.08.2018

Seit einiger Zeit leide ich unter dem Umstand, dass ich als einer, der hier schon länger lebt, nur eine Staatsbürgerschaft besitze. Viele Jahre ist meine Familie mit großem Vergnügen im Sommer nach Dänemark gefahren, um dort den Sommer zu verbringen. Wir haben Land und Leute kennen und schätzen gelernt. Wenn ich einen Doppelpass beantragen könnte, Deutsch-Däne würde mir außerordentlich gut gefallen.

B.Kröger / 11.08.2018

Hoffentlich können die Dänen ihre hyggelige Art beibehalten, denn ich vermute, es wird noch sehr unhyggelig in Deutschland und Europa.  Viel Glück den Dänen!

Werner Arning / 11.08.2018

Wenn das so ist, liebe Dänen, dann bleibt so. Bleibt blond und blauäugig, seid nett im Umgang miteinander, nehmt Rücksicht, seid ein bisschen spießig, haltet euch an Regeln, pflegt eure Gemeinschaft, feiert eure traditionellen Feste, tragt altmodische Mützen, und habt wegen all dem kein schlechtes Gewissen, findet euch deshalb nicht uncool, nicht zeitgemäß. Überlasst das „Zeitgemäße“ lieber den Deutschen. Sollen sie bunt werden, so bunt wie sie wollen. Aber passt weiterhin gut auf eure Grenze auf. Lebt in Frieden und schätzt diesen Frieden. Lasst euch nicht beirren von den die Welt rettenden, deutschen Nachbarn. Wenn wir dürfen, kommen wir euch gerne besuchen. Vielleicht um Erholung zu finden von deutscher Hysterie. Vielleicht um etwas davon zu finden, was es auch einmal bei uns einmal gab und was dabei ist, unwiederbringlich zu verschwinden.

Susanne Carstens / 11.08.2018

Im Artikel wird genau das beschrieben, was mein Mann und ich gerade im Juni (mal wieder) in Aarhus erlebt haben. Dänemark ist geprägt von Tradition und Moderne, von Weltoffenheit und gelebter nationaler Identität, von Toleranz und Konsequenz. Und das alles in einem gut ausgewogenen Verhältnis bei optimaler Entspanntheit und Freundlichkeit. So entsteht eine Atmosphäre, die immer wieder Lust auf eine Reise in das Land mit den (angeblich) glücklichsten Menschen Europas macht und ein Verständnis dafür, dass die Dänen so gern in Dänemark leben. Danke für den Beitrag. Ihn zu lesen war ein schöner Einstieg ins Wochenende.

Manuela Bartusch / 11.08.2018

Erst kürzlich habe ich an einem sehr frühen Morgen am Strand erlebt, dass eine junge Asiatin vorschriftsmäßig den Knopf an der Ampel drückte. Und dort wartete sie trotz gähnender Leere auf der Straße auf Grün und ging dann erst los. Ich musste lächeln und dachte noch so, dass es auch wunderbare Einwanderer gibt, die sich still und bescheiden in unser einstmals schönes Land integrieren. Mit solchen Menschen wäre auch hier wieder Frieden wie in Dänemark.

Katharina Münz / 11.08.2018

Ich vermisse einen Link im Text, um mir selbst einen Eindruck zu verschaffen. Was ich jetzt fand, war ein Artikel auf der Webseite von dr, der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt Dänemarks. Der Titel des Artikels lautet „Nye tal: Indvandrere og efterkommere fylder i statistikken“. Mit einem online-translation-tool der Wahl ist er gut zu lesen.

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