Roger Letsch / 30.06.2020 / 12:00 / Foto: Glype Sune / 55 / Seite ausdrucken

Medien: Der Rück-Spiegel

Zunächst die Nachrichten. In Louisville, Kentucky, so berichtet der Spiegel, wurden „bei einer Anti-Rassismus-Demonstration im US-Bundesstaat Kentucky Schüsse auf die Menge abgegeben, ein Mann starb. Der Tatort war in den vergangenen Wochen zum Zentrum der Proteste geworden.“ Es handele sich offenbar um einen Einzeltäter, ein weiterer Mensch wurde auch noch verletzt. Im Nachklang bekommt der Artikel, der sehr im Ungefähren bleibt, noch die Kurve zur Polizeigewalt, denn die Proteste richteten sich ja gerade gegen die Polizei, die für den Tod einer Afroamerikanerin in deren Wohnung verantwortlich gemacht wird. Dieser Vorfall ereignete sich zwar schon im März, muss heute aber als Begründung für alles mögliche herhalten.

Natürlich vergisst der Spiegel nicht zu erwähnen, dass der Bürgermeister von Louisville, Greg Fischer (Demokraten), rechte Gegendemonstranten aufgefordert hat, sich von dem Protest im Jefferson Square Park fernzuhalten“. Die amerikanische Presse sekundiert zudem der deutschen, und es wird munter geraunt und vermutet. Der „Louisville Courier Journal berichtet“, so orakelt der Spiegel, „dass bewaffnete Patrioten-Gruppen vorhätten, den Anti-Rassismus-Demonstranten entgegenzutreten.“ Mehr erfährt der Spiegel-Leser nicht, aber das ist ja auch gar nicht nötig, um die antrainierten Reflexe zu aktivieren.

Ein Mordopfer auf einer friedlichen Demo gegen Rassismus und „bewaffnete rechte Gruppen“ planen hinterhältige Dinge … da schießt bei Spiegel-Redakteur und Leserkommentator gemeinschaftlich die Schokomilch ein: white supremacy und Trump, how dare you! Das Desinformationsbömbchen hat wie gewünscht gezündet, man muss ja nur die Kommentare lesen, um das zu sehen.

Das Bild in den Köpfen stellte sich wie gewünscht ein, das Ressentiment ist erfolgreich in die Blutbahn gelenkt. Wer liest schon nochmal nach, wenn der Spiegel sich dazu bequemt, vielleicht in ein paar Tagen einige ergänzende Informationen rüberzuschieben, die man vielleicht erst prüfen musste, übersehen hatte oder für nicht so wichtig hielt?

Was wirklich geschah

Was wirklich geschah, erfährt man derzeit nicht im Spiegel, sondern in einigen US-Medien (USA today, oder dem courier journal, das der Spiegel als Quelle in eigener Sache nennt). Darf ich vorstellen: das (hier links im Bild) ist der Schütze Steven Nelson Lopez, ein Bürschlein von 23 Lenzen, das seit mindestens zwölf Tagen mit von der Partie war, als BLM-Demonstranten Louisville den Rassismus ein für allemal austreiben wollten. Am 17. Juni wurde er zusammen mit 16 weiteren „Demonstranten“ verhaftet, es ging um die Teilnahme an kriminellen Aktivitäten wie Plünderungen. Das Foto stammt von dieser Festnahme. Lopez kam wieder auf freien Fuß, trotz der Pistole mit zwei vollen Magazinen, die er bei sich trug. Vermutlich Eventbedarf.

Der gute Steven geriet jedoch immer wieder mit den anderen „friedlichen Demonstranten“ im Camp in Streit, wobei es wohl auch zu Schießereien kam. Eines Tages wurde es den „trained marxist“ Anführern von BLM in Louisville zu bunt, weshalb sie ihren nützlichen, aber dummen Troll kurzerhand vor die Tür des Weltrettercamps setzten. Das wiederum konnte dieser offenbar nicht verwinden, weshalb er mit einer (seiner?) Pistole erst mehrmals in die Luft und dann in die Menge der „Protestierer“ feuerte.

Ergebnis: der 27-jährige Fotograf Tyler Gerth, im Gesicht getroffen, war mehr oder weniger sofort tot. Eine weitere Person wurde verletzt. „Zuschauer“ der Szene stoppten Lopez, indem sie das Feuer erwiderten und ihn am Bein verletzten. Die herbeigerufene Polizei (hört, hört!) nahm Lopez fest, er hat sich nun wegen mass-shooting zu verantworten.

Und nun, Spiegel? Weit und breit war kein Rassist beteiligt oder auch nur zu sehen, auch kein White Supremacist oder Beelzetrump höchstselbst. Den Finger am Abzug hatte ein drogenabhängiger Idiot, randvoll mit seltsamen Ideen, den BLM nicht mehr unter Kontrolle hatte. Lopez erschoss ausgerechnet einen Foto-Journalisten, der begeistert von den ach so friedlichen Protesten berichtete.

Ich frage mich nun, wie groß wohl die Richtigstellung im Spiegel ausfallen wird und ob einer der Kurzgeschlossenen im Kommentarbereich des Spiegel sie lesen wird.

(Für Spiegel-Abstinenzler gibt’s den Link zum Artikel im Webarchiv.)

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

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Leserpost

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Volker Seitz / 30.06.2020

Muhammad Ali Jr., the son of the late boxing icon Muhammad Ali, told The NEW YORK POST in an hour-long interview that his father wouldn’t have supported the Black Lives Matter movement, calling it “racist.” “Black Lives Matter is not a peaceful protest. Antifa never wanted it peaceful. I would take them all out,” Ali Jr. said. “It’s a racial statement,” he said of Black Lives Matter. “It’s pitting black people against everyone else. It starts racial things to happen; I hate that.” “Yes, Black lives matter. Yes, white lives matter, asian lives matter. All lives matter,” the boxing world champion said. “And that’s kind of what my focus is.”

Alexander Schilling / 30.06.2020

Tja, da mangelt es der Pingeligkeit des Kritikasters und der Genügsamkeit seiner Leserschaft am Labsal profaner Fakten von vorneherein am nötigen hermeneutischen Vorverständnis gerade in Bezug auf den geschichtstheologischen Skopus des Textes: Denn so wie der Spiegel die Geschichte erzählt hat, hätte sie sich nicht nur zutragen können, nein, sie hätte sich genau so zutragen müssen, um ein zum korrekten Bewusstsein des eigenen Bildungs- und Erziehungsauftrags korrelierendes gesellschaftliches Sein abzubilden: und vielleicht wird sich—angesichts des gewandelten gesellschaftlichen Bewusstseins, zu dem die Speerspitze der Gesellschaft in Gestalt einer zahlreichen, um nicht zu sagen: zahllosen Spiegelleserschaft dann maßgeblich beigetragen haben wird—ja demnächst eine ähnliche Geschichte so ähnlich zutragen, wie der Spiegel sie vorab schon einmal gespiegelt hat: wer weiß das schon so genau—bei der weltgerichtlichen Rolle des Spiegels vor der Weltgeschicht’?

M. Wolke / 30.06.2020

Danke Herr Letsch für diesen interessanten Einblick. Ich habe mir tatsächlich den Original Spiegel Artikel angesehen und dann noch erstmals wieder nach 10 Jahren in dortige Kommentarforum. Schon erschreckend das Niveau dort. Früher gab es ja noch einen vernünftigen, argumentativen Austausch, wenn auch mit schon damals starkem Linksdrall. Das heute ist ja eine Kindergartenspielwiese für völlig verblendete, meine Kinder würden sagen verpeilte Menschen. Dass die Leserschaft des Spiegel - sofern die Forumsdiskussion über den Artikel das Niveau “widerspiegelt” - dermaßen degeneriert ist, ist definitiv überraschend.

HaJo Wolf / 30.06.2020

Das Bild treibt mir die Tränen in die Augen!

HaJo Wolf / 30.06.2020

Der Spiegel taugt nicht mal zum Arsch abwischen. Ist aber voll auf Mainstreamlinie, komplett gleichgeschaltet, das Gossenblatt.

Hans Reinhardt / 30.06.2020

Augusteins “Deutsches Wochenblatt zum Kampf um die Wahrheit” schafft es doch tatsächlich jede Woche seinem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Dort ist zusammengewachsen, was zusammen gehört: geistige Brandstifter schreiben für geistig Gestoppte und alle sind’s zufrieden.

Rolf Menzen / 30.06.2020

Neuester Aufreger ist das Ehepaar, das BLM-Demonstranten mit ner Glock und nem AR 15 davon abhalten wollte, sein Grundstück zu betreten.

Sebastian Laubinger / 30.06.2020

BLM ist rassistisch wie sonst was . . . und damit meine ich nicht einmal primär den Rassismus gegen Weiße. Es ist ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen, die ihre Mitmenschen ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit als Menschen betrachten, nicht als mehr- oder weniger Schützenswerte. Ich arbeite mit Kindern aller Hautfarben zusammen—die sind buchstäblich farbenblind, die finden einander toll und definieren sich NICHT über ihre Hautfarbe. Ich finde das fantastisch und möchte, dass das so bleibt. Das ständige Hervorheben einer Hautfarbe, ganz gleich welcher, führt NICHT zur Harmonie, sondern zu Ausgrenzung und Hass. Der große Martin Luther King sprach in seiner Rede “I Have a Dream” ja eben davon, dass er sich wünschte, seine Kinder würden in einem Land aufwachsen, in dem sie anhand ihres Charakters, nicht anhand ihrer Hautfarbe, bewertet würden. Genau das läuft dem Gedanken von BLM zuwider. Wer Grenzen zwischen Rassen zieht, auch zum vermeintlich Besseren, muss sich nicht wundern, wenn damit Öl ins Feuer gekippt wird. Aber, das ist ja offensichtlich so gewollt; die NeoMarxisten versuchen, die USA zu unterjochen. Möge ihnen das nicht gelingen!

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