Peter Grimm / 10.11.2019 / 13:00 / Foto: Olaf Kosinsky / 37 / Seite ausdrucken

Mathe, Mike und Mehrheit

Der Thüringer CDU-Landeschef und Wahlverlierer Mike Mohring scheint ein eher wechselhaftes Verhältnis zur Mathematik zu haben. Oder treiben ihn ganz spezielle Pläne um, wenn er davon träumt, von einer Mehrheit der Thüringer Landtagsabgeordneten zum Ministerpräsidenten gewählt zu werden, ohne dass die Bösen und Schlimmen für ihn stimmen?

Als am Wahlabend klar wurde, dass Linke und AfD die Wahl gewonnen haben und zusammen auf eine rechnerische Mehrheit kämen, musste jedem der rechnen kann, klar sein, dass es keine Mehrheit ohne Linke- oder AfD-Beteiligung gibt. Auch Mike Mohring schien das verstanden zu haben, als er sich offen für Gespräche mit Thüringens linkem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow zeigte. Bekanntlich sorgte die Vorstellung einer Kooperation zwischen CDU und den SED-Erben für erheblichen Unmut, woraufhin Mohring diesen Testballon zurückzog und betonte, um mehr als ein unverbindliches Gespräch wäre es ihm nicht gegangen. Es gelte das Wahlversprechen: keine Zusammenarbeit mit Linken oder der AfD.

Bald darauf erklärte der CDU-Frontmann, dass er sich mit einer Minderheitsregierung zur Wahl stellen könnte und ihn vielleicht eine Mehrheit der Abgeordneten wählen würde. Wie sich diese Mehrheit zusammensetzen ließe, darüber spekulierte er nicht genauer. Es ist ja schließlich eine geheime Wahl und da kann er ja gar nicht wissen, woher die Stimmen für ihn im Einzelnen kommen. Das ist natürlich richtig, doch die Öffentlichkeit verstand es als Eingeständnis, auch mit Stimmen aus der AfD-Fraktion an die Macht kommen und Ministerpräsident Bodo Ramelow auf die Oppositionsbank schicken zu wollen. Gerade der letztgenannte Umstand lässt ja kaum vermuten, dass Mike eine Chance auf irgendeine linke Stimme hätte.

Ein Ausweg

Also erntete Mohring wieder Unmut, weil er möglicherweise mit der AfD kuscheln könnte, doch Unmut in der Öffentlichkeit und in der Bundesparteiführung kann er offenbar gar nicht leiden. Deshalb – man konnte es ahnen – ruderte Mike nun wieder zurück und träumt von Mehrheiten unter Auslassung mathematischer Regeln. Unter keinen Umständen wolle er sich von AfD-Abgeordneten wählen lassen. Das wolle er vorher ausschließen, ließ er via Bild verlauten: „Es wird keine Wahl geben, bei der ich vorher nicht ausschließe: Ich will keine Stimmen der AfD-Politiker! Es gibt für mich in dieser Frage keinerlei Grauzonen. Ich mache Politik von Herzen und aus Überzeugung, aber ganz sicher nicht um jeden Preis.“

„Das ist eindeutig!“, resümiert Bild, doch was ist denn daran eindeutig? Bei einer geheimen Wahl kann Mohring nicht ausschließen, dass die AfD-Abgeordneten für ihn stimmen. Und eine Mehrheit kann er ohne ihre Stimmen nicht bekommen. Gibt er die Suche nach einer Mehrheit auf und bandelt doch wieder mit der Linken an? Oder schmiedet er einen speziellen Plan?

Es gibt nämlich in der Tat eine Möglichkeit, wie Mohring ohne AfD-Stimme und gegen die Stimmen der Linken Ministerpräsident werden könnte. Wenn die AfD-Fraktion zu einer Landtagssitzung geschlossen dem Parlament fern bliebe, dann hätten die Abgeordneten von CDU, SPD, FDP und Grünen eine Mehrheit. Und Mohring könnte garantieren, dass keine AfD-Stimme für ihn abgegeben wurde. Eine wirklich clevere Idee, nur wie bringt man die AfD dazu, geschlossen einer Landtagssitzung fern zu bleiben?

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Leserpost

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Yuri Bezmenov / 10.11.2019

Glaubt die CDU eigentlich ernsthaft, jemals noch einen substantiellen Anteil an Stimmen von der AfD zurückgewinnen zu können?

Detlev Bargatzky / 10.11.2019

Hat der Herr Mohring eine enge Verwandte namens Ypilanti?? Sie wissen schon, das war die SPD-MP-Kandidatin, die unmittelbar nach einer Hessen-Wahl sinngemäss sagte: “Sch..ss egal. Nun habe ich die Wahl gewonnen und koaliere einfach mit der Linken, auch wenn ich das vorher kategorisch ausgeschlossen habe..  Mit dieser Entscheidung müsst ihr halt 4 Jahre leben.

Peter Wachter / 10.11.2019

“... nur wie bringt man die AfD dazu, geschlossen einer Landtagssitzung fern zu bleiben?”. Ganz einfach, die Antifa macht Einlasskontrolle, s.h. Blockade von De-Maizière-Lesung in Göttingen, funktionierte ganz tadellos, sogar im Beisein und unter den Augen der Polizei, wir sind ja schließlich ein AntiRechts- äh AntiRächtsstaat !

Roland Welsch / 10.11.2019

Auch meinerseits die Empfehlung an die AfD , bei der Wahl des Ministerpräsidenten egal ob Mohring oder Ramelow zuzustimmen und formal eine Regierung konstituieren lassen. Diese dann ganz demokratisch schon bei nächster Gelegenheit hoch gehen lassen. Sie finden das schäbig und unwürdig? Dann darf ich sie an das Video aus dem Bundestag vom 8.11 erinnern wo schön gezeigt wird wie diese Herren Demokraten um den CDUCSU Friederich trotz eindeutig sichtbarer Beschlussunfähigkeit versucht haben illegal Gesetze durchzubringen. Es ist Zeit als zweitgrösste Partei in Thüringen die Muskeln spielen zulassen

HaJo Wolf / 10.11.2019

In unserem Land wird sich erst was ändern, wenn die AfD die absolute Mehrheit hat - helfen wir dabei!

von Kullmann / 10.11.2019

Die AfD Fraktion wird von ihrem Fraktionsführer Höcke auch öffentlich veranlasst, Mohring einstimmig zu wählen. Mohring wird gewählt und kann dann sein wahres Gesicht bei der Annahme der Wahlentscheidung kundtun.

R. Lichti / 10.11.2019

Das absichtliche Fernbleiben würde zwar garantieren, daß Mohring ohne AfD- Stimmen gewählt würde, wäre aber nur mit einer zumindest informellen Zusammenarbeit möglich. Für die Regierungsarbeit müsste er aber schon die AfD-Stimmen in Anspruch nehmen. Das war aber wohl nicht explizit als Wahlversprechen ausgeschlossen worden. Es hat schon deutlich üblere Trickserien gegeben, auch solche die ganz offen und klar gegen geltendes Recht verstoßen haben. In diesem Fall könnte man sich vor der nächsten Wahl ja mal ansehen, ob die bösen Populisten auf dem selben Niveau sind, wie die etablierten Demokratiebekämpfer - oder aber besser! Schlechter ist ja wohl nicht mehr möglich.

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