Der weitgehende Wegfall der Maskenpflicht am 1. April ist für viele in Berlin ein Freudentag – viele haben die Maske aber liebgewonnen und wollen nicht von ihr lassen.
Kein Aprilscherz: Am 1. April 2022 dürfen die Masken (bis auf wenige Ausnahmen, z.B. in Theatern und Opernhäusern) in Berlin fallen. Nach zwei Jahren der Gesichtsverhüllung ist das ein wahrlich befreiender Tag – wenn auch später als vom jetzigen Bundesjustizminister Buschmann eigentlich angekündigt, der den Wegfall sämtlicher Restriktionen für den 20. März versprach (zum Zeitpunkt dieser Ankündigung nach der letzten Bundestagswahl war er allerdings noch kein Minister).
Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) hätte die Bundeshauptstadt zwar gern zum „Corona-Hotspot“ erklärt, der es ihr erlaubt hätte, die Maßnahmen doch noch zu verlängern. Doch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wies ihre Ministerin in die Schranken: „Wir haben keine Überlastung unserer Krankenhäuser.“ Die von Corona nahezu ungefährdeten und dennoch besonders gegängelten Schüler können endlich auf- und durchatmen, und auch die allermeisten Geschäfte dürfen nun ohne Maske betreten werden.
Auf einem Ausflug in unser östliches Nachbarland habe ich den de-facto-Wegfall der Masken im Februar in Polen miterlebt – Wochen bevor die Maskenpflicht dort offiziell endete. So eine Lockerheit im Umgang mit Corona könnte in Deutschland wohl nicht passieren.
Die Regeln können noch so unsinnig sein (Deutschland halbierte den Genesenen-Status in Sachen Corona von sechs auf drei Monate, während die Schweiz die Dauer des Genesenen-Status fast zeitgleich von sechs auf 12 Monate verdoppelte), die offiziellen Corona-Zahlen rund um die Welt noch so unglaubwürdig sein (im kleinen Hongkong mit seinen 7,5 Millionen Einwohnern beispielsweise soll es offiziell 7.706 Corona-Tote seit Anfang 2020 geben, im selben Zeitraum aber nur 4.638 Todesopfer im Corona-Ursprungsland, dem großen Gesamt-China mit seinen 150 Millionenstädten, seinen 15 Megastädten, über 300 Millionen Bauern und 1,4 Milliarden Menschen) – in Deutschland werden sie dennoch von weiten Teilen der Bevölkerung kaum bis gar nicht hinterfragt.
Dennoch glaubte ich, den Menschen in der Warteschlange meiner Stamm-Bäckerei einen Gefallen zu tun, als ich sie heute Morgen freundlich darauf hinwies, dass nun endlich keine Pflicht mehr zum Tragen der beengenden Maske besteht. Zum Glück reagierten auch einige wie erhofft, bedankten sich lächelnd bei mir für den Tipp, denn sie hätten sonst das Ende des Zwangs glatt verpasst. Doch einer zischte mich böse mit „Ich darf sie aber weiter tragen, oder!?“ an (ganz so, als ob ich ihm irgendetwas hätte verbieten wollen) und zwei Bauarbeiter nuschelten „Ich lass sie lieber auf…besser ist das.“
Diejenigen Untertanen also, die in den letzten Jahren nahezu alles geschluckt haben, was Journalisten und Politiker ihnen erzählten, wollen nicht so schnell von ihrer Angst lassen – die Freiheit scheint ihnen in erster Linie ein Ärgernis zu sein: Sind doch plötzlich nicht mehr sie es, die das Gesetz auf ihrer Seite haben. Wäre nicht über Nacht alles falsch geworden, was sie noch vor kurzem geglaubt haben, wenn sie die Maske nun von einem auf den anderen Tag absetzen? Nicht wenige Menschen scheinen die Angst, die man ihnen auf nahezu allen Kanälen gemacht hat, nach nun zwei Jahren sogar liebgewonnen zu haben. Damit das aber nicht so irrational klingt, wie es ist, nennen sie ihre Angst lieber „Vorsicht“.
In den kommenden Tagen wird es spannend, zu beobachten, wie lange die Angehörigen der Angst-Fraktion die Masken im vielleicht einzigen Land Europas, das noch immer die Einführung einer Impfpflicht diskutiert, weiterhin tragen werden – obwohl es ihnen niemand mehr vorschreibt.
Simon Akstinat arbeitet als Autor und Fotograf. Sein neues Buch „Pantheismus für Anfänger – Der kaum bekannte Gottesglaube von Goethe, Einstein und Avatar“ ist hier und hier bestellbar.