Simon Akstinat / 03.04.2022 / 10:00 / Foto: Imago / 121 / Seite ausdrucken

Maskenende: Verliebt in die Angst

Der weitgehende Wegfall der Maskenpflicht am 1. April ist für viele in Berlin ein Freudentag – viele haben die Maske aber liebgewonnen und wollen nicht von ihr lassen.

Kein Aprilscherz: Am 1. April 2022 dürfen die Masken (bis auf wenige Ausnahmen, z.B. in Theatern und Opernhäusern) in Berlin fallen. Nach zwei Jahren der Gesichtsverhüllung ist das ein wahrlich befreiender Tag – wenn auch später als vom jetzigen Bundesjustizminister Buschmann eigentlich angekündigt, der den Wegfall sämtlicher Restriktionen für den 20. März versprach (zum Zeitpunkt dieser Ankündigung nach der letzten Bundestagswahl war er allerdings noch kein Minister).

Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) hätte die Bundeshauptstadt zwar gern zum „Corona-Hotspot“ erklärt, der es ihr erlaubt hätte, die Maßnahmen doch noch zu verlängern. Doch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wies ihre Ministerin in die Schranken: „Wir haben keine Überlastung unserer Krankenhäuser.“ Die von Corona nahezu ungefährdeten und dennoch besonders gegängelten Schüler können endlich auf- und durchatmen, und auch die allermeisten Geschäfte dürfen nun ohne Maske betreten werden.

Auf einem Ausflug in unser östliches Nachbarland habe ich den de-facto-Wegfall der Masken im Februar in Polen miterlebt – Wochen bevor die Maskenpflicht dort offiziell endete. So eine Lockerheit im Umgang mit Corona könnte in Deutschland wohl nicht passieren.

Die Regeln können noch so unsinnig sein (Deutschland halbierte den Genesenen-Status in Sachen Corona von sechs auf drei Monate, während die Schweiz die Dauer des Genesenen-Status fast zeitgleich von sechs auf 12 Monate verdoppelte), die offiziellen Corona-Zahlen rund um die Welt noch so unglaubwürdig sein (im kleinen Hongkong mit seinen 7,5 Millionen Einwohnern beispielsweise soll es offiziell 7.706 Corona-Tote seit Anfang 2020 geben, im selben Zeitraum aber nur 4.638 Todesopfer im Corona-Ursprungsland, dem großen Gesamt-China mit seinen 150 Millionenstädten, seinen 15 Megastädten, über 300 Millionen Bauern und 1,4 Milliarden Menschen) – in Deutschland werden sie dennoch von weiten Teilen der Bevölkerung kaum bis gar nicht hinterfragt.

Dennoch glaubte ich, den Menschen in der Warteschlange meiner Stamm-Bäckerei einen Gefallen zu tun, als ich sie heute Morgen freundlich darauf hinwies, dass nun endlich keine Pflicht mehr zum Tragen der beengenden Maske besteht. Zum Glück reagierten auch einige wie erhofft, bedankten sich lächelnd bei mir für den Tipp, denn sie hätten sonst das Ende des Zwangs glatt verpasst. Doch einer zischte mich böse mit „Ich darf sie aber weiter tragen, oder!?“ an (ganz so, als ob ich ihm irgendetwas hätte verbieten wollen) und zwei Bauarbeiter nuschelten „Ich lass sie lieber auf…besser ist das.“

Diejenigen Untertanen also, die in den letzten Jahren nahezu alles geschluckt haben, was Journalisten und Politiker ihnen erzählten, wollen nicht so schnell von ihrer Angst lassen – die Freiheit scheint ihnen in erster Linie ein Ärgernis zu sein: Sind doch plötzlich nicht mehr sie es, die das Gesetz auf ihrer Seite haben. Wäre nicht über Nacht alles falsch geworden, was sie noch vor kurzem geglaubt haben, wenn sie die Maske nun von einem auf den anderen Tag absetzen? Nicht wenige Menschen scheinen die Angst, die man ihnen auf nahezu allen Kanälen gemacht hat, nach nun zwei Jahren sogar liebgewonnen zu haben. Damit das aber nicht so irrational klingt, wie es ist, nennen sie ihre Angst lieber „Vorsicht“.

In den kommenden Tagen wird es spannend, zu beobachten, wie lange die Angehörigen der Angst-Fraktion die Masken im vielleicht einzigen Land Europas, das noch immer die Einführung einer Impfpflicht diskutiert, weiterhin tragen werden – obwohl es ihnen niemand mehr vorschreibt.

 

Simon Akstinat arbeitet als Autor und Fotograf. Sein neues Buch „Pantheismus für Anfänger – Der kaum bekannte Gottesglaube von Goethe, Einstein und Avatar“ ist hier und hier bestellbar.

Foto: Imago

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Frank Meyer / 03.04.2022

Nun stand allerdings in den meisten Medien ab dem 04.04 als Datum für die Aufhebung der Maskenpflicht. Somit waren einige Berliner doch verunsichert oder wussten es nicht. Von Freitag Abend auf Samstag Abend ging die Anzahl der Maskenträger in meinem Supermarkt immerhin von ca. 98 Prozent auf ca. 80 Prozent zurück. Tendenz also stark fallend.  Das Highlight waren allerdings 2 ältere Herrschaften, die mit einer Vollgummi Gasmaske den Laden betraten.

j. heini / 03.04.2022

Es ist nicht unbedingt die Angst. Auch Menschen mit sozialer Ader können soch nur schwer von der Maske trennen. Es ist das Gefühl, dem anderen gegenüber höflich, rücksichtsvoll zu sein. Ihn zu schützen. Gutmensch also. Kontakt mit vielen Menschen bedeutet, man wird zum Risiko. Sich als Risiko zurückzunehmen, ist ebenfalls Gutmenschentum. Jetzt auf dieses Gefühl zu verzichten, ist schwer. Angst und Gutmenschen bräuchten ein neues Ziel. Aber Herr Lauterbach und Co sind dagegen. Und ich, ich hoffe sehr, es wird nicht Klima.

Rolf Lindner / 03.04.2022

MAULKORBTRÄGER - Viren müssen, um zu leben, stets nach feuchter Wärme streben. Sind sie erst einmal aktiviert, ein Körper wird bald requiriert. Den brauchen sie nun zum Vermehren, doch dort kommt ihnen in die Queren, das, was man Antiköper nennt, sofern der Körper nicht verpennt, die Antikörper zu bereiten, die dann gegen das Virus streiten. Die Viren selbst nun wiederum seh’n sich nach neuen Wirten um. Wieder wollen sie sich aufwärmen, weshalb sie ganz besonders schwärmen und finden es gar nicht so doof, ist feuchte Wärme schon im Hof. Die bieten ihnen nebenbei, die Träger von Effeffpezwei. Weshalb, man muss es deutlich sagen, die Masken nur die Dummen tragen. Denen kann aufs Gesicht drücken, der Führung zum großen Entzücken, man Maulkörbe - der Fachmann lacht, die als Staubfilter gedacht. Würden die Führer es bestellen, Maulkorbträger würden bellen.

Markus Buchholz / 03.04.2022

@ Uwe Schäfer: Ist doch klar, Unkraut vergeht nicht…..

Micha Walden / 03.04.2022

Die Diskussion um die Maske ist lächerlich. Nein, sie ist kein Symbol! Wer sie tragen will, soll sie tragen. Wer sie sich um die Knie binden will, soll es tun. Es gibt wahrlich andere Dinge, um die wir uns kümmern sollten. Erinnern wir uns? Impfpflicht vs. jegliche wissenschaftliche Erkenntnis, Willkür, Ausschluss gegenläufiger Meinungen, Diffamierung, Mitläufertum, Berufsverbote, Verachtung von Pflegepersonal und so weiter und so weiter. Die Maske ist ein Utensil, worüber es sich nicht lohnt einen Text zu schreiben.

L. Kauffmann / 03.04.2022

Frau Gotes ausgesprochenes Bedauern, keinen Hotspot erklären zu können (“leider” – sie sagte tatsächlich “leider” – “leider” hätte dies vor Gericht keinen Bestand; die Zahlen seien einfach zu niedrig) ist mir auch sehr übel aufgestoßen. Was für eine Denke steckt bloß hinter einer solchen Äußerung? Ist es Hysterie (wie bei ihrer Amtsvorgängerin)? Ist es Größenwahn? Ist es eine besonders perfide Ausbildung des Helfersyndroms? Keine der großen Zeitungen kommentierte (m.W.) dieses Äußerungen und vor allem das kleine, aber signifikante Wörtchen “leider”. Derweil ist es spannend, wie sich die Lager auch örtlich verteilen: In Ladengeschäften sieht man nach meiner Beobachtung entweder gar keine “Masken” mehr – oder jede/r trägt eine. Vielleicht ist es eine Art Gruppendruck. In meinem Stamm-Coffeeshop stand das Personal wie selbstverständlich ohne “Maske” hinterm Tresen. Nebenan kann man durch Erwerb eines überteuerten Küchleins seine eigene Wokeness dokumentieren. Hier schnorchelte die Verkäuferin hinterm Tresen natürlich durch den FFP-Knebel und an der Tür hingen nach wie vor die “Regeln” zum Betreten des Ladens. Im Sportstudio wiederum trug man schon seit Monaten die “Maske” (wenn überhaupt) kurz am Einlass. In der Nacht zum 01.04. gab es pünktlich um Mitternacht die Durchsage, “Masken” könnten jetzt gerne abgesetzt werden. Wer sie entsorgen wolle, möge das bitte über den Mülleimer tun.

dina weis / 03.04.2022

Die “Angstfraktion” wird weiter Maske tragen, das ist denen jetzt heilig, auch wenn es vorher schon unsinnig war im Freien allein! auf der Strasse oder gar im Auto eine zu tragen, sie werden ganz Untertan sich freiwillig kasteien. Freiheit, huch was ist das, ist denen irgendwie suspekt und macht sie orientierungslos, da die Anleitung zum Leben fehlt. Die brauchen immer jemand, der ihnen sagt wo’s lang geht.

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