Henryk M. Broder / 28.07.2017 / 06:25 / Foto: EU / 12 / Seite ausdrucken

Martin Schulz und Europa – Der doppelte Alptraum

Ein altes deutsches Sprichwort sagt: „Wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, sollte man den Kopf nicht hängen lassen.“ Wie wahr dieser Satz ist, muss der Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, in diesen Tagen erleben. Der Schulz-Hype, der ihn in das Kanzleramt tragen sollte, ist geschmolzen wie ein Schneemann in der Abendsonne; was immer er unternimmt, um gegen Angela Merkel zu punkten, es misslingt ihm.

Angela Merkel bestimmt die Agenda. Die Kanzlerin, so Schulz in einem Interview mit der Bild am Sonntag, verhalte sich „zynisch“, indem sie „auf Zeit spielt und versucht, das Thema bis zur Bundestagswahl zu ignorieren“. Das Thema ist die Flüchtlingskrise, die Schulz acht Wochen vor den Wahlen der CDU in die Schuhe schieben möchte, als hätte die SPD nicht alle Entscheidungen der Großen Koalition in dieser Frage mitgetragen und als hätte sie in den vergangenen zwei Jahren keine Gelegenheit gehabt, sich der Politik der Kanzlerin zu widersetzen.

Nun, fünf vor Zwölf, drängt Schulz zur Eile. „Wenn wir verhindern wollen, dass das wieder eintritt, was 2015 eingetreten ist“, dass Hunderttausende von Flüchtlingen in das Land strömen, müsse dringend etwas unternommen werden. EU-Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, sollten die Zuschüsse gekürzt werden. Eine populistische Idee, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt. Der Generalsekretär der SPD, Hubertus Heil, spricht von einer „besseren Verantwortungsteilung in Europa“.

Es ist der richtige Moment, um der Erinnerung von Martin Schulz auf die Sprünge zu helfen. Er war, wie fast alle Politiker, geradezu besoffen von der Idee, die Flüchtlinge wären eine große Chance – für Deutschland und für Europa. „Was die Flüchtlinge zu uns bringen, ist wertvoller als Gold“, sagte Schulz noch im Juni letzten Jahres zum Thema „Heimat, Flucht und Identität in Zeiten der Globalisierung“ bei einer Gastvorlesung in Heidelberg. „Es ist der unbeirrbare Glaube an den Traum von Europa. Ein Traum, der uns irgendwann verloren gegangen ist.“

Gestern sollten die Flüchtlinge den „Traum von Europa“ verwirklichen. Heute sollen sie Martin Schulz helfen, seinen Traum vom Kanzler wahr werden zu lassen. –  Ein Alptraum kommt selten allein.

Zuerst in der Zürcher Weltwoche erschienen

Foto: EU

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M. Haumann / 28.07.2017

Nein, ausgerechnet Herr Schulz kann nun wirklich keine Kehrtwende mehr hinlegen. Hat er doch längst den Volksmund nachhaltig bereichert, der inzwischen unsere neuen vitalen Mitbürger verbreitet liebevoll als “Goldstücke” begrüsst. Für Kanzler reicht das vermutlich nicht, aber er kann sich dafür in die historische Reihe bedeutender Dichter und Denker verorten, die mit ihren poetischen Beiträgen unsere schöne Sprache prägten.

Stine Bading / 28.07.2017

Mein Problem in Hinblick auf die nächste Bundestagswahl ist, egal wenn ich wähle, es darauf hinausläuft, dass sich die/ der Kanzler/in auf Europapolitik fixieren wird. Immer mit der Behauptung, das dies gut für die Deutschen ist, womit nach meinem Eindruck die deutsche Wirtschaft gemeint ist! Und bevor jetzt wieder nett gemeinte Vorschläge kommen, ich könnte ja die AfD wählen: Die Truppe und deren Inhalt sind für mich nicht mal aus Protest wählbar (eher wähle ich als Atheistin die Bibeltreuen)! Eine Kanzlerin “ich mache, was ich will” oder einen Kanzler “was geht mich mein Gewäsch von gestern an” sind für mich keine vertrauenswürdigen Bewerber. Ich träume jetzt mal! Ich hätte gerne eine Partei, die vorrangig auf die Bedarfe Deutschlands und der deutschen Bevölkerung blickt, und die mehr als die Themen “Flüchtlinge” und “Gerechtigkeit ” zu bieten hat. Außerdem sollte sie sowohl eine gute Regierungs-, aber auch Oppositionsarbeit leisten können. Ach ja, da gibt es ja noch die Gelben! Empfehle mal das Wahlprogramm von denen zu lesen!

Laura Mertens / 28.07.2017

Herrn Broders Darstellung bietet wenigstens mal etwas zum Lachen in dieser traurigen Angelegenheit. Danke, Herr Broder.

Ilonka Mueller-Getahun / 28.07.2017

Wie immer kurz und treffend formuliert.Schulz ist doch genauso unglaubwürdig wie der Rest. Er will die Invasion nicht stoppen,sondern verteilen.Das wird nicht klappen und er weiss es genau. Also lügt er wieder besseres Wissen. Warum wohl???? Ein Schelm der Böses dabei denkt.

Wolfgang Lang / 28.07.2017

Schulz ist ein Scharlatan. Er hat sich nie entschuldigt für seine Spesen- und Amigofehltritte in der EU. So einer taugt nicht für politische Spitzenpositionen, insofern man auch einen moralischen Maßstab an politische Ämter anlegt.

Martin Heine / 28.07.2017

Verehrter Herr Broder, hier ein paar spontane Gedanken von mir: Mir kommt es so vor, wie wenn Schulz, nachdem er wohl einsehen musste,dass er keine Chance mehr hat Kanzler zu werden, nun nur noch Merkel schaden will. Das Merkel das Flüchtlingsthema aus dem Wahlkampf unbedingt heraushalten will und es scheut wie der Teufel das Weihwasser ist offensichtlich, da es ihr verwundbarster Punkt ist. Mit dem “Dieselskandal” soll das Volk durch die Medien vom Migrationthema während des Wahlkampfes abgelenkt werden. Als nun Schulz die Flüchtlingskrise wieder prominent hervorgehoben hatte, haben wir nun plötzlich einen “Kartellskandal” der Autoindustrie, obwohl es sich hier um eine seit über 20 Jahren eingetrage Gemeinschaftsfirma der Autokonzerne handelt, die auch regelmäßig vom Kartellamt überprüft wurde. Wurde hier von den Nannymedien themenmäßig “nachgelegt” um uns, das Volk (auch Pack genannt) mit aller Macht im Wahlkampf vom eigentlichen Problem abzulenken. Wahrscheinlich liege ich da nicht ganz falsch, auch würde mich Ihre Meinung hierzu interessieren. Viele Grüße Martin Heine

R. Kuth / 28.07.2017

Angela Merkel bestimmt die Agenda. Die Kanzlerin, so Schulz in einem Interview mit der Bild am Sonntag, verhalte sich „zynisch“, indem sie „auf Zeit spielt und versucht, das Thema bis zur Bundestagswahl zu ignorieren“. Was ist daran neu??? IM Erika Merkel ignoriert ALLE (wichtigen) Themen!! Aussitzen bis zum bitteren Ende, das hatte der späte Kohl übrigens genauso gehalten - bis das Volk ihn satt hatte….

Hans Hoheneck / 28.07.2017

schon erstaunlich das Schulz das Thema hochgezogen hat die SPD kann damit nichts gewinnen, Sein Lösungsvorschlag ist, das er meint als deutscher Kanzler ein Veto in EÙ Haushaltsdingen einlegen zu können um die Osteuropäer auf Kurs zu bringen. Es gibt hierfür 1. keine gesetzliche Grundlage 2. wird Osteuropa trotzdem sich nicht wesentlich an der Verteilung beteiligen 3. will kein “Flüchtling” nach Osteuropa 4. er müsste sein Veto auch gegen Frankreich und Spanien einlegen,  die nehmen auch sehr wenig “Flüchtlinge"auf. Sein Lösungsvorschlag ist also hochgradig naiv und zeugt weiter davon das Schulz die EU als Zwangsgemeinschaft unter deutscher Kontrolle ansieht. Einen Lösungsvorschlag wie man den Zustrom wirkungsvoll begrenzen kann macht er nicht außer dem Dauerbrenner “Fluchtursachen bekämpfen” natürlich der vielleicht in 100 Jahren funktioniert..

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