Roger Letsch / 03.11.2021 / 06:25 / Foto: Ecureuil / 94 / Seite ausdrucken

Mangel? Psssssst! Bloß nicht drüber reden!

Wenn es Mangel gibt, soll man nicht berichten, dass es einen Mangel gibt, weil die Leute dann denken, dass es einen Mangel gäbe, woraufhin sie einen Mangel erzeugen, den es sonst nicht gegeben hätte. Echt jetzt?

Ist der Mangel schon überall spürbar? „Geht Tankstellen in Baden-Württemberg der Sprit aus?“, fragt der SWR und beschreibt in knappen Worten, dass einigen Tankstellen im Ländle Benzin, Diesel und Autogas fehlen. Es gibt einige Andeutungen zu den Ursachen, Transportprobleme werden vermutet, die Flüsse führten auch zu wenig Wasser. Vieles ist möglich, manches wahrscheinlich. Die Mineralölraffinerie Oberrhein teilte zwar mit, es gebe keine Probleme mit der Produktion, was jedoch nicht die Frage war und irgendwie ausweichend klingt. Kurzum: wir wissen nichts Genaues und der SWR gräbt hier lieber nicht tiefer.

Die Vermutung, die Verknappung könnte in Zusammenhang mit der allgemein angespannten Energiesituation stehen, drängt sich zwar auf, doch diese Karte spielt der SWR lieber nicht direkt. Nun kann es tatsächlich viele Ursachen für solche lokalen Knappheiten geben. Von Energiepreisen über Lieferketten bis zu niedrigen Flusspegeln ist da alles drin. Viel interessanter als den Artikel selbst fand ich jedoch den Leserkommentar von Herrn K.:

„Liebes SWR und andere Medien, Ich bitte sie dringlich darum eine in irgendeiner Weise Panikmachende Berichterstattung zum Thema mangelnde Spritverfügbarkeit zu unterlassen. Denn es gibt de Facto keinen Mangel, der einzige Weg wie jetzt Probleme entstehen können, ist wenn die Bevölkerung DENKT es gäbe einen Mangel, deswegen alle gleichzeitig zur Tankstelle fahren und tanken wollen. Denn dann entsteht kurzfristig ein tatsächlicher Mangel und der Vorgang von oben wiederholt sich. Das ist das altbekannte Phänomen des Bank Runs. Es ist genug für alle da. Nur eben nicht gleichzeitig. Wenn es tatsächlich zu größeren Problemen kommt, dann sind Sie und andere Medien daran Schuld.“

Wenn es also Mangel gibt, soll man nicht berichten, dass es einen Mangel gibt, weil die Leute dann denken, dass es einen Mangel gäbe, woraufhin sie einen Mangel erzeugen, den es sonst nicht gegeben hätte, weil es ja de facto keinen Mangel gibt? Was aber tun, wenn es einen Mangel wirklich gibt? Vielleicht berichten, dass es keinen Mangel gibt, obwohl es einen Mangel gibt? Und wenn die Menschen merken, dass es einen Mangel gibt, obwohl berichtet wird, dass es keinen Mangel gibt? Hat man keinen Mangel, weil nicht darüber berichtet wird? Oder Mangel nur, wenn und weil darüber berichtet wird? Mangelt es also an Mangel oder an Berichten? Ist de facto immer genug für alle da, weshalb wir überhaupt nichts zu bemängeln haben? Oder ist der Mangel an Berichten und die Mängel in den Berichten das, was de facto zu bemängeln ist?

Das „altbekannte Phänomen“ des Bank Runs wird ja tatsächlich von einem Mangel ausgelöst. Nur eben nicht von einem Mangel an Geld, ebenso wie ein „Run“ auf Tankstellen nicht vom Mangel an Sprit ausgelöst wird. Der Mangel an Sprit und Geld ist immanent! Keine Bank hat genug Geld und keine Tankstelle genug in den Tanks, wenn es zum „Run“ kommt. Es mangelt zwar offensichtlich an etwas, das man nicht mit den Worten „bitte gehen Sie weiter, es gibt keinen Mangel“ herbeireden oder durch mangelnde bzw. mangelhafte Berichterstattung erzeugen kann. Es gibt einen Mangel an Vertrauen! Vertrauen in eine Bank, eine Währung, in ein Netz von Lieferketten oder den Willen einer Regierung, die Versorgung einer Volkswirtschaft mit Energie ernsthaft sicherzustellen, anstatt sich in ein Wolkenkuckucksheim der Weltrettung durch Dekarbonisierung zu versteigen. Und da wäre ja noch das geschwundene Vertrauen in die Berichterstattung vieler Medien, die mal mangelhaft und mal voller Mängel über den Vertrauensverlust berichten.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Unbesorgt.de.

Foto: Ecureuil CC BY 3.0 via Wikimedia

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Leserpost

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Stefan Müller / 03.11.2021

Es gibt keinen Mangel. Die Reichen und Mächtigen können sich weiterhin alles kaufen. Nur halt nicht da, wo Otto Normalverbraucher einkaufen geht. Wie im Ostblock: Im Konsum die Regale leer, im Intershop voll.

Reinmar von Bielau / 03.11.2021

Als Einkäufer kann ich nur sagen: Wer den Mangel leugnet, der lügt! Bauen Sie heute mal eine Industriehalle, es wird nicht gehen, da die Stahlblechwände nicht geliefert werden können. Autos werden nicht nur wegen mangelnder Elektronikteile nicht mehr geliefert, sondern auch, weil andere Komponenten mittlerweile fehlen. Das Problem ist auch, dass einige Komponenten von einzelnen gehortet werden und andere Firmen sich blind auf eine funktionierende Lieferkette verlassen haben und keinerlei Lager mehr haben. Bei Elektronikteilen ist mittlerweile so weit, dass Sie für ein gutes Gebrauchtteil denselben Preis zahlen, wie für die, nicht erhältlichen, Neuteile.

Fred Burig / 03.11.2021

@Frank Mora: “Lenin: Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung”.....“des ganzen Landes” fehlt da noch! Das ist wesentlich, da eine Glühbirne nur im Kreml einige Leute nicht überzeugt hätte. MfG

Arnold Balzer / 03.11.2021

@ St. Milgram: Was beleidigen Sie den normalen Kunden, der auf eine herbeigeredete oder tatsächliche Mangelsituation mit Hamstern reagiert?  “Wenn der Mainstream zwei Tage lang Bilder von leeren Klopapierregalen zeigt, dann reicht das schon für eine mittlere Massenhysterie. Der Supermarkt hat seine normale Bestellmenge und diese reicht dann nicht für alle Idioten. ”  Der Kunde, der eiligst kauft, kann nicht beurteilen, ob der Mangel nur heute besteht, und morgen der Supermarkt eine neue Lieferung erhält! Wie denn auch!?! Beschwichtigende Äußerungen des Handels und der Medien kann er glauben - oder auch nicht! Ob er mit Vertrauen oder Misstrauen recht hätte, weiß er erst nächste Woche - DAS IST DAS PROBLEM! Das hat nichts mit beschränktem Verstand zu tun - begreifen Sie das endlich! Und genauso ist’s mit dem Geseiher aus Politik udn Lügenmedien - Denkende wissen das einzuordnen, haben aber kein Hintergrundwissen über eine konkrete Versorgungssituation, das sie zu einer rationalen Handlung veranlassen könnte, sei es gelassen zu reagieren oder zu hamstern!

Gerhard Schmidt / 03.11.2021

DDR reloaded…

Erwin Engelbogen / 03.11.2021

Mark Twain: „Es ist leichter, die Menschen zu täuschen, als sie davon zu überzeugen, dass sie getäuscht worden sind.“ Wir müssen die Eliten austauschen, sie hängen schon zu lange an den Sautrögen der Macht und am Euter der Finanzeliten. Wir brauchen dringend einen Neuanfang.

Jan Häretikus / 03.11.2021

Im Mangel von den Ossis lernen, heißt siegen lernen. Befragen Sie, liebe Brüder und Schwestern im Westen, Ihre Ostverwandtschaft nach bewährten Strategien, wie man mit solchen Situationen umgehen sollte. Das ich alter Ostdeutscher das noch einmal erleben muß!?

Volker Kleinophorst / 03.11.2021

@ R. Hanisch “Mangel an Rindern? Keine Spur!” Also in der Produktion. beim Metzger (Fleischer) dann aber schon, oder habe ich das falsch in Erinnerung?

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