Reinhard Mohr, Gastautor / 16.09.2024 / 10:00 / Foto: KI / 83 / Seite ausdrucken

Mal wieder nach dem Rechten schauen

Bei den 18- bis 24-Jährigen ist die AfD die Partei, der junge Leute am meisten vertrauen. Dass kann der SPIEGEL nicht fassen und bemüht sich um Aufklärung. Des Rätsels Lösung enthält zwei Silben mit sechs Buchstaben. 

Das einstige Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL hat ein ganzes Redaktions-Bataillon kreuz und quer durch Dunkeldeutschland geschickt, um der Frage auf den Grund zu gehen, wie es sein kann, dass die Jugend nicht mehr linksgrün tickt, sondern rechtsextrem und „völkisch“. „Jung – rechts – extrem“ prangt es auf dem Titel, neben einem blauen Sneaker mit dem roten AfD-Pfeil. Wir verstehen: Irgendwie alles Nazi, nur ohne den klassischen Springerstiefel.

Aber warum? Warum steht die AfD weit vor allen Ampel-Parteien in der Gunst der jungen Wähler – und Wählerinnen? Was ist mit der Dominanz des grünen Klimazeitgeists geschehen, die sich in den Medien immer noch tagtäglich beobachten lässt? Warum wählen sie nicht Olaf Scholz, Nancy Faeser oder Lisa Paus und finden Ricarda Lang und Kevin Kühnert groovy? 

In der schier endlosen Titelgeschichte kommt alles vor, was SPIEGEL-Leser gruselt – von gewalttätigen rechten Jugendgangs über ratlose Eltern und verzweifelte Lehrer bis zu Franziska aus Dresden, die AfD wählt und „Remigration“ für richtig hält. Wohin die SPIEGEL-Reporter auch schauen: Rechtsruck überall. 

TikTok ist an allem schuld

Um das irgendwie zu verstehen, fragt man den 80-jährigen Jugendforscher Klaus Hurrelmann. Viel mehr als „Zukunftsängste“ hat er nicht zu bieten. Und natürlich die „sozialen Netzwerke“, die Verführer 3.0. Als klassischer Vertreter der 68er-Generation hätte er sich freilich daran erinnern können, wie verzweifelt und ratlos Eltern und Lehrer in seiner eigenen Jugend waren, als die „langhaarigen Affen“ und „kurzberockten Flittchen“ plötzlich mit riesigen Porträts von Ho Chi Minh, Mao Tse-tung und Che Guevara durch die Straßen liefen und „Sieg im Volkskrieg!“ riefen. Vom Bürgersteig schallte es dann zeitgemäß zurück „Euch hat man vergessen zu vergasen!“

Franziska aus Dresden kann das alles nicht wissen, aber im SPIEGEL-Archiv findet man es bestimmt noch. Die lieben Kollegen aus Hamburg jedoch haben es sich in ihrer Blase derart gemütlich gemacht, dass sie gar nicht mehr auf das schauen müssen, was früher einmal „gesellschaftliche Verhältnisse“ hieß, samt aller Umbrüche und dramatischen Verschiebungen. Auch die Tatsache, dass die Ampel-Koalition die schlechteste Regierung seit 1949 ist und mit ihren folgenreichen Fehlentscheidungen auch jede Menge vernünftiger und erwachsener Bürger in ungekannte seelische Abgründe aus Wut und Resignation treibt, spielt keine Rolle. Da also die politische und gesellschaftliche Realität weithin ausgeblendet wird, ergibt sich streng logisch nur eine einzige mögliche SPIEGEL-Antwort auf die Frage nach dem Wiesowarumwoher des Rechtsrucks. Sie hat zwei kleine Silben und lautet „Tik Tok“.

Rudi Dutschke hätte das angesichts der „sich immer weiter verschärfenden Widersprüche der gesellschaftlichen Zustände“ eindeutig „unterkomplex“ gefunden. Wir aber sagen frei nach unserem Hausphilosophen Dieter Bohlen: 

„Mach mal der Blase klar, dass sie eine Blase ist!“

 

Reinhard Mohr, geb. 1955, schrieb als Journalist u.a. für den Pflasterstrand, die taz, die FAZ, Die Welt und den stern. Von 1996 bis 2004 war er Kulturredakteur beim Spiegel.

Foto: KI

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Leserpost

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Thomas Szabó / 16.09.2024

Warum wählen immer mehr Menschen die AfD? Diese DUMME FRAGE bezeugt, dass der politmediale Komplex eine in sich geschlossene Parallelgesellschaft ist und keinen Bezug zur Realität und zur Bevölkerung hat. Politik & Medien repräsentieren die Bevölkerung nicht. Sie weigern sich seit Jahrzehnten systematisch den Bürgern zuzuhören. Wenn ein besorgter Bürger etwas sagen will, dann stopfen sie sich die Ohren zu und spotten über “besorgte Bürger”. Nur die Alternativmedien analysieren sachlich die Sorgen der Bevölkerung. Die Spiegel-Reporter müssten nur Achgut lesen. ♦ Es gibt eine islamische, eine universitäre und eine politmediale Parallelgesellschaft & Gegengesellschaft. Es gibt eine Spaltung der Gesellschaft in normale Bürger und Linksgrünwoke. Parallelgesellschaften müssen nicht zwingend aus dem Ausland migriert sein. Sie können sich auch innerhalb eines Landes aus den eigenen Bürgern heraus kristallisieren. ♦ Die Universitäten, einst Stätten der Bildung, sind heute Brutstätten der Ideologisierung und der Verblödung. Sie gebären eine lebensferne, lebensuntaugliche, lebensfeindliche Parallelgesellschaft, die sich zu einer den Bürgern des Landes feindlich gesinnten Gegengesellschaft entwickelt hat. Die politische Linke hetzt schon seit 150 Jahren gegen das Bürgertum und damit gegen die Demokratie, denn die Demokratie ist eine bürgerliche Einrichtung. Die giftige linke Gegengesellschaft wurzelt bereits im 19 Jahrhundert. Kann die linksgrünwoke Parallelgesellschaft & Gegengesellschaft noch in die bürgerliche Gesellschaft integriert werden? Welche Integrationsmaßnahmen sind vonnöten? Sind die Mitglieder des politmedialen Komplexes überhaupt integrierbar?

hans kloss / 16.09.2024

Spiegel existiert noch? Interessant. Ich habe noch in Erinnerung, dass als ich Jahre her beim Arzt war, habe ich einen Artikel über einen Ort in USA im Spiegel gelesen. Der Artikel hat mir als sehr komisch erschien. Ich bin sicher der Name des Autors Relotious war. Das hat mich aber nicht interessiert und da meine Zweifel an Qualität des Magazins groß waren, habe ich zu dem Spiegel nie zurück gekehrt. Ich denke, der ist sogar aus den Wartezimmern in den Arztpraxen weg.  Deshalb habe ich gedacht, dass er weg gewesen wäre.

Wilfried Cremer / 16.09.2024

hallo Herr Mohr! Schutzgelderpressung fliegt höchst selten auf. Da stehen lang erprobte Mechanismen vor. Traditionell gilt das im gastronomischen Bereich und neuerdings in Schulen. Gut, dass es geheime Wahlen gibt. Wie lange noch?

Wilhelm Lohmar / 16.09.2024

Der Herr Professor Dr. Hurrelmann fühlt sich anscheinend immer noch als Berufsjugendlicher. Das kommt schon mal vor wenn man sich mit den sogenannten Gesellschaftswissenschaften befaßt.

Fritz kolb / 16.09.2024

Klasse Mädels und Jungs. Ihr lebt noch nicht lange genug im medialen Minenfeld, um einer Umerziehung zu erliegen. Eure Wut macht mir Hoffnung, eine Wut, die auch ich als 68-er aufs Establishment hatte. Die zeitgemäße Handlung: macht kaputt, was euch kaputt macht. Frauen, deren Gefahr einer Vergewaltigung täglich steigt, Männer, die ständig Messeridioten ausgeliefert sind. Und eine Blabla-Politik, die eure Lebenswirklichkeiten völlig ignoriert. Und was früher einmal eine Protestpartei wie die Grünen war, ist heute macht- und korruptionsdeformiert. Da bleibt nur die AfD als neue, moderne Protestpartei. Und der Spiegel liegt sowieso nur noch in Arztpraxen, um Wartezeiten zu verkürzen, gesellschaftlich ist er längst nicht mehr relevant. Manche nennen ihn mittlerweile ein Schmierblatt.  Weiter so, ich setze auf euch.

Albert Pflüger / 16.09.2024

Ich finde ja, daß es müßig ist, danach zu suchen, weshalb Leute die AfD wählen. Das scheint mir auf der Hand zu liegen. Mich würde viel mehr interessieren, was sich CDU-Wähler erhoffen, wenn sie ihr Kreuz machen. Es kann doch nicht sein, daß die alle wollen, daß es so weiter geht wie bisher, oder was denken die, daß ein Merz ins Werk setzen wird? Die CDU war es doch, die die Grenzen geöffnet und die Kernkraftwerke zum Abriss freigegeben hat!

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