Stefan Frank / 28.05.2025 / 16:00 / Foto: Imago / 7 / Seite ausdrucken

Mailand: Angriffe auf Kunst zum Holocaust-Gedenken

Die Wandgemälde des italienischen Pop-Art-Künstlers aleXsandro Palombo sind dem Kampf gegen den Antisemitismus gewidmet und werden deshalb immer wieder beschädigt.

Vermeintliche „Palästina-Solidarität“ zeigt sich immer wieder als Hass auf alles Jüdische, die Opfer des Holocaust inbegriffen. Ein Pop-Art-Wandbild am Mailänder Bahnhof, das mit den Figuren der Zeichentrickserie Simpsons an den Holocaust erinnern soll, ist von Unbekannten weitgehend zerstört worden. Am Tatort wurde der Schriftzug „Free PAL“ gesprüht, um die Tat in Verbindung mit der Kampagne zur Delegitimierung Israels zu stellen. Das Wandbild zeigte die Cartoon-Familie mit gelben Sternen hinter Stacheldraht: eine Warnung vor dem Vergessen der Gräuel des Holocausts.

Drei der fünf Figuren wurden völlig entfernt: Marge, Maggie und Lisa. Bei Bart wurde der gelbe Stern mit blutroter Farbe übermalt, bei Homer der gelbe Stern entfernt. Der Schöpfer des Wandbilds aleXsandro Palombo sprach in einer Reaktion von einer „visuellen Darstellung der antisemitischen Wut, die sich in unseren Städten ausbreitet“.

Im Gespräch mit der Jerusalem Post bestätigte der Künstler die mittlerweile sechste Beschädigung des Werkes innerhalb von zwei Jahren. „Vom ursprünglichen Kunstwerk ist nur noch wenig übrig. Es wurde von einer Hommage an die Erinnerung in einen Ausdruck des Hasses verwandelt“, sagte er und fügte hinzu, dass das Wandbild mit seinem popkulturell bekannten Simpsons-Stil ein wichtiges pädagogisches Instrument sei. Durch die Verwendung des unverwechselbaren Stils könne es jüngere Generationen direkt ansprechen.

Visuelle Stolpersteine

Der für seine farbenfrohen Werke, die sich mit Themen wie Ethik und Menschenrechten befassen, bekannte Pop-Art-Künstler hatte das Wandbild kurz vor dem Holocaustgedenktag am 27. Januar 2023 angefertigt. Es befand sich an einer Wand des Hauptbahnhof Milano Centrale in unmittelbarer Nähe des Holocaustmahnmals auf Gleis 21.

Von diesem Bahnsteig aus wurden ab 1943 Juden in Vernichtungslager deportiert. Der erste Zug fuhr am 6. Dezember 1943 ab; von den 169 Deportierten überlebten nur fünf. Am 30. Januar 1944 verließ der zweite Zug den Hauptbahnhof in Richtung Auschwitz-Birkenau; von den 605 Abtransportierten überlebten nur zweiundzwanzig Menschen. Eine von ihnen war die damals dreizehnjährige Liliana Segre, die im Gegensatz zu ihrem Vater Auschwitz überlebte. Die Mailänder Gedenkstätte ist eine der wenigen, die selbst Orte von Deportationen waren.

„Diese Werke sind ein visueller Stolperstein, der uns sehen lässt, was wir nicht mehr sehen“, so aleXsandro Palombo am 27. Januar 2023. „Die schrecklichsten Dinge können Wirklichkeit werden, und die Kunst hat die Pflicht, daran zu erinnern, denn sie ist ein wirksames Gegenmittel gegen das Vergessen. Der Schrecken des Völkermords an den Juden muss ungefiltert an die neuen Generationen weitergegeben werden, um die Menschheit vor weiteren Schrecken wie der Shoah zu schützen.“

Im Laufe der Jahre hat Palombo zahlreiche Werke im Kampf gegen den Antisemitismus geschaffen. Zu den bekanntesten gehören:

  • Anne Frank weint: Das jüdische Mädchen ist weinend in einer KZ-Uniform dargestellt und hält eine israelische Flagge in der Hand; neben ihr ist ein palästinensisches Mädchen im Begriff, die Hamas-Flagge anzuzünden.
  • Das Kind des Warschauer Ghettos: Umgedeutet als Geisel von Hamas-Terroristen, einem vermummten erwachsenen Mann und einem halbwüchsigen Jungen.
  • 7. Oktober, Flucht: Gewidmet Vlada Patapov, einer jungen Frau, die den palästinensischen Terrorangriff auf das Nova-Festival in Israel am 7. Oktober 2023 überlebte. Das in Mailand entstandene Wandbild zeigt Patapov auf der Flucht zwischen enthaupteten Teddybären. Kurz nach seiner Entstehung wurde das Werk zerstört: Die Täter entfernten den Kopf der Figur und ein Bein.

In einer Erklärung meinte der Künstler, wer immer das Bild „enthauptet“ habe, kämpfe nicht für die Befreiung Palästinas. „Diese extremistischen Bewegungen, die unsere Gesellschaft zunehmend radikalisieren, verfolgen ausschließlich das Ziel, in unserer westlichen Demokratie den terroristischen Glauben zu verteidigen.“ Die Bilder des Hamas-Massakers seien „zu früh aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht worden und müssten stattdessen weiterverbreitet werden, bis sie sich eingeprägt haben und zu einer Warnung vor der Bedrohung durch islamistischen Terrorismus und religiösen Fundamentalismus werden“.

Freiheit in Gefahr

Auch Palombos Wandgemälde der drei italienischen Holocaustüberlebenden Liliana Segre, Sami Modiano und Edith Bruck wurden beschädigt, ihre Gesichter zerkratzt und die Davidsterne unkenntlich gemacht.

Im Werk Arbeit macht frei, das die ungarisch-italienische Schriftstellerin und Filmregisseurin Edith Bruck porträtiert, wurde der große blaue Davidstern von der israelischen Flagge entfernt, welche ihre Schultern bedeckt, während in Halt! Stoj!, in dem Papst Franziskus und Bruck, Segre und Modiano in der Simpson-Version im typischen Pop-Stil des Künstlers erscheinen, alle gelben Davidsterne unkenntlich gemacht wurden. Dazu wurden die Parole „Israelani Nazi“ und ein Davidstern neben einem Gleichheitszeichen und einem Hakenkreuz gesprüht und das Gesicht des Papstes mit schwarzer Farbe übermalt. 

Nach der Zerstörung ihres Porträts erklärte die Senatorin auf Lebenszeit Liliana Segre: „Sie haben mir mein Gesicht und meine Identität genommen, sie haben den gelben Stern entfernt, aber die auf meinen Arm tätowierte Nummer gelassen.“ Auf dem Schild, das Papst Franziskus trägt, blieben die Worte „Antisemitismus ist überall“ erhalten. (Hier ist alles zu sehen.) Palombo fertigte das Werk schließlich noch einmal an, das nun Teil der Dauerausstellung des Römischen Holocaustmuseums ist. „Kunst ist der höchste Ausdruck von Freiheit und die wiederholten Angriffe auf ein Werk, das zwei Überlebende von Auschwitz darstellt, verdeutlichen, wie sehr der Wert der Demokratie und all unsere Freiheiten in Gefahr sind“, sagte der Künstler.

Das kann man auch an einem anderen Skandal ablesen, als die Vorführung des Films Liliana über Liliana Segre in einem Mailänder Kino im November 2024 kurzfristig abgesagt wurde: „Ich habe nichts gegen Juden“, rechtfertigte sich damals der Betreiber, „aber versetzen Sie sich in meine Lage. Das politische Klima ist angespannt. Ich habe keine Lust, ein Risiko einzugehen.“ Jede Woche gebe es Anti-Israel-Proteste in Mailand. Die Vorstellung des Films in seinem Kino würde bei den Demonstranten nicht unbemerkt bleiben. „Wenn sie kommen und alles zertrümmern, wer erstattet mir dann den Schaden?“

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

 

Stefan Frank, geboren 1976, ist unabhängiger Publizist und schreibt u.a. für Audiatur online, die Jüdische Rundschau und MENA Watch. Buchveröffentlichungen: Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise (2009); Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos (2012).

Foto: Imago

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S. Marek / 28.05.2025

Vom DC-Terror zum Gaza-Krieg: Der Krieg gegen Juden kennt keine Grenzen       Während die jüdische Welt von einem weiteren Terroranschlag erschüttert wird - diesmal in Washington, D.C. - und während sich die IDF auf die hoffentlich letzte Schlacht um den totalen Sieg in Gaza vorbereitet, ist es an der Zeit, mit Klarheit und Mut zu sprechen.    Es gab nie ein „Palästina“, und es wird auch nie eines geben. Was stattdessen entstehen wird, ist ein sicheres, souveränes jüdisches Heimatland, in dem kein Platz für dschihadistischen Terror ist - überall zwischen Fluß und Meer.      —>>>  Auf Youtube “From DC Terror to Gaza War: The War on Jews Has No Borders” von Avi Abelow zu finden   —>>  Aktuell sammelt sich die ganze westliche Welt um die Gaza, Judäa & Samaria Terroristen zu retten, damit die Juden Israels vielleicht doch noch besiegt werden können mit den Milliarden $ und € Unterstützung und   es ist keine humanitäre Krise in Gaza, sondern ein vom Westen unterstützter moralischer Skandal. Anstatt die offensichtliche humane Lösung zu fordern, nämlich die Evakuierung von “Zivilisten” aus einem Kriegsgebiet, z.B. direkt über die Grenze in den Sinai/Ägypten oder Jordanien, entscheiden sich westliche Führer für Heuchelei statt für Menschenrechte, für Grausamkeit statt für Klarheit und für die Unterstützung der Hamas statt für die Bekämpfung des Bösen.  Nichts entlarvt die klare judenhassende Anti-Israel-Agenda der westlichen „aufgeklärten“ Welt mehr als der Krieg in Gaza.

S. Marek / 28.05.2025

Wie der Westen die “Zivile” Bewohner des Gazastreifen opfert, um den Juden die Schuld für alles zu geben wo für die Hamas und andre Terrorgruppen direkt verantwortlich sind.    Was in Gaza geschieht, ist keine humanitäre Krise, sondern ein vom Westen unterstützter moralischer Skandal. Anstatt die offensichtliche humane Lösung zu fordern, nämlich die Evakuierung von “Zivilisten” aus einem Kriegsgebiet, z.B. direkt über die Grenze in den Sinai/Ägypten oder Jordanien, entscheiden sich westliche Führer für Heuchelei statt für Menschenrechte, für Grausamkeit statt für Klarheit und für die Unterstützung der Hamas statt für die Bekämpfung des Bösen.  Nichts entlarvt die klare judenhassende Anti-Israel-Agenda der westlichen „aufgeklärten“ Welt mehr als der Krieg in Gaza. —>> Auf Youtube “How the West Sacrifices Gazans to Blame the Jews” von Avi Abelow zu finden.

Ralf Pöhling / 28.05.2025

Das ist gut gemeint, wird aber langfristig nicht funktionieren. Etwas selbst im Detail zu erleben, egal auf welcher Seite man steht oder vielleicht auch nur direkter Zuschauer ist, ist etwas ganz anderes, als davon nur erzählt zu bekommen. Egal in welcher Form, es geht immer das wichtigste verloren: Die Angst und der Schock. Wir brauchen also etwas neues. Etwas in Handarbeit. Gemeinsamer Handarbeit. Für die Zukunft. Eine gemeinsame und stabile Zukunft für eine stabile Welt ohne Mord und Totschlag.

Franz Klar / 28.05.2025

“...Wandbild mit seinem popkulturell bekannten Simpsons-Stil ein wichtiges pädagogisches Instrument sei”. Ich denke , die Täter sind in Kreisen der Antipädagogik zu suchen ...

Marcel Seiler / 28.05.2025

Ich verurteile den Holocaust. Ich unterstütze Israel im heutigen Kampf um seine Existenz von ganzem Herzen. Nichtsdestoweniger möchte ich nicht überall in der Öffentlichkeit Holocaust-Mahnmale oder -Mahngemälde sehen; sie gegen mir auf die Nerven; sie hängen mir zum Hals heraus. Ich zweifle auch daran, dass solche Gemälde den heutigen Juden gegen den Antisemitismus helfen; möglicherweise ist das Gegenteil der Fall. Nämlich dann, wenn der durch diese Mahn-Objekte Beschämte seine Wut über die fortgesetzte Beschämung gegen die wendet, mit denen man ihn beschämt. Fazit: Man muss den Antisemitismus bekämpfen, aber nicht mit untauglichen Mitteln.

Wilfried Cremer / 28.05.2025

hi, mein Ratschlag wäre Re auf Kontra, also unter jede Schmiererei von dieser Art ein kleines rosa Schwein zu sprühen, bis das Ferkel sich als Wappentier des Antisemitismus weltweit etabliert hat.

P. Bruder / 28.05.2025

Sorry, aber was für ein Kitsch! Es fehlen nur noch Ned Flanders als SS-Scherge oder Rektor Skinner als Hitler..

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