Manfred Haferburg / 03.08.2022 / 13:07 / Foto: Tim Maxeiner / 132 / Seite ausdrucken

Männer, die auf Turbinen starren

Da soll noch einer sagen, der Bundeskanzler könne nur schlumpfig grinsen und habe keinen Sinn für Humor. Das stimmt so nicht. Es fehlt ihm nur der Sinn für unfreiwillige Komik.

Im Gas-Streit mit Russland hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch die Turbine für die Pipeline Nord Stream 1 besichtigt, die auf dem Weg von Kanada nach Russland in Mülheim an der Ruhr zwischenlagert. Wie jetzt? Hat Vizekanzler Habeck nicht schon vor zwei Wochen gesagt, die Turbine sei bei Gazprom und die technischen Probleme nur vorgeschoben?

Mit der Umgehung des eigenen Embargos schlägt die schlaue Bundesregierung dem Putin ein Schnippchen, von dem er sich lange nicht erholen wird. „Mit der Lieferung der Turbine haben wir Putins Bluff auffliegen lassen“, sagte er. „Er kann diesen Vorwand nicht mehr verwenden und keine technischen Gründe mehr für ausbleibende Gaslieferungen ins Feld führen.“

Jetzt hat der Bundeskanzler höchstselbst die Gasturbine bei Siemens in Erlangen besichtigt. Das kann man sich nicht ausdenken, und selbst die Wochenshow wäre auf so einen irren Einfall nicht gekommen. Leser und Twitterer haben die reine Freude an dieser Kabarett-Nummer. Auf RP Online kommentiert ein Leser: „Was redet dieser Scholz für einen Unsinn, wenn er die Turbine in Mühlheim besucht, dann kann sie ja schlecht gleichzeitig an Russland ausgeliefert sein"Und auf Twitter meint ein rj zur entsprechenden Tagesschau-Meldung: „Ich dachte der ist noch im Urlaub? Wünsche der Turbine viel Spaß, mach nen selfie, der kommt nie wieder.“

Besonders unterhaltsam sind die fast 900 Leserkommentare zu einem Welt-Online-Artikel, sie kommen mit köstlichem Humor daher, hier eine kleine Auswahl: 

Wilfried F.: Irgendjemand hat in diesen Spiel ne Schraube locker. Die Turbine ist es nicht.

Georg G.: Humor ist, wenn man trotzdem lacht! Ich könnte mich krümeln bei folgender Vorstellung: Scholz im Blaumann schlumpft durch die Turbine und bescheinigt dann, dass das Teil in Ordnung ist!

Harald W.B.: Und nächste Woche muss auch Herr Habeck die Turbine besichtigen. Darauf die Woche wird sie dann offiziell von den Parteivorständen von SPD und Grüne zur Abreise nach Russland verabschiedet.

Hassan Liebeaus B.: Männer, die auf Turbinen starren. Demnächst in Ihrem Kino

Angelika A.: Baut ein Museum um diese Turbine und nehmt Eintritt. Diese Meldung hat Komikerformat und ist Kabarett vom Allerfeinsten.

Fabian S. Ich bin mal gespannt über das Treffen mit der Turbine. Es ist gut, jede Turbine persönlich zu kennen.

Hans D.: Na klar, wir besichtigen eine Turbine. Was kommt danach? Wir besichtigen ein Atomkraftwerk und ein Windrad.

Marc D.: Der Kanzlernde besucht enz Turbine:innen. Oder Turbinende? Bitte dringend noch vor diesem Grossereignis klären.

Holger D.: Das Besichtigen von Dingen soll ja Wunder wirken. Vielleicht sollte der Kanzler erwägen, die Turbine zu küssen? Es soll eine sehr nette Turbine sein. Vermutlich wird sie noch in Regenbogenfarben lackiert.

Matthias K.: Jetzt wissen wir, warum die Turbine noch immer in Deutschland ist: Scholz war im Allgäu im Urlaub und erst nach seiner Rückkehr fand sich ein Termin, in welchem er mit dem Siemens Energy Chef bei einer Fotosession verkünden kann, dass die berühmte Turbine erst einmal auf Deutschland-Tournee geht, damit alle Abschied nehmen können.

Rebellion Extinction: Ggf. könnte man die Turbine einzäunen und Eintritt verlangen? Studierende Besichtigende zahlen die Hälfte.

Thomas S.: Wenn die Turbine mit der Deutschen Bahn transportiert wird, kann das noch dauern.

Heiko M.: Vielleicht handelt es sich ja um eine sehr schöne und sehenswerte Turbine.

Johannes H.: Gibt es auch öffentliche Besichtigungstermine? Oder wird man die Turbine bei einer langsamen Fahrt, durch ganz Deutschland, bewundern können?

Ralph A.: Ich warte schon geraume Zeit auf mein neues Auto. Könnte Herr Scholz mal schauen wo es ist?

Fällt das nicht alles unter den neuen Tatbestand „Verächtlichmachung“? Beim Lesen dieser 900 Kommentare haben die Nancy und der Haldenwang aber stramm zu tun.

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Bernd Ackermann / 03.08.2022

“Mit der Lieferung der Turbine haben wir Putins Bluff auffliegen lassen” - ich dachte, für’s fliegen sei im Bundestag der Merz zuständig? Oder lädt der jetzt die Turbine in sein Privatflugzeug und fliegt sie nach Moskau? Würde Sinn ergeben. Ansonsten nach “Kim Jong-Il looking at things” googlen, auch der geliebte Führer hat sich gerne Sachen angesehen. Egal, morgen kann sich Scholz sowieso an nichts mehr erinnern.

Wilhelm Rommel / 03.08.2022

Die WELT-Kommentare sind ja wirklich zum Schreien komisch: Die geballte Kraft des politischen Kabaretts seit Bestehen der Republicke käme nicht gegen diese realsatirische Spitzenleistung an. Um es - in Anlehnung an den verstorbenen Dieter Hildebrandt - zu sagen: “Der Kanzler befummelt aber auch jede Turbine, die man ihm hinhält…”. Und da Vergesslichkeit im Sinne Scholzens (=Oblivio Warburgensis) vor allem bei Körperkontakt hochansteckend ist, wollen wir doch hoffen, dass das gute Stück nicht auf dem Wege nach Russland zu der felsenfesten Überzeugung gelangt, ein Windrad zu sein…

Klaus Keller / 03.08.2022

Ich wünsche dem Bundeskanzler gute Besserung. PS ggf kann man ja die Turbinen von Nordstream 2 ausbauen. Ich schlage allerdings vor die Namen der Pipelines zu ändern. Wenn man künftig Nordstream 2 Norstream 1 nennt und Nordstream 1 Nordstram 2 könnte das mit dem Gastransport wieder klappen da man dann bedenkenloser Nordstream 2 boykottieren kann.  vgl ggf Gesetzesvorschlag das sich jugendliche ihr Geschlecht selbst aussuchen können. Das hin und her bei Namen von Erdgasleitungen müsste dann auch gehen. Und da die Benachteiligung einer Gasleitung wegen ihres Namens eine unzulässige Diskriminierung ist könnte man den Streit beilegen. Wobei noch zu klären wäre warum heute Nordstream 2 heute diskriminiert wird. Schließlich ist es das gleiche Erdgas. PS Warum soll ich weniger verworren und widersprüchlich handeln als meine Bundesregierung? Wobei ich meinen Vorschlag gar nicht so bekloppt finde.

Lutz Herrmann / 03.08.2022

Kim Jong-il Looking at Things.

Brian Ostroga / 03.08.2022

Vielleicht war die Turbine ja in Russland und es hat ihr nicht gefallen? Nun ist sie wieder da und Scholz muss ihr ins Gewissen reden “Auslandeinsätze sind hart”. Nun wissen wir was Scholz macht: “Scholz looking at things”

Friedrich Richter / 03.08.2022

Diese Regierung legt viel Wert auf das Setzen von Zeichen und auf Signale. Was will der deutsche Bundeskanzler jetzt signalisieren? Lieber Genosse Putin, bitte tu uns nichts. Du siehst ja, wir sind nicht ernstzunehmen und deshalb für nichts verantwortlich zu machen.

A.Schröder / 03.08.2022

Man muß sich hinlegen, nicht vor lachen, sondern um auf Augenhöhe deutscher Politiker zu sein.

Frank Bitterhof / 03.08.2022

„Die Turbine ist da und kann geliefert werden. Es muss nur jemand sagen: Ich möchte sie haben – dann ist sie ganz schnell da“. ICH möchte die Turbine haben, wem teile ich die Lieferanschrift mit? Was soll den dieses Kasperletheater? Das Teil sollte schleunigst zur Verdichterstation in Russland geliefert werden (wie schnell geht das eigentlich, Versand per Schiff?), dann hat der Kreml / Gazprom den Schwarzen Peter und kann die gedrosselten Gaslieferungen nicht mehr wegen dieser fehlenden Turbine entschuldigen.

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