Joachim Nikolaus Steinhöfel / 15.05.2017 / 17:43 / Foto: Gary Dee / 19 / Seite ausdrucken

Maas’ Zensurgesetz soll klammheimlich durchgepeitscht werden

Das bei MedienVerbänden und in der Öffentlichkeit auf breite Kritik gestoßene „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ von Justizminister Maas, das ja bereits einstimmig durch das Kabinett gegangen ist, stellt einen beispiellosen Anschlag auf die Meinungsfreiheit und einen Generalangriff auf die Gewaltenteilung dar. Das Gesetz soll nun offenbar morgen, am Dienstag, 16.05.2017, in den Fraktionssitzungen „durchgewunken“ und in dieser Woche still und heimlich in 1. Lesung am Freitag, 19.5.2017 (siehe die Tagesordnung des Bundestages, dort Punkt 38), eingebracht werden.

Wie die Homepage des Bundestages mit der Tagesordnung zeigt, fehlt interessanter- und überraschenderweise dort noch die Drucksache, um den Gesetzentwurf wenigstens in letzter Fassung noch einmal öffentlich nachlesen zu können. Zufall? Absicht? Oder wird auf den allerletzten Drücker daran noch gearbeitet, weil doch ein paar Grundrechte betroffen sind? Dass den Abgeordneten so die Möglichkeit genommen wird, sich hinreichend lange vor der Abstimmung mit dem zur Abstimmung stehenden Entwurf auseinander zu setzen, liegt auf der Hand. Das Gesetz soll ganz offensichtlich aber umgehend nach der nicht selten an einem Tag erfolgenden 2. und 3. Lesung und damit vor der Sommerpause, vor allem aber vor der Bundestagswahl, in Kraft treten. Mit dem Frontalangriff auf die Meinungsfreiheit wollen Merkel und Maas offenbar so früh wie möglich anfangen.

Seit Adenauers vor dem Verfassungsgericht gescheitertem Versuch, ein Staatsfernsehen einzurichten, hat es in der Bundesrepublik keinen solchen Frontalangriff auf die Meinungsfreiheit gegeben. Dass das Gesetz vom Verfassungsgericht kassiert werden wird, steht für mich außer Frage. Deutschland kritisiert vollmundig die massiven Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei. Mit diesem Gesetzesvorhaben macht man einen ganz großen Schritt in dieselbe Richtung.

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Horst Huhn / 16.05.2017

1. In der 1. Lesung wird nicht inhaltlich abgestimmt. Diese ist dazu da, das jeweilige Gesetz in das Parlament einzubringen. Dabei wird lediglich bestimmt, in welchen Ausschüssen ein Gesetz beraten wird (federführend und mitberatend). 2. Dass Drucksachen erst kurz vor der 1.Lesung vorliegen ist ganz normal - eben, weil noch nicht inhaltlich abgestimmt wird. 3. Gesetze werden nicht an einem Tag durchgepeitscht. Dass in diesem Fall zu suggerieren ist schlicht unseriös. 4. Inhaltlich bin ich voll Ihrer Meinung.

Bernd Rothaemel / 16.05.2017

Ich gehe davon aus, dass bei diesem Gesetz nur nach Beiträgen in deutscher Sprache das Netzwerk überprüft wird.Was ist aber mit türkischen Haßbeiträgen oder syrischen , afghanischen usw. jedenfalls in allen Sprachen, die jetzt in DE verwendet werden.Sollte sich das Gesetz auf “Haßbeiträge” in deutscher Sprache begrenzen. empfinde ich das Gesetz als rassistisch und gegen jedes Gleichstellungsgesetz verstoßend.Ausserdem hebelt es die Gewaltenteilung aus und ist gegen das GG, siehe Art. 3(1), (3),4(1)und 5(1)

Stephan Schleitzer / 16.05.2017

Tut mir Leid Herr Steinhöfel, auch ich teile Ihren “Optimismus” nicht. Das Bundesverfassungsgericht wird wie bei allen katastrophalen, politischen Entscheidungen der letzten 7 Jahre ein laut vernehmbares “Ja, aber…” verkünden. Es wird ein wenig bemängeln, damit die Leute mitbekommen, dass es da noch eine Bundesverfassungsgericht gibt (meiner Meinung nach gibt es keins mehr), welches sich um die Sicherheit des Grundgesetzes kümmert. Dann werden ein paar Feinheiten im Gesetz angepasst und das Gesetz verabschiedet. Und die Leute werden sich freuen wie gut unsere Demokratie doch funktioniert. Ich zitiere aus einen bekannten Film, dessen inhaltliche Parallelen in der heutigen Zeit viel zu wenigen bewusst werden: “Und so geht die Freiheit zugrunde - mit donnerndem Applaus.”

Gerhard Huitl / 16.05.2017

Ein sicher gut gemeinter Appell Herr Steinhöfel, in dieser brisanten Sache seinen Bundestagsabgeordneten zu mobilisieren. Leider handelt es sich bei “meiner” Vertreterin im Parlament um Gerda Hasselfeld, die bekanntlich auch während den turbulentesten unionsinternen Auseinandersetzungen beste Kontakte zu Angela Merkel pflegte. Schon deshalb würde sie mit Sicherheit auch auf Drängen aus ihrem Wahlkreis hin mitnichten gegen dieses Gesetzesvorhaben intervenieren.

Jörg Basler / 16.05.2017

Wo finde ich einen link zum Gesetzestext …alles Mögliche ist verlinkt, das Wesentliche aber nicht. Meine Frage wäre da noch, wie zensiert man ein bereits durch einen Alogerythmus zensiertes Medium und hatte ich keine Meinungsfreiheit bevor es Facebook gab?

Olaf Romer / 16.05.2017

Dieses Land wird unter Merkel immer skurriler und politisch grenzwertiger. Wer das immer nachbuchstabiert erkennt wird bald böse Erwachen.

Kathrin Mehlitz / 16.05.2017

Nun ja Herr Steinhöfel. Ihr Glauben an eine “unabhängige” Justiz in allen Ehren - nur mittlerweile ist nicht nur beim “Pack” der Eindruck entsstanden, das es diese genau nicht mehr gibt. Und das bezieht sich explizit auch auf des Verfassungsgericht. “Wes Brot ich eß-des Lied ich sing”- wußten schon unsere Vorfahren. Deutschland hat fertig und unsere Volksvertreter, beinahe hätte ich Volksverräter geschrieben-aber das darf ich ja nicht,werden mit sicherheit nicht dagegen stimmen. Warum sollten sie auch Kritik zulassen? Immerhin dürften bei dem Tempo-sind Kinderehen eigentlich schon verboten?-sich erhebliche Änderungen noch in dieser Wahlperiode ankündigen. Und damit wir alle den Mund halten, wird es eben noch schnell mal durchgewinkt..

Ludwig Watzal / 16.05.2017

Herr Steinhöfel, wie naiv sind Sie eigentlich, um anzunehmen, dass das Bundesverfassungsgericht unabhängig ist?

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