Henryk M. Broder / 23.12.2020 / 09:00 / Foto: Acgut.com / 166 / Seite ausdrucken

Lügen haben Buhrows Beine

Gestern hat das Bundesverfassungsgericht einen Antrag der Öffentlich-Rechtlichen (ARD, ZDF und DLF), die Erhöhung der Rundfunkgebühren zum 1. Januar einstweilig anzuordnen, abgelehnt. Die Sache habe keine Eile, befanden die Richter, die Antragsteller sollten den Ausgang des anhängigen Verfahrens in der Hauptsache abwarten.

Wie zu erwarten war, nahm sich die Tagesschau des Themas an. "Der Rundfunkbeitrag bleibt zunächst bei 17.50 Euro", hieß es in der Anmoderation des Beitrags (hier ab 10:20), das Bundesverfassungsgericht habe einen Eilantrag von ARD, ZDF und Deutschlandradio abgewiesen, "mit dem die Sender eine Erhöhung um 86 Cent zum Jahreswechsel durchsetzen wollten". Nach Ansicht der Karlsruher Richter hätten die Sender "nicht ausreichend begründet, warum ihnen gravierende Nachteile entstehen würden, wenn sie die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abwarten müssen". Die Beitragserhöhung sei nach einem Koalitionsstreit vom Land Sachsen-Anhalt blockiert worden.

Das war im Großen und Ganzen ok; es wäre naiv gewesen zu erwarten, dass die Tagesschau ihre Zuschauer darüber in Kenntnis gesetzt hätte, dass es bei der Erhöhung des Beitrags um 86 Cent nicht um Peanuts ging, sondern um rund 400 Millionen Euro Mehreinnahmen jährlich. Selten war das Sprichwort "Kleinvieh macht auch Mist" so angemessen wie in diesem Fall. Auf Jiddisch würde man sagen: "A bissel und a bissel macht a fulle Schissel."

Das wird man sehen und hören

Und dabei könnte man es belassen, wenn anschließend nicht der Intendant des WDR, Tom. Buhrow, das Wort ergriffen hätte. Sichtlich angefressen sagte er: „Wir werden jetzt unsere Finanzplanungen anpassen müssen. Das wird gravierende Folgen haben, auch für das Programm, das wird man sehen und hören", darüber werde man "in Ruhe beraten". Der Drohung, das Niveau noch weiter abzusenken, bis den Zuschauern das Sehen und Hören vergeht, folgte eine Behauptung aus der Abteilung fake news, prepared and served by the big boss himself.

"Positiv ist zu verzeichnen, dass die Verfassungsbeschwerde grundsätzlich angenommen wurde, und so setzen wir jetzt auf ein rasches Urteil im Hauptsacheverfahren."

Es müsste im WDR einen Juristen geben, der dem sichtlich überforderten Intendanten den Unterschied zwischen einem Eilantrag zum Zwecke einer Einstweiligen Anordnung und einem Hauptsacheverfahren erklären könnte. Buhrow schwindelt, wenn er den Eindruck zu erwecken versucht, es gäbe etwas, das "positiv zu verzeichnen" wäre. Der Eilantrag, "mit dem die Sender eine Erhöhung um 86 Cent zum Jahreswechsel durchsetzen wollten", wurde vom Gericht zurückgewiesen. Ex und hopp.

Die Sender hatten einen "Eilantrag" gestellt, weil sie sich davon einen Erfolg und positive Schlagzeilen versprachen. Wäre das nicht der Fall, hätten sie eben keinen Eilantrag gestellt, eine Verfassungsbeschwerde erhoben und dann ein mehr oder weniger "rasches Urteil" im Hauptsacheverfahren abgewartet. Nun vermischt Buhrow das eine mit dem anderen, nur damit die Zuschauer glauben, "grundsätzlich" hätten die Sender recht bekommen.

Angeblich soll es im WDR eine Abteilung fürs fact checking geben, falls der Sender diesen Job nicht inzwischen an das Kollektiv von Correctiv ausgelagert hat. Für 86 Cent machen die alles.

Foto: Achgut.com

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Archi W Bechlenberg / 23.12.2020

Die Anstalten müssen reagieren wie Arbeitnehmer, , die mit dem Geld Monat für Monat nicht auskommen: unbefristet streiken. “Ab morgen bleibt der Bildschirm kalt! A Ruh’ is jetzt im Märchenwald!” Beliebter als so kann man sich beim Volk nicht machen.

Frank Holdergrün / 23.12.2020

Wohl aus Verzweiflung gehen sie inzwischen dazu über, direkt live aus Krematorien zu berichten, dort müssten über Weihnachten Sonderschichten gefahren werden (wenn wir nicht ihrem Rat folgen). Wir sehen uns einfahren in den brennenden Krematoriums-Ofen, ein Zettelchen nur noch auf einem Sarg. Der Deutsche in seinem Niedergang schürft immer noch etwas tiefer, härter, brutaler -  meine Wut gegen dieses Panikorchester wächst sekündlich, die dümmlichen Filmchen und absurden Krimis sollen zur Hölle fahren. Die Informationen von Tagesschau und ZDF sind längst schon dort. Diese Türchen lasse ich zu.

Emmanuel Precht / 23.12.2020

Nennenswerte Einschnitte sehen dann so aus: Statt der 423 Wiederholung vom Tatort “Münster” Staffel 1, Folge 27, kommt 90 Minuten lang das alte Testbild mit der Laufschrift “Entfällt, nennenswerter Einschnitt, Euer Tom”. Das hat doch was. Wer glaubt denn, dass nun auch nur eine Minute weniger Propaganda gesendet wird? Wohlan…

Dr. Klaus Rocholl / 23.12.2020

Die „Drohung“ des Staats-(Propaganda-)Funks, „das werde Auswirkungen auf das Programm haben“ sehe ich als echten Lichtblick!

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 03.04.2024 / 12:00 / 120

Kein Freibrief von Haldenwang

Von „Verfassungshütern“ wie Thomas Haldenwang geht die größte Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie in unserem Land aus. Wenn die Bundesrepublik eine intakte Demokratie wäre, dann…/ mehr

Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 18.02.2024 / 11:00 / 57

Eine Humorkanone namens Strack-Zimmermann

Ja, wenn einem deutschen Politiker oder einer deutschen Politikerin nichts einfällt, irgendwas mit Juden fällt ihm/ihr immer ein. Dass immer mehr Frauen in hohe politische…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com