Gastautor / 20.05.2020 / 12:00 / Foto: Tomaschoff / 15 / Seite ausdrucken

Loses Geld und knappe Kranke

Von Dr. Eva Maria Strobl und Thomas Strobl.

„Im System der Krankenbehandlung sind nicht die Geldmittel knapp, sondern die Kranken.“

Diese Beobachtung des Soziologen Niklas Luhmann, auf den ersten Blick absurd, erweist sich vier Monate nach Beginn der Corona-Pandemie als durchaus zutreffend. Sie erklärt, warum die Debatte über das Pro und Contra staatlicher Pandemiemaßnahmen mit solcher Vehemenz geführt wird.

Kritiker fragen: Wo sind die Kranken?

Hört man sich etwa um im Lager der Skeptiker, dann stellt man fest, dass die anfängliche Angst, in der Krise von allem zu wenig zu haben, vor allem Pasta und Klopapier, einer Stimmung gewichen ist, die ungeduldig fragt: Und – wo bleiben sie jetzt, die Kranken? Nach acht langen Lockdown-Wochen und mehreren hundert Milliarden zusätzlicher Staatsverschuldung reibt sich auch der nüchterne Beobachter verwundert die Augen, wenn er auf die Zwischenbilanz des deutschen Corona-Geschehens blickt: rund 180.000 gemeldete Infektionsfälle und 8.000 Tote – da hatte man doch wesentlich Schlimmeres erwartet. Der Ernstfall, für den all das in Kauf genommen wurde – soll er das schon gewesen sein?

Vorbereitung auf den Ernstfall – Kosten egal

Hatte man nicht einem Gesundheitswesen, das ohnehin „gut auf Corona vorbereitet“ war, wie der zuständige Bundesminister stets betonte, noch einen draufgesetzt, indem man den 28.000 Intensivbetten, die man erst gestern in mehreren Studien als viel zu viele mit dem Rotstift markiert hatte, noch ein paar tausend mehr hinzufügte, Kosten egal? Und hatte man nicht hochoffiziell bei Dräger interveniert für zusätzliches Beatmungsgerät und Sonderschichten in der Produktion angemahnt, während man den Rest der Welt in Kurzarbeit schickte?

Hat man nicht all das getan und mehr, Milliarden und Abermilliarden an Wirtschafts- und Wohlstandsverlusten in Kauf genommen, um für den Ernstfall gerüstet zu sein? Man hat. Aber jetzt? Wo war er – der Ernstfall?

Knappheit im Öffentlichen Gesundheitswesen

Kommen wir damit zurück auf das Eingangszitat von Luhmann. Knappheit, das ist in Luhmanns Welt Sozialer Systeme der Motor der Wirtschaft. Knapp ist alles, womit sich die Wirtschaft beschäftigt. Nur das knappe Gut hat einen Preis. Und knapp ist vor allem eines: das Geld. Weil das Geld so knapp ist, zeichnet es die Preise aller anderen Güter aus. Und mehr: Es stellt alle anderen Güter unter Finanzierungsvorbehalt. Das gilt auch für das Öffentliche Gesundheitswesen. Auch dafür ist ein Preis zu entrichten. Auch das Gesundheitswesen steht unter Finanzierungsvorbehalt. Eine Selbstverständlichkeit, auch wenn das nicht jedem gefällt.

Was darf Gesundheit kosten?

Die „Kosten des Öffentlichen Gesundheitswesens“ – längst ein geflügeltes Wort. Alle ungeliebten Themen, die nur deshalb auf der Tagesordnung stehen, weil sie sich aufzwängen, und nicht etwa, weil man sich gerne mit ihnen beschäftigt, werden nur über ihre Kosten debattiert. Arbeitgeber reden zum Beispiel ständig über „Lohnkosten“ - und das nicht, weil sie gerne mehr davon hätten.

Beim Gesundheitswesen ist es nicht anders. Der Normalbürger weiß so gut wie nichts darüber. Außer, dass die Kosten dafür zu hoch sind. Und mehr: Dass das Gesundheitswesen von der „Kostenexplosion“ bedroht ist. Das weiß er auch. Schließlich hat man es ihm oft genug eingetrichtert.

Kosten mutieren zu Helden

In der Corona-Pandemie bekamen die Gesundheitskosten allerdings die seltene Gelegenheit, sich von ihrer anderen Seite zu zeigen, der sympathischen. Vor laufenden Kameras mutierten die Kosten zu Helden. Unermüdlichen Helden, immer im Einsatz, auch wenn es an Schutzausrüstung fehlt.

In Bundespressekonferenzen und Talkshow-Runden kam die Wahrheit ans Tageslicht: Die Kosten des Gesundheitswesens haben Namen und Gesichter. Die Namen hört man, die Gesichter sieht man. Auch wenn man sie wegen Mundschutz kaum erkennt, man weiß: Es sind Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger, Rettungsfahrer, Notfallsanitäter, Hygienefachkräfte, Techniker und unzählige sonstige Beschäftigte, die das System am Laufen halten. Jeden Tag.

Menschen mit Berufen, Menschen mit Kompetenzen, Menschen mit Bedürfnissen. Alle diese Menschen verdienen im öffentlichen Gesundheitswesen ihren Lebensunterhalt. So richtig viel verdient keiner von ihnen und einige verdienen sogar ziemlich schlecht.

Prekariat der Berufenen

Die aufopferungsvollen Menschen, die in Arztpraxen und Kliniken nicht nur ihrem Beruf nachgehen, sondern vielmehr ihrer Berufung, sind es, die hinter den Kosten der Gesundheitsversorgung stehen. Keine hochbezahlten Chefärzte und keine anonyme Pharmamafia. Zumindest nicht in der Hauptsache. Sondern Menschen, die mehr schlecht als recht bezahlt werden, weil so viele von ihnen nötig sind, und eigentlich noch mehr, wie sich jetzt zeigt.

Viele Menschen bedeuten aber hohe Kosten, auch wenn jeder einzelne nicht besonders viel verdient. Und das in einem Gesundheitswesen, das ohnehin schon zu viel kostet und keinesfalls mehr kosten darf. Außer, es ist Krise. Dann spielen die Kosten kurzzeitig keine Rolle. Millionen für zusätzliche Intensivbeatmung sind jetzt vielmehr gut investiertes Geld. Und die Pflegerinnen und Pfleger? Haben sich selbstverständlich eine Sonderprämie verdient, na klar!

Wo die Kranken nicht knapp sind, ist es das Geld auch nicht

Corona gibt Luhmann recht: Die unbekannte Krankheit malt den Ernstfall an die Wand. Der Ernstfall – das sind tausende Kranke. Die Kranken, die tatsächlichen wie auch die nur erwarteten, machen knappe Mittel locker. Kein Politiker, der sich dem widersetzen würde. Wo die Kranken nicht mehr knapp sind, ist es das Geld auch nicht.

Aber das ist noch nicht die ganze Geschichte. Die Corona-Pandemie macht darüber hinaus zum ersten Mal deutlich, wie wenig knapp das Geld wirklich ist, wenn die Projektion der Kranken nur schlimm genug ist. Und schlimm war sie.

Zunächst wurde das Virus zum Geburtshelfer eines Diktums mit enormer Tragweite, dem von Christian Drosten: 60 Prozent der Bevölkerung würden sich mit dem Virus infizieren, sagte er. Nicht in der Obskurität irgendeiner virologischen Fachzeitschrift. Sondern coram publico, via NDR Podcast. Den Rest konnten sich die Menschen denken. Und wer es nicht konnte, dem rechnete es Claus Kleber im „heute journal“ vor: 83 Millionen mal 60 Prozent mal 20 Prozent … das waren schon ein paar Millionen, die da absehbar ins Krankenhaus mussten. Damit war der Geist aus der Flasche. Millionen Infizierte nur eine Frage der Zeit.

Flatten the Curve statt Finanzierungsvorbehalt

Also „Flatten the Curve!“ Ohne wenn und aber. „Das ist eine Pandemie, und sie ist nicht mehr zu stoppen“, beschied uns Kleber zur Hauptsendezeit. Aufhalten ging demnach nicht. Aber das Tempo der Ausbreitung verlangsamen, das konnten wir. Also alles runterfahren. Wirtschaft, Restaurants – sogar die Bundesliga.

Die Gesellschaft war angesichts der Bedrohung nicht mehr nur bereit, Milliarden an Geldmittel für die Versorgung Kranker und potenziell Kranker auszugeben. Sondern sogar den „Finanzierungsvorbehalt“, der das System in normalen Zeiten eisenhart umklammert, kurzerhand aufzuheben. Die Wirtschaft zum Erliegen zu bringen und mit ihr die Steuereinnahmen. Der Staat würde „all in“ gehen, wie Pokerspieler sagen. Das gab es schon lange nicht mehr. Seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie, wenn man es genau nimmt.  

Gute Vorbereitung, Glück oder Übertreibung?

Kommen wir damit zurück zur Eingangsfrage: Wo bleibt er, der Ernstfall? Offenkundig ist er nicht eingetreten. Oder besser: noch nicht. Vielleicht waren wir tatsächlich gut vorbereitet, wie die Regierung meint. Oder wir hatten großes Glück, wie Christian Drosten meint (Anm.: die Autoren schließen sich ihm an).

Oder aber es war alles von vornherein übertrieben, wie Skeptiker behaupten. In diesem Sinne ließ sich etwa Hans-Georg Maaßen vernehmen, der auf Twitter Medienberichte über nicht ausgelastete Intensivstationen mit dem Kommentar retweetete: „Fehlplanung der Politik.“ Seine Kritik findet Zuspruch, selbst in Teilen der Ärzteschaft. Spricht man mit Kolleginnen und Kollegen, dann erhält man ein gemischtes Stimmungsbild, das von „Maßnahmen absolut OK“ bis zu „überhaupt nicht gerechtfertigt“ reicht.

Oft deckt sich dabei die medizinische Einschätzung mit der persönlichen wirtschaftlichen Betroffenheit. Obwohl Ärzte von den Kontaktsperren nicht in vollem Umfang betroffen waren, sahen gleichwohl viele ihre Praxisumsätze ins Bodenlose stürzen und mussten Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken.

Ein ähnliches Schicksal ereilte die Beschäftigten in zahlreichen Kliniken, die in Erwartung der Coronapatienten ihre anderweitigen Operationen einstellten. Die Coronakranken blieben aus, das Personal wurde nach Hause geschickt. Jetzt fährt man den Betrieb wieder hoch. Die Betroffenen finden das nur bedingt vernünftig.

Aber auch bei denen, die Corona bislang wirtschaftlich unbeschadet erlebten, sind die Meinungen geteilt. Es wäre auch anders gegangen, hört man oft. Das Beispiel Schweden fällt. Wenngleich zunehmend seltener.

Das perverse Gesundheitssystem, das nur Kranke kennt

Für Luhmann indes war die Sache klar. Das System der Gesundheitsversorgung sei insofern pervers, als es sich über die Krankheit definierte und nicht die Gesundheit. „Das Leben des Menschen ist medizinisch relevant im Hinblick auf die Krankheit“, schrieb er. Schließlich gäbe es für das Gesundheitswesen ja auch nichts zu tun, wenn die Menschen immer gesund blieben. „Gesunde sind, medizinisch gesehen, noch nicht oder nicht mehr krank oder sie leiden an noch unentdeckten Krankheiten“, bemerkt er süffisant.

Die Politik könne sich dem nicht entziehen. Ihre Prioritäten würden dadurch gesetzt. Wenn es nur genügend Kranke für eine Indikation gab, auch nur als vorweggenommene Bedrohung, dann konnten die Geldmittel für ihre Gesundung bzw. den Gesundheitsschutz politisch nicht verweigert werden. Eine merkwürdige Logik, möchte man meinen, die der Politik so gar keine Optionen lässt. Aber alle, die sich ihr zunächst widersetzten, die Corona auf einem „anderen Weg“ begegnen wollten, mussten sich ihr schließlich beugen. Trump in den USA genauso wie Johnson in UK.

Kein Wunder. Der Soziologe Ulrich Beck prophezeite es bereits in seinem Bestseller „Weltrisikogesellschaft“: „Die inszenierte Antizipation von Zerstörungen und Katastrophen verpflichtet zu vorbeugendem Handeln. Dies gilt insbesondere für den Staat, der – weil die Garantie und Sicherheit seiner Bürger zu seinen vorrangigen Aufgaben gehört – damit zu Antizipation und Vorsorge gezwungen ist…“

Ein Anachronismus namens Corona

Eigentlich ist das alles verständlich und nachvollziehbar. Warum dann aber jetzt die ganze Aufregung? Warum die Verbitterung, mit der sich die Lager in der Corona-Frage gegenüberstehen?

Wahrscheinlich liegt die Antwort zum Teil in dem Anachronismus begründet, den Corona mit sich bringt. Eine virale Infektion, die für die Gesellschaft ein echtes Risiko darstellt, von der Experten wie Drosten sagen, man werde noch in Generationen von ihr sprechen – wann gab es denn das zuletzt? Vergleiche mit der Spanischen Grippe werden zwar immer wieder gezogen, und das von allen Seiten. Was dabei aber immer unterbelichtet bleibt: Das war vor 100 Jahren!

Die These lautet, dass die öffentliche Debatte auf etwas wie Corona nicht vorbereitet war. Denn wenn hierzulande routinemäßig über öffentliche Gesundheit gesprochen wird, dann überwiegend über bekannte und gewissermaßen „akzeptierte“ Zivilisationskrankheiten. Und die regen niemand mehr auf. Denn an Krebs, Herzinfarkt und Diabetes haben wir uns gewöhnt. An Verkehrstote ebenso. All das gehört in den Katalog der „gefühlten Risiken“, über die Beck in der „Weltrisikogesellschaft“ schreibt: „Wo sich alles in Gefährdungen verwandelt, ist irgendwie auch nichts mehr gefährlich.“

Vergleiche mit der Grippe nur auf eigene Gefahr!

Aber eine Pandemie wie Corona lässt sich in diesen Katalog nicht einordnen. Das erfuhren zuallererst diejenigen, die es gleichwohl wagten. Die das neue Virus und seine Gefährlichkeit in die Nähe der Grippe rückten. Wer es öffentlich machte, hat seither ein echtes Imageproblem. 

Natürlich: Dass Infektionskrankheiten gefährlich sein können, auch richtig gefährlich, das wusste man. Aber vorwiegend aus dem Kino und in der realen Welt nur aus „Dritte-Welt“-Ländern. Virusepidemien haben etwas Archaisches, etwas, das nicht mehr in unsere Welt passt. In Afrika stirbt man an Malaria und in Asien immer wieder mal an exotischen Influenzaviren. Aber warum? Doch nur, weil diese Länder so sind, wie sie sind. „Exotisch“ halt, insbesondere in den Essgewohnheiten. Und fällt nicht immer wieder der Begriff „Hygiene“? Na also. Das sind doch nicht unsere Probleme.

Deutlich wurde das an den herablassenden Kommentaren (und die Fake News), mit denen hierzulande auf das neue Virus und seine ersten menschlichen Wirte in Wuhan reagiert wurde: Die Chinesen und ihre eigenartigen Gebräuche, ihre Fledermaussuppen und ihre Wildtiermärkte… was muss man dazu noch groß sagen? Guckt Euch doch nur mal diese ganzen Youtube-Clips an, in denen sie vor laufender Kamera lebenden Mäusen und anderem Getier den Kopf abbeißen. Klar, dass unter solch primitiven Umständen die Viren florieren....

Von Wuhan nach Heinsberg

Nun ging es aber bald schon nicht mehr um die Chinesen, sondern um uns. Das Sterben verlagerte sich von Wuhan nach Heinsberg. Und die deutsche Debatte versuchte sich an einer Bedrohung, über die es im Grunde nichts wusste. Außer, dass am Ende der einsame Tod im Intensivbett stehen konnte. Eine grausige Vorstellung, von den Medien in düsteren Farben zudem noch prächtig ausgemalt.

So lässt sich das allgemeine Unwohlsein über die neuartige Bedrohungslage auch an der ebenso plötzlichen wie unerwarteten Popularität der Virologen ablesen, die seit Beginn des Jahres in Talkshows und Podcasts ein Massenpublikum mit wohligem Grusel versorgen. Allen voran natürlich Christian Drosten, dessen kometenhafter Aufstieg zum Popstar gänzlich undenkbar schiene, wenn es sich bei Corona nicht um eine ganz besondere Krankheit handeln würde.

Doch selbst er sieht sich, nach nicht einmal einem halben Jahr in der Krise, einem Meinungsumschwung ausgesetzt und einer Öffentlichkeit gegenüber, die sich nicht mehr so sicher scheint, ob sie einen Christian Drosten als umsichtigen Lotsen wertschätzen oder als düster orakelnde Kassandra brandmarken soll.

Und die Moral der Geschichte?

Obwohl es in diesem Text mit keinem Wort um die Klimakrise geht, kommt man an ihr doch nicht vorbei, wenn man Corona zutreffend einordnen möchte. Sie ist die einzige andere Katastrophe von Weltformat, die als Vergleichsmaßstab herangezogen werden kann.

Zwischen Corona und Klima gibt es bemerkenswerte Unterschiede im öffentlichen Diskurs wie auch im staatlichen Handeln. Eines der ersten Opfer des Virus waren Greta und Fridays For Future. Und das, obwohl die Folgen des Klimawandels, nach allem, was man weiß, für Millionen von Menschen wesentlich dramatischer sein werden, als die Virusinfektion. Aber das Coronavirus hat etwas geschafft, was der Klimakatastrophe bisher nicht gelungen ist: Zur Behauptung der Katastrophe die überzeugenden Fakten zu liefern und dafür die eindeutige Urheberschaft zu beanspruchen.

Bilder von einsam in Notbetten Sterbenden und am Rande des Zusammenbruchs stehenden Ärztinnen verfehlen nicht ihre Wirkung. Die Gefahr erschließt sich sofort, die Unmittelbarkeit ist zwingend. DAS war das Virus! Und alle nicken. Eine nachvollziehbare Kausalität, die 1.000 Bilder vom schmelzenden Polareis und brennende Wälder in Australien bislang nicht zuwege brachten.

Die Unmittelbarkeit von Corona ist zudem global. Sie kommt über den gesamten Planeten im Hier und Heute. Niemand gewinnt, alle verlieren, viele sterben – egal, ob sie in Europa zuhause sind, in Afrika oder in China. Der politische Mut, mit dem staatliche Corona-Maßnahmen beschlossen wurden, lässt sich ein Stück weit auch nur so erklären, dass es schon die Chinesen vormachten, danach die Franzosen, die Italiener, die Österreicher, die Amerikaner, und am Ende sogar die Briten. Unter Erklärungsnot wäre eher geraten, wer es angesichts der weltweiten Entwicklung anders gemacht hätte.

Nüchtern betrachtet, hat die Politik gehandelt, wie sie handeln musste. Wer ihr vorwirft, dabei im Hinblick auf eine ungewisse Bedrohungslage übertrieben gehandelt zu haben, bekommt vielleicht sogar recht. Im Nachhinein. Kein großes Verdienst, wenn man ehrlich ist.

Aber auch wer glaubt, dass sich aus der Coronakrise nennenswerte Änderungen im Gesundheitswesen ergeben, dass jetzt – endlich! – all die Dinge gemacht werden, die man in der Vergangenheit nicht oder nicht richtig gemacht hat, dass womöglich sogar der elende Neoliberalismus aus dem System getrieben wird, der sich überall breit gemacht hat, dass Krankenhäuser aufhören, die Kosten zu optimieren, dass Pflegekräfte im öffentlichen Ansehen steigen und ordentlich bezahlt werden: der wird sich täuschen. Er wird vielmehr ernüchtert feststellen, dass das Geld wieder knapp ist, wenn es die Kranken auch sind.

 

Über die Autoren:

Dr. med. Eva Maria Strobl ist Fachärztin für Allgemeinmedizin. Sie arbeitet in der Notfallambulanz des Flughafens München und betreibt eine Privatpraxis für ästhetische Medizin in der Münchener Innenstadt. Im Web findet man sie unter lipsandskin.de und auf Twitter unter @lipsandskinThomas Strobl ist Ökonom und Publizist.

Quellen:

Niklas Luhmann, Der medizinische Code, in: Soziologische Aufklärung 5, VS Verlag, Wiesbaden

Ulrich Beck, Weltrisikogesellschaft, Suhrkamp, Frankfurt am Main

Foto: Tomaschoff

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Leserpost

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Robert Busch / 20.05.2020

Dazu ein alter (Pfleger) Witz: es gibt keine gesunden Menschen, nur schlecht untersuchte.

Frank Dom / 20.05.2020

Luhmann zu zitieren, ist großartig. Den Neoliberalismus für die Sparmaßnahmen im Gesundheitssystem zu bemühen, dürftig (weil ja Geld für diverse Erlöserphantasien zur Verfügung steht, es also eine politische bzw populistische Entscheidung ist), mit der sicheren Klimakatastrophe zu enden, nun ja… Korrekt ist aber, dass sich nichts ändern wird. Aber so ist das in einem populistischem, manipulierendem und Zustimmung maximierendem System. How ever, Danke für ein paar schöne Zitate.

Sabine Schönfelder / 20.05.2020

Schön, daß wir mal darüber geredet haben. Zwei Drostianer mit mainstreamkritischem Ansatz. Wow, zwei Revoluzzer! Frau Doktor sollte sich ganz auf ihr Steckenpferd, die ästhetische Medizin konzentrieren, denn ihre´virologischenˋ  Grundkenntnisse sind ganz offensichtlich im eigenen Stammhirn versackt. Ohne je die Stroblˋschen Antlitze gesehen zu haben, formiert sich in mir eine aus der Empirie geborene Ahnung, daß es sich bei diesem Paar um zwei höchst attraktive Vertreter unserer gut-ausgebildeten Akademikerkaste aus der „Mitte“  der neuen deutschen, modern-ökologischen Gesellschaft mit Alpen-Prawda-Abonnement handelt. Wennˋs scheee macht, können wir uns hier sparen, die sin schunn scheeee!

Jürgen Althoff / 20.05.2020

Ein bemerkenswert einseitiger Beitrag. Anstatt Luhan zu lesen - was in anderen Situationen nutzbringender wöre - hätte es sich gelohnt, jenseits des Tellerrandes von Herrn Drosten nach Erkenntnissen zu suchen, z.B. unter den Stichworten PCR-Test und Prävalenz. Abgesehen davon, dass der PCR-Test, dessen Ergebnisse weltweit als allein relevanter Beurteilungsmaßstab behandelt werden, bis dato nicht einmal validiert ist, scheint sich niemand um seine allein entscheidenden Charakteristiken Sensitivität und Spezifität gekümmert zu haben, ein fachliches Todesurteil für jeden wissenschaftlich Ambitionierten.Unterstellen wir eine Sensivität von 100%, d. h. alle Positiven werden erkannt. Die Spezifität betrögt aber mit Sicherheit weniger als 100%, weil bekannt ist, dass er auch andere RNA- Schnipsel anspricht. Die fachlichen Einschätzungen schwanken zwischen 90 und 98%, was bei 100.000 Getesteten zwischen 2.000 und 10.000 falsch positive Buchungen auf das Konto „Infizierte“ bedeutet. Wenn man liest, dass die Quote „positiv“ bei Personen mit Symptomen zwischen 5 und 10.000 liegt, sollte das zu denken geben. Der zweite disqualifizierende Fehler war es, das zu unterlassen, was lege artis ganz am Anfang hätte stehen müssen: wöchentliche repräsentative Erhebungen des tatsächlichen Infektionsstatus in der Gesamtbevölkerung. Erst Herr Streeck hat das in Heinsberg getan mit Ergebnissen, die RKI und Drosten nicht ins Konzept passten und deshalb erst einmal niedergemacht wurden.

Gabriele Klein / 20.05.2020

Ganz allgemein: ich halte es für unangebracht jetzt schon Bilanz zu ziehen. Denn, die Geschichte ist noch nicht gelaufen. Sehr viele Fragen sind offen.  Vor 3 Stunden erst berichten ausländische Medien neues zu den neuen Ausbrüchen in China .Diese scheinen mir zu einem Ausbruch hier im Oktober zu passen den die Virulogen längst befürchten.  Ich bedaure sehr, dass die Kritik Angst hat zum Kern der Fragen aller Fragen vorzudringen: Inwieweit ist Bio-Terror möglich? In wieweit ist er attraktiv?  Die Frage sollte gestellt werden, denn es macht keinen Sinn einem Problem auszuweichen indem man es einfach nicht wahrhaben will, so wie ein Krebskranker seine Krankheit.  Jeder Lockdown wäre für die Katz wenn wir es mit Bio Terror zu tun hätten, worauf die offenen Grenzen leider hindeuten. Jeder normal denkende der sein Land wirklich vor einer Pandemie schützen will macht nämlich als erstes die Grenzen dicht so wie 1918.  Aber genau das wollte die WHO am Anfang gar nicht . Auch die deutsche Regierung tat sich schwer damit warum?  Dann, warum nehmen just zu Zeiten von Corona “Flüchtlinge” Kurs auf England was mir nicht ohne das stillschweigende Einvernehmen der gegenüber liegenden Länder möglich scheint.  Dazu passend das tägliche Kriegstrommelfeuer der ÖR eines korrupten Regimes?  Bio scheint in, nicht nur auf dem Acker sondern auch bei den Waffen….......... In diesem Zusammenhang macht mir Wandel der jährlichen “Grippe” viel mehr Sorgen als der des Klimas.  Ich beobachte: Seit man den Virus d. Spanischen Grippe etwa 2005 im Reagenzglas gesichert hatte ging es uns zunehmend von Grippewelle zu Grippewelle schlechter und die Symptome wurden von Welle zu Welle der d. spanischen Grippe ähnlicher. Vielleicht hat man es ja bis zum nächsten Oktober enlich geschafft.

Gabriele Klein / 20.05.2020

Ich würde mir sehnsüchtig ein neo-liberales Gesundheitssystem wünschen das so aussieht: Jeder zahlt seine Zeche selbst und wenn es soweit ist ist es halt so und man stirbt.  Im Moment ist es leider auch nicht anders. Denn das was geboten wird ist schlichtweg gemeingefährlich. Deshalb starben auch die Leute bei Corona lieber zu Hause als zu früh intubiert wo eine Intubation ohnehin in keinem Stadium von Corona helfen dürfte, bei einer Lunge die mit Sekret vollgelaufen ist wie ein Schwamm.  Die Leute verzichteten also “dankend” darauf , Diversen Kommentaren entnahm ich, dass die Leute sich 3mal überlegen werden einen Hilferuf abzusetzen, aus dem einfachen Grund, weil keine zu erwarten ist.  Selbst von Fachkräften vernimmt man warnende Töne a propos Hospital.  Von daher könnte man diese Hulla Hup Gesundheitsindustie eigentlich beenden, allerdings wäre das dann eine Melkkuh weniger im Stalle eines Schurken Regimes, denn die AOK kommt kurz vor der GEZ. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Melkkühen ist der: Man könnte krank werden weil man es müsste, wohingegen man die Seifenoper nicht deshalb sehen könnte weil man es müsste sondern weil man es wollte…..  Aber in dem man sowohl müssen als wollen “könnte”, sind beide Abgaben nicht nur rechtens sondern unabdingbar. Sie sehen, ohne vorherige “Abgabe” der Melkkuh “AOK"scheint die “Abgabe” der Melkkuh GEZ kaum möglich , (Zumindest nicht juristisch). Die Gründe liegen in der Vielfalt der deutschen Semantik und der Einfalt des deutschen Rechts.  Bitte verstehen Sie mich jetzt nicht falsch und verwechseln Sie nicht Einfalt mit Dummheit. Denn, hinter manchem Einfaltspinsel verbirgt sich bei genauer Betrachtung ein genialer Betrüger.

Gabriele Klein / 20.05.2020

“dass womöglich sogar der elende Neoliberalismus aus dem System getrieben wird, der sich überall breit gemacht hat, dass Krankenhäuser aufhören, die Kosten zu optimieren, dass Pflegekräfte im öffentlichen Ansehen steigen und ordentlich bezahlt werden” .... Ich halte es für gefährlich das staatliche Privatisieren eines totalitären Regimes als neo-liberal zu bezeichnen. Das Auslagern oder Out sourcing einer im wesentlichen nach Plan funktionierenden Staatswirtschaft hat sehr viel mit Korruption aber herzlich wenig mit Liberalismus zu tun.  Ein freier Wettbewerb im Sinne des Liberalismus findet nicht statt wo jener gut fährt der gut schmiert.. Die Privatisierung der neuen Güte, wie wir sie bei deutscher Bahn, Krankenhäusern , Müllabfuhr oder ÖR beobachten, die sich vermehrt auf dem “freien"Markte bedienen um ihre Arbet auslagern hat mit Liberalismus nichts zu tun da das Geld im letzten Falle nicht mehr bei freiem Wettbewerb zwischen verschiedenen Arbeitsanbietern und Nachfragenden frei zirkuliert sondern vom Staat vergeben wird und das ist der Knackpunkt . Es ist ein gewaltiger Unterschied ob ein Staatsdiener das “beste” Angebot wählt oder ein um sein Überleben kämpfender Unternehmer.  Im ersten Falle ist die Korruption vorprogrammiert im zweiten hat sie keine Chance. KEIN freier Unternehmer kann sich einen korrupten Bediensteten leisten , der Staat allerdings schon und zwar just neben den feinsten Compliance Regeln.  Das ist der große Clou unseres “neo liberalen” Jahrhunderts.

Manfred Dennenlöhr / 20.05.2020

Mal eben kurz gegoogelt nach den angesehensten Berufen in den letzten 10 Jahren. Seltsam, seltsam, immer mischen die Pflegeberufe auf den vorderen 3 Plätzen mit. Ansonsten ist es natürlich richtig, am Krankenhaussystem wird sich nicht viel ändern. Weiterhin will jeder Landkreis sein eigenes Klinikum mit 2 Intensivbetten und ohne stroke unit, in die dann akute Schlaganfallpatienten eingeliefert werden, weil da so ungeheuer viel Fachkompetenz vor Ort ist. Und zu den Kernkompetenzen des Plegepersonals gehören weiterhin Betten machen, Hintern abwischen, Teeküche säubern und Tee für Patienten kochen. Das höchste der medizinischen Gefühle ist Fieber messen, Lagerung und die Stuhlgangfrage. Blutabnehmen ist was für Ärzte und äh bäh, Material in Schränke einräumen sowas von geil. Und natürlich Dokumententation und nochmal Dokumentation. Das Wort Medizin kommt im Wort Pflege nämlich nicht vor (im Wort Arzt allerdings auch nicht). Schöne neue alte Nachkoronawelt. Und keine Angst, die Gretas, Louisas, Annalenas und Karins kommen schon wieder aus ihren Löchern raus.

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