In der Nacht der US-Wahl werden die großen deutschen Medien und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sich wieder durch eine brutale Einseitigkeit selbst desavouieren. Egal wer gewinnt, durch diese Art und Weise der Berichterstattung kann man nur verlieren.
Vor ein paar Monaten kam ich etwas zu spät zu einem Essen mit Freunden, weil ich vorher noch einen Auftritt hatte. Das Dessert war bereits gegessen, und manche Flasche Wein war getrunken. Ich kam in eine sehr angespannte Situation hinein. Die Stimmung war merklich gereizt, und es war offensichtlich, dass sich die Gruppe stark zerstritten hatte.
Ich gebe zu, zunächst verspürte ich eine gewisse Erleichterung, da ich bis zu dem Zeitpunkt geglaubt hatte, dass ich oft für die Spannungen und Streitigkeiten in Gesellschaften verantwortlich bin. Doch dieses Mal war es offensichtlich anders. Der Konflikt war ganz ohne mein Zutun ausgebrochen. Mir sollte es sogar gelingen, die Situation etwas zu entschärfen. Zwar werden diese Freunde niemals mehr zusammen essen gehen, doch zumindest schaffte ich es, dass wir diesen einen Abend noch gemeinsam an einem Tisch verbrachten und die letzten Tropfen Wein tranken.
Als ich nach dem Grund für den Streit fragte, erfuhr ich, dass es um das Gendern ging. Gendern ist heute neben Impfen, Islam und Trump das neue Reizthema. Ein Kollege äußerte sich ablehnend gegenüber der Praxis des Genderns in seiner Redaktion, während ein junger Influencer leidenschaftlich dafür eintrat. Für den Influencer war das Gendern nicht nur eine notwendige Anpassung der Sprache, sondern auch eine moralische Verpflichtung, die seiner Meinung nach jeder akzeptieren müsse. Schon bald eskalierte die Diskussion, und der ältere Kollege sah sich massiven Anfeindungen ausgesetzt. Er wurde als „alter, weißer Mann“ abgestempelt und in die Kategorie jener Personen eingeordnet, die angeblich intolerant und rückständig seien. Schließlich verließ er aufgebracht den Tisch und wollte fahren, kam jedoch kurz darauf zurück, nicht zuletzt, weil er nach einigen Gläsern Wein ohnehin nicht mehr fahren konnte.
Später sprach ich noch einmal privat mit ihm in der Küche und fragte, was ihn besonders aufgeregt habe. Er erzählte mir, dass er sich beleidigt fühlte, als „rückständig“, „frauenfeindlich“ und „homophob“ beschimpft worden zu sein. Als er mir das erzählte, musste ich an frühere Diskussionen denken, die wir beide schon des Öfteren geführt hatten, in denen er die Begriffe „rückständig“, „frauenfeindlich“ und „homophob“ benutzte. Es ging dabei immer um Donald Trump. Ich fragte ihn, ob er jetzt, da es ihm selbst widerfahren sei, möglicherweise einen ähnlichen Mechanismus erkennen könne. Schließlich sei er selbst auch kein „rückständiger, intoleranter Mensch“, wurde aber in der Diskussion so dargestellt, nur weil er eine andere Meinung vertrat.
Wenn es um Trump geht, ist das Feindbild einfach zu verankert
Ich brachte daher ganz bewusst das Beispiel von Trump und erklärte ihm, wie sich dessen Image im Laufe der Zeit gewandelt hatte. Noch vor 2016, bevor er Präsident werden wollte, wurde er von vielen Menschen in der Unterhaltungsbranche geschätzt. Damals wäre es undenkbar gewesen, ihn als homophob oder rassistisch abzustempeln. Doch kaum hatte er politische Ambitionen geäußert, schlug ihm ein ganz anderes Bild entgegen. Ich fragte meinen Freund, ob er die Parallele sehe. Auch Trump sei von seinen Kritikern nicht wegen konkreter Aussagen, sondern durch ein festgefügtes Feindbild verurteilt worden.
Ich glaube, auch er hat an dem Abend etwas erkannt, obwohl er immer noch auf einen Sieg von Kamala Harris hofft. Alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen, und wenn es um Donald Trump geht, ist das Feindbild einfach zu verankert.
Wenn es um Donald Trump geht, leiden unglaublich viele Menschen an „Long-Tagesschau“. Sie denken bei Donald Trump nur an einen Bösewicht, egal was er sagt oder tut. Ein besonderes Beispiel für die Auswirkungen dieser Propaganda habe ich vor ein paar Tagen in einem Gespräch mit einem Kollegen erlebt. Wir sprachen ebenfalls über Donald Trump, und ich fragte ihn, was er am meisten an ihm ablehne. Daraufhin nannte er Trump einen Rassisten. Als ich ihm entgegnete, dass ich diese Meinung nicht teile, fragte ich ihn nach seinen Beweisen. Er antwortete, Trump habe einmal die New England Patriots ins Weiße Haus eingeladen und dabei gesagt, er wolle nur die weißen Spieler dabeihaben.
Mein Kollege war fest davon überzeugt, dass Trump tatsächlich gefordert habe, keine schwarzen Spieler im Weißen Haus zuzulassen. Trotz meiner Einwände, dass das nie passiert sei, ließ er sich von dieser Überzeugung nicht abbringen. Es war erstaunlich zu sehen, wie tief verwurzelt solche Ansichten sind.
Desinfektionsmittel spritzen lassen
Ich kenne viele Leute, die fest davon überzeugt sind, Donald Trump habe geraten, man solle sich Desinfektionsmittel spritzen lassen, um Corona zu bekämpfen, Trump habe gesagt, auf Seiten von Neonazis gäbe es gute Leute, Trump habe sich über Behinderte lustig gemacht, und Trump sei generell ein Rassist. All das höre ich immer wieder, vor allem auch in öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen. Dennoch habe ich durch eigenes Recherchieren herausgefunden, dass diese Vorwürfe nicht stimmen. Ich habe sie in diesem Artikel dokumentiert: „Faktencheck zu Donald Trump“
Recherchieren bedeutet in diesen Fällen schlicht, dass ich mir all die Reden, in denen Donald Trump all das gesagt haben soll, selbst angehört habe, und zwar nicht nur die kurzen Schnipsel, die einem oft gezeigt werden, sondern die ganze Rede, um zu erkennen, dass ich ganz üblen manipulativen Lügen ausgesetzt war.
Manchmal frage ich mich, wie wohl eine Berichterstattung über Kamala Harris aussähe, wenn man Kamala Harris genauso behandeln würde wie Donald Trump. Ich möchte es einfach mal versuchen, indem ich die Frage stelle: Wer von den beiden Präsidentschaftskandidaten handelt eher faschistoid, Kamala Harris oder Donald Trump?
Bevor ich mich an die Beantwortung dieser Frage setze, möchte ich betonen: Weder Donald Trump noch Kamala Harris ist ein Faschist respektive eine Faschistin. Aber schauen wir mal, wer von beiden teilweise faschistoid handelt.
Fünf zu Null für Harris
Es ist faschistoid, die Presse- und Meinungsfreiheit einzuschränken, um jegliche Kritik an der Regierung oder Ideologie zu unterdrücken. Mit Ausnahme von Twitter, und diese Ausnahme gilt auch erst, seit Twitter X heißt, haben alle sozialen Netzwerke Inhalte, die sich positiv über Donald Trump äußern, eingeschränkt und blockiert. Durch die Twitter-Files wissen wir zudem, dass es dabei eine inoffizielle Zusammenarbeit der sozialen Netzwerke mit hochrangigen Mitgliedern der Demokratischen Partei und mit Geheimdiensten gab. Eins zu Null für Harris.
Es ist faschistoid, Feindbilder und Sündenböcke zu schaffen und sie als Feinde der Gesellschaft darzustellen, um eine vermeintliche Bedrohung zu erzeugen. Seit Jahren wird Trump als Hitler bezeichnet und als Feind der Demokratie dargestellt. Zwei zu Null für Harris.
Es ist faschistoid, Gewalt zu verherrlichen oder zu verharmlosen. Die klammheimliche Freude nach den Anschlägen auf Donald Trump und die kriegerische Politik der Demokraten in den letzten Jahren lassen auch diesen Punkt an Harris gehen. Drei zu Null für Harris.
Es ist faschistoid, einen Personenkult zu pflegen. Hier sollte man nun annehmen, dass der erste Punkt an Trump geht. Tatsächlich wird seine Person natürlich gefeiert, er ist ein TV-Star, aber im Vergleich müssen wir erkennen, dass Kamala Harris von ihren Anhängern sowohl als Retterin der Demokratie als auch der ganzen Welt bezeichnet wird. Sie erscheint auf den Titelseiten großer Magazine, wird von Hollywood verehrt und ironiefrei als Heilsbringerin und Erlöserin bezeichnet. Als Erlöserin! Vier zu Null für Harris.
Es ist faschistoid, eine zentralisierte und autoritäre Herrschaft zu bevorzugen. Sinnbild dieser Form der Politik ist Washington, D.C. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen haben die Demokraten dort immer über 90 Prozent der Stimmen erhalten. Fünf zu Null für Harris.
Kamala Harris ist selbstverständlich keine Faschistin. Aber wenn es ein Interesse daran gäbe, sie als Faschistin darzustellen, und zwar mit derselben Vehemenz und Leidenschaft, wie dies teilweise bei Donald Trump der Fall ist, dann wäre es nicht schwer, dies zu tun.
Brutale Einseitigkeit in deutschen Medien
In den deutschen Medien und vor allem in den öffentlich-rechtlichen Medien herrscht eine brutale Einseitigkeit gegen Donald Trump. Menschen, die kein gutes Haar an Donald Trump lassen, zeichnen sich dadurch aus, dass sie genau das tun: Sie finden an ihm nichts Positives. Was auch immer Donald Trump macht, sie kritisieren es ohne Unterlass.
Aus diesem Grund braucht es keine weiteren Medien, die immer wieder erklären, warum er schlecht sei, und Trump in grotesken Darstellungen zeigen, wie beispielsweise der „Spiegel“, der Trump gezeigt hat, wie er die Freiheitsstatue köpft, oder der „Focus“, der Trump mit einem Hitlergruß unter der amerikanischen Flagge zeigt. Ob in der „Zeit“ oder in der „Süddeutschen Zeitung“, Trump wird immer wieder als Gefahr und Zerstörer der Demokratie bezeichnet.
Es gibt in Deutschland kaum Medien, die erklären, warum so viele Menschen in den USA Trump unterstützen, und zwar nicht aus niederen Beweggründen, sondern weil sie ihn als jemanden sehen, der die amerikanische Verfassung und ihre Grundwerte verkörpert: das Streben nach Gleichheit, Freiheit und dem Recht, nach dem persönlichen Glück zu streben. Die Unterstützer von Trump kommen aus allen Teilen der Gesellschaft, unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion oder sozialem Status. Sie sehen in Trump jemanden, der die Verfassung stärken will und in diesem Kontext für ihre Werte steht.
Warum gibt es in der deutschen Medienlandschaft kaum eine Stimme, die genau diese Menschen und ihre Beweggründe erklärt? Warum stört es so wenige Menschen hier, dass die Medien ihnen ein einseitiges Bild liefern und ihnen vorenthalten, warum Trump auch auf positive Weise wahrgenommen wird? Warum also gibt es keine kritische Auseinandersetzung mit dieser medialen Einseitigkeit?
Die wichtigste Frage ist jedoch: Was machen all die Menschen in den USA, die wirklich glauben, Donald Trump sei im Grunde genommen nicht anders als Adolf Hitler? Wozu sind sie bereit, um eine solche Gefahr abzuwenden? Sind sie bereit, auf ihn zu schießen, wie es schon einmal gemacht und mindestens einmal versucht wurde? Sind sie bereit, mehrmals zur Wahl zu gehen und somit zu betrügen, etwas, das in einigen Staaten der USA sehr einfach ist? Sind sie bereit, in irgendeiner anderen Weise zu betrügen?
Und was noch viel wichtiger ist: Was machen sie, wenn Donald Trump wieder zum Präsidenten gewählt wird? Wenn sie wirklich glauben, was sie glauben, dann ist Adolf Hitler an die Macht gekommen.
Ab 23:45 Uhr in der heutigen Wahlnacht ist Gerd Buurmann unter diesem Link live mit Christian Schneider und Miro Unblogd und kommentiert die Ereignisse auf YouTube.
Gerd Buurmann. Als Theatermensch spielt, schreibt und inszeniert Gerd Buurmann in diversen freien Theatern von Köln bis Berlin. Er ist Schauspieler, Stand-Up Comedian und Kabarettist. Im Jahr 2007 erfand er die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Mit seinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und den von ihm entwickelten Begriffen des „Nathan-Komplex“ und des „Loreley-Komplex“ ist er in ganz Deutschland unterwegs. Seit April 2022 moderiert er den Podcast „Indubio“ der Achse des Guten. Sein Lebensmotto hat er von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!“