Gastautor / 30.06.2016 / 15:44 / Foto: Ceridwen / 30 / Seite ausdrucken

Lokführer? Pilot? Millionär? Nein, mit Kopftuch Richterin sein

Von Haio Forler

Als junger Mensch hat man viele Wünsche. Viele Jungs wollten Lokführer werden, andere Pilot, nicht wenige Millionär; andere in Duisburg-Marxloh wiederum träumen von einem Leben in Hartz 4. Manche beispielsweise wünschen sich, dass die Verkäuferin an der Kasse sich mehr Zeit für sie nähme. Alles verständlich. Wieder andere möchten die Welt verbessern. Eine davon scheint Frau Sandhu zu sein. Frau Sandhu will Richterin werden - und das partout mit Kopftuch. Man muss sich die Qual vorstellen, könnte Frau Sandhu ihr Ziel nicht verwirklichen. Denn, unter uns: wäre es nicht rassistisch und ausgrenzend, ließe man Frau Sandhu nicht mit Kopftuch in den Gerichtsaal?

Schon hier müssten wir all in uns gehen. Alles, was denkbar ist, muss schließlich auch unbedingt umgesetzt werden. Grenzen überwindern oder Zeichen setzen wären hier die Modeworte der Wahl. Nach Fingerspitzengefühl für die Kultur des Gastlandes wird nicht gefragt. Es gehe ja schließlich, so titelt die SZ, „ums Prinzip“. Aha. Die Prinzipien des Gastlandes sind hierbei allerdings zweitrangig. Sensibilität bleibt eine Einbahnstrasse; Knöllchen gibt es nur, wer in die eigene Richtung fährt.

Eher geht es darum, auszuloten, was halt so geht. Das Rechtssystem Deutschland findet Frau Sandhu laut SZ übrigens genial. „Ständig trägt sie eine Miniausgabe des Schönfelder mit sich, einer rot eingebundenen Gesetzessammlung.“ Irre, dass Studenten mit Ihren Studienbüchern herumlaufen. Das kannte ich bisher so nicht, waren mir doch damals Hände zum Tragen von Büchern vollkommen unbekannt. Nun gut, ich war jung. Und ja: ich hätte die SZ schon längst abonnieren sollen.

Gülden sank die Morgensonne auf ihr hehres Antlitz

“Für mich ist Religion etwas Positives, die Quelle meiner Lebenskraft" und, was noch mehr Vertrauen schafft: „Ihre Religion bestärke sie darin, nach der Wahrheit zu suchen und die Gesetze des Landes zu achten“. Das müsste doch als Bekundung reichen, um alles durchzusetzen, was man sich so unter das Kopftuch gesetzt hat. Die Befindlichkeiten des Deutschen Bürgers spielen dabei keine Rolle; die spricht Frau Sandhu nicht einmal an. Es genügt, wenn man gefühlt 20 Prozent der Deutschen Bürger hinter sich weiß, die Grünen bereits inklusive. Dass Kläger und Beklagtem die Kraftquelle Frau Sandhus herzlich egal sein dürfte, sei nur nebenbei erwähnt. Getreu der Devise, dass alles erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist, kommt Frau Sandhu nicht einmal im entferntesten auf den Gedanken, dass Integration mehr ist als nur das bloße Befolgen von Geschriebenem oder Ungeschriebenem: ihr Fingerspitzengefühl gleicht dem eines Zitteraals beim Mikado.

Ihr Anliegen wird von einem geradezu bestechenden Argument flankiert: "Frau Sandhus Erstes Staatsexamen ist besser als das von Edmund Stoiber". Holla. Wenn ich mir nun vorstelle, wie viele Staatsexamen von Islamkritikern besser sind als das von Edmund Stoiber … aber gut, letzte Zweifel werden von der SZ schnell ausgeräumt. Autorin Dunja Ramadan (nicht lachen) fährt einfühlsamst fort: bei Rollenspielen unter Kommilitonen ist „ihre Gestik zurückhaltend, die Tischlampe wirft ein warmes Licht auf ihr Gesicht“. Rumms ! Frau Ramadan ist nicht dumm, sie hat halt nur Pech beim Schreiben. Es ist nicht bekannt, ob ihre treuherzigen Augen voll der Menschenliebe waren oder allein ihre Anwesenheit die Umstehenden geheilt hat. Kaum auszudenken, dass diese Frau nicht reinen Herzens ist.

Wer ein Kopftuch über den Beruf stellt, nimmt den Job nicht ernst

Wem ein Kleidungsstück derart wichtig ist, dass er durch all die Prozesse Jahre verliert oder gar seine Karriere auf’s Spiel setzt, für den ist es eben nicht nur ein Kleidungsstück, sondern ein Symbol, das er höher als den Beruf stellt. Eine Frau, die erzählt, dass sie ohne Kopftuch nicht sie selbst sein kann, kann ich unmöglich ernst nehmen, hinter welchen emotional-gefärbten Scheinargumenten sie sich auch immer verstecken mag. Der ist im Hier und Jetzt nicht angekommen. Wer ein Kleidungsstück stur durch die Instanzen pauken will, dem unterstelle ich nicht nur Sturheit; mehr noch: dass er seine Belange zur Doktrin des Gastlandes machen möchte.

Auch nehme ich Frau Sandhu nicht ab, dass sie sich auf nicht-eindeutige Gesetzestexte beruft: stünde im GG eindeutig, dass Kopftücher in öffentlichen Ämtern nicht erlaubt seien, würde sie ebenfalls ansetzen und dies als unmenschlich und ausgrenzend anprangern. Das interessanteste aber ist, dass Frau Sandhu eine gesunde Portion Selbstdistanz abgeht (dies allerdings hat im Islam noch nie wirklich überrascht); eine Distanz gegenüber ihren eigenen Befindlichkeiten. Ihrer Abwägung nach stellt sie diese höher als die Befindlichkeiten der Mehrheitsgesellschaft. Kann jemand ein guter Richter sein, der so schlecht abwägt? Ich bin geneigt, den weisen Richter Salomon ins Gedächtnis zu rufen, dem selbst in existenziell schwierigsten Fragen der Jurisprudenz der Ausgleich gelang.

Es fehlt Ihr an Sinn für Integration und nicht zuletzt eine gewisse Art von Bescheidenheit. Ich wollte bei meinem ersten Job keine Krawatte anziehen. Ich tat es doch, und dies – aufgemerkt – obwohl wir eine offene Gesellschaft sind. Mit welch weitläufigen Argumenten ich nun wortstark die Krawattenpflicht als ausgrenzend und meine Persönlichkeit einschränkend hätte monieren können, mag man sich unschwer ausmalen. Die Grammatik dazu hätte ich in der linken Innentasche gehabt, die Buchstaben hierfür in der rechten. Ich bin nicht immer in der Deutschen Sprache zu Hause, wohne dort jedoch immerhin zur Miete. Hätte mich Markus Lanz unterstützt? „Seht her, wie warm das Sonnenlicht auf meine Augen fällt!“

Auch mit Krawatte: ich habe leidlich überlebt

Auch mit Krawatte: ich habe leidlich überlebt. Schreibt mir mein Arbeitgeber vor, keine Jeans anzuziehen, sondern einen Anzug, wäre das letzte worauf ich käme, mich „diskriminiert“ zu fühlen. Ich breche mir da keinen Zacken aus dem Minarett. Auf der Metaebene unserer Gemeinschaft jedoch scheint alles zur Disposition stehen zu können.

Ich könnte auch als „Traumziel“ ausrufen, in Kölner Moscheen reinen Herzens Bibeln zu verteilen oder sichtbar große Kreuze zu tragen, immerhin sind wir doch eine nach allen Seiten hin „offene Gesellschaft“. Das kann man nicht vergleichen ? Doch, man kann. Davon abgesehen, dass die Grünen mein Ansinnen nie unterstützen würden, wäre es mir zu dumm; es wäre Zeitverschwendung, es wäre mir zu lächerlich. Punkt. Denn eines ist sicher: Kultur und Tradition sind mehr als Gesetzesworte, sie sind auch immer per definitionem ausgrenzend, so schmerzhaft es auch für einen Jäger sein mag, zu einer Tierschutzsitzung keine Biberfallen mitnehmen zu dürfen.

Die Fähigkeit zur Integration ist mehr, es ist zuvörderst die Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu lesen, traditionelle Befindlichkeiten des Gastlandes zu erkennen und sie für sich auch akzeptieren zu können. „Locker bleiben“ möchte man ihnen sagen. Wären Kultur und Tradition derart biegsam wie Gesetzestexte, bräuchte es Integration nicht, weil es gar keinen Maßstab gäbe.

Die Grünen dürften sich für Frau Sandhu vehement einsetzen, sind doch Belange ferner Kulturen immer wichtiger als die der eigenen. Während Bürgerbedenken hierzulande nach Subjekt, Prädikat und Objekt exegetisch ausgelotet werden, um sie auf political correctness zu überprüfen, wird andererseits jeder Rückschritt als Bereicherung verkauft. „Wichtiger ist, was im Kopf ist“ so die Grünen. Dies klingt, gerade angesichts dieser ewig-Gestrigen, doch recht befremdlich.

Vielleicht singt Konstantin Wecker?

Die Welt ist schon ungerecht. Aber vielleicht eilt Frau Sandhu Konstantin Wecker zu Hilfe; dem es an einfühlsamen Texten nie gefehlt hat. Bei Maischberger wird uns ein iranischer Comedian erklären, warum eine Richterin mit Kopftuch eine Bereicherung für Deutschland sei, steht dieses Kleidungsstück doch par excellence für die Befreiung der Frau und die Modernität des Islam. „Deutschland wird sich verändern müssen“, wird Claudia Roth sekundieren. Campino dürfte uns erklären, warum die Deutschen derart spießig sind und wie nebenbei seine neue CD vorstellen. Nicht zu vergessen: Cem Özdemir, der uns mahnen wird, dass gerade wir mit unserer Vergangenheit offen für eine veraltete Religion sein müssten. Wetten? Vielleicht würde auch einmal das Beispiel eines Schöffen oder Richters mit Kippa diskutiert. Die Aufmerksamtkeit der Muslime dürften uns sicher sein.

Das Urteil im Falle Sandhu ist heute in erster Instanz ergangen: Richter kippt Kopftuchverbot für Juristinnen
 
Haio Forler arbeitet als freiberuflicher Berater weltweit in großen internationalen Unternehmen im Engineering-Bereich

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Karla Kuhn / 01.07.2016

Soweit sind wir also schon in Deutschland. Ich habe vor einiger Zeit einen Satz gelesen, der die Wahrheit auf den Punkt bringt: “Wir müssen endlich auf die Straße gehen, bevor es zu spät ist und wir keine Straße mehr haben, wo wir gehen können.” Der Verfasser drückt damit alle seine Sorgen um die Zukunft Deutschlands aus. Durch das Gerichtsurteil werden die Sorgen vieler Menschen in Deutschland noch verstärkt.

Jurastudent / 01.07.2016

Achja, wenn juristisch nicht bewanderte Menschen über ein Urteil schreiben… kennen wir das nicht irgendwoher? Egal… Zum wichtigsten: “Es gehe ja schließlich, so titelt die SZ, „ums Prinzip“. Aha. Die Prinzipien des Gastlandes sind hierbei allerdings zweitrangig.” 1. nein, es geht nicht ums Prinzip, jedenfalls nicht das Prinzip, das der Herr im Kopf hat, nämlich ob Richter Kopftuch tragen dürfen oder nicht. Das hat das Verwaltungsgericht, soweit die Begründung bisher veröffentlich ist, gerade nicht entschieden. Es hat nur gesagt, dass wenn man es verbieten will man doch ein Gesetz dafür bitte machen soll, schließlich geht es um Grundrechte (Parlamentsvorbehalt). Das führt zu Punkt 2: Auch nein, die Prinzipien des Gastlandes sind nicht zweitrangig, derer sind hier gleich zwei relevant: 1. Religionsfreiheit, 2. keine strikte Trennung von Staat und Kirche (jedweder Art). Dies sind die Prinzipien des “Gastlandes” (witzig, sie hat bestimmt ein deutschen Pass, warum also Gast? kein weiterer Kommentar), welche Prinzipien der Herr im Kopf ist nicht ersichtlich. “Die Befindlichkeiten des Deutschen Bürgers spielen dabei keine Rolle; die spricht Frau Sandhu nicht einmal an.” Brauch sie auch nicht, sie hat gesagt, dass sie die Gesetze achten will (wie auch selber zitiert), mehr muss sie auch nicht. Befindlichkeiten haben sowieso kein Platz bei einem Richter. “Ihrer Abwägung nach stellt sie diese höher als die Befindlichkeiten der Mehrheitsgesellschaft.” Wohl gemeint: Kopftuchtragen ist ihr wichtiger, als dass andere sich im Gerichtszahl davon gestört fühlen könnten. Richtig, das nennt man Abwägung zwischen Grundrechten und wenn diese Abwägung zu dem Schluss kommt, dass ihre Beeinträchtigung (beim nichttragen) schlimmer wäre, als die derjenigen die sie mit Kopftuch sehen müssen, dann ist das halt so. Kann man sehen wie man will, steht am so im GG und gehört damit zu den von dem Autor angesprochenen Prinzipien des “Gastlandes”. Der Vergleich zwischen Krawatte und Kopftuch hinkt so sehr, dass es einem blinden mit Krückstock auffallen müsste, außer der Autor trägt die Krawatte als Symbol seiner Religiösität, dann würde mich brennend interessieren welche Religion das sein soll. Es scheint zur Zeit allgemein in Mode zu sein den Grünen irgendwas in den Mund zu legen. Das dass lächerlich ist und nur der Sensationsgeilheit von Lesern die sowieso keine Argumente brauchen dient brauch nicht weiter vertieft zu werden.

J.Reinert / 01.07.2016

Religiöse Symbole an der Wand (Kruzifix) müssen im Gerichtssaal entfernt werden, religiöse Symbole auf dem Kopf einer Richterin müssen toleriert werden. Das verstehe wer will.

Ernst-Fr. Siebert / 01.07.2016

Das Kopftuch wird selbst in muslimischen Ländern als Glaubenssymbol gesehen. Dereinst in Tunesien im Urlaub, der schwarze Reiseleiter, ein sehr gebildeter Mann (Arabisch, Französisch, Italienisch, Deutsch, Latein und auch mit Russisch konnte ich ihn nicht verblüffen), sagte zu diesem Thema: Bei uns ist es Frauen und Mädchen nicht erlaubt, in die Schule mit einem Kopftuch zu gehen oder gar im Amt eines zu tragen. Eine Burka ist Folklore. Er sagte wörtlich: “In Bayern geht doch auch keiner in Lederhosen in´s Büro.” In der Wüste allerdings sei die Burka angebracht wegen des Sandes und schmunzelnd fügte er hinzu: Es ist praktisch, wenn eine Frau breit ist und eine Burka trägt, dann wirft sie einen guten Schatten. Ich gebe zu, der Vergleich mit der Lederhose hinkt, schließlich ist diese kein Glaubensbekenntnis. Oder doch?

Ralf Kulbrock / 01.07.2016

Eine Islamisierung findet nachweislich nicht statt. Originalton Bettina Schausten in einer kürzlich gesendeten 19 Uhr heute Sendung.

Traudl Kolikowsky / 01.07.2016

Nur ein Satz:  Dieses Land wird langsam unerträglich!

Toni Aigner / 01.07.2016

Kein Kopftuch im öffentlichen Dienst. Punkt. Und noch ein Stück weiter würde ch gehen: kein Hartz IV und keine Sozialhilfe für muslimische Kopftuchträgerinnen. Ich mag Multikulti, aber nicht jede Extrawurst der Muslime. Unser Land, unsere Regeln.

marion hartmannsweier / 01.07.2016

Man kann diese ganze Islam-Diskussion (Kopftuch, Beschneidung, Polygamie etc.) auf eine einfache Formel bringen: Mehr Moslems im Land (Europa) - mehr Islam - mehr Islam - mehr Scharia! Und die Zahl der Moslemangehörigen steigt täglich (Man denke nur an die täglich hereinströmenden “Flüchtlingen”). Ob es den Deutschen passt oder nicht - interessiert nicht. Aber die Deutschen sind so doof und erkennen ihren wahren Feind nicht: sie sitzen in den eigen Reihen und sind Deutsche! Sie sind es, die es den Moslemanhängern möglich macht, ihre rückständige Ideologie im religiösen Deckmäntelchen in Deutschland zu verbreiten. Und die sogenannten Christen sind die Helfer. Wer hat die ganzen Leute letztes und dieses Jahr unter Bruch von zig Gesetzen ins Land geholt? Christen. Sie nennen sich CDU/CSU/SPD. Von den Pfarrern/Pastoren, die uns erzählen wollen, wie ähnlich Christentum und Islam ist, will ich gar nicht sprechen. Wer zukünfitg diese Parteien wählt, bekommt eben geliefert wie bestellt….

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com