Dass die Energiewende so, wie sie derzeit gestrickt ist, nicht funktionieren kann, müsste mittlerweile selbst dem verbohrtesten Ökoapokalyptiker klar sein. Deshalb wird ja auch fleißig an der Nordstream-Pipeline weitergebaut, auch wenn Putin wieder mal einen Oppositionellen hat einkerkern lassen. Denn ohne Gas aus Russland wird nichts mehr gehen, wenn in ein paar Jahren nach den Atomkraftwerken alle Kohlemeiler abgeschaltet worden sind. Und auch Atomstrom aus Frankreich und den östlichen Nachbarländern wird dann immer häufiger jene Energie ersetzen, für die Zappelstrom aus Wind und Sonne kein Äquivalent ist.
Trotzdem wird weiter auf Biegen und Brechen an der „Vollversorgung“ mit sogenannten Erneuerbaren Energien gearbeitet. Aktuell ist Wasserstoff als potentieller Energiespeicher für Dunkelflauten in aller Munde. Wegen der enormen Umwandlungsverluste müsste die installierte Ökostrom-Kapazität ein Vielfaches höher sein als jener Betrag, der zur (rechnerischen) Deckung des maximalen Strombedarfs nötig wäre. Weitere zehntausend Windmühlen und Quadratkilometer von Solarpaneelen auf Dächern und Äckern würden das Land endgültig zur Industriewüste machen.
Weil der Widerstand gegen diese Politik auf dem Land schon heute beträchtlich ist und weiter anwachsen wird, wenn die Horrorpläne der Ökostromlobby verwirklicht werden - von den „Umweltverbänden“ gefordert wird ein jährlicher Zubau von Windkraft an Land in der Größenordnung von sieben Gigawatt, was bei einer Leistung von großzügig bemessenen vier Megawatt pro Anlage rechnerisch rund 1750 neue Windräder pro Jahr bis 2030 zusätzlich zu den bereits gebauten knapp 30.000 bedeuten würde - muss zunächst einmal das politische Terrain bearbeitet werden. Dieses Jahr stehen zahlreiche Wahlen. Damit eine sehr wahrscheinliche schwarz-grüne Koalition im Bund energie- und klimapolitisch durchregieren kann, müssen die Gegner dieser Politik am besten schon im Vorfeld kaltgestellt werden nach dem bewährten Muster, mit dem es schon gelang, eine unliebsame Partei einzuhegen: marginalisieren, diskreditieren, kriminalisieren.
Bürgerbewegung versus ökoindustriellen Komplex
Die Anti-Windkraft-Bewegung wird zwar von den Medien nicht in gleicher Weise hofiert wie die FFF-Klimahüpfer, sondern oft regelrecht totgeschwiegen, doch sie ist so stark, dass es kaum noch ein neues Projekt gibt, gegen das sich kein Widerstand erhebt. Einmal geht es den Initiativen „nur“ um den Schutz ihrer nächsten Umgebung vor den riesigen Industrieanlagen, um die eigene Gesundheit, ums Klein-Häuschen, um das nächstgelegene Erholungsgebiet. Andere stellen die Energiewende grundsätzlich infrage oder kritisieren die herrschende Klimahysterie. Immer jedoch handelt es sich um engagierte Bürger, die sich mit geringen finanziellen Mitteln oft bis zur Erschöpfung für das einsetzen, was sie für richtig und wichtig halten. Und die dabei einem milliardenschweren ökoindustriellen Komplex von Politikern fast aller Parteien, NGOs und Industrieunternehmen und einer oft aggressiven öffentlichen Meinung gegenüberstehen.
Trotzdem gelang es der Bürgerbewegung, zu der auch neuere Naturschutzorganisationen wie der Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern (VLAB) und die in Westdeutschland aktive Naturschutzinitiative (NI), eine Abspaltung des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND), zählen, ein wenig Sand ins Getriebe der vorgeblichen Klimaretter und Energiewende-Profiteure zu streuen. Dabei nutzten sie unter anderem das Verbandsklagerecht für anerkannte Umweltorganisationen, um vor Gericht gegen offensichtlich fehlerhafte Genehmigungen von Windrädern anzugehen.
Die Zahl der neu errichteten Windkraftwerke sank kontinuierlich, was allerdings auch daran liegt, dass die besten Standorte für die Rotoren längst vergeben sind. Vor allem im Süden wäre noch Ausbaupotential vorhanden, doch gilt zumindest in Bayern die sogenannte 10H-Regelung. Sie besagt, dass der Mindestabstand zwischen einer Wohnbebauung und einer Windkraftanlage das Zehnfache ihre Höhe betragen muss. Bislang gelang es den Windkraftfans nicht, diese Regelung zu kippen, umgekehrt gelang es gleichfalls nicht, die Abstandsregel auch in anderen Bundesländern einzuführen.
Weil den Energiewende-Enthusiasten die Felle davon zu schwimmen drohen, greifen sie jetzt zunehmend zu unlauteren Mitteln: Jüngst veröffentlichte Spiegel Online (SPON) die Ergebnisse einer Greenpeace-„Studie“ mit dem unscheinbaren Titel „Die Gegner der Energiewende“, erstellt von einem Rechercheteam des Umweltmultis, mit der die Existenz eines sinistren Netzwerkes von Energiewende-Saboteuren in Deutschland belegt werden sollte, mit Querverbindungen zu „rechten“ Kreisen und der atomar-fossilen Industrie. Solcherart „Studien“ von NGOs finden häufig den Weg in die Blätter des Mainstreams und meist werden deren Erkenntnisse mehr oder weniger ungeprüft veröffentlicht. „Dass das Lobbying der NGOs mit Heiligenschein daherkommt, hilft“, schreibt der in der Schweiz erscheinende „Tagesanzeiger“. „Ihre Aktionen, ,Studien‘ und Stellungnahmen werden oft nicht wie Lobbying behandelt und nicht derselben kritischen Prüfung unterzogen wie bei anderen Interessenvertretern.“
Der Versuch „Energiewende-Saboteure“ zu diffamieren
Dies trifft in idealtypischer Weise auf den SPON-Artikel zu, in dem die Greenpeace-Recherchen fast eins zu eins weitergegeben werden. Dabei fällt auf, wie oft sich der Schreiber mit relativierenden Worten und Wendungen wie „möglicherweise“, „bleibt offen“ aus der Affäre zu ziehen versucht. Sie weisen gleichwohl darauf hin, dass Greenpeace und SPON nichts wirkliches Substantielles oder „Belastendes“ herausgefunden haben, das die These belegen könnte, wonach als Naturschützer getarnte Kohlefans, Atomlobbyisten und Klimaleugner die Energiewende ausbremsen.
Trotzdem soll nach guter alter Praxis des „investigativen“ Kopf-ab-Journalismus der Eindruck erweckt werden, dass an all dem schon etwas dran sei, vor allem dann, wenn die Angeklagten – oft wegen des unverschämt-inquisitorischen Tons der Anfragen – keine Stellung zu den Vorwürfen nehmen. Fazit des Schreibers: „Es sind viele starke Indizien, die Greenpeace zusammengetragen hat, auch wenn eine direkte Finanzierung der Anti-Windkraft-Bewegung durch die Industrie nicht belegt ist, allenfalls vehementes Lobbying.“ Was SPON natürlich nicht erwähnt, ist die Tatsache, dass Greenpeace e.V. mit Greenpeace Energy vor gut zwanzig Jahren ein zwar rechtlich und wirtschaftlich vom Verein getrennt agierendes Unternehmen aus der Taufe gehoben hat, das gleichwohl bis heute von dem Namen der gemeinnützigen Ökoorganisation profitiert.
Im Mittelpunkt des mit so viel grünem Idealismus ausgeleuchteten „Netzwerkes“ verorten Greenpeace und SPON einen Beamten im Bundeswirtschaftsministerium, Dr. Nikolai Ziegler, den noch recht jungen, eloquenten Vorsitzenden des energiewendekritischen Bündnisses Vernunftkraft. Er ist schon seit einiger Zeit immer heftigeren Attacken ausgesetzt, die offensichtlich darauf abzielen, ihn bei seinem Arbeitgeber in Misskredit zu bringen und seine berufliche Existenz zu untergraben. Der seit 2010 im höheren Beamtendienst des Ministeriums eingesetzte Ziegler hatte einmal eine Urlaubsvertretung für den persönlichen Referenten von Thomas Bareiß (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, übernommen.
„Fünfte Kolonne“ in Altmaiers Ministerium?
Damals arbeitete Ziegler in der Abteilung Digital- und Innovationspolitik - ohne Bezüge zu energie- und klimapolitischen Fragestellungen, seit August 2020 sitzt er in der Abteilung für internationale Wirtschaftspolitik, was SPON übrigens entgangen ist. Das Ministerium selbst hat Kenntnis von Zieglers ehrenamtlicher Nebentätigkeit bei Vernunftkraft und teilte auf Anfrage eines Grünen-Abgeordneten mit: „Der erwähnte Mitarbeiter des BMWI ist im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit nicht mit energiepolitischen Entscheidungen befasst. Auch in der Vergangenheit hat er an solchen Entscheidungen nicht mitgewirkt, auch nicht vertretungsweise.“ Trotzdem verbreitet nach der taz auch SPON wieder das Märchen eines aus dem Ministerium heraus organisierten Anti-Windkraft-Widerstandes.
Wenn es eine „Fünfte Kolonne“ in Altmaiers Administration wirklich gäbe, wie von Greenpeace und SPON behaupten, warum hat ebendieses Ministerium erst vor wenigen Monaten quasi alle Wünsche der Erneuerbare-Energien-Lobby erfüllt, hat Klagen vor den Veraltungsgerichten gegen WKAs deutlich erschwert und das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit zahlreichen favorablen Neuerungen, etwa einer Erhöhung der „Schwachwindzulage“ für windarme Standorte angereichert? Zuvor waren in mehreren Schritten schon naturschutzrechtliche Regelungen, die die Windkraft potentiell behinderten, aufgeweicht worden.
Der SPON-Artikel war nur der bisherige Höhepunkt einer Kampagne gegen die Anti-Windkraft-Initiativen. Es begann mit einem Eintrag über Vernunftkraft auf den Seiten der Initiative Lobbycontrol, in dem Ziegler & Co. Verbindungen zur AFD, zur „Klimaleugner“-Szene und der Atomlobby unterstellt werden. Bezeichnenderweise verzichtet Lobbycontrol darauf, andere einflussreiche Lobbyorganisationen wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zu erwähnen, die sich zu einem erheblichen Teil durch als „ökologische Marktkontrolle“ getarnte Abmahnungen finanziert. Es gibt eben gute Lobbys und schlechte Lobbys.
Geballte Verbreitung von Halbwahrheiten
Einen nachgerade verschwörungstheoretischen Touch hatte eine „Studie“ der Vereinigung „europäische Energiewende“, in dem sich der Weltverband der Windkraftlobby mit verschiedenen Solargruppen, einzelnen Unternehmen der EE-Branche und diverse NGOs zusammengeschlossen haben, um das „Netzwerk der Energiewende-Verhinderer“ zu enttarnen. Im Zentrum eines beeindruckenden Schaubildes prangt als „Spinne im Netz“ wieder Nikolai Ziegler, umgeben von finsteren Gestalten wie Peter Altmaier, Friedrich Merz, Armin Laschet und dem verstorbenen Naturschützer und Windkraftkritiker Enoch zu Guttenberg. Auch das 2016 erschienene Buch des Autors dieses Achse-Artikels mit dem Titel „Geopferte Landschaften“ („Verbreitet Lügen über den wirklichen Flächenverbrauch von erneuerbaren Energien“) ist dort aufgeführt.
Leider scheint eine solch geballte Verbreitung von absichtsvoll geraunten Banalitäten, Halbwahrheiten und Unterstellungen durchaus auf fruchtbaren Boden zu fallen. So durfte sich auf einem Online-Forum der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung Westfalen mit dem Titel „Klimaschutz versus Gefahren durch Windkraft“ die FFF-Aktivistin Luisa Neubauer im Nazijargon über angeblich die Energiewende gefährdende „Zersetzungsparolen“ echauffieren und der windkraftkritische Rechtsanwalt Thomas Mock, der bei Greenpeace, SPON und der Europäischen Energiewende ebenfalls als gewissenloser Lobbyist gebrandmarkt worden war, musste im Chat zum Online-Forum unflätige Beschimpfungen über sich ergehen lassen.
Mock vertritt Bürgerinitiativen gegen Windkraft und war bis Ende 2020 Leiter „Politik und Verbände“ beim Aluminiumproduzenten Hydro Aluminium in Grevenbroich und Obmann des Ausschusses Klima im Verband der Energieintensiven Industrie. Er wurde mit Sätzen konfrontiert wie: „Haben sie sich daher von der Braunkohle und Aluminium Industrie bezahlen lassen, um falsche Bürgerinitiativen gegen Windkraft zu gründen, Herr Mock? Oder: „Wenn Herr Mock die Welt retten will, dann will Himmler die Juden retten.“ Wobei der Vorwurf, die Aluminiumindustrie agitiere gegen die Energiewende, völlig ins Leere zielt. Norsk Hydro, Mutterkonzern von Hydro Aluminium, besitzt selbst eine Tochter für Wind, Solar- und Wasserkraftwerke und nutzt in großem Stil Windstrom für seine Aluminiumhütten.
Doch die Saat des Hasses ist schon aufgegangen.
Der Artikel erschien zuerst im Umwelt-Watchblog des Vereins für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern (VLAB).