Kennt keiner - will keiner. Ein rein politisch-korrekte Entscheidung. Habe das Interview mit dem Übersetzer gesehen, ja, der Flüchtling, so edel, so hilfreich, so gut, mein Gott, wie schnulzig. Da bleibe ich lieber bei Freddie Mercury. Auch von Sansibar. Hat wohl mehr für die Kultur geleistet als dieser Schreiberling.
Der Herr kam 1968 nach England. Der Laudator deutet an, daß er das als Flüchtling tat. Vor was ist er denn geflüchtet? Vor der tansanischen Unabhängigkeit? In anderen Kommentaren zur Preisvergabe wird seine Heimat Sansibar als vorkoloniales Multi-Kulti-Paradies geschildert. Dieses “Paradies” war das zentrale Drehkreuz für schwarzafrikanische Sklaven, die von hier aus in den gesamten islamischen Raum und bis Indien verschifft wurden. Bereits lange, bevor die Europäer in der Neuzeit auf die Idee kamen, mit Sklaven zu handeln. Und dieser Nachfahr von Sklavenhändlern über zig Generationen beklagt sich über das böse Erbe der Kolonialmächte, die diese wunderbare Zeit des arabischen Sklavenhandels über 1000 Jahre beendet haben. In Tanganjika (dem Festlandteil Tansanias) wird man das anders sehen. Dort wird übrigens die deutsche Kolonialzeit geradezu romantisch verklärt, im krassen Gegensatz zur nachfolgenden britischen Kolonialzeit. Und es komme mir niemand mit dem Maji-Maji-Aufstand. Das war der Versuch der einstigen Sklavenjägerstämme, das Land wieder unter ihre Terrorherrschaft zu bringen. Das wird uns unsinnigerweise heute als antikolonialer Befreiungskampf verkauft.
Es ist ein wenig absurd, dass ein Autor, der sich entschieden hat, in einem westlichen Land zu leben (und dort offenbar gut lebt), von dort das Schicksal seines armen Geburtslandes beklagt, anstatt in seinem Geburtsland zu leben, um dort die Situation zu verbessern. Es ist ein Zeichen der Großartigkeit des westlichen Lebensentwurfs, dass sich im Westen ein Mann aus der Fremde so entwickeln kann, wie er es bei sich zu Hause wohl nie könnte. – Wenn dieser Nobelpreis allein für die Qualität der Literatur vergeben worden wäre, wäre mir das egal, aber es ist (für mich jedenfalls) offensichtlich, dass hier jemand geehrt werden sollte, der dem politisch korrekten Zeitgeist entsprechend dem Westen große moralische Verfehlungen vorwirft. Ich glaube nicht, dass ich seine Bücher lesen werde. Auch Nobelpreise werden mir durch die diesjährige Vergabe immer egaler.
Man liest und hört immer wieder Abdulrazak Gurnah sei als Flüchtling nach Großbritannien gekommen. Wovor musste er fliehen?
Von den Nobelpreisen sind der für Literatur und der für “Frieden” vollkommen überflüssig. Wann hat den Literaturnobelpreis das letzte Mal ein Autor bekommen, der wirklich gelesen wird. Ab 2000: V.S. Naipaul und Doris Lessing. Zu Afrika war mal wieder dran: Dann sollen Sie doch den “Wieder dran”-Nobelpreis einführen. Und: Der Tansanier lebt seit 1968 in England und schreibt in Englisch. Mehr Afrika geht ja kaum. Aber der “woke” Grund: “Der frisch gekürte Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah hat sich zum Brexit und zu kolonialen Raubgütern geäußert. Dabei nahm er auch Deutschland in die Pflicht.” PS.: Wären die kolonialen Raubgüter in Afrika verblieben, gäbe es sie längst nicht mehr.
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