Lieder für die Ewigkeit: „Live Forever“

Der Song atmet das Gefühl von Freiheit und jugendlichem Übermut. Das Altwerden ist noch ewig weit weg. Und das Leben fühlt sich an, als würde es niemals enden.

Unfassbar! Ist das auch schon wieder dreißig Jahre her? Ich weiß noch genau, wie ich als Student in Schottland das erste Mal diesen Song gehört habe. Ich war völlig von den Socken: Was ist das für eine Band? Wo kommen die her? Und wem gehört verdammt nochmal diese Hammerstimme? Sind wir doch mal ehrlich: Seit John Lennon 1963 hat niemand mehr so gesungen. Das ist doch die Situation hier!

Die Band hieß Oasis und kam aus Manchester. Die Stadt im Nordwesten Englands war für die 80er und 90er Jahre in etwa das, was Liverpool für die 60er gewesen ist. Viele tonangebende Bands kamen von dort (oder aus der Umgebung), wie etwa Joy Division (später New Order), The Smiths, The Stone Roses, Inspiral Carpets, Happy Mondays oder The Verve, um nur die bekanntesten zu nennen.

Inzwischen sind die Jungs von Oasis längst in den Olymp der Brit-Pop-Götter aufgestiegen und gelten als die berühmtesten Söhne der Stadt; allen voran die beiden Gallagher-Brüder Noel und Liam. Der eine hatte die Songs, der andere die Stimme. Und beide hatten eine riesengroße Klappe. Sänger Liam ist der Jüngere und wurde von seinem großen Bruder oft verächtlich nur „Kid“ genannt. Überhaupt gab es oft Stress zwischen den beiden Dickköpfen, woran letzten Endes dann auch die Band zerbrechen sollte.

Perfekte Symbiose aus Beatles und Stones

Musikalisch gelten Oasis mit ihren poppigen Melodien und ihrem rotzfrechen Sound, an dem Liam mit seinem lümmelhaften Timbre beträchtlichen Anteil hat, bis heute Vielen als die perfekte Symbiose aus Beatles und Stones. Auch klangen in ihrer Musik immer wieder Einflüsse von Punk- und Glamrock an. Allerdings ohne „Glam“, als von den Bandmitgliedern keiner irgendwelche Anstalten machte, sich zu bewegen und eine Show abzuziehen.

Der Song „Live Forever“ stand ganz am Beginn ihrer Karriere. Er erschien Anfang August 1994, kurz bevor ihr erstes Album auf den Markt kam. Zugleich war es ihr erster Song gewesen, mit dem sie die Top-Ten der UK-Charts knackten und der ihnen zum endgültigen Durchbruch in ihrem Heimatland verholfen hat. Die Single ging insgesamt knapp zwei Millionen mal über den Ladentisch.

Der Text des Liedes ist eigentlich zweitrangig. In erster Linie lebt das Stück vom Sound der Musik und dem Schmackes in Liams Stimme. Die schleudert Schlagwörter in den Raum, die wohl bei jedem Insulaner vertraute Assoziationen wecken und die Melancholie der britischen Seele triggern. Insbesondere solche Wortbilder wie „Morgenregen“ („morning rain“), was im Song auf „Schmerz“ („pain“) gereimt wird, oder „nass werden bis auf die Knochen“ („soaks you to the bone“).

Demgegenüber blitzen im Chorus sodann befreiende Formeln auf, wie „fly“, „breathe“, „me“ oder „be“, bis Liam schließlich ins Falsett wechselt und dem Hörer das verheißungsvolle „You and I are gonna live forever“ ins Ohr säuselt. Das alles lässt den Song das Gefühl von Freiheit und jugendlichem Übermut atmen. Das Altwerden ist noch ewig weit weg. Und das Leben fühlt sich an, als würde es niemals enden – als wären wir unsterblich.

YouTube-Link zu Oasis' mit Video: „Live Forever“ 

Hans Scheuerlein verarbeitet auf der Achse des Guten seit 2021 sein Erschrecken über die Tatsache, dass viele der Schallplatten, die den Soundtrack seines Lebens prägten, inzwischen ein halbes Jahrhundert alt geworden sind.

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Leserpost

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Thomas Roder / 19.08.2024

Sehr treffend - einmal mehr, Herr Scheuerlein…. Oasis war der Soundtrack meiner Studienzeit. Auch ich durfte diese großartige Band als Student in Schottland kennenlernen, wenn auch ein Jahr vor „live forever“.

Johannes Schuster / 18.08.2024

Danke, jetzt haben sich meine Depressionen erfolgreich ein Update gezogen…..  1995 stand ich mit beiden Beinen in der Musik. Wenn mir damals einer erzählt hätte, daß die Trompeter durch Masken blasen, ich hätte die Forschung der Marsbesiedlung damals intensiviert. Das waren noch Zeiten als man es nicht für normal hielt den Pimmel abzuschneiden oder Brüste ab zu montieren und keiner auf die Idee kam irgendwelche Gender - Scheiße zu propagieren. Früher war die Welt verrückt, heute ist sie psychopathisch.

Uwe Diers / 18.08.2024

Mmmmmmh, genau den Nerv getroffen, besonders live kommt dieser Song, mein Lieblingssong, so herrlich rüber… schade, dass die beiden Holzköppe nicht noch mal den Versuch gewagt haben aber vielleicht auch gut so… man ja mal träumen

ekki schneider / 18.08.2024

Bei der Auflistung fehlt The Fall, für den legendären john peels (und weit weniger wichtig auch für mich) die beste Band überhaupt, es gab stolze 24! Peel Sessions mit The mighty Fall. Manchester ist musikalisch die Hauptdtadt von England für mich und viele andere. Mit Oasis wurde ich nicht richtig warm, Pulp war das raffinierter, aber natürlich haben sie zeitlose Hymnen rausgehauen.

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