Anabel Schunke / 27.08.2018 / 06:25 / Foto: A.Schunke / 59 / Seite ausdrucken

Lieber George Clooney als Anglerhut

Man kann sich seine “Mitstreiter” in Sachen Politik selten aussuchen. Das weiß die SPD, die sich seit Jahren um einen Ausschluss Thilo Sarrazins aus der Partei bemüht, genauso wie die AfD, die in regelmäßigen Abständen mit unappetitlichen Entgleisungen ihres Rechtsaußen-Flügels zu kämpfen hat. Selbst die Grünen, wenn auch von der deutschen Presse eher stiefmütterlich behandelt, müssen sich noch heute gelegentlich für die früheren Aussagen einiger ihrer Parteimitglieder zum Thema Sex mit Kindern äußern.  

Wo Parteien jedoch zumindest der Versuch der Abgrenzung, der Ausschluss unliebsamer Kollegen bleibt, ist das dem unorganisierten Bürger vorenthalten. Dies betrifft insbesondere das islam- und asylkritische Spektrum, das in seiner gesellschaftlichen Zusammensetzung kaum heterogener sein könnte und darüber hinaus in dieser Form ein sehr junges Phänomen darstellt.

Im positiven Sinne verhindert die fehlende Organisation eine allzu starke Zerfaserung eines politischen Spektrums, das wie kein anderes auf Zusammenhalt angewiesen ist. Ein Spektrum, das verdeutlichen muss, dass es keine Bewegung einer bestimmten Minderheit mit spezifischen Interessen ist, sondern eine bürgerliche Versammlung, die sich aus allen gesellschaftlichen Schichten speist, weil das Problem, das man aufgreift eben auch ein grundsätzliches ist, das die Gegenwart und vor allem Zukunft aller betrifft. 

Im negativen Sinne bietet die fehlende Möglichkeit der klaren Organisation und Abgrenzung für den politischen Gegner eine prima Gelegenheit der mentalen Zwangskollektivierung. Der Zuordnung zu einer Gruppierung wider Willen und damit einhergehend der pauschalen Abqualifizierung und Verurteilung dieser Gruppierung.

Ärgerliche Steilvorlagen 

Diese Praxis findet sich in der in der pauschalen Verurteilung der ostdeutschen Bevölkerung genauso wieder wie in der Gesamtbeurteilung der AfD als “rechtsextreme” Partei aufgrund einzelner Köpfe wie Höcke. Seit 2015 ist sie fester Bestandteil der medialen und politischen Agitation gegen jene, die sich dem Willkommens-Dogma nicht unterwerfen wollen. Darüber kann man sich (zurecht) echauffieren. Die fehlende Neutralität, das Ungleichgewicht in der Abbildung politischer Meinungen in der deutschen Medienlandschaft sollte immer wieder ins Gedächtnis gerufen und kritisiert werden. Es wird sich jedoch nicht ändern, so lange die Leute in den Redaktionen sitzen, die es aktuell tun. Umso mehr sollte der Fokus darauf liegen, keine Steilvorlagen zu liefern.  

Insofern sollte der Ärger sich nicht mehr vorrangig gegen die Praxis gutmeinender Kollegen richten, Stories wie jene des Mitarbeiters des LKA, der bei Pegida demonstriert, fast schon dankbar aufzugreifen, um damit erneut zu verdeutlichen, aus welchen dümmlichen Idioten sich das islamkritische Spektrum angeblich zuvorderst speist.

Sie sind nicht mehr als Gefangene ihrer eigenen Ideologie, die sie tatsächlich glauben lässt, dass der pöbelnde LKA-Mitarbeiter eine größere Gefahr für die Freiheit und Sicherheit dieses Landes darstellt als die hunderttausenden Einwanderer aus den gewaltaffinsten und frauenfeindlichsten Regionen der Erde.  

Wenn man seit Jahren dafür kämpft, das islam- und asylkritische Spektrum aus der Schmuddelecke zu hieven, deutlich zu machen, dass die Kritik aus der Mitte der Gesellschaft kommt und nicht vorrangig von bierbäuchigen Männern mittleren Alters mit Deutschlandmütze auf dem Kopf, dann ist ärgerlich, dass diese Steilvorlagen immer wieder geliefert werden.

Eine Haltung mit der man nichts falsch machen kann

Dabei ist doch klar, dass die Verunglimpfung durch Verhöhnung als zentraler Hebel gegen das islam- und asylkritische Spektrum genutzt wird. Vor allem bei der jüngeren Generation unter 30, bei der die Nazikeule aufgrund zeitlicher Distanz längst nicht mehr alleine wirkt. "Multikulti" oder "pro Refugee" ist entgegen aller Bekundungen jammernder Seenotretter immer noch hipp. Eine Haltung, mit der man im öffentlichen Beliebtheitswettbewerb nichts falsch machen kann.

Verstärkt wird dieses Bild nicht nur durch Werbung, Filme & Co. Nicht nur durch Künstler, die aus ihrer abgeschotteten Komfortzone heraus moralische Weisheiten verkünden, sondern vor allem durch die Gegenüberstellung mit den vermeintlich ewiggestrigen Spinnern auf der anderen Seite. Wer will schon zu jenen gehören, die mit dämlichem Anglerhut “Lügenpresse” skandieren, wenn man auch zu Jan Delay, Joko und George Clooney gehören kann?  

Natürlich kann man sich auch hier wieder über die Oberflächlichkeit der Menschen beschweren und anbringen, dass es doch um so viel mehr geht, als um’s Gefallen. Aber der Mensch ist ein Herdentier. Für viele, insbesondere junge Leute, geht es um  eine positive Rolle im großen Beliebtheitswettbewerb der Gesellschaft, in dem eben auch die vermeintlich richtige politische Haltung eine Rolle spielt. Und dabei gibt es ein Imageproblem weil die Glorifizierung archaischer Kulturen als moderner gilt als die Kritik an ihnen. Mit Pegida-Vokabular und peinlichen Outfits wird das auch so bleiben. 

Und so wird der Pegida-LKAler ungewollt zum mahnenden Exempel. Seht her, was einem blüht, der es wagt, sich öffentlich zu den “bösen Rechten” zu bekennen. Man gehört dann nicht nur zu den “Peinlichen”. So ein “Bekenntnis” wird schon mal blitzschnell in die ganze Welt hinausposaunt und zur sozialen und beruflichen Stigmatisierung genutzt. Selbst die Kanzlerin äußert sich zu diesem Thema, während sie beispielsweise zum Mord an einem Offenburger Arzt durch einen Asylbewerber geflissentlich schweigt. Die Steilvorlage wird nicht nur in den Medien, sondern auch im Kanzleramt dankbar aufgenommen, um “Nachahmungstäter” auf alle Zeit abzuschrecken – "Bestrafe einen, erziehe hunderte" soll Mao einmal gesagt haben.

Es bleibt daher nichts anderes, als weiterhin deutlich zu machen, dass längst nicht nur der “typische” rechte Spinner Argumente gegen diese Politik vorbringt, sondern ein stetig wachsender Teil aus der Mitte der Gesellschaft, der einfach nur in Frieden leben will. Die Ewiggestrigen sitzen eigentlich längst im anderen Lager.

Foto: A.Schunke

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A. Witzgall / 27.08.2018

“Es bleibt daher nicht anderes als weiterhin deutlich zu machen, dass längst nicht nur der “typische” rechte Spinner Argumente gegen diese Politik vorbringt sondern ein stetig wachsender Teil aus der Mitte der Gesellschaft, der einfach nur in Frieden leben will.” Vielleicht eine Sammlungsbewegung der konservativen Bevölkerung über Parteigrenzen hinweg? . Nach meiner Meinung kann die AfD diesen wachsenden Teil zur Zeit nicht vertreten. Vielleicht doch zu viele “Altlasten” und verbrannte Erde. Wenig pfiffige Ideen oder präzise Aktionen, dem derzeitigen Gegenwind zu trotzen. Auch drängt sich mir der Eindruck auf, sie teile sich immer mehr in einen Ost- und einen Westflügel.  Dazu noch der derzeitige (unausgesprochene aber wirksame) Medienboykott und das “Übergeigen” von Randereignissen wie in Dresden. Wie die Fressfeinde eines Fischschwarmes oder einer Tierherde, versucht man hier einzelne heraus treiben, damit man sie leichter erledigen kann. Die Mageren lässt man in Ruhe, an den Fetten frisst man sich satt. Ein hervorstechendes Merkmal, wie eine ungewöhnliche Kopfbedeckung, erleichtert die Auswahl, bevor man sich auf den Schwarm stürzt. Im Falle von Dresden, haben die MSM fette Beute gemacht, von der das ganze Rudel einige Zeit gut leben kann. Eine Partei mit einem Sebastian Kurz an der Spitze würde die letzten Wochen ihre Stimmenanteile in der Bevölkerung stark ausgebaut haben, statt bei (je nach Meinungs “Institut”) 12 bis 17 Prozent rumzuhängen, liegt nach meiner Meinung das Potential eher bei 25 +. Hoffentlich erkennt man in der AfD, trotz aller Erfolgstrunkenheit, dass es höchste Zeit ist, das vorhandene Wählerpotential zu erschließen. Einige Leute aus der (bisherigen) zweiten Reihe scheinen durchaus das Potential zu haben, ohne eigene Vorbelastungen die Partei vorwärts zu bringen. Für mich schläft nicht nur der Michel, die AfD zur Zeit auch.

Matthias Thiermann / 27.08.2018

Merkel äußert sich zu allem Möglichen, es muss nur hinreichend unwichtig sein. Das hindert sie jedoch nicht daran auf der Skala “Peinlichkeit“ die Anglerhutfetischisten um Größenordnungen zu übertreffen. Hätte ich nicht so einen Grant auf diese Frau, ich könnte glatt einen Vollzeitjob daraus machen, mich für sie fremdzuschämen.

Dieter Blume / 27.08.2018

Der Herr mit dem Anglerhut hat darum gebeten, nicht gefilmt zu werden. Vielleicht dachte er, dass die neue Datenschutzgrundverordnung auch für böse Menschen wie ihn gilt. Aber weit gefehlt, für PEGIDA-Demonstranten sind der Persönlichkeitsschutz und das Recht auf das eigene Bild außer Kraft gesetzt. Der arme Kerl wird jetzt das erfahren, was unzählige Andersdenkende vor ihm durchleiden mussten. Die Medien werden ihn solange fertigmachen, bis die Menschen die Straßenseite wechseln, wenn sie ihm begegnen.

Robert Jankowski / 27.08.2018

Ich verstehe Ihre Kritik, aber sollen jetzt alle Angler oder bierbäuchigen Endvierziger den islamkritischen Demos fernbleiben, um das öffentliche Bild zu verbessern? Das ein LKA Mitarbeiter so blöd ist und meint, dass er sein Demonstrationsrecht und sein Persönlichkeitsrecht über dem Presserecht stehen würde, ist ein weiteres Bonbon. Früher gab es das Berufsverbot für kommunistische Lehrer, heute gibt es eben ein Berufsverbot für islamkritische Staatsangestellte. Das wird man selbstverständlich nie so nennen, aber de facto ist es genau das.

Frank Holdergrün / 27.08.2018

“Mit Pegida-Vokabular und peinlichen Outfits wird das auch so bleiben.” Mit der Hartnäckigkeit von Pegida bin ich auf die Islamkritik gestoßen, habe achgut, PI-News u.v.m. entdeckt. Nachdenken ist völlig unabhängig von Outfits etc., Ihr Pegida-Pauschalbashing sollten Sie korrigieren, liebe Frau Schunke, schon der Name war auf Islamkritik gerichtet und wenige haben mehr erreicht als diese aus der Zeit gefallenen Personen. Diese Woche wird ein Buch veröffentlicht, von Herrn Sarrazin, das alle relevanten Aussagen von Pegida bestätigt, und auch für Sie wäre es gut, wenn Sie die Ziele von Pegida nachlesen würden. Ich bin davon überzeugt, dass der ZDF Kameramann/Reporter diesen LKA-Schlapphut bewusst provoziert haben - und beide hatten Glück, dass ich es nicht gewesen bin. Es ist nämlich unbestritten, dass Medien sich nicht einzelne Personen herausgreifen und “vorführen” dürfen. Ich mag Ihre Berichte durchaus, aber Bemerkungen wie Pegida-Vokabular sollten Sie präzisieren.

Thomas Weidner / 27.08.2018

Der LKA-Mitarbeiter - hat er denn “gepöbelt” - oder hat er sich stinksauer auf das “Recht am eigenen Bild” berufen - welches das ZDF ganz offenbar vorsätzlich missachten wollte und missachtet hat? So richtig Inhalt und Tenor des Artikels sind - der Ausdruck “Pöbeln” ist absolut unangebracht!

D. Wolters / 27.08.2018

Alles soweit richtig. Nur ist dieser LKA Mann meines Wissens nach nicht auf der Demo interviewt worden, sondern er ist „in der Nähe“ und allein unterwegs gewesen. Auch hat er sich nicht als Pegida Mann zu erkennen gegeben, sondern nur klar und deutlich sein Recht am eigenen Bild eingeklagt. „In dubio pro reo“ - drauf gepfiffen im guten Deutschland. Der LKA Mann als Pegida Depp, das ist die Schlagzeile! Da wird nicht mehr gepixelt und seine privaten Hintergründe veröffentlicht, als wenn er einen Pädophilenring geleitet hätte. Spitzenpolitiker fordern die sofortige Entlassung und selbst die Kanzlerin muss ihr unqualifiziertes Gebrabbel dazugeben. Alle fallen drauf herein, leider auch Sie, Frau Schunke. Was denn, wenn der LKA Mann behauptet bei flüchtigen Bekannten Fußball geschaut zu haben? Das Gegenteil wird ihm wohl kaum zu beweisen sein.

Martin Landner / 27.08.2018

Ja, Anglerhüte sind schon doof. Polizeikontrollen von Frontal21 noch mehr. Bei der Ermordung (mal wieder) eines Arztes oder zweier Staatsbürger in Chemnitz ist das ganz anders.  ARD & ZDF haben aber nun mal klare Prioritäten: In dem einen Fall werden Anglerhüte rituell verurteilt, in dem zweiten wird der Polizeipräsdent einbestellt, in dem dritten knallen die Sektkorken. Wo kommt nur dieser unbändige, völlig überzogene Hass auf westliche Gesellschaften, auf Amerika, auf Deutschland, auf Israel her?

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