Thilo Schneider / 16.02.2019 / 06:00 / Foto: Pixabay / 79 / Seite ausdrucken

Liebe Jugend! Seid nicht Greta Thunberg – seid Steve Jobs!

Den unten stehenden offenen Brief schrieb ich an die jungen Menschen meiner Heimatstadt, die am letzten Freitag in Aschaffenburg für die Umwelt demonstrierten, anstatt zur Schule zu gehen. Ich veröffentlichte ihn zunächst am 9. Februar auf Facebook. Er sorgte bei den örtlichen Grünen für erhebliche Entrüstung.

Liebe Jugendliche, junge Menschen und Bürger von Aschaffenburg,

zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zu Eurer Demo am 8.2.2019. Ihr habt damit von einem gesetzlich verbrieften Grundrecht Gebrauch gemacht, nämlich Euch frei und friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Ich meine damit explizit die, die sich tatsächlich aus Sorge auf dem Aschaffenburger Stiftsplatz eingefunden haben – nicht die, für die da alles nur ein Riesen-Happening und ein guter Grund war, sich vor ein paar Schulstunden zu drücken – auch, wenn dies natürlich ebenfalls legitim ist. Wer freut sich nicht über ein paar schulfreie Stunden? Ich als alter weißer Mann, also als einer, der Euch „die Suppe“ durch sein Verhalten „eingebrockt“ hat, stimme allerdings nicht in die Jubelchöre des „gut gemacht, weiter so“ ein, die Euch allenthalben um die Ohren schallen – übrigens von Leuten, die „im Namen des Umweltschutzes“ auch schon gerne einmal mit 125.000 Flugmeilen zur „Senator Class“ der Lufthansa gehören. Natürlich sind die dabei für das Klima unterwegs. Und in den Urlaub. 

Nein, mir geht es um etwas Anderes. Eben weil ich Euch ernst nehme. Zuerst einmal möchte ich Euch die Angst nehmen, die Euch überhaupt auf den Stiftsplatz gebracht hat. „Ich will, dass Ihr alle die gleiche Panik empfindet, die ich jeden Tag habe“, sagt Greta Thunberg, eine Eurer Ikonen.

Nein, liebe junge Menschen: für Panik besteht wahrlich kein Anlass – zumal die Welt seit 70 Jahren bereits untergeht. Wir sind immer noch hier. Trotz angeblich einem komplett abgestorbenen Wald, verschwundenen und ausgebeuteten Ressourcen, Ozonloch, Atomstrahlung, kosmischer Strahlung, abtauenden Polkappen und was weiß ich nicht noch, welchen düsteren Prognosen und Gefahren, die die Auguren seit 1950 vorausgesagt haben. Wir werden älter als jemals zuvor. Und dies nicht nur dank verbesserter Medizin, sondern weil die Menschheit immer in der Lage sein wird, Alternativen zu finden und Wachstum zu generieren. Ich glaube an die Menschheit – und an Euch. Ich habe ein positives Menschenbild. 

Ihr habt es in der Hand!

Ihr seid in eine Gesellschaft hineingeboren worden, der es noch nie so gut ging wie heute. Ihr habt Freiheiten, die keine Jugend vor Euch hatte und die gefühlt 90 Prozent der Menschheit immer noch nicht haben und auch gerne hätten. Mit diesen 90 Prozent werdet Ihr übrigens verhandeln müssen. Die wollen die gleichen Freiheiten und Rechte wie Ihr sie habt. Ihr mögt einwenden, dass dieser Wohlstand ja von irgendjemandem bezahlt werden muss und auch auf Kosten von irgendjemandem geht – vielleicht sogar auf Kosten Eurer Zukunft. Und damit habt Ihr – Überraschung – Recht. Wenn meine Generation das komplette Erdöl verbraucht, werden sich Eure Generation und die Eurer Kinder nach Alternativen umsehen müssen. Aber ich glaube an Euch. Ich glaube, dass Ihr den Fusionsantrieb entdecken werdet und ich glaube, dass Ihr Eure Transportmittel damit werdet betreiben können. Ich glaube, dass Ihr Technologien erfinden werdet, von denen wir heute nicht einmal den Hauch einer Ahnung haben. Und ich bin sicher, dass Euch die gleichen Leute, die Euch heute „in Panik versetzen“, dann ebenfalls erklären werden, warum auch das schlecht und schädlich und auf keinen Fall ethisch vertretbar ist.

Wisst Ihr, ich bin fett. Wenn ich aber abnehmen möchte, dann muss ICH weniger essen. Nicht die anderen. Ich weiß, der Vergleich hinkt. Nur: so ist es bei Euch auch. Ihr habt es doch bereits jetzt schon in der Hand! Ihr wollt kein Plastik? Kauft keines! Nehmt keinen „Coffee to go“ mehr an, wenn da ein Plastikdeckel drauf ist. Ja, der wird dann schneller kalt – aber ein Opfer müsst Ihr eben bringen. Ihr wollt keine Orangen, die in Plastiknetzen verpackt sind? Dann kauft keine. Es gibt Orangen aber nur in Plastiknetzen oder, als Einzelexemplar, teurer als im Gros? Dann verzichtet ganz darauf. Es liegt ganz allein an Euch, worauf Ihr bereit seid, zu verzichten. Wenn sich nur genug zusammentun, dann werden Lebensmittelkonzerne sich Alternativen überlegen, wie sie künftig ihre Waren verpacken. Ihr findet Firma XY doof? Dann kauft denen ihre Waren nicht mehr ab, bis sie tun, was Ihr verlangt. Seid Euch nur immer auch der Konsequenzen bewusst, die auch eine Verweigerungshaltung oder ein Boykott hat: Irgendein Orangenanbauer in irgendeinem armen Land wird dann seine vielköpfige Familie nicht mehr ernähren können. Es sei denn, er schickt seine Kinder in die Lithium-Minen, in denen die Rohstoffe für die Akkus Eurer Handys und künftigen E-Mobile gewonnen werden. Das gefällt Euch nicht? Dann nutzt das gute alte Festnetztelefon und geht zu Fuß oder fahrt Fahrrad. Noch einmal: es liegt an Euch.

„Die Uhr“ steht seit Jahrzehnten „auf Fünf vor Zwölf“ und Ihr werdet immer auf Leute treffen, die Euch in Panik versetzen wollen. Mit Panik lässt sich gut Geschäfte machen, denn wer panische Angst hat, reagiert irrational und unüberlegt. Nicht umsonst sind ganze Windkraftparks riesige Geldvernichtungsanlagen. Da haben Eure Eltern ´rein investiert, mit gutem ökologischen Gewissen, und weil sie die Story mochten und aus lauter Angst „vor der Klimakatastrophe“ „irgendwas für die Umwelt“ tun wollten. Nicht nur Gier – auch Angst frisst Hirn. Die Emittenten der entsprechenden Anteilspapiere haben sich längst abgesetzt und den Schrott in der gar nicht mehr so freien Wildbahn stehen gelassen. 

Seid nicht wie Greta Thunberg

Ihr, die Ihr auf dem Stiftsplatz gestanden habt: Ihr seid aufgerufen. Aufgerufen, Euren Worten auch Taten folgen zu lassen. Ihr wollt etwas ändern? Dann verzichtet. Fordert nicht andere zum Verzicht auf, sondern geht mit gutem Beispiel voran. Geht nicht mehr in Fast-Food-Restaurants, werft Euren Müll nicht auf die Straße, lasst Euch nicht mehr mit dem Auto zur Schule fahren. Und in der Schule: Lasst Euch nicht vereinnahmen oder manipulieren. Denkt selbst. Überlegt selbst. Wenn Ihr den Worten auf dem Stiftsplatz auch Taten folgen lasst – eigene Taten und eigenen Verzicht – dann werde ich Euch tatsächlich auch meine Hochachtung aussprechen und Euch nacheifern. Ich mag alt sein – lernfähig bin ich ja trotzdem. Aber solange das nicht passiert – dann bleiben die Demos auf dem Stiftsplatz eben ein „nice und schön, dass wir mal drüber geredet haben“. 

Wir Alten treten langsam und der Reihe nach ab. Wir sind in spätestens 30 Jahren nur noch biologisch abbaubarer Kompost. Wir haben unser Bestes getan, Euch das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Das haben wir als Eure Eltern für unsere Pflicht gehalten. War das falsch? Vielleicht. Aber es war das, was wir für richtig und gut hielten. Es ist Eure Entscheidung, dies aufs Spiel zu setzen – oder weiter zu verbessern. 

Seid nicht wie Greta Thunberg – seid Steve Jobs, seid Elon Musk. Habt keine Angst vor der Zukunft, sondern den Mut, diese aktiv zu gestalten und, ganz wichtig, habt Freude und Spaß daran. Verbessert das Leben Eurer Mitmenschen und das Schicksal Eurer Welt. Fangt damit an. Gleich. Bei Euch. Seid Hedonisten und freut Euch, dass Ihr da seid. Ich wünsche Euch, dass es Euch noch lange und in Wohlstand gibt. 

Lesen Sie morgen: Warum die Grünen diesen offenen Brief gar nicht lustig fanden.

Foto: Pixabay

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P. F. Hilker / 16.02.2019

Tja, ich sehe das weitaus weniger differenziert. Bei dieser Generation fällt mir nur ein, so dumm wie ein Deutscher. Das ist alles. Und ich setze auch keine Hoffnungen in diese Jugendlichen. Dumm geboren und nichts dazu gelernt. Punkt.

Dietmar Blum / 16.02.2019

Aber, aber Herr Schneider, Apple-Gerätschaften muss man doch nicht erfinden, die gibt’s bei der Firma “Ich-bin-doch-nicht-blöd”!

G. Schilling / 16.02.2019

Lasst sie demonstrieren und den falschen Göttern nachlaufen so lange sie noch können. Der Bevölkerungswandel wird dabei völlig übersehen und übernimmt klammheimlich Stück für Stück dieses Landes. In 10 Jahren wird sich niemand mehr an das Deutschland von 2019 erinnern können. Die heutigen Parteien werden dann nicht mehr regieren und Klima, Diesel und Gedöns wird kein Thema mehr sein.

Bernhard Idler / 16.02.2019

Elon Musk? Besser nicht. Ein Hochstapler und Subventionsgaukler, der seinen Privatjet 20 Meilen weit zu sich herfliegen läßt, weil er keine Lust hat, zum anderen, etwas weiter weggelegenen Flugplatz zu fahren, wo er zuletzt gelandet ist. Zur Rettung des Klimas, selbstverständlich…

Wolfgang Kaufmann / 16.02.2019

In letzter Konsequenz müssten diese Kinder ihren warmen Platz abgeben und mit Personen tauschen, die keine Skrupel haben, für das Überleben auch Ressourcen zu verbrauchen. – Doch ich fürchte, so weit wird es nicht kommen. Jeder Sozialismus hatte seine Vorstellungen von lebenswertem Leben, der braune, der rote und der grüne. – Also werden die Gretas dieser Welt ein Paritätsgesetz beschließen, dass jede zweite Flugmeile, jede zweite Kilowattstunde und jeder zweite Bezugsschein für ein Smartphone an einen Jugendlichen zu gehen hat. Am Ende bekommen die Jugendlichen eine Konsum-Flatrate und die älteren Semester werden zum sozialverträglichen Metabolismus-Verzicht gezwungen.

Jürgen Kempf / 16.02.2019

Warum ermittelt nicht Staatsanwaltschaft wegen Fehlbleiben des Unterrrichts? Ich möchte hier auf den Artikel von Peter Grimm vom 24.07.2018 hinweisen bei dem ein Schüler einen Moscheebesuch nicht mitgemacht hat.

Marc Blenk / 16.02.2019

Lieber Herr Schneider, dieser Brief rief Entrüstung bei den Grünen hervor? Das würde mich ja mal im Detail interessieren. Haben Sie in deren Augen damit alle umweltbewegten Hoffnungen der Ascheberscher Jugend zerstört? Weil Sie ihnen klargemacht haben, dass Einstellungen Konsequenzen haben? Den Schneeflöckchen also ihr Weißröckchen unsittlich vom Leibe gerissen? Voll reaktionär, aber echt. Was übrigens die Toleranz des linksliberalen Milieus, (angefangen bei den Lehrern und den Schuldirektoren )gegenüber den Schuleschwänzern betrifft. Man könnte das als eine Form der Anarchie betrachten. Das wäre allerdings eine oberflächliche Betrachtungsqweise und völlig falsch. In Wahrheit kennzeichnet den angehenden totalitären Staat, dass er jeden Protest inkorporiert. Der Staat ist gegenüber den Protestanlässen sowohl dagegen wie auch dafür. Das ist wie bei der ‘good cop, bad cop’ - Geschichte. Ein Widerstand ist so kaum mehr möglich. Sagte ich jeden Protest? Ausgesourct ist natürlich der ‘rechte’ Widerstand. Unter dem firmiert so ziemlich alles, was früher mal links war. Also alles Ansinnen, welche den Staat weniger totalitär sein ließe und den Status quo seiner Macht gefährden könnte. Es geht nicht um links oder rechts, sondern um genehm oder nicht genehm. Ob früher links oder heute rechts. Unter diesen Labels wird je nach Zeitgeist vom Staat her alles unerwünschte subsumiert. Das tragische ist, dass den jungen Leuten die Toleranz des erwachsenen politischen ‘Systems’ gegenüber der Illegalität nicht ins Grübeln bringt. Sie demonstrieren ins Leere, in ein politmentales Vakuum, wenn Papi sie mit dem Van zur Demo fährt, und Lehrer Pöhlemann sich solidarisiert.

Werner Baumschlager / 16.02.2019

Nein, seid nicht wie übergeschnappte, geltungssüchtige Luxusgüterhersteller ala Jobs oder Musk. Seid mehr wie Einstein oder Tim Berners-Lee.

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