Antje Sievers / 30.12.2017 / 06:25 / Foto: Alex Grech / 50 / Seite ausdrucken

Liebe Eltern, lehret eure Töchter, sich zu fürchten!

Jetzt, wo der Jahreswechsel ansteht und mit ihm die alljährlich wiederkehrenden öffentlichen Taharrusch-Rituale; jetzt wo die Nation fassungslos vor dem Massaker an einer Fünfzehnjährigen in einem Drogeriemarkt in Kandel, begangen durch einen afghanischen Flüchtling, steht, halte ich es für geboten, den Eltern im Lande einen guten Ratschlag zu erteilen. Auch wenn es aus der ein oder anderen Richtung heißen wird, als Frau ohne Kinder hätte ich da ohnehin nicht mitzumischen:

Ich tue es trotzdem, denn nie war es mehr vonnöten.

Unlängst hörte ich aus dem Bekanntenkreis folgende wüste Story: Der Sohn sei am frühen Sonntagmorgen aus dem Bett geklingelt worden. Von einer Klassenkameradin. Mit selbiger war er am Vorabend auf einer Party gewesen. Beim „Feiern“ also. Das Feiern gestaltete sich für das junge fünfzehnjährige Mädchen (tut mir leid, aber das Wort „Frau“ kommt mir einfach nicht über die Lippen) dahingehend, dass sie sich ins Koma trank und sich darob von irgendeinem wildfremden Kerl beschlafen ließ. Nun brauchte sie die Pille danach und traute sich allein nicht zur Notaufnahme. Ob er vielleicht mit ihr…?

Diese Story lässt mit bis heute keine Ruhe, weil sie so exemplarisch für alles steht, was heute in der Erziehung so völlig schief läuft. Mädchen können bereits mit vierzehn ohne Wissen der Eltern die Pille nehmen, und das sei richtig so, hört man von Erziehungsberechtigten immer. Alles besser, als eine ungewollte Schwangerschaft.

Sex ist etwas anderes als Kaugummikauen

Wirklich? Wäre es nicht viel, viel angebrachter, einem Mädchen erst einmal Selbstbewusstsein, Achtung vor sich selbst, Stolz auf den eigenen Körper und die weibliche Sexualität beizubringen? Sie zu lehren, dass es für eine richtige Frau (außer der Erzeugung von Nachkommenschaft) nur einen wirklichen Grund geben kann, mit einem Mann ins Bett zu steigen, nämlich der eigene Lustgewinn? Und vor allem, wie wichtig es ist, auf sich aufzupassen?

Es kann natürlich viele Gründe dafür geben, warum sich das Mädchen im obigen Fall nicht der Mutter oder dem Vater anvertrauen möchte. Gesetzt den Fall, die Eltern haben ihre Tochter im Sinne der freien Entfaltung ihrer Sexualität erzogen – war es das, was sie sich darunter vorgestellt haben? Ihr kleines Mädchen komatös mit gespreizten Beinen unter irgendeinem verantwortungslosen Sack, der sie als Spermaentsorgungsanstalt benützt, um anschließend fröhlich und unbeschwert seiner Wege zu ziehen?

Die Eltern werden möglicherweise ihre Tochter gelehrt haben, dass Spaß am Sex zum Leben gehört. Gut so! Aber die Tochter wird in dieser Nacht alles Mögliche gehabt haben. Dass Spaß dabei war, bezweifle ich. Denn Sex ist kein folgenloser, verantwortungsfreier Zeitvertreib wie Kaugummikauen oder Burgermampfen. Sex sollte man erst haben, wenn man verantwortlich mit dem eigenen Körper umgehen kann.

Wir durften erst ab sechzehn, und das war richtig so, denn da waren die meisten von uns junge Erwachsene, was man heute in der Regel nicht mal von Zwanzigjährigen behaupten kann.

Nur eine „Sharmuta“, eine Prostituierte

Liebe Eltern, lehret eure Töchter, sich zu fürchten! Lehret eure Töchter, sich zu fürchten fürchterlich! Denn die Furcht ist eine gute Einrichtung der Natur, die der Gefahrenabwehr und der Selbsterhaltung dient. Lehret eure Töchter nicht, offen und vorurteilsfrei auf die Menschen zuzugehen, wie die arme junge Frau in Kandel, die, zusammen mit den Eltern glaubte, die Männer ticken in Afghanistan genauso wie in Deutschland.

Diese wohlmeinenden Eltern, die glaubten, Gutes zu tun, als sie den Mörder ihrer Tochter im Familienkreis willkommen hießen, weil er doch ganz allein war und gar keinen hatte. Wussten sie nicht, dass es für junge Muslime keinen größeren Glücksfall gibt, als endlich wenigstens einmal im Leben vom strafenden Imam, prügelnden Vater, überwachenden Bruder und der keifenden Mutter befreit zu sein, um sich mal richtig vollzusaufen, vollzudrogen und auszuhuren? Der Mörder der Tochter habe sie aus Eifersucht gestalkt, hieß es. Bullshit! Er reagierte so, weil ihm wie einem verzogenen Kleinkind das schönste Spielzeug weggenommen wurde. Und damit war seine Ehre verletzt, oh, oh!

Mir blutet das Herz, wirklich, es tut mir weh, dass diesen Eltern nicht im Entferntesten klar war, wie sehr dieser Afghane das Mädchen, dass er erstochen hat, verachtet hat. Denn natürlich war sie in seinen Augen nur eine „Sharmuta“, eine Prostituierte.

Gehe nie mit fremden Männern mit! Steig nie in irgendein Auto! Wenn er irgendwas tut, was du nicht willst, schreie laut und renne weg, so schnell du kannst! Pass auf dich auf! Hörst du?

Tausendmal hat meine Generation diese Ermahnungen zu hören bekommen. Und das war gut so.

Und natürlich wurde uns viel weniger erlaubt. Das war gut so. Wenn also Ihre minderjährige Tochter unbedingt in einer Großstadt in der Öffentlichkeit Silvester feiern will, dann seien Sie eine Frau und verbieten es ihr. Dann seien Sie ein Mann und verbieten es ihr. Wenn Sie ihre Tochter lieben, lehren Sie sie das Fürchten.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

armin wacker / 30.12.2017

Dieser Ratschlag wird der Regenbogen Gesellschaft aber gar nicht passen.

Rolf Menzen / 30.12.2017

Da kann ich nur vermuten dass Frau Sievers die Vergangenheit in verklärtem Licht sieht. Mädels die teilweise schon mit 13 mit jeder Menge Typen ins Bett stiegen gab es auch schon in meiner Jugend. Und die liegt über 40 Jahre zurück.

Christoph Müller / 30.12.2017

Oh, mein Gott! Ist nicht schrecklich, dass Sie Recht haben? In den 70er-Jahren kämpften Frauen mit dem Motto “regain the night” dafür, dass sie sich gefahrlos und unbelästigt jederzeit und an allen Orten im öffentlichen Raum bewegen konnten. Damit scheint es jetzt vorbei zu sein.

Gisela Rückert / 30.12.2017

Ich habe 2 Kinder gross gezogen und ich weiss noch, dass ab einem gewissen Alter man als Mahnende nur in die Ecke der Rückständigen, der bösen Autoritären , der alten Schachtel und zuweilen der Nazis verortet wird. Das alles wird unterstützt durch entspr. Sendungen imTV, in denen die Eltern (es soll lustig sein) als leicht vertrottelt und meschugge dargestellt werden. Überhaupt wird in der westlichen Welt der Jugend zum grossen Teil nur beigebracht, den Älteren, den Lehrern, Polizisten etc.  keinen Respekt gegenüber zu haben. Eine asiatische Reiseleiterin sagte, dass sie am Westen vieles bewundere, aber der mangelnde Respekt der älteren Generation gegenüber, wäre was ganz Schlimmes.

C. v. Ahsen / 30.12.2017

Sehr geehrte Frau Sievers, vielen Dank für diesen Beitrag! Ich bin eine “ältere” Frau, 50+, habe keine Kinder - und unterschreibe Ihren Artikel trotzdem von ganzem Herzen und bei vollem Verstande! Die Meinung der übrigen “Achse”-Leser/Innen ist mir gleichgültig; es werden sicher wieder die üblichen Chauvi-Sprüche dabei sein… Jedoch Sie, Frau Sievers, sehen das in Ihrem Beitrag richtig. Mit ganz freundlichen Grüßen.

Thomas Nuszkowski / 30.12.2017

Liebe Eltern, lehret eure Töchter, logisch zu denken. Fürchten tun sich die meisten Frauen sowieso vor zu vielen Dingen. Logisches Denken hilft bei der sinnvollen Auswahl der furchtauslösenden Objekte. Denken hilft!

Frank Irle / 30.12.2017

Hier werden Selbstverständlichkeiten gefordert. Ich bin mir nicht sicher, ob diejenigen, die dazu in der Lage sind, diesen Text geistig zu erfassen, auch diejenigen sind, die ihn dringend lesen müssten. Wie erklärt man den naiven Töchtern illiterater Eltern, dass die Welt kein großer Spielplatz ist, wenn selbst die Schulen dies nicht einmal im Ansatz vermitteln, ja vielmehr noch, indem sie ausschließlich und exzessiv mit dem Neonazi-Popanz drohen, den Eindruck fördern, von Linken und Nichtdeutschen drohe prinzipiell keinerlei Gefahr? Ist das überhaupt möglich? Eher kippt die Stimmung irgendwann wieder ins Gegenteil, was auch nicht besser wäre. Auch wenn es eine Floskel ist: je geringer die Bildung, desto schlechter die Aussichten.

K.H. Münter / 30.12.2017

Vielen Dank für die klaren Worte.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Antje Sievers / 22.10.2019 / 17:00 / 2

Die Künstlerin, die die Trauer lehrt

Gabriele von Lutzau: Mutter zweier Kinder. Ehefrau. Katzenliebhaberin. Trägerin des Bundesverdienstkreuzes. Der größte Rolling-Stones-Fan des Odenwaldes. Ehemalige Flugbegleiterin. Und heute vor allem Bildhauerin. Ihre Ausstellung…/ mehr

Antje Sievers / 06.08.2019 / 06:10 / 133

Das Psychogramm hinter den Schreckenstaten

Ein Afghane tötet seine Ex-Freundin mit nicht weniger als siebzig Messerstichen. In einem harmlosen Stuttgarter Wohnviertel wird ein Mann mit einem japanischen Schwert von seinem Mitbewohner regelrecht gemetzelt. In Hamburg wird…/ mehr

Antje Sievers / 12.07.2019 / 06:10 / 157

Vergewaltigungs-Kultur

Am 1. Juli wird in Hamburg eine junge Frau am U-Bahnhof Hagenbecks Tierpark von drei Männern attackiert. Es gelingt ihr, sich durch gekonnte Gegenwehr zu verteidigen und…/ mehr

Antje Sievers / 26.02.2019 / 16:15 / 17

Die Zwangstaufe von Barmbek

Es muss in der sechsten Klasse gewesen sein. Im Religionsunterricht, in dem man zwar wenig über Religion, aber stets viel über den Lehrer lernen konnte.…/ mehr

Antje Sievers / 07.02.2019 / 15:00 / 19

Hanseatischer Antisemitismus

„In Hamburg sah ich die erschreckendsten, bedrückendsten Dinge, die ich je zu Gesicht bekommen hatte – mit Davidsternen und dem Wort „Jude“ bemalte Geschäfte, hinter halbleeren…/ mehr

Antje Sievers / 26.01.2019 / 14:00 / 35

Stellen Sie sich vor, Sie wären eine Frau

Niemand würde es Ihnen wünschen, aber stellen Sie sich mal Folgendes vor: Sie sind eine Frau und kommen im Morgengrauen nach Hause. Ihr Lebensgefährte reißt…/ mehr

Antje Sievers / 01.12.2018 / 17:00 / 15

Laila Mirzo: „Nur ein schlechter Muslim ist ein guter Muslim”

Dieser Tage sandte ich mein Buch „Tanz im Orientexpress – eine feministische Islamkritik“ an Laila Mirzo nach Linz in Österreich und es kam sogleich ein Buch zurück: Mirzos „Nur ein…/ mehr

Antje Sievers / 22.10.2018 / 17:00 / 6

Bunt ist es da, wo Frauen verschleiert werden

Der Wandsbeker Markt ist das Einkaufsparadies des Hamburger Ostens, des traditonellen Wohngebietes des Proletariats, während in den Villengebieten des Westens, in Blankenese und Othmarschen Unternehmer,…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com